Januar 2011
Nur, um nochmal zu bestätigen, dass jetzt Regenzeit ist, fängt es kurz vor der Landung in Denpasar wie aus Kübeln an zu schütten. Das schlechte Wetter, welches uns schon auf der Tauchsafari in Raja Ampat ein treuer Begleiter war, verfolgt mich nun auch weiter nach Bali, wo ich die letzten 2 Wochen meiner vierwöchigen Winterflucht aus Deutschland verbringen werde. Immerhin hat es Lion Air geschafft, mein Gepäck verlustfrei von Sorong nach Denpasar zu befördern, trotz zweier teils nur halbstündiger Zwischenstopps in Manado und Surabaya. Sowas ist bei der Lufthansa ja nicht unbedingt selbstverständlich, wie ich vor 2 Wochen schmerzlich erfahren musste. Auch die Flieger waren bei LionAir in durchweg gutem Zustand, sofern man das von außen erkennen kann, deutlich besser jedenfalls als bei Merpati. Per Airport-Taxi, welches einen zu festgelegten Preisen zum Zielort bringt, lasse ich mich ins 20 km entfernte Sanur befördern, im Südosten Denpasars direkt an der Küste gelegen. Dort quartiere ich mich im Hotel Santai ein, der die Crystal Divers-Tauchbasis angeschlossen ist. Das Hotel befindet sich auf der quirligen Hauptstraße Sanurs, der Jalan Danau Tambligan. Hier spielt sich das komplette Touri-Leben Sanurs ab, Hotel reiht sich an Hotel, es wimmelt nur so von Motorradverleihs, Money-Changern, Internet-Cafes, Wartels (Telefonshops), Warungs (kleine Esslokale), Bars und Restaurants. In einem der letzteren lasse ich den Tag bei Hühnchen-Curry und einem gepflegten Bintang ausklingen.
Morgens um 7 Uhr weckt mich der prasselnde Regen. Na prima, eigentlich wollte ich ja zur Kite-Schule und fragen, wie es mit Kite-Anfängerkursen aussieht. Ich habe nämlich die lustige Idee, Kitesurfen zu lernen. Unsere kleine sommerliche Exkursion zur Wasserskianlage am Langenfelder See hat mich davon überzeugt, dass schnelle Fortbewegung auf (und irgendwann über) dem Wasser genauso viel Spaß macht wie die eher träge Fortbewegung unter Wasser. Ich nutze den Regen, um endlich ein bisschen in der Bibel zu lesen und eine erste grobe Routenplanung zu erstellen. Beim Zusammenzählen der benötigten Tage komme ich gleich mal ins Grübeln: Auch ohne Kiten bin ich schon bei 12 Tagen, was genau die Zeit ist, die ich zur Verfügung habe. Wie soll ich denn da noch den Kite-Kurs reinquetschen, das passt ja gar nicht!? Ich tue das, was ich am besten kann, nämlich Pläne über den Haufen schmeißen. Kiten wird gestrichen, das kann ich auch von Köln aus mal mit einem Wochenende in Holland machen. Kaum ist die Entscheidung gefallen, kommt auch schon die Sonne raus, so dass ich den Nachmittag zu einem Spaziergang und Organisation meiner Weiterreise nutze.
Mein kleiner Rundgang führt mich auf der Jalan Danau Tambligan nach Süden. Schon nach 10 Minuten bin ich einigermaßen angenervt, ständig wird man angelabert "Need Taxi?", "Transport?", "Need Motorbike?", in einer Tour geht das so. Klar, sie wollen nur ein bisschen Geld verdienen, aber es nervt trotzdem. Das "No, thanks" spare ich mir irgendwann, sondern mache nur noch eine entsprechende Handbewegung. Nach einer Dreiviertelstunde Latschens finde ich im Hinterhof des Mercure Resorts den Start des Beachfront Walks. Dieser schmale gepflasterte Fußweg zieht sich über Kilometer am Strand von Sanur entlang. Neben dem zu dieser Jahreszeit ziemlich verwaisten Kite-Beach findet man hier Strandbars, Restaurants und allerhand weitere Möglichkeiten, Wassersportaktivitäten nachzugehen. Jedes Hotel und Resort, das was auf sich hält, hat hier seinen Poolbereich mit Zugang zum Strand. Am Protzigsten kommt das Hyatt daher. Jede Menge Händler bieten in mobilen Shops ihre Waren zum Kauf und unzählige Frauen ihre Knetdienste an. Statt nach Transport wird man am Beachfront Walk ständig "Massage?" gefragt oder mit "Look in my shop!" aufgefordert, kitschige T-Shirts und anderen Krimskrams anzuschauen. Als alleinreisender Herr mittleren Alters hat man es gleich doppelt schwer, dann kriegt man nämlich auch schon mal ein "Looking for something special, I have a beautiful girl for you!" zu hören oder von dubiosen, scheißfreundlichen Gestalten Drogen angeboten. Ich hab genug gesehen und gehört und entspanne erstmal eine Stunde im nächsten Internet-Cafe. Nachdem ich die Telefonnummern einiger Mietwagenverleihs recherchiert habe, rufe ich auch gleich bei einem, der sich am besten anhört (tun sie das nicht alle?) an und miete einen Suzuki Jimny für 170.000 IDR am Tag (ca. 14 EUR). Na, da bin ich ja mal gespannt, was der Verleiher bei diesem Preis unter einem "Quality Car" versteht, wie er auf seiner Webseite anpreist. Morgen früh um 9 Uhr wird das Gefährt vor meinem Hotel stehen. Gut gelaunt, morgen aus Sanur verschwinden zu können, verbringe ich den Abend mit gebratenem Reis und San Miguel im Restaurant gegenüber.
