Februar 2023
Knapp vier Stunden nach dem Start in Düsseldorf setzt der Condor-Flieger um 15:10 Uhr auf dem Flughafen von Madeira auf, der im Südosten der Insel liegt. Am Ausgang wartet schon Vik auf mich, die aufgrund eines Missverständnisses bereits sechs Stunden früher mit Eurowings aus Köln angereist ist. Gemeinsam wollen wir in den kommenden sieben Tagen das portugiesische Eiland über und unter Wasser erkunden.
Die Wahl fiel auf Madeira, weil ich keinen Bock hatte, zum hundertsten Mal meinen Resturlaub in Ägypten abzufeiern und mal wohin wollte, wo ich noch nicht war. Zur Diskussion standen noch Zypern und Teneriffa, aber nach Prüfung der Tauchbedingungen und Hoteloptionen fiel die Wahl schließlich eine Woche vor Reiseantritt auf die Blumeninsel im Atlantik.
Die Taxifahrt ins nahe gelegene Caniço dauert nur 15 Minuten, wo wir im The Views Oasis einchecken, einem Vier-Sterne-Hotel, welches nur wenige Minuten Fußmarsch vom Madeira Diving Center entfernt liegt, bei dem wir uns aus einem ganz einfachen Grund zum Tauchen angemeldet haben: Es ist die einzige Basis in der Gegend, die jetzt Ende Februar geöffnet hat. Die anderen Basen starten den Tauchbetrieb erst in einer Woche zum 1. März. Das Hotel sieht von außen zwar etwas nach ätzender Bettenburg aus, wir fühlen uns aber nach Bezug des gebuchten Studios und Erkundung der sonstigen Räumlichkeiten direkt ganz wohl. Um Viertel nach fünf begeben wir uns auf einen Erkundungsmarsch durch den Ort, um schon mal die besten Optionen für das abendliche Speisen auszuloten. Wir haben mit Absicht nur Übernachtung mit Frühstück gebucht, da wir tagsüber eh unterwegs sein werden und abends auch mal den Hotelbunker verlassen wollen, um die kulinarische Vielfalt der portugiesischen Küche zu entdecken. Unser Orientierungslauf endet schließlich im Nova Onda, einem schnuckligen Imbiss, der für kleines Geld ein hervorragendes Steak-Sandwich und ein ebenso gutes Fischfilet auf der Karte hat. Ein Glas des auf der Insel produzierten Brauwerks, das auf den Namen Coral hört, rundet unseren ersten Tag auf Madeira ab.
Am Morgen von Tag 2 werden wir im Madeira Diving Center vorstellig. Heute und morgen haben wir komplett zum Tauchen reserviert, welches leider wegen des starken Windes aktuell nur an den drei Hausplätzen möglich ist. Wer wissen will, wie es uns da ergeht, kann dies auf den Tauchseiten nachlesen. Wir hoffen ja schon, dass der Wind im Laufe der Woche noch soweit nachlässt, dass wir unsere Tauchaktivitäten Richtung Westen ins Naturreservat Garajau verlagern können, zu dem das Tauchcenter Halbtagesfahrten per Auto anbietet.
Um 11:30 Uhr holen wir beim nahegelegenen Magoscar den Seat Mii ab, den wir vorgestern noch zum Online-Spezialpreis von 353 € für 9 Tage gemietet haben, was bei den aktuellen Mietwagenpreisen ein ziemlich gutes Angebot ist. Nach Konsultation der im Hotel ausliegenden Flyer und Recherche im Internet waren wir uns ziemlich sicher, dass diese organisierten Tagestouren mit Gruppengrößen um 20 Menschen zu den Sehenswürdigkeiten der Insel nicht das Richtige für uns ist und wir lieber flexibel und unabhängig unterwegs sein wollen. Dieses Vorhaben setzen wir auch sogleich in die Tat um und fahren in die Berge zum 1095 m hoch gelegenen Aussichtspunkt "Eira do Serrado", von wo aus man einen fantastischen Blick ins Nonnental hat. Hier startet auch ein Wanderweg, der runter ins Tal führt, aber unsere Motivation, den ganzen Weg wieder zurück zum Parkplatz zu laufen, ist angesichts des steilen Anstiegs, der viele hundert Höhenmeter überwindet, beschränkt. So belassen wir es beim Gucken ins Tal, stöbern noch ein wenig im angeschlossenen Souvenirshop und setzen uns nach einer Stunde wieder in den Mii.
