Blauhai an der Condor Bank

Azoren – Blauhaie und Mobulas

August 2012

"Ich weiß, was Du letzten März getan hast!". Fragend hebe ich den Kopf und blicke in ein vertrautes Gesicht, zu dem mir gerade kein Name einfällt. Das Gesicht führt mich zu seiner besseren Hälfte, die ein paar Schritte weiter in der Abflughalle des Lissaboner Flughafens sitzt. Die beiden Hälften stellen sich mir als Klaus und Kirsten vor und mir dämmert, dass wir vor 1 1/2 Jahren zusammen auf der Nautilus Explorer durch mexikanische Gewässer geschippert sind. Die Welt ist ein Dorf. So groß ist der Zufall allerdings nicht, denn auch Klaus und Kirsten sind natürlich Richtung Azoren unterwegs, einem der wenigen Orte auf der Welt, wo man mit guter Wahrscheinlichkeit mit Blauhaien tauchen kann. Außer Kapstadt fällt mir auch gerade kein zweiter ein.

Tag 1: SO, 05.08.

Vor das Vergnügen hat meine blöde Flugverbindung mit der TAP allerdings einen 8-stündigen Aufenthalt in Lissabon gesetzt, den ich zu einer kleinen Stadtrundfahrt per Hop-On-Hop-Off-Bus nutze. Das "Hop-Off" spare ich mir und lasse mich einfach in 2 Stunden vom Yellow Bus auf der "Tagus-Tour" einmal quer durch die Stadt kutschieren. Viel scheint sich hier in den letzten 18 Jahren nicht verändert zu haben, mein letzter Besuch datiert aus dem Jahre 1994. Nach der Stadtrundfahrt schlage ich noch etwas Zeit mit dem Verspeisen von Bacalhau tot. Dieser Stockfisch ist in Portugal Nationalgericht, was das knochentrockene Häufchen verbrannten Elends auf meinem Teller aber auch nicht genießbarer macht. Hat 1994 schon nicht geklappt, in punkto Fish Cuisine haben die Portugiesen seitdem nichts dazugelernt, aber mit dem Hinweis auf die traditionelle Zubereitungsart kann man ja alles entschuldigen.

Am späten Nachmittag geht es endlich weiter und nach gut 2 Stunden Flug über den Atlantik landen wir am Abend auf Faial, das zu den fünf Inseln der Zentralgruppe der Azoren gehört. Per Taxi geht es in den Hauptort Horta, wo wir in der Hospedaria Atlantis einchecken. Die Pension verfügt über 7 einfach eingerichtete Zimmer. Die Duschen hätten mal eine Grundrenovierung und -reinigung nötig, ansonsten hab ich diesbezüglich nichts zu meckern. Nach und nach trudeln auch die übrigen Teilnehmer dieser Tauchertraum-Gruppenreise ein, so dass das achtköpfige Tauchteam alsbald vollzählig versammelt ist. Als erste Amtshandlung unterziehen wir die der Pension angeschlossene Pizzeria einer Geschmacksprobe. Die Besitzer Fernando und Armanda servieren hier Wagenrad große Pizzen und Burger zu kleinen Preisen, die unseren Test mit Bravour bestehen.

Tag 2: MO, 06.08.

Nachdem unser Tauchgepäck um 9 Uhr eingesammelt worden ist, nehmen wir den 15 minütigen Fußmarsch zum Hafen in Angriff, wo Norberto Serpa, ein azorianisches Urgestein, seine Basis hat. Nun ja, "Basis" ist vielleicht etwas übertrieben, es handelt sich, wie allgemein auf den Azoren üblich, um einen Container, der als Büro, Umkleide, Lager- und Kompressorraum in einem dient. Dementsprechend beengt geht es dort zu. Man sollte sich von vorneherein eine gelassene Grundhaltung angewöhnen, denn es kann in dem Gewühl von Kisten, Kleiderständern und in 5 Schichten übereinandergestapelten Neos schon mal etwas dauern, bis man morgens seine Ausrüstung zusammengesammelt hat, zumal man nicht davon ausgehen sollte, dass die am nächsten Morgen noch da hängt, wo man sie am Vorabend zurückgelassen hat. Das kann durchaus etwas enervierend sein und wer es von Liveaboards gewohnt ist, dass ihm der Hintern hinterhergetragen wird, muss sich definitiv umgewöhnen.