Mein durchaus üppiges Frühstück habe ich schon lange verspeist, es ist 9.45 Uhr, weit und breit kein Auto in Sicht. Das beunruhigt mich allerdings kaum, denn bei Verabredungen gilt eigentlich immer die sog. "Bali Time", die immer etwas hinter der offiziellen Zeit hinterherhängt. Wieviel hinterher, liegt immer im Ermessen der Einheimischen. Um 10.15 Uhr taucht der Mensch von der Verleihfirma auf. Der erste Schock: Der Mann versteht kaum Englisch und spricht es noch schlechter. Eigentlich wollte ich mir das mit der Versicherung nämlich nochmal erklären lassen. Über die Basisversicherung ist lediglich das Auto bei einer kleinen Selbstbeteiligung von 340.000 IDR (28 EUR) versichert, jedoch keine Personenschäden. Wenn ich jemanden über den Haufen fahre, wird es teuer, wobei das dann vielleicht noch das geringste Problem ist, denn der Knast auf Bali ist kein Spaß. Eine Personenzusatzversicherung sichert diesbezüglich etwas ab, aber leider versteht der Mensch überhaupt nicht, was ich von ihm will. Dann also ohne, das Leben ist nichts ohne Risiko.
Nachdem das mit der Versicherung geklärt ist oder eben auch nicht, folgt Schock Nummer 2: Der Mann will Cash haben, weil er die Kreditkartenmaschine nicht dabei hat, obwohl ich gestern ausdrücklich gesagt habe, dass ich mit Kreditkarte zahle. Die habe sein Kollege in Nusa Dua, ginge jetzt leider nicht. Jaja, na klar. Da ich nicht so viel Cash habe, zahle ich die Hälfte jetzt, die andere Hälfte bei Rückgabe des Wagens. Womit wir bei Schock Nummer 3 wären. Die alte Möhre hat die besten Zeiten offensichtlich lange hinter sich, mein zerschrammelter Twingo, den ich noch bis vor einem halben Jahr gefahren bin, war ein Schmuckstück dagegen. Ich hoffe, dieses Teil löst sich nicht genauso in Rauch auf, wie der frische Franzose auf der A4 hinter Klettenberg. Schock Nummer 4 folgt sogleich: Der Tank ist fast leer, obwohl der Mensch mir vor genau 10 Sekunden versichert hat, er sei voll. Als ich ihm die Tankuhr zeige, kommt nur ein "Ah empty, yes, you can give back empty!". Aha, wohl nur ein kleines Verständigungsproblem. Egal, ich will weg hier, also wechseln viele bunte Scheinchen den Besitzer.
Was ich mir da angetan habe, merke ich eine halbe Stunde später, als ich losfahre. Um geradeaus zu fahren, muss man das Lenkrad 45 Grad nach rechts drehen. Wenn man es nach links dreht, tut sich eine Zeitlang erstmal gar nichts. Zu sagen, die Lenkung sei schwammig, wäre eine glatte Untertreibung. Die Tachonadel pendelt hektisch zwischen 0 und 40 km/h hin und her, Geschwindigkeit wird in den nächsten zwei Wochen wohl mehr gefühlsmäßig gemessen. Die angepriesene Air Condition entpuppt sich als herunterkurbelbares Fenster (erfordert wegen des abgebrochenen Griffs eine gute Mischung aus Feingefühl und Kraft). Beim ersten Bremsmanöver rausche ich meinem Vordermann fast hinten rein, wodurch ich herausfinde, dass es Bremskraftverstärker in dem Jahr, in dem dieses Gefährt gebaut wurde, wohl noch nicht gab. So komme ich wenigstens doch noch zu etwas Krafttraining, war ein bisschen faul die letzten Wochen. Die Übersetzung des Getriebes ist auch ziemlich gewöhnungsbedürftig, fühlt sich mehr wie ein Lkw an, denn wie ein Pkw. Das gilt auch für das Fahrgefühl insgesamt, das Teil hat den Wendekreis eines Traktors. Immerhin schließen die Türen fast richtig und auch Licht und Scheibenwischer funktionieren. Was braucht man mehr? Das fällt mir im gleichen Moment siedendheiß ein, ich habe nicht nachgeschaut, ob Werkzeug für einen Radwechsel vorhanden ist, Balis Straßen sind nicht für ihren kinderpopoglatten Belag berühmt. Ich spare mir das Nachschauen, die Antwort kenne ich eh.