Da der Eira do Serrado eine Sackgasse ist, bleibt uns nichts anderes übrig als zurück nach Süden zur Autobahn zu fahren, die wir in Ribeira Brava verlassen und über die VE4 und ER228 zum Boca da Encumeada fahren, dem einzigen Pass zwischen der Nord- und Südhälfte Madeiras, in der Inselmitte gelegen. Von hier geht es über die auf der Hochebene "Paúl da Serra" entlang führende ER110 (die verwirrenderweise auch die Nummer ER105 trägt) und schließlich die ER101 zur Nordwestspitze der Insel nach Porto Moniz. Unterwegs halten wir an so ziemlich jedem Aussichtspunkt ("Miradouro"), genießen die Aussicht und vertreten uns die Beine, siehe nachfolgende Karte und Fotostory.
Nach 2 1/2 Stunden "on the road" erreichen wir gegen 17 Uhr das 1500 Einwohner zählende Örtchen Porto Moniz. Nach Verköstigung des dringend benötigten Kaffees streunen wir die Uferpromenade entlang, schauen den Einheimischen beim Planschen in den natürlichen Pools zu, die das Meer in mühseliger Kleinarbeit aus dem Lavagestein gewaschen hat, werfen einen Blick in die wiederaufgebaute Festung, genießen die letzten Sonnenstrahlen, die die vorgelagerte Felsinsel Ilhéu Mole in ein warmes Licht tauchen und trauern zum Abschluss um die durch den Hubschrauberlandeplatz verschandelte Aussicht gen Osten.
Nach 75 Minuten treten wir den Rückweg an. Über die Schnellstraßen, die die halbe Insel untertunneln, geht es etwas flotter als über die "Scenic Route"; in nicht ganz einer Stunde sind wir zurück im Hotel. Für das Abendessen werden wir im Restaurant "Reis Magos" vorstellig, direkt am gleichnamigen Kieselstrand gelegen. Das Ambiente gleicht zwar eher dem eines Schnellimbisses, aber das Essen ist wirklich top! Der Espada (Schwarzer Degenfisch), eine lokale Spezialität, kann jedenfalls absolut überzeugen.
Den Vormittag verbringen wir damit, uns beim Stöbern in der Unterwasserwelt an der Muränenwand den Arsch abzufrieren. 17 Grad Wassertemperatur ist nichts, was ich bei einem Tauchurlaub durchgehend brauche. Zum Aufwärmen fahren wir am Mittag zur Ostspitze Madeiras, der Halbinsel "Ponta de São Lourenço". Wir werfen erst einen Blick vom "Miradouro da Prainha" über die Landschaft, und fahren dann weiter zum Ende der Straße. Hier startet ein 3 km langer Wanderweg (oneway), der "Vereda da Ponta de São Lourenço" (PR8). Er führt an der steilen Felsküste entlang bis hoch zum "Pico do Furado", dem östlichsten zu Fuß erreichbaren Punkt Madeiras. Wer noch weiter will, muss schwimmen. Der Weg ist recht hügelig und überwindet insgesamt 300 Höhenmeter. Insbesondere der letzte, steile Aufstieg hoch zum Aussichtspunkt ist äußerst schweißtreibend. Als Belohnung gönnen wir uns im Café "Casa do Sardinha", das am Fuße des Hügels liegt, ein Kaltgetränk aus Hopfen und Malz, bevor wir den Rückmarsch antreten. Nach dreieinhalb Stunden sind wir zurück am Parkplatz.
Wir sind noch ganz begeistert von dieser wirklich tollen Wanderung, als uns ein englisches Pärchen anspricht, ob wir sie mit nach Machico nehmen könnten. Der letzte Bus sei schon weg. Klar, machen wir gerne, liegt auf dem Weg. Und schon bin ich froh, dass wir uns doch noch für den Mietwagen entschieden haben. Ohne ist man ziemlich aufgeschmissen, wenn man ein bisschen was von der Insel sehen möchte. Auf der Rückfahrt machen wir noch einen kurzen Abstecher zum "Miradouro do Caniçal", dessen toller Ausblick auf die Steilküste noch lange im Gedächtnis bleibt.
