Februar 2023
Sicher ist nur, dass ich nicht wieder nach Ägypten will, um meinen Resturlaub loszuwerden. Nach einigem Hin und Her zwischen Zypern, Teneriffa und Madeira bekommt eine Woche vor dem Abflug schließlich die Blumeninsel im Atlantik den Zuschlag. Vik und ich quartieren uns an der Südküste in Caniço im The Views Oasis ein. Nur zwei Minuten Fußweg entfernt ist das Madeira Diving Center beheimatet. Die Tauchbasis ist unter deutscher Leitung und eine der wenigen auf der Insel, die ganzjährig geöffnet hat. Das ebenfalls in Caniço angesiedelte Manta Diving Center öffnet erst im März. Neben Hausrifftauchen bietet die Basis Ausfahrten per Auto und Boot zu den Plätzen in der Umgebung an. Zuallererst wäre da das Meeresschutzgebiet Garajau zu nennen, ein paar Kilometer westlich von hier, das in den 1980er Jahren auch dank der Initiative von Rainer Waschkewitz, dem Vater des heutigen Basisleiters Felix, etabliert wurde. Wir hoffen schon sehr, dass wir in den uns zur Verfügung stehenden 10 Tagen die Möglichkeit bekommen, dort abzutauchen und vielleicht auf Elvis, den nach all den Jahren handzahmen Zackenbarsch, zu treffen. Felix erklärt uns aber, dass wir dafür perfekte Bedingungen brauchen und es im Moment dafür zu windig ist und zu viele Wellen hat. Wir müssen also von Tag zu Tag schauen. Für den Start reicht es daher nur für die Hausriffplätze, die bei jedem Wetter betaucht werden können.
Unser erster Tauchplatz heißt so, wie der Strand und das Kap, vor dem er sich befindet: Reis Magos ("Heilige Könige"). Über die Treppe am Ende der Promenade steigen wir mit Guide und zwei Mittauchern hinunter zum Wasser und stürzen uns in die Fluten. Nachdem der erste Temperaturschock überwunden ist (das Thermometer zeigt 17 Grad), geht es an einer am Meeresboden verlegten Pipeline entlang gen Osten. Gerne halten sich Oktopusse zwischen den Steinen und Kieseln, die am Meeresboden vertreut liegen, versteckt. Einige Meerbarben streunen über den Sand. Nach 10 Minuten Tauchzeit geht es quer über eine große Sandfläche, über die ein Knurrhahn läuft, zu einer großen Felsformation, die in 17 m Wassertiefe steht und der einen kleinen "Swimthrough" ihr Eigen nennt. Wir drehen eine große Runde außen herum und prüfen, was sich in den Ritzen und Spalten versteckt. Und immer wieder frage ich mich, warum ich in diesen Gewässern keine Lampe dabei habe, die wäre jetzt wirklich hilfreich. Auf den Felsen tummeln sich die üblichen Verdächtigen, wie Spinnenkrabben, Seeigel, Seesterne und Anemonen. Nach der Umrundung geht es den gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Nach genau einer Stunde steigen wir aus dem Wasser und freuen uns auf die wärmenden Sonnenstrahlen.
Der Einstieg zur Muränenwand ist der gleiche wie zu Reis Magos. Nach ein paar Minuten an der Pipeline entlang biegen wir aber rechts ab und folgen Schulter rechts der halbkreisförmigen Felswand, die das Meeresschwimmbecken vor den Wellen des offenen Ozeans schützt. Die Wand ist toll anzuschauen und es lohnt sich, sie genau unter die Lupe zu nehmen, denn laut Felix hält sich hier ein oranger Anglerfisch versteckt. Wir suchen leider vergeblich. Vielleicht wird es doch mal Zeit für korrigierende Maskengläser? Immerhin sichten wir wieder ein paar Knurrhähne und eine halbe Handvoll Barrakudas. Nach Umrundung des Schwimmbeckens säumen im Flachwasser viele kleine, mit Algen besetzte Steine den Meeresboden. Hier halten sich gerne Seepferdchen versteckt und bei einem unserer zwei Abstiege können wir auch eins aufspüren. Der Ausstieg über eine weitere Treppe kann bei Brandung schwierig werden, denn die großen, runden, glatte Steine verhindern, dass man entspannt aufstehen und sich die Flossen ausziehen kann. Wenn man dann noch mit Kamera unterwegs ist, muss man höllisch aufpassen, dass die Wellen die Kamera nicht auf die Steine knallen. Abgesehen davon ist die Muränenwand einfach zu betauchen und eine schöne Spielwiese.
Um zum blauen Loch zu kommen, schnappen wir uns unser Gerödel und laufen ein paar Minuten über die Promenade bis zu einem Steg vor unserem Hotel. Am Ende des Stegs führt eine glitschige Steintreppe ins Wasser. Je nach Wellengang springt man vom Fuß der Treppe oder von etwas weiter oben. Leider hat es bei unserem ersten Abstieg eine richtig üble Welle, sodass der Einstieg zum Balance- und Timing-Akt wird, denn der Meeresboden ist genauso steinig wie vor dem Ausstieg an der Muränenwand. Beim Sprung sollte man möglichst auf einem Wellenkamm landen und nicht in einem Wellental, wenn man sich nicht sehr weh tun möchte. Mit Unterstützung unseres hervorragenden Guides schaffen es aber schließlich alle unfallfrei ins Wasser.
Über den felsigen Meeresboden geht es dann etwa 100 Meter Richtung Süden. Hier befindet sich ein ca. 20 Meter langer Tunnel, in den man von oben durch ein dunkles Loch hineintauchen kann. Ich vermute mal, dass dieses Loch für den Namen des Platzes verantwortlich zeichnet. Von "Blau" ist allerdings nicht viel zu sehen. Zu sehen ist dagegen bereits vom Eingang aus der Ausgang. Man kann also einfach die Lampe ausmachen und die düstere Atmosphäre genießen, die ich sehr mag. Am Ausgang des Tunnels wird es dann lebendig: In den Felsen hocken mehrere Muränen und durchs Blauwasser streifen größere Fischschwärme und einige Barrakudas. Die Felsen sind mit roten Algen besetzt, die in der Dünung hin und her wehen. I like!
Je nach Strömung taucht man jetzt zurück zur Treppe, wo einen ein ähnlicher Balanceakt erwartet wie beim Einstieg oder man taucht gen Osten an der Küste entlang und gelangt so zum gleichen Ausstieg, den man von der Muränenwand nimmt. Letzteres ist auf jeden Fall der Weg, der mehr Spaß macht. Und am Ende kann man dann auch nochmal nach Seepferdchen suchen.
Von den drei Plätzen haben mir Muränenwand und Blue Hole gut gefallen. Beide bin ich daher auch 2x getaucht. Leider hat es während unseres ganzen Aufenthalts aufgrund der Wetterbedingungen nicht zu einem Ausflug nach Garajau oder zu anderen Plätzen in der Umgebung gereicht. Und um bei einem 10-tägigen Aufenthalt nur Hausriff zu tauchen, reicht die Qualität der Plätze für mich nicht aus. Felix meint, dass wir unbedingt nochmal im August oder September zurückkommen müssen, dann seien die Bedingungen am besten. Das ziehe ich durchaus in Betracht, denn ich bin sicher, dass Madeira unter Wasser viel mehr zu bieten hat als den kleinen Sneak Preview, den wir bekommen haben.