Wenig frohen Mutes komme ich zur ersten Ampel, an der ich links abbiegen will, weil es da zur nächsten Tanke geht. Die Ampel zeigt Rot. Ich halte an. Viele Autos und Motorräder wollen Geradeaus und halten auch an. Eine Frau auf einem Motorroller hält neben mir und spricht mich an: "You want go left? It's ok, you can go!" Stirnrunzelnd schaue ich nochmal hin, ich sehe weder einen grünen Pfeil nach links noch ein Schild "Belok kiri ikuti lampu lalu lintas", das mir das Linksabbiegen bei Rot erlaubt. "I wait til it's Green", erkläre ich der Frau freundlich. Sie lacht und zieht zur Haltelinie vor. Nach geschlagenen 2 Minuten fahren alle, die Geradeaus wollen, plötzlich los. Die Ampel zeigt immer noch Rot. Leicht irritiert biege ich einfach ab und hoffe, dass ich nie als Erster an einer Ampel stehe. Denn dann kann ich mich an Deirdres Motto halten, unserem Tauchguide auf der Mandarin Siren, die seit 7 Jahren in Indonesien lebt: "Driving in Asia is easy, just go with the flow!".
Nach 20 min Fahrt Richtung Kuta entdecke ich auf der gegenüberliegenden Seite endlich eine Tankstelle. Also waghalsigen U-Turn eingelegt und die Kiste erstmal mit Premium (Normal bleifrei) vollgetankt. Diesel heißt auf Bali "Solar", wer kommt auf so eine bescheuerte Idee? Eine Sorge bin ich damit schon mal los. Jetzt nur noch den richtigen Weg nach Norden finden, über Tabanan will ich erst zum Tempel "Pura Luhur Batukau" direkt an einem der drei heiligen Vulkane, dem "Gunung Batukau" gelegen. Dafür muss ich eigentlich immer nur der Hauptstraße folgen. Das ist leichter gesagt als getan, denn vor einer Kreuzung weiß man nie, welche der Spuren Geradeaus führen und welches Abbiegerspuren sind. Wenn die Pfeile auf dem Boden aufgemalt sind, sind die Leitlinien schon durchgezogen, man darf die Spur nicht mehr wechseln. Es kommt, wie es kommen muss, ich erwische die falsche Spur und wechsle noch schnell rüber auf den richtigen Streifen. Leider ist die Ampel vor mir Rot und ein paar Autos stehen davor, so dass der Wagen schräg mit dem rechten Hinterrad auf der durchgezogen Linie stehen bleibt. Selbstverständlich kommt ausgerechnet in diesem Moment ein Motorradpolizist vorbei, schaut sich mein verkehrsgefährdendes Verhalten an und bittet mich freundlich "Pull left behind lights". Nachdem er meine Papiere gesehen hat, belehrt er mich "Bad standing" und zeigt mir ein hübsches Täfelchen mit allerlei Bildchen, die zeigen, was man auf Balis Straßen nicht tun soll. Ein Bild mit einem Wagen, dessen Rad auf einer durchgezogenen Linie steht, gehört natürlich auch dazu. Die Bußgelder sind gleich unter den Bildchen notiert, 200.000 IDR soll mein Vergehen kosten, ca. 17 EUR. Ich bin ziemlich sicher, das Täfelchen ist selbst gemalt, wenn auch sehr professionell, denn normalerweise lassen die Polizisten einen für die Hälfte weiterfahren. Man muss dazu wissen, dass Balis Verkehrspolizisten ausschließlich an persönlicher Bereicherung interessiert sind und nicht an der Sicherheit im Straßenverkehr. Wäre ich ein Einheimischer gewesen, hätte es den Polizisten nicht interessiert. Diskutieren bringt einen aber nur noch mehr in Schwierigkeiten. Als der vermeintliche Ordnungshüter dann aber versucht, noch weitere 500.000 IDR einzukassieren, werde ich innerlich etwas angefressen. Ich hätte nicht die erforderlichen Original-Fahrzeugpapiere dabei, sondern nur Kopien. Ich erkläre freundlich, das kann ich nicht wissen, ich habe den Wagen so angemietet und so viel Geld hätte ich eh nicht dabei (was gelogen ist). Nach einer weiteren Belehrung, ich solle den Autovermieter kontaktieren und mir die Originalpapiere geben lassen, lässt er es gut sein und zischt ab. Na prima, eine Stunde hat es bis zu meiner ersten Geldbuße gedauert, das kann teuer werden, wenn das so weiter geht. Ich rufe sogleich den Vermieter an und erkläre ihm die Papierlage. Er meint, das sei Quatsch, es sei in Ordnung, nur Kopien dabei zu haben. In diesem Punkt bin ich geneigt, ihm zu glauben. Beim nächsten Mal solle ich ihn sofort anrufen und ihn mit dem Polizisten sprechen lassen. Ich frage mich, was die zu bequatschen haben, wer welchen Anteil vom Bußgeld bekommt? Wenn er nicht erreichbar ist, solle ich mir eine Quittung ausstellen lassen, er würde mir die Strafzettel wegen fehlender Originalpapiere bei der Rückgabe zurückerstatten. Diesbezüglich habe ich allerdings erhebliche Zweifel. Egal, ich will jetzt nicht erst nochmal drehen und nach Kuta fahren, also weiter geht die wilde Fahrt.
