März 2000
Seit Dezember 1997 ist Westaustralien um eine Tauchattraktion reicher. Bei
Dunsborough wurde die von der australischen Marine ausgemusterte
Fregatte H.M.A.S. Swan versenkt und dient seither in 31 m
Tiefe als künstliches Riff. Vor der Versenkung wurde das Schiff
tauchsicher gemacht, z.B. wurden alle Kabel, in denen man sich
verheddern könnte, entfernt, der Maschinenraum versiegelt und jede
Menge Öffnungen in den Rumpf geschnitten. Die Swan bietet
daher auch weniger erfahrenen Tauchern die Möglichkeit in den Genuss
eines "echten" Wracktauchgangs zu kommen, bei dem man auch ins Wrack
vorstößt und nicht nur außen herumschwimmt.
In Dunsborough
gibt es zwei Tauchshops, die Trips zum Wrack mit je zwei Tauchgängen
anbieten, Cape Dive und Diving Ventures, wobei ich mit ersteren unterwegs
war. Das Einchecken war zwar ein wenig chaotisch (drei verschiedene
Leute haben mich etwa fünfmal gefragt, ob ich meine Ausrüstung
zusammen habe), aber sonst gab's nichts zu beanstanden, Briefing,
Equipment, Service, etc. waren 1a. Vom Strand aus ist man mit den
Zodiac bereits nach knapp 15 Minuten am Tauchplatz. In mehreren Gruppen
ging's dann ins Wasser, zwar hatte keine Gruppe hatte mehr als sechs
Taucher plus einen Divemaster, der einen durch das Wrack führt, aber
damit wird's dann eigentlich schon zu eng im Wrack. Der untere Teil
des Wracks in gut 30 m Tiefe war den Tauchern mit Advanced Brevet
vorbehalten, Taucher ohne dieses Brevet mussten sich mit dem oberen
Teil bei etwa 20 m begnügen.
Der Tag, den wir uns ausgesucht hatten, war ideal, 30 Grad Lufttemperatur, kein Wind, kein Seegang, traumhafte Bedingungen. Das bestätigte sich auch gleich beim Sprung ins Wasser, denn wohin ich nur schaute, war alles blau. Die Sicht dürfte gut 20 m betragen haben, ungewöhnlich gut für diesen Spot. An der Referenzleine ging's dann hinab und schon nach kurzer Zeit konnte man schemenhaft in der Entfernung einen dunklen Schatten ausmachen, der sich beim Näherkommen als Bug der Swan entpuppte. Ein Blick auf den Rumpf zeigte sofort, dass das Schiff noch nicht lange den Grund des Meeres ziert, denn von einer Besiedlung durch Korallen o.ä., wie z.B. an der Yongala, war nichts zu sehen. Der Rumpf war eher glatt wie ein Kinderpopo. Nach kurzem Schwimmen an der Außenseite entlang ging's dann durch eine der zahlreichen Öffnungen ins Wrack hinein. Mein Eindruck war ein ganz anderer als in der King Cruiser in Thailand, zwei Jahre zuvor: alles irgendwie klinisch rein hier, nichts, was bröckelt oder gleich droht, in sich zusammenzustürzen. Allerdings hat es auch noch nicht viel Leben, mehr als ein paar kleine Fischschwärme waren nicht zu sehen. Das hat dem Spaß aber keinen Abbruch getan, es war für mich einfach etwas Besonderes, in den Gängen über die gesamte Länge eines Schiffes, vom Bug bis zum Heck, herumzutauchen und mit der Lampe die dunklen Ecken zu erkunden. Natürlich haben wir auch die Brücke durchschwommen und wer wollte, konnte sich in 28 m Tiefe auf eines der nun eher verlassen daliegenden Klos setzen. Gibt bestimmt ein gutes Erinnerungsfoto. Wenn man dann zum Abschluss in 15 m Tiefe vorm Krähennest hängt, will man eigentlich gar nicht wieder hoch.
Fazit: Für Wracktauchprofis wohl eher uninteressant, da es sich ja um ein extra zurechtgemachtes Bötchen handelt. Für weniger erfahrene Taucher, die mal ein bißchen Wrack erleben wollen, absolut lohnenswert, auch wenn sich das Leben innen und außen noch eher spärlich ausnimmt. Geben wir der Swan einfach noch 50 Jahre auf dem Meeresgrund, dann ist es ein richtig schön lebendiges Riff ...
Nur gut 20 km nördlich von Dunsborough liegt Busselton, und als mein Divemaster mich nach den Tauchgängen an der Swan gefragt hat, ob ich noch Lust auf einen Nachttauchgang am dortigen Jetty hätte, hab ich einfach mal spontan "ja" gesagt, ohne zu wissen, was mich überhaupt erwartet. Mich hat nicht nur ein fantastischer Sonnenuntergang erwartet, sondern auch einer der besten meiner bis dahin gut 70 Tauchgänge.
Der Busselton Jetty ist mit zwei Kilometern Länge der längste aus Holz erbaute Pier auf der Südhalbkugel, worauf die Australier großen Wert legen. Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass sie für ein Objekt die hanebüchensten Eigenschaften finden, die es zu dem schönsten, größten oder längsten Etwas auf der südlichen Hemisphäre machen. Vielleicht ist dieser Minderwertigkeitskomplex nach den Spielen in Sydney ja etwas weniger ausgeprägt. Jedenfalls scheint ein Kiwi auf diesen Pier ziemlich neidisch gewesen zu sein, denn bei einem Feuer ist ein Teil davon letztes Jahr zerstört worden. Die letzten 100 m des Piers sind jedoch intakt und dies ist der Teil, den man während seines Tauchgangs besucht.
Da ein 2 km langer Fußmarsch mit vollem Gerödel wenig erbaulich ist, haben wir ein Boot zum Ende des Piers genommen und sind bei einsetzender Dunkelheit ins Wasser gesprungen. Was ich dann im Schein der Lampe erblickt habe, hat mich spontan in Entzücken versetzt. Die Pylone des Jetties sind über und über mit Weichkorallen und Schwämmen bewachsen. Dasselbe gilt für auf dem Grund herumliegende Teile. Die Farben sind einfach knallig, Rot ist vorherrschend, ab und zu mal ein Lila oder Gelb dazwischen und von Coral Bleaching keine Spur. Die Sites, die ich noch drei Monate zuvor am Great Barrier Reef betaucht habe, können sich verstecken dagegen. Auch tiertechnisch konnte man ein bißchen was sehen, Oktopusse und Tintenfische waren ebenso zu sehen wie verschiedene Nacktschnecken, Seesterne, ein Einsiedlerkrebs und ein Flathead. Das Flair dieser Site machen aber eindeutig die bunten Korallen aus, ich wollte gar nicht mehr aus dem Wasser, aber wir hatten uns auf eine Tauchzeit von einer Stunde geeinigt, sonst wäre der auf dem Boot zurückgebliebene Divemaster unruhig geworden. Verirren kann man sich praktisch nicht, sobald man keine Pylone mehr neben oder über sich hat, hat man was falsch gemacht, denn man taucht immer unter dem Pier. Auch eine Tauchzeit von einer Stunde sollte eigentlich jeder schaffen können, denn mit 6-8 m Tiefe kann man diesen Tauchplatz nicht gerade als "Deep Dive" bezeichnen.
Fazit: Machen, machen, machen!!!