Nach einem vormittäglichen Tauchgang am "Blue Hole", dessen Farbwert eher Richtung #000000 geht, machen wir uns am Mittag mit dem Wagen auf in die Berge nach Ribeiro Frio ("Kalter Bach"). Das Kurven über die Serpentinenstraßen mit Blick auf die sattgrün bewachsenen Berghänge ist ein Traum! Eher traumatisch ist in dem kleinen Bergkaff dann die Parkplatzsuche: Dicht an dicht stehen die Autos am Wegesrand, Köln-Nippes sonntags abends um acht kann nicht schlimmer sein! Der Grund für den Pkw-Auflauf ist der hier startende Wanderweg PR10 entlang der "Levada do Furano". Levadas sind kleine Kanäle, die Wasser aus den niederschlagsreichen Gebieten zu den landwirtschaftlichen Anbaugebieten befördern. Viele der 23 nummerierten Hauptwanderwege auf Madeira (PR = Pequenas Rotas = Kleine Wege) führen entlang von Levadas und der PR10 ist einer der schönsten und beliebtesten, was den Menschenandrang erklärt. Allerdings sitzen die meisten der zu den Autos gehörenden Menschen schon in den drei Cafés, die den Startpunkt säumen. Es ist nämlich schon 14:30 Uhr, als wir unsere Wanderung beginnen. Die meisten Wanderer sind entweder schon zurück oder haben ohnehin nur einen schnellen Blick vom nahe gelegenen Aussichtspunkt "Balcões" geworfen, was unsere Hoffnung nährt, dass auf dem PR10 am Nachmittag wenig Betrieb ist.
Unsere Hoffnung erfüllt sich zu 100 %, nur wenige Menschen kommen uns ab und zu entgegen. Breite, durch den feuchten und immergrünen Lorbeerwald verlaufende Passagen wechseln sich ab mit schmalen, am Steilhang entlangführenden Abschnitten, die aber gut gesichert sind. Einige Wasserfälle schmücken den Weg und zwei oder dreimal muss man einen kleinen Bachlauf durchqueren. Die an den Felswänden wachsenden Moose und Farne tragen zu dem mystischen Ambiente bei, das mich unweigerlich an Hogsback erinnert. Meine OMD-EM1 ist auch ganz hin und weg und gibt auf halbem Weg vor lauter Begeisterung den Geist auf – für den Rest des Urlaubs also nur noch Handyfotos.
Auf der zweiten Hälfte führt der Weg durch Tunnel und Spalten durch den Fels hindurch, bis man zum sog. Wasserhaus kommt. Ab hier geht es entlang der Levada do Portela teils steil bergab bis zum Ortseingang von Portela, wo ich nach 11 km Weg und 3:20 Stunden Zeit eintreffe. Felix vom Madeira Diving Center meinte, dass hier schon die Taxen warten, um die Wandersleute für ca. 30 EUR zurück nach Ribeiro Frio zu befördern. Pustekuchen! Der Nebel und das gottverlassene Dorf scheinen eher einem Stephen King-Roman entsprungen zu sein. Die einzigen anderen Lebewesen sind zwei laut kläffende Köter, denen meine Anwesenheit gar nicht gefällt. Und Vik, die nach kurzer Wartezeit mit dem Mii auftaucht, weil ihr nach 45 Minuten die Wanderlust ausgegangen und sie umgekehrt ist. Wer keinen Fahrdienst parat hat, dem empfehle ich, am Wasserhaus umzukehren, sodass man nach etwa 5 Stunden moderater Lauferei wieder in Ribeiro Frio ist. Den letzten Teil des Weges vom Wasserhaus bis Portela kann man sich wirklich schenken, da verpasst man nichts. Die ersten zweieinhalb Stunden sind dagegen erste Sahne.
Wir nehmen noch die kurvenreiche Extrameile und fahren via Camacha durch die Berge zurück nach Caniço, anstatt die Küstenautobahn zu nehmen. Der Weg ist das Ziel! Auf Madeira erst recht.
Nach einem vergammelten Vormittag (muss auch mal sein) wollen wir uns die Inselhauptstadt vornehmen und Funchal einen Besuch abstatten. Wir starten mittags um 12 im Westen hoch oben über der Stadt am Aussichtspunkt "Lombo do Facho". Der Blick hinunter ins Tal und hinüber zur Küste ist wirklich atemberaubend. Nur die Ende der 1990er Jahre gebaute Autobahn VR1, die sich über unzählige Brücken und nicht weniger Tunnel an der Küste entlang windet, stört ein wenig das Ambiente. Die Einheimischen sind aber sicher froh, dass sie sich nicht mehr langwierig um jeden Berg schlängeln müssen, seit die VR1 die alte, malerische ER101 ersetzt, die einst rund um Madeira führte. Auf anderen Teilen der Insel kann die alte Straße noch befahren werden.
Der nächste Stop ist das Cabo Girão, nur 3 Minuten Fahrt entfernt. In das 580 m hohe Steilkliff haben findige Tourismusexperten im Jahr 2012 eine Aussichtsplattform bauen lassen, den "Cabo Girão Skywalk". Neben der Aussicht in die Horizontale kann man auch die Aussicht in die Vertikale genießen, wenn man sich auf die im Boden eingelassenen Glasplatten traut. Das Kliff wird von den gleichen Experten übrigens gerne als "das höchste Steilkliff Europas" beworben, wobei sie tunlichst die über 600 m hohen Kliffs in Irland (Slieve League und Croaghaun) und Norwegen (Preikestolen), das 754 m hohe Kap Enniberg auf den Färöern und den 860 m hohen Hornelen (ebenfalls in Norwegen) ignorieren. Marketing halt. Und auf Wikipedia wird manchmal auch nur abgeschrieben.