Nach kurzer Zeit komme ich an eine Kreuzung, an der ich laut Schild links ab auf die 1 Richtung Tabanan muss. Also biege ich ab. Das hätte ich mal besser gelassen, denn wie ich kurz darauf merke, führt mich diese Straße direkt Richtung Zentrum Denpasars, Balis Hauptstadt. Der Verkehr ist ein Horror, kilometerlang stauen sich die Autos, gerade im dicht besiedelten Süden ist zu Stoßzeiten mit vier Rädern kaum ein Durchkommen möglich. Deswegen sind Mopeds und Motorräder das Hauptfortbewegungsmittel auf Bali, sie wühlen sich ihren Weg zwischen den Autos hindurch und überholen ständig links und rechts, wo gerade am meisten Platz ist. Pausenlos wird gehupt, was nicht aggressiv gemeint ist, sondern nur ein freundliches "Pass auf, ich komme!" bedeutet. Grundsätzlich hat man als Fahrer die Verantwortung, einen Kontakt mit allem, was sich vor einem befindet, zu vermeiden, egal ob Auto, Moped, Fahrrad, Fußgänger, Kuh oder schlafender Hund, und egal, wie sich das vor einem befindliche "Etwas" verhält, denn es hat automatisch Vorfahrt, es sei denn, man hupt es an. Viele Fahrer auf Bali fahren auch mehr nach Gehör als nach Sicht, wenn man vor einer Einmündung nicht hupt, wird einfach eingeschert. Wie drückt es meine Bibel so schön aus: "Always expect the unexpected!". Dazu kommt, dass Balis Verkehrsplaner, so es denn welche gibt, einen ziemlichen Sinn für Humor haben: Warum man regelmäßig vor Kreuzungen zwei Geradeaus-Spuren malt, hinter der Kreuzung aber nur eine ist, so dass es auf der Kreuzung ein Chaos gibt, wird wohl ihr Geheimnis bleiben.
Ich habe jedenfalls keine Ahnung mehr, wo ich bin, an Wenden ist mit meinem Traktor auf der engen Straße und der endlosen Auto- und Mopedschlange nicht zu denken. Also folge ich Deirdres Motto und fahre einfach mal allen anderen hinterher. Nach ein paar Runden durch das Einbahnstraßenlabyrinth finde ich mich auf einmal auf der Straße wieder, auf der ich vor kurzem reingekommen bin, allerdings in der Gegenrichtung. Prima, hat das Wenden ja vorzüglich geklappt. Ich finde die Hauptstraße wieder und setze meinen Weg Richtung Tabanan fort, wechselweise Schildern "Tabanan" oder "Singaraja" folgend, denn eine stringente Beschilderung darf man auf Bali nicht erwarten.
Nach vielem Halten, Nachschauen auf der Karte, U-Turns, Ausprobieren von Wegen und Kurverei durch Tabanans Zentrum immer der Nase nach (grobe Richtung Norden) finde ich tatsächlich die Straße zum Pura Luhur Batukau. Hinter Tabanan lässt der Verkehr nach, was die Fahrerei etwas angenehmer macht. Dafür werden die Straßen schlechter und ich merke, dass auch die Stoßdämpfer meines Oldtimers mal eine Generalüberholung nötig hätten. Gegen 14.45 Uhr erreiche ich die Tempelanlage, direkt am Fuße des Gunung Batukau, mit 2276 m Balis zweithöchster Berg, gelegen. Vom Vulkan ist allerdings weit und breit nichts zu sehen, tiefe Wolken hüllen ihn komplett ein. Hier oben in den Bergen ist die Luft angenehm kühl und weit weniger schwül, als unten an der Küste. Nur der einsetzende prasselnde Regen dämpft etwas meinen Erkundungsdrang. Nun bin ich aber schon mal hier und habe extra vorher die lange Hose angezogen (Tempel kniefrei besuchen ist nicht), also schaue ich mir das Teil auch an. Nur eine Handvoll Touristen hatten die gleiche Idee, alles sehr entspannt und ruhig hier. Am Eingang leihe ich mir einen Sarong (ohne geht nicht) und mache mich an die Erkundung der Anlage, laut meiner Bibel "the most spiritual temple you can easily visit in Bali". Tja, mag sein, viel ist allerdings nicht zu sehen von der Spiritualität, denn vor den meisten Bereichen steht ein völlig unspirituelles Schild "Betreten verboten". Ja, in Deutsch. So bleibt es bei einer halbstündigen, oberflächlichen Erkundung.