Es ist schon Viertel nach eins, als wir im angrenzenden Souvenirshop unsere Einkäufe erledigt haben – Lunchtime. Dafür bietet sich das nahegelegene Restaurant "Cruz de Caldeira" an, von dessen Terrasse aus man einen fast ebenso guten Ausblick hat wie vom Lombo do Facho. Außerdem kredenzt der Koch ganz hervorragende Fleischspieße, ebenfalls eine lokale Spezialität.
Nach der Stärkung geht es endlich nach Funchal rein. Wir stellen unseren Wagen im Parkhaus der CR7-Plaza ab, da von hier aus Altstadt und Promenade fußläufig zu erreichen sind. Den Besuch des angrenzenden Museums sparen wir uns; mit der ausnehmend hässlichen Statue ist mein Cristiano Ronaldo-Bedarf mehr als gedeckt. Details unserer dreistündigen Erkundungstour entnehme man der Fotostrecke.
Um Viertel vor sechs machen wir uns auf die Rückfahrt nach Caniço, die auch jetzt im Feierabendverkehr nur unwesentlich länger dauert als die normalen 20 Minuten. Träumchen! Wir kommen noch rechtzeitig im Hotel an, um uns zum wiederholten Male in der Sauna zu entspannen, bevor wir dafür sorgen, dass wir nicht hungrig ins Bett müssen. Verantwortlich hierfür zeichnet heute das nahegelegene Restaurant "Habeas Coppus". Auf dem Speiseplan steht portugiesische Küche zu einem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis. Wir sind jedenfalls zufrieden, so wie wir es bisher mit jedem Restaurant waren, das wir auf der Insel aufgesucht haben.
Viks letzter Tag ist angebrochen, am Nachmittag wird sie in den Flieger zurück ins kalte Deutschland steigen. Zuvor packen wir zusammen, checken aus dem Hotel aus und fahren noch an die Nordostküste nach Porto da Cruz. Nach einiger Kurverei über die Gebirgsstraßen, von denen wir die Aussicht über den Ort bewundern, parken wir um halb 12 an der Ruine der ehemaligen Zuckerrohrfabrik und wandern an der Küste entlang gen Osten. Ab dem "Praia da Maiata" geht es steil bergauf und nach 25 Minuten Lauferei eröffnet mir Vik, dass sie doch nicht so motiviert ist und sich lieber noch zwei Stunden ins Café setzt. Fair enough! Die nächste halbe Stunde latsche ich die Straße entlang bis zum Aussichtspunkt "Cabo de Larano", wo eine kleine Lastenseilbahn steil hinunter zum Meer führt. Wahrscheinlich wäre es schlauer gewesen, mit dem Auto bis hierhin zu fahren, um sich die Lauferei über die Straße zu sparen. Allerdings wären mir dann die schönen Ausblicke auf den prominenten Adlerfelsen, mit dem sich das Panorama von Porto da Cruz schmückt, und auf die grünen Hügel des Hinterlandes verborgen geblieben.
Ab dem "Cabo de Larano" wird es großartig: Der schmale Trampelpfad führt an den Steilklippen entlang und bietet ab und zu mal einen schönen Ausblick auf das tief unten liegende, blaue Meer. Die meiste Zeit ist der Blick allerdings von ziemlich hohem Grünzeug versperrt. Als ich am Kap "Espigão Amarelo" eine Dreiviertelstunde nach dem Start an der Seilbahn um die Ecke biege, tut sich auf einmal ein Blick vor mir auf, den ich nur als "unreal" bezeichnen kann: Bei strahlend blauem Himmel und klarer Luft kann ich die ganze Küstenlinie entlang gen Osten bis zum "Ponta de São Lourenço" schauen, wo wir vor drei Tagen waren. Der absolute Hammer! Gerne würde ich noch weiter bis zum Aussichtspunkt "Boca do Risco" laufen, aber leider muss ich umdrehen, um pünktlich um 14 Uhr zurück am "Cabo de Larano" zu sein, wo mich Vik mit dem Mii einsammelt.
Die Fahrt zum Flughafen dauert nur gut 20 Minuten. Bei einer Tasse Kaffee und einem Schoko-Muffin verabschiede ich Vik gen Heimat und düse nach einer Stunde Aufenthalt hoch nach Santana. Die kleine Gemeinde mit knapp 9000 Einwohnern ist seit 2011 UNESCO-Biosphärenreservat und bekannt für ihre bunten, mit Stroh gedeckten, historischen Holzhäuser, die auch Wahrzeichen Madeiras sind. Eine Handvoll der noch vorhandenen Häuser, die nur noch für Touristen instand gehalten werden, steht mitten im Ort. Wenn man sich den Gang in die Souvenirläden, die jetzt in den Häusern untergebracht sind, spart, ist man in 10 Minuten mit der Besichtigung durch und kann sich dann dem nahe gelegenen Themenpark "Parque Temático da Madeira" widmen, in dem man alles über die Geschichte und Kultur der Region erfahren kann. Dafür fehlt mir aber heute etwas die Zeit. Und vor allem die Lust.
"Royal Orchid" ein. Der Hotelwechsel war aufgrund der Buchungslage im "Oasis" leider unvermeidlich, aber bei Betreten meines Zimmers bin ich sogar ganz glücklich, dass ich umziehen musste. Das "Studio mit Meerblick" ist vom Ambiente noch besser als das Studio im "Oasis" und der freie Blick übers Meer ist einfach unschlagbar! Auch der Spa-Bereich mit Sauna und Dampfbad ist angenehmer als die etwas engen Kabuffs im "Oasis". Nur die Parkplatzsituation ist leicht angespannt, man braucht schon etwas Glück, um auf dem kleinen Hotelparkplatz einen Platz zu ergattern und muss sonst versuchen, in den angrenzenden Straßen was zu finden. Sollte ich nochmal ein Hotel in Caniço brauchen, dann wäre das "Royal Orchid" trotzdem ganz oben auf meiner Auswahlliste.
Ich mache noch einen kurzen Spaziergang durchs Dorf und breche um Viertel vor fünf auf zurück nach Caniço. Wie fast immer nehme ich die "Scenic Route", in diesem Fall also die Serpentinenpiste durch die Berge via Faial und Ribeiro Frio. Die artet heute allerdings etwas in Stress aus, denn von einer Minute auf die andere zieht dichter Nebel auf, der mich dazu zwingt, mit 20 km/h den Berg runter zu tuckern, um nur keine Serpentine zu übersehen. Man sieht die Straße vor der Motorhaube kaum; ich kann mich gar nicht erinnern, ob ich beim Autofahren schon mal so eine Waschküche erlebt habe und bin heilfroh, als sich nach einer Dreiviertelstunde die Suppe endlich auflöst. Die zwei Beruhigungsbiere im "Oasis", wo ich nach fast zwei Stunden Fahrt endlich eintreffe und mein zwischengelagertes Gepäck einsammle, habe ich mir redlich verdient! Dann checke ich nur ein paar Meter weiter die Straße rauf imAls wir letzten Sonntag nach Porto Moniz gefahren sind, haben wir schon gesehen, welche Menschenmengen an der "Levada das 25 Fontes" unterwegs sind, einem der beliebtesten Levada-Wanderwege auf Madeira. Um diesen Menschenmengen aus dem Weg zu gehen, setze ich mich erst um 12 Uhr mittags in den Mii und starte eine Stunde später nicht von dem Parkplatz an der ER110, sondern beginne am Hintereingang, der in einer Kurve an der ER211 seinen Anfang nimmt. Außerdem spare ich mir so das Gelatsche auf der Asphaltstraße ins Tal.
Nach 800 m Fußmarsch erreiche in den Eingang des "Túnel do Rabaçal", auch "Reitertunnel" genannt. Er ist 800 Meter lang, ein wenig feucht und stockdunkel. Natürlich bin ich mal wieder bestens vorbereitet und habe keine Taschenlampe dabei. Außer die am Smartphone, aber die reicht auch vollkommen aus, um in dem schnurgeraden Tunnel mit dem Kopf nicht gegen die an einigen Stellen tief hängende Decke zu knallen. Am Tunnelausgang halte ich mich links und folge der "Levada das 25 Fontes" durch den wunderschönen Lorbeerwald. Nach zwei großen Schleifen und 75 Minuten Marschierzeit erreiche ich schließlich das Ziel des Weges, die "Lagoa das 25 Fontes". Ob es wirklich 25 Wasserfälle sind, die da von den Felswänden in die Lagune tröpfeln, spare ich mir zu zählen, da der Versuch, ein Foto der Lagune ohne andere Menschen zu schießen, meine volle Aufmerksamkeit erfordert. Es ist auch jetzt, nachmittags um drei, ein fast aussichtsloses Unterfangen, obwohl der größte Ansturm schon lange vorbei ist.