Bis auf die Knochen durchnässt geht es weiter, ich will die kurvenreiche Route durch die nahegelegenen Reisterrassen von Jatiluih nehmen. Klappt am Anfang auch ganz gut, ich sehe Reisterrassen (und Kurven) zuhauf. Auf eine Erkundung per pedes verzichte ich allerdings angesichts des Nässegrades und der fortgeschrittenen Stunde, da ich auf keinen Fall in der Dunkelheit fahren möchte. Als ich denke, dass ich jetzt bald mal den Ort erreicht haben müsste, komme ich an eine Kreuzung, die laut meiner Karte gar nicht existieren dürfte. Links geht's nach Jatiluih, rechts nach Denpasar. Häh? Wieder mal verfahren, Straßenkarten Balis lassen immer einen gewissen Interpretationsspielraum. Dann halt ohne Jatiluih, weiter geht es Richtung Norden und nach einer weiteren Stunde Fahrt erreiche ich gegen 17 Uhr Bedugul. Der Ort liegt direkt am Danau Bratan, was wörtlich übersetzt "Frauensee" bedeutet (Danau = See). Der See füllt den Krater des erloschenen Vulkans Gunung Bratan (Gunung = Berg) und ist bei der einheimischen Bevölkerung ein beliebtes Wochenendausflugsziel. Im Sommer kommen auch viel Touris hierher. Da weder Sommer noch Wochenende ist, ist hier heute gar nichts los, ich kann mir meinen Bungalow in Ashram's Guesthaus mit super Blick über den See aussuchen. Das Zimmer könnte mal eine Renovierung und eine Grundreinigung vertragen, aber bei der Aussicht auf eine heißes Bad konnte ich einfach nicht widerstehen. Nach Grobreinigung der Badewanne und Warten, bis das rostige Wasser seinen Weg durch den Abfluss gefunden hat, steht dem Badegenuss auch nichts im Wege. Abendessen gibt es in einem Restaurant 100 m die Straße rauf. "Fried Duck" steht da vollmundig auf der Karte und ich erwarte, eine ordentliche Portion gebratene Ente mit viel Reis zu bekommen, wie bei meinem Stammasiaten auf der Venloer Straße. Vorgesetzt bekomme ich vier Löffelchen Reis und ein kleines Entenkeulchen, an dem man das Fleisch mit der Lupe suchen muss. Wenn das eine vollwertige asiatische Mahlzeit ist, wundert es mich nicht, warum die alle eher kurz und schmal gebaut sind. Zum Nachtisch nehme ich mir Cola und Kartoffelchips mit in den Bungalow, von irgendwas muss man ja satt werden. Nach kurzer Kakerlakenjagd geht es dann auch früh zu Bett, morgen ist frühes Aufstehen angesagt.
Um 6 Uhr morgens treffe ich mich mit Komang, dem Empfangschef in Ashram's Guesthouse, zu einer kleinen Paddeltour in seinem selbstgebauten Auslegerkanu. Zuerst geht es zum Pura Ulun Danu Bratan, einem der schönsten Tempel Balis, der im 17. Jahrhundert auf kleinen Inseln im See errichtet wurde. Bei einem 20 minütigen Spaziergang streifen wir um den Tempel herum, dann besteigen wir wieder das Hightech-Boot und paddeln auf die andere Seite des Sees, um die Goa Jepang (Japanische Höhle) zu besichtigen, die die Japaner hier im 2. Weltkrieg als Bunker angelegt haben. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber jedenfalls nicht drei je 10 m lange, parallel laufende Röhren, die durch einen weiteren Tunnel miteinander verbunden sind. Es gibt hier rein gar nichts zu sehen, die Besichtigung kann man sich schenken, nach 3 1/2 Minuten sind wir wieder raus. Der frühmorgendliche Ausflug endet mit einer weiteren halbstündigen Paddeleinlage zurück zum Guesthouse, wo es anschließend erstmal ein Frühstück gibt, welches genauso üppig ausfällt wie das gestrige Abendessen.
Der Tag ist noch jung, es ist erst kurz nach 9 Uhr, also nutze ich die Zeit und statte dem Royal Botanical Garden, der nur 5 min Autofahrt entfernt liegt, einen Besuch ab. Auf 154 Hektar Fläche werden hier nach Themenbereichen sortiert in Indonesien heimische Pflanzen präsentiert. Zu den Themen gehört ein Orchideenhaus, welches mich ziemlich enttäuscht, Kakteen, Farne, Bambus, Heilpflanzen der traditionellen balinesischen Medizin, tropischer Regenwald und ein Begonienhaus. Bewacht wird das Ganze von ein paar finsteren Gestalten. Alles in allem mal ein netter Zeitvertreib, aber nach 2 1/2 Stunden Pflanzen, Blumen und Bäumen reicht's mir auch, zumal sich die Erläuterungen doch ziemlich spärlich ausnehmen und sich zumeist auf den lateinischen Namen beschränken, mit dem eh nur Hardcore-Botaniker was anfangen können.
Nach der Pflanzenorgie mache ich mich auf den Weg ins Dörfchen Munduk, welches nur eine gute Autostunde entfernt liegt. Steil führt die Straße den Berg hinauf und erlaubt tolle Ausblicke auf den Danau Buyan, einen weiteren Kratersee in der Gegend. Munduk selbst liegt hoch oben auf einem schmalen Bergrücken, von dem aus man freie Sicht auf die umliegenden Vulkane hat, sofern die Wolken nicht den Spielverderber mimen. Die Besichtigung der Zimmer im Puri Alam Bali Guesthouse entzückt mich sehr, für den gleichen Preis wie gestern im doch etwas heruntergekommenen Ashram's bekomme ich hier ein geräumiges, sauberes Zimmer mit Balkon und Außendusche. Selbst die Aussicht übertrifft die von gestern deutlich. Nur der Baldachin meines Himmelbettes könnte mal eine Waschmaschine vertragen.