Nach 15 Minuten habe ich genug Lagune und Wasserfälle gesehen und begebe ich mich auf den Rückweg. Spontan entschließe ich nach ein paar hundert Metern, den steilen Weg hinunter zur "Levada da Rocha Vermelha" zu nehmen. Und schwupps - schon bin ich alleine. Ich folge der Levada nach Südwesten, immer am Hang entlang und mit einem schönen Blick ins Tal und hinüber zu den Wasserfällen auf der anderen Seite des Tals. Die Levada ist randvoll mit Wasser und hat den Weg an einigen Stellen überflutet. Festes Schuhwerk ist daher ratsam, auch wenn der Weg bis hierhin leicht war. Das ändert sich nach der Überquerung der Brücke über den "Ribeira Grande", hinter der ein Abzweig steil nach oben zurück zur "Levada das 25 Fontes" führt. 130 Höhenmeter überwindet man auf wenigen hundert Metern Strecke, sodass die Pumpe nochmal richtig ans Arbeiten kommt und das T-Shirt trotz der kühlen Temperaturen fest am Körper klebt.
Der Rest ist lockeres Ausgehen; durch den Tunnel geht es zurück zum Parkplatz, wo ich nach dreieinhalb Stunden Gehzeit um 16:30 Uhr wieder ankomme. Im Nachhinein denke ich, dass ich noch mehr aus der Wanderung hätte machen können, wenn ich nicht einfach planlos losgelaufen wäre, sondern mich vorher informiert hätte. Dann wäre ich auf dem Rückweg der "Levada da Rocha Vermelha" einfach weiter gefolgt, denn auch die führt durch einen Tunnel, der allerdings 1,6 km lang ist, zurück auf die Südseite des Berges und mit einer kleinen Zusatzschleife zurück zum Parkplatz. Das hier wäre also meine Empfehlung für eine entspannte Nachmittagswanderung zur Lagune und zurück. Darüber hinaus kann man in dem Gebiet unzählige Varianten laufen, die man bspw. bei Komoot oder alltrails ergründen kann.
Der Tag ist zwar nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht so alt, dass ich schon wieder zurück ins Hotel will. Ich entschließe mich spontan, nochmal die ER110 hoch nach Porto Moniz zu nehmen, vermeide knapp den Zusammenstoß mit drei Kühen, die hinter einer Kurve unvermittelt auf der Straße stehen, und biege vor Erreichen des Ortes links auf die ER101 ab, um auf der "Scenic Route" die Westküste runterzujuckeln. Wann immer ein Schild "Miradouro" am Wegesrand steht, folge ich dem Hinweis und komme so noch in den Genuss fantastischer Aussichten auf den Atlantischen Ozean an den Aussichtspunkten "Teleférico das Achadas da Cruz", "Boa Morte" und "Raposeira". Wahrscheinlich habe ich aber den Großteil der Schilder übersehen, denn um alle Miradouros Madeiras abzuklappern, reicht ein Menschenleben vermutlich nicht aus.
Um 18:50 Uhr breche ich in Raposeira auf. Das Ansteuern weiterer Miradouros lohnt sich wegen der gerade untergehenden Sonne nicht mehr. Also geht es in einer knappen Stunde Fahrt über die Schnellstraße zurück ins Hotel. Für die Abendverpflegung zeichnet heute das Restaurant "Andreia" verantwortlich, das neben sehr guten lokalen Spezialitäten und großen Corals auch die Bundesliga im Angebot hat.
Nach einem Gammel-Vormittag mit Extreme Wellnessing im Spa des Hotels fahre ich um 14 Uhr nach Funchal, stelle den Wagen im Parkhaus nahe der Seilbahn ab und schwebe mit selbiger über die Dächer Funchals hoch nach Monte. Der Ort ist für drei Dinge bekannt: In die Wallfahrtskirche "Nossa Senhora do Monte" werfe ich nur einen kurzen Blick, streune aber eine Dreiviertelstunde lang durch den umgebenden Garten. Eine Korbschlittenfahrt runter nach Livramento an den Stadtrand von Funchal spare ich mir ganz, da ich keine Lust habe, die zwei Kilometer anschließend wieder hoch zu laufen. So bleiben mir knapp zwei Stunden für den Besuch des "Monte Palace", einem tropischen Garten, der neben Pflanzen auch Kunst und Mineralien aus aller Herren Länder zeigt. Zwei Stunden sind allerdings arg knapp bemessen für den 70.000 m² großen Garten, sodass der Spaziergang etwas in Hetzerei ausartet. Aber ich kann auch schnell genießen.
Um 18 Uhr nehme ich die letzte Bahn runter an die Promenade und düse zurück nach Caniço. Fürs Abendessen probiere ich mal was Neues und verspeise im nahe gelegenen Restaurante A Rede einen Fisch, der deutlich besser daher kommt, als der verbrannte und knochentrockene Bacalhau, den ich von früheren Portugal-Besuchen in Erinnerung habe.