Dorftempeln, einfachen Eingeborenenhütten und entlang steiler Berghänge. Nach 30 min ist das erste Zwischenziel erreicht. Der Wasserfall ist durchaus beeindruckend, über 40 m stürzt das Wasser in die Tiefe und treibt einem die Gischt ins Gesicht. Wem die Erkundung auf eigene Faust zu anstrengend ist, kann sich auch einfach einen einheimischen Guide an der Hauptstraße schnappen, der den verhinderten Wanderer über die kürzeste Route zum Wasserfall führt. Dauert dann ca. 10 min. Was einem die Guides nicht verraten: Es gibt noch einen zweiten, nicht weniger spektakulären Wasserfall, der von hier in einem einstündigen Fußmarsch zu erreichen ist. Und der ist durchaus nicht ohne, denn der kleine Fußweg führt zuerst durch eine kleine Siedlung vorbei an einem Haufen zähnefletschender Hunde und dann steil den Berg hinunter. Unangenehm sind dabei die mit Moos bewachsenen Betonplatten, die nach dem vielen Regen glatt wie Schmierseife sind. Richtig unangenehm finde ich aber die nicht enden wollende, ebenso glatte Betontreppe, die mit riesigen Stufen versehen den 50 Grad steilen Bergrücken hinunter führt. Einen Meter rechts von mir geht es senkrecht den Berg runter, links sieht es auch nicht viel besser aus. "Can be a bit hard for you", hat mir der Hotelboy noch grinsend erklärt, von Schwindelfreiheit war nicht die Rede. Wer kommt auf die lustige Idee, hier eine Treppe hinzubauen? Eine halbe Stunde dauert alleine die Bewältigung dieser Treppe, dann kommt der 2. Wasserfall in Sicht. Zur Belohnung darf man anschließend auf der anderen Seite des Flusses wieder die gleichen Höhenmeter hinauf nach Munduk erklimmen, wobei man erneut etwas Kreativität bei der Auslegung der Karte aufbringen muss. Aber daran habe ich mich nach der Autofahrerei ja schon gewöhnt. Der zweistündige Spaziergang hat sich jedenfalls gelohnt und macht mehr Lust auf die Erkundung der Umgebung. Zu diesem Zweck stärke ich mich zum Abendessen mal wieder mit 2 Dosen Cola und einer Tüte Kartoffelchips, denn bzgl. Restaurants ist in Munduk absolute Fehlanzeige. Wenn das mit dem Essen so weiter geht, habe ich die 3 Kilo, die ich mir in Raja Ampat angefressen habe, bis zum Rückflug wieder weg.
Die Aktivitäten in Munduk beschränken sich auf Spaziergänge durch die äußerst reizvolle Landschaft, ansonsten gibt es nichts zu tun. Bewaffnet mit einer vom Empfangschef handgemalten Karte mache ich mich auf den Weg, um den Munduk-Wasserfall zu erkunden. Der schmale Pfad dorthin führt topfeben durch den tropischen Regenwald, vorbei an den obligatorischenDer Tag startet mit einem Frühstück auf der Dachterrasse des Guesthouses. Kann mich nicht erinnern, jemals bei einer Tasse Kaffee und einem Marmeladentoast Ausblick auf drei Vulkane gehabt zu haben. Anschließend ist wieder Marschieren angesagt, ich will den ausgefallenen Reis von Jatiluih nachholen und die Dayang-Reisfelder erkunden. Nach einigem Durchfragen bei den Einheimischen finde ich auch den richtigen Pfad und kann die Reisterrassen aus nächster Nähe begutachten. Außer viel Wasser und Schlamm ist zu dieser Jahreszeit aber nichts zu sehen, lohnend ist alleine das allgemeine Ambiente.
Um 11 Uhr bin ich zurück im Guesthouse und nach schneller Dusche geht meine Bali-Rundreise weiter mit dem langen Weg nach Norden. Eigentlich ist er nicht so lang, die Fahrt nach Pemuteran sollte auf kürzester Route nur etwa 1 1/2 Stunden dauern. Ich fahre aber zuerst nach Süden und durchquere die Central Mountains über die wenig befahrene Route via Pupuan und Pulukan. Meine Bibel schwärmt von dieser Route in den höchsten Tönen mit wunderbaren Ausblicken runter nach West-Bali und aufs Meer. Ab Pupuan ist die Straße auch absolut genial, schmal, kurvig und hügelig, wie ich es liebe. Das Autofahren beginnt, richtig Spaß zu machen und ich versöhne mich etwas mit meinem schwammigen Untersatz. Von tollen Ausblicken auf das Meer ist aber trotz strahlend blauem Himmel weit und breit nichts zu sehen, was der Bibel-Autor da gesehen haben will, ist mir rätselhaft. Nach 2 Stunden Fahrt erreiche ich Pulukan, ab da geht es dann auf der 1 immer die Westküste entlang hoch Richtung Gilimanuk. "Küste" ist dabei etwas geschönt, denn das Meer, obwohl nur ein paar Meter entfernt, kriegt man auf dieser Straße nicht ein einziges Mal zu sehen. Das Gerät ist ein f...ing Highway, auf dem dazu noch Unmengen LkWs und Busse verkehren, die Waren und Personen nach Gilimanuk bringen, wo die Fähren nach Java abgehen. Zügig vorwärts kommt man hier nur mit dem ein oder anderen waghalsigen Überholmanöver. "Just go with the flow", schießt es mir wieder durch den Kopf, einfach den Einheimischen anpassen. Touristische Highlights gibt es hier nicht, diesen Teil Balis kann man sich komplett schenken.