Meinen letzten vollen Tag starte ich mit dem Besuch des "Miradouro do Pico do Facho", von dem aus man einen schönen Blick hibunter nach Machico, dem ältesten Ort Madeiras, und in die Gegenrichtung rüber zum Ponta de São Lourenço hat.
Anschließend parke ich den Mii am Straßenrand kurz hinter dem Straßentunnel, der Caniçal mit Machico verbindet, und starte meine Wanderung an der "Levada do Caniçal" entlang Richtung Nordwesten. Der Wanderweg, der Machico mit Porto da Cruz verbindet und jahrhundertlang die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Orten war, hört auf den Namen "Vereda do Larano" und führt zunächst flach am Hang entlang mit schönen Ausblicken auf das zur Linken liegende Machico. Nach 75 Minuten leichten Gehens erreiche ich den Aussichtspunkt "Boca do Risco", der ähnlich atemberaubende Blicke aufs Meer bereithält wie das Kap "Espigão Amarelo" vor drei Tagen. Dem nähere ich mich jetzt von der anderen Seite. Der Weg ist wieder ein absoluter Traum, für mich der schönste Abschnitt, den ich in den 11 Tagen auf Madeira gegangen bin. Eine Stunde dauert der Weg von Boca do Risco bis zum Kap mit Fotostopps, wo ich die Atmo in mich aufsauge, bevor ich umdrehe und zum Boca do Risco zurückgehe.
Bis hierhin war es ein einfacher Spaziergang. Das ändert sich auf dem "Vereda do Boca Risco" ("Vereda" = "Pfad"), der hinter dem Boca do Risco beginnt und immer an der Küste entlang bis kurz vor Caniçal führt. Ganz so weit will ich angesichts der fortgeschrittenen Zeit nicht laufen, sondern irgendwann Richtung Süden abbiegen und durch den Wald zurück zur Levada Caniçal und an dieser entlang zurück zum Startpunkt. Zunächst aber sammle ich auf dem Küstenpfad ordentlich Höhenmeter; er geht jetzt mehrmals steil bergauf und dann ebenso steil wieder bergab. Belohnt wird man für die Anstrengung mit mal wieder traumhaften Blicken über die Klippen. Ich folge dem Küstenpfad, bis er hinter den sogenannten "Pico das Roçadas" (Rote Felsen) von der Küste weg in den Wald führt und in einen Waldweg mündet, der schließlich – in einer Sackgasse endet. In diesem Moment wünsche ich mir zum ersten Mal, dass ich lieber eine vernünftige Wanderkarte eingepackt oder in eine Wander-App mit detailliertem Kartenmaterial investiert hätte. Stattdessen habe ich nur einen Screenshot einer groben Online-Karte meiner geplanten Route heruntergeladen. Und GPS ist auch nur halb so hilfreich, wenn man sich in der Pampa befindet und das ständig wegbrechende Internet keine Karten lädt.
Ich beschließe, zurück zu den roten Felsen zu laufen, wo ich den letzten Abzweig Richtung Inselinneres passiert habe. Leider ist er nicht beschildert, sodass ich auch von diesem Weg nicht weiß, wo er hinführt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass man sich auf Madeira gar nicht verlaufen kann, weil alle Wanderwege gut beschildert sind. Bisher war das auch der Fall, aber für diesen Teil der Insel gilt das nicht. Seit dem Boca do Risco habe ich kein Schild mehr gesehen. Und auch keinen Menschen, den man fragen könnte.
Immerhin führt der Abzweig an den roten Felsen tatsächlich nach Süden und durch den Wald. So falsch kann ich also nicht sein. Das Déjà-vu folgt aber nach 15 Minuten Laufen: Der Pfad mündet in einen breiten Waldweg, dem ich folge und schließlich in der nächsten Sackgasse stehe. WTF? Inzwischen ist es 17:30 Uhr, d.h. in eineinhalb Stunden wird es dunkel. Da ich keine Lust habe, planlos über die Waldwege zu irren, bis ich einen finde, der mal nicht in einer Sackgasse endet, mache ich etwas, worüber ich gestern noch gelästert habe: Ich krieche durchs Unterholz, mit Google Maps in Vorhalte als Kompass, grobe Richtung Süden. Ich beginne mich schon zu fragen, ob ich das gleiche Schicksal erleide, wie der Wandersmann, der die Ursache meines gestrigen Lästeranfalls war, als ich nach 15 Minuten Krabbelei auf den nächsten Waldweg treffe. Dem folge ich weiter Richtung Süden und stehe nach wenigen Minuten an einer Levada, was ein sehr gutes Zeichen ist, denn jede Levada führt früher oder später in die Zivilisation. Gleichzeitig kommt mir eine Wandersfrau entgegen, die auch keine Karte dabei hat und mich fragt, ob der Weg, den ich gerade komme, irgendwohin führt. Ich erkläre ihr, dass ich gerade eine halbe Stunde lang durchs Nirvana geirrt bin und es für keine gute Idee halte, so kurz vor Sonnenuntergang einem Waldweg zu folgen, von dem sie nicht weiß, wo er hinführt. Das sieht sie auch gleich ein und entschließt sich, umzukehren und mich ein Stück weit entlang der Levada zu begleiten. Wir schlagen uns durch den Wald, der nach 10 Minuten Lauferei den Blick auf Caniçal freigibt, das in der Abendsonne leuchtet. Bevor sich meine lettische Kurzzeit-Begleitung verabschiedet, um zu ihrer Unterkunft in Caniçal zurückzulaufen, erklärt sie mir noch, dass wir an der "Levada do Caniçal" entlang laufen, deren Verlauf ich nur noch folgen muss, um zum Straßentunnel zu kommen, an dessen Ausgang ich geparkt habe. Heißt, ich bin zurück auf meiner ursprünglich geplanten Route, die ich irgendwo hinter den roten Felsen verloren habe. Im Nachhinein denke ich, dass ich eine etwas längere, aber orientierungstechnisch einfachere Route hätte nehmen sollen, die nicht durch den Wald, sondern immer an der Küste entlang führt, bis man am Friedhof dann automatisch auf die Levada trifft. Oder OpenStreetMap installieren und die Offline-Madeira-Karte herunterladen sollen. Die wäre schon extrem hilfreich gewesen und ausreichend, um sich nicht zu verlaufen. Hätte, wenn und aber; hinterher ist man immer schlauer.
Die Levada führt jetzt jedenfalls oberhalb von Caniçal an einem sanft abfallenden Hang entlang und bietet mal wieder erinnerungswürdige Ausblicke auf die Küste und die Berge. Ohne einen weiteren Menschen zu treffen, durchquere ich 50 Minuten nach Verlassen des Waldes noch besagten Straßentunnel und stehe nach fast 7 Stunden Lauferei und 20 Minuten vor Sonnenuntergang wieder vor meinem Mietwagen.
Die gestrige Tour war zwar ein Highlight meines Aufenthalts auf Madeira, aber auch ziemlich anstrengend, weswegen ich beschließe, es gut sein zu lassen und den Vormittag nicht noch für irgendeinen Ausflug zu nutzen. Stattdessen lasse ich es mir im Spa gut gehen, den ich auch nach dem Auschecken um 11 Uhr noch bis zu meiner Abfahrt nutzen darf. Um Punkt 15 Uhr stelle ich den Mii auf P1 des Flughafens ab, wo ein Mitarbeiter von Magoscar ihn einsammeln wird. Dank der einstündigen Verspätung des Condor-Fliegers kann ich im Flughafen-Bistro bei ein paar Coral noch das Fazit ziehen: Eigentlich wollte ich im Verhältnis 50:50 über und unter Wasser unterwegs sein, aber der starke Wind hat nur Hausrifftauchen zugelassen, von dem ich nach fünf Tauchgängen genug hatte. Die mache ich sonst in eineinhalb Tagen. Rückblickend betrachtet war das ein totaler Glücksfall, denn so war ich gezwungen, mich anderweitig zu beschäftigen. Und zum Wandern ist Madeira ein absolutes Traumziel; die Natur mit den schroffen Küsten, steilen Bergen, tiefen Tälern und dichten Wäldern ist der Knaller! Das wissen natürlich auch viele andere Menschen, was Madeira fast schon zu einem Massentourismusziel macht. Wenn man den Menschenmengen aus dem Weg gehen will, sollte man sich überlegen, die beliebtesten Levada-Touren zu meiden oder zu anderen Zeiten als die breite Masse loszugehen (sehr früh morgens oder früher Nachmittag). Für eine Wiederholung bin ich jedenfalls jederzeit zu haben. Allerdings würde ich mich beim nächsten Mal besser vorbereiten, wenn ich vorhabe, Touren abseits der hochfrequentierten und gut ausgeschilderten Levada-Touren zu gehen, vier Wanderer auf Madeira spurlos verschwunden sind, was ich vorher nicht wusste. Vielleicht habe ich aber auch einfach nur zu viel "Medical Detectives" gesehen.
siehe meine Erfahrung von gestern. Außerdem würde ich mir überlegen, keine Alleintouren mehr zu machen, da seit Ende 2020