In Cekik biege ich auf die 3 ab, die die wenig besiedelte Nordküste Balis entlangführt. Das merkt man sofort, auf den 25 restlichen Kilometern der gut ausgebauten Straße nach Pemuteran begegne ich kaum mal einem Auto und kann die Höchstgeschwindigkeit meines Jimnys bis knapp an die 90 km/h-Marke steigern, so dass ich schon früher als geplant nach 3 1/2 Stunden Fahrt mein Tagesziel erreiche. In Pemuteran gibt es eigentlich nur ein Thema und das heißt Tauchen. Die nahe gelegene Pulau Menjangan (Pulau = Insel) soll mit zu den besten Tauchgebieten Balis zählen, wobei das aufgrund der Übersichtlichkeit Balis auch nicht schwer ist, so viele Tauchgebiete gibt es ja nicht. Bei Reef Seen, die ein Schildkrötenaufzuchtprogramm betreiben, frage ich nach einem Bootstrip nach Menjangan, muss aber erfahren, dass sie erst ab 3 Personen fahren. Im Moment haben sie nur einen Kunden, nämlich mich. Aha, dass es hier gerade trotz Regenzeit so ruhig ist, hätte ich dann doch nicht gedacht. Für ein Dach über dem Kopf werde ich an die Villa Bagus verwiesen, nur 350.000 Rupien, mit Pool und sehr gutem Frühstück. Tatsächlich erweist sich die Herberge als mit Abstand die beste Unterkunft, die mir in dem Preisrahmen bisher untergekommen ist. Riesige, saubere, strahlend weiß gestrichene Bungalows mit Außendusche, Satelliten-TV (nicht, dass ich es bräuchte), AirCon und endlich auch mal ein Schrank, in dem man sich traut, seine Sachen zu verstauen. Je zwei der vier Bungalows teilen sich einen kleinen Pool mit Liegestühlen. Absolut top für den Preis. Wie ich später erfahre, kann man das Zimmer bei geschicktem Verhandeln auch für 250.000 Rupien kriegen, aber ich bin ein mieser Feilscher. Verdächtig stimmt mich nur, dass ich der einzige Gast bin, alle anderen Bungalows sind leer. Kann es wirklich so ruhig sein in Pemuteran? Egal, den Nachmittag lümmele ich am Pool herum und lasse mir die Sonne (endlich!) auf den Pelz brennen.
Das Frühstück ist echt ganz gut, nach 2 Tagen endlich mal wieder eins, was den Namen auch verdient. Ich habe Gesellschaft bekommen, den Nachbarbungalow bewohnt jetzt eine Amerikanerin aus Kalifornien namens Carla. Eigentlich ist sie auch zum Tauchen hier, ist gestern aber umgeknickt und hat jetzt einen einigermaßen blau angeschwollenen Knöchel. Das ist ja das Letzte, was ich hier haben möchte, Bänderriss auf Bali, und dann zum Medizinmann zum Heilemachen, nein danke. Sie gedenkt, den Tag am Pool zu verbringen, bucht sich dann aber noch spontan bei Yos für Menjangan ein. Mein nicht ganz Ernst gemeinter Rat, sie solle doch einfach nur eine Flosse verwenden, Menjangan sei nicht gerade für Strömungstauchen bekannt, wird sogleich in die Tat umgesetzt, wenn auch nur zum Schnorcheln. Wie es uns genau auf Menjangan ergeht, kann man auf den Tauchseiten nachlesen.
Um 15 Uhr ist der Tauchausflug beendet, den Rest des Tages ist wieder Abhängen am Pool angesagt, denn der Strand in Pemuteran ist nicht unbedingt badetauglich. Abendessen gibt's in Form von gegrilltem Barrakuda und einigen großen Bintang bei Suko Sari, einem von mehreren empfehlenswerten Warungs entlang der Hauptstraße.
quer durch die Mangroven am Strand entlang und dann auf kaum als solchen erkennbaren Pfaden durch den Monsoon Dry Forest, der weite Teile des Nationalparks bedeckt. Yoyo erklärt dabei viel über die Pflanzen und Tiere, denen wir unterwegs begegnen, wobei sich aber gerade letztere etwas spärlich ausnehmen. Wegen der Regenzeit gibt es überall genug Wasser, weswegen sich die Tiere im Busch verstecken und schwer zu finden seien, im Sommer sei es einfacher. Das hab ich doch schon mal irgendwo gehört!? Immerhin begegnen wir Krebsen, Vögeln, Tausendfüßlern, Eichhörnchen (nun ja, einem hinter dichtem Laubwerk versteckten, kaum sichtbaren Teil von ihnen), Affen, Rehen (nun ja, einem hinter dichtem Laubwerk versteckten, kaum sichtbaren Teil von ihnen), Termiten, einer kleinen Schlange (nun ja, einem hinter dichtem Wurzelwerk versteckten, kaum sichtbaren Teil von ihr) und Unmengen Moskitos, die meinem ohnehin von den Quallen Raja Ampats noch vernesseltem Gesicht ein paar weitere Beulen hinzufügen. An einer kleinen Tempelanlage legen wir ein Päuschen ein und Yoyo erzählt allerhand Dinge über die Spiritualität Balis. Kranke Leute gehen bspw. nicht unbedingt zu einem Doktor, sondern oft zu einem "Clever Man", den man bei uns wohl als Geistheiler bezeichnen würde. Der sagt einem dann, was man tun muss, um wieder gesund zu werden. Er selbst habe zum Beispiel an einer merkwürdigen Krankheit gelitten, die ihm Übelkeit, Kopfschmerz und einen roten Kopf verursacht habe, wenn er zu lange in der Sonne gestanden habe. Da der Doktor nichts finden konnte, ist er zu einem "Clever Man" gegangen, der festgestellt hat, dass er sich von einem Teufel, der hier im Wald hause, einen bösen Geist eingefangen habe. Er müsse entweder den Teufel bei einem Kampf besiegen oder die Sache mit ihm ausdiskutieren. Da er selbst dazu nicht in der Lage ist, ist er mit einem anderen Mann, der das kann (wir würden diesen wohl als "Medium" bezeichnen), zu diesem Tempel gekommen und hat die Sache bei einer kleinen Zeremonie mit dem Teufel geklärt. Seitdem könne er wieder so lange in der Sonne stehen, wie er wolle, ohne krank zu werden. Bali ist voll von solchen Geschichten, auch die eher westlich orientierten und weniger religiösen Balinesen glauben durchaus an Götter und Dämonen, an gute und an böse Geister.
Um 7.30 Uhr erscheint Yoyo, der Besitzer und Namensgeber von Yos Diving, mit seinem Klapprad an der Villa Bagus, um für mich den Guide bei einem Spaziergang durch den "Park Nasional Bali Barat", den einzigen Nationalpark Balis, zu mimen. Belaufen werden darf der nur mit Guide, Selbsterkundung ist verboten. Mit meinem Jimny fahren wir bis kurz hinter Labuhan Lalang, wo der Rundgang startet. Schon nach wenigen Minuten wird mir klar, dass man hier ohne Guide sowieso keine Chance hätte, denn die Tour führt zunächstKurz vor der Checkout-Zeit, die in Bali durchweg 12 Uhr lautet, sind wir zurück in der Villa Bagus. Schnell die Sachen gepackt und ab geht es auf der Küstenstraße Richtung Osten, ich will heute wieder in die Berge, um morgen früh einen Vulkan zu besteigen. Nach kurzem Mittagessen-Stop in Lovina, einem 8 km langen Backpacker-Hangout, geht die Fahrt über Singaraja, Balis zweitgrößter Stadt bis irgendwo hinter Yeh Sanih. Zusammengezimmerte Bretterbuden säumen links und rechts die Hauptstraße, die nur während eines wenige Kilometer langen Abschnitts pittoresk am Ozean entlang führt. Anscheinend besichtige ich hier gerade Balis Slums. An einem Wegweiser nach Kintamani biege ich rechts ab und lande nach 20 min Fahrt über eine steile, schmale, kurvenreiche Holperpiste im Bergdorf Sembiran. Das Blöde ist, dass das eine Sackgasse ist, aus Sembiran heraus führt nur die eine Straße, die ich gerade gekommen bin. Wer zum Teufel hat diesen "Kintamani"-Wegweiser da unten hingestellt? Die Einheimischen gucken auch einigermaßen verwundert, ich bin sicher, dass sich nur eine Handvoll Touristen pro Jahr hierhin verirren. Egal, es geht wieder zurück zur Küstenstraße und nach ein paar weiteren Kilometern kommt tatsächlich der richtige Abzweig nach Kintamani. Wieder geht es steil auf einer serpentinenreichen Piste und durch traumhafte Landschaft rauf in die Berge, wo ich schließlich nach insg. 4 Stunden Fahrt Kintamani erreiche. Dies ist ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen rauf auf den Gunung Batur, mit 1717 m nicht gerade ein Riese unter Balis Vulkanen, aber mit einer fantastischen Aussicht auf den Danau Batur und die drumrumliegende Landschaft gesegnet, laut meiner Bibel "eine der schönsten Vulkanlandschaften Indonesiens". Am beliebtesten sei eine nächtliche Exkursion, um den Sonnenaufgang mitzuerleben. Zu diesem Zweck checke ich im Miranda Homestay ein, da der Besitzer Made Senter selbst Guide ist und als einer von wenigen auch Solokletterer den Berg rauf bringt. Sein Homestay ist allerdings das komplette Kontrastprogramm zum behaglichen Ambiente von heute Morgen in der Villa Bagus. Fließend Wasser gibt es nicht, der Regen, von dem es ja hier genug gibt, wird in einem großen Fass gesammelt. Allerlei Töpfe und Wannen stehen überall verteilt und fungieren als Handwaschbecken, Dusche und Klospülung. Die Klos sind Hock-Klos in guter alter asiatischer Tradition, wobei ich auf Bali bisher sonst nur auf die westliche Sitzvariante getroffen bin. Klopapier gibt's auch nicht, zum Arsch abwischen nimmt man eine Handvoll Wasser. Jetzt wird mir auch klar, warum man auf Bali niemals die linke Hand, die als "dreckige Hand" betrachtet wird, benutzen darf, um etwas entgegenzunehmen. Immerhin sind die Zimmer sauber, wobei "Zimmer" für den kleinen, aus Spanplatten
zusammengetackerten Bretterverschlag, der fast vollständig durch ein Bett, einen Stuhl und einen kleinen Tisch ausgefüllt wird, schon ein etwas hochtrabendes Wort ist. Egal, es ist ja nur für eine Nacht und es gibt auch überhaupt keine andere Unterkunft im Ort. Wenn sich jetzt noch der laut aufs Dach prasselnde Regen und die dazugehörigen Wolken verziehen, steht einem erfolgreichen Tanz auf dem Vulkan nichts mehr im Weg.