Unser erster Tauchgang soll im Kanal zwischen Faial und Pico, der Nachbarinsel, stattfinden. Hier gibt es mehrere Pinnacles, die aufgrund der Strömung gerne auch von Barrakudas, Thunas und Stachelmakrelenschwärmen besucht werden. Als wir mit dem Schlauchboot am Tauchplatz eintreffen, sind aber schon ein paar Fischer vor Ort, die sich über unsere Ankunft äußerst erfreut zeigen. Tja, wer zuerst kommt, fischt zuerst und so verdünnisieren wir uns in beiderseitigem Interesse und fahren stattdessen an die Südküste Faials in die Baixa da Feteira, in der es ebenfalls einen Unterwasserberg gibt. Um den nimmt sich das Fischleben allerdings etwas spärlich aus, außer 5 Dutzend kleinen Skorpionsfischen, die in allen Ritzen hocken und ein paar überdimensionalen Nacktschnecken ist nicht viel zu sehen. Mein Buddy Mio vertreibt sich die Zeit derweil mit Quallenfotografie, irgendwas findet sich für den wahren Naturliebhaber halt immer.

Nachmittags geht es mit dem Schlauchboot raus zum Whalewatching. Um diese Jahreszeit treiben sich jede Menge Pottwale in den Gewässern um die Azoren herum und wir brauchen auch nicht lange, um eine Kleingruppe auszumachen. Allerdings sind die Regularien sehr streng, man darf sich den Tieren nur von hinten innerhalb eines Bereichs von 120 Grad um die Fluke und nur auf 100 bis 500 m Abstand nähern, je nachdem ob die Tiere ruhen oder unterwegs sind. Wohl dem, der einen Hochsitz und ein Fernglas dabei hat, von dem niedrigen Schlauchboot aus kann man da nicht viel erkennen. Freudig nehmen wir daher den breachenden Pottwal zur Kenntnis, der mehrmals hoch aus dem Wasser steigt und sich mit Karacho aufs Wasser klatschen lässt. Genialer Anblick. Nach 2 1/2 Stunden haben wir genug gesehen, mittlerweile drängen sich 7 Boote um die kleine Pottwal-Gruppe, weswegen wir die Szenerie verlassen und es lieber mal mit Delfinschwimmen versuchen. Manchmal sollen die Delfine in Spiellaune sein, heute ist das aber nicht der Fall. Ein paar einzelne Exemplare lassen sich in der Bugwelle unseres Bootes gut gehen, aber sobald wir ins Wasser hüpfen, nehmen sie Reißaus. Erschwert wird das Ganze dadurch, dass nur 2 Personen gleichzeitig im Wasser sein dürfen. So erhaschen auch nur 2 glückliche Schnorchler einen kurzen Blick auf die Meeressäuger, die anderen gehen leer aus. Da die Delfine heute offensichtlich keine Lust haben, brechen wir den Versuch ab und düsen zurück nach Horta, um im Peter Café Sport, der legendären Kneipe im Hafen von Horta, den Tag wahlweise bei Super Bock, Gin Tonic oder Panaché (portugiesisch für "Radler") ausklingen zu lassen, das Ganze garniert mit einem fantastischen Blick auf den Pico bei Sonnenuntergang.

Tag 3: DI, 07.08.

Norberto hat keine guten Nachrichten, das Wetter soll für den Rest der Woche Ausfahrten zur Condor Bank unmöglich machen, vermutlich geht es erst wieder am Samstag. Wenn überhaupt, müssten wir es heute versuchen. Also finden wir uns morgens um 7.30 Uhr am Container ein, um mit 3 Booten à 4 Gästen den Ausritt zu wagen. Die Condor Bank liegt südwestlich von Faial, etwa 20 Seemeilen von Horta entfernt. Bei ruhiger See dauert die Fahrt mit dem Schlauchboot 50-60 Minuten. Dass es heute etwas länger dauern wird, ist schon kurz nach dem Verlassen des Hafens klar, als wir die Südostspitze der Insel umrunden und die Schaumkronen auf dem Wasser erblicken, das hier schutzlos dem Wind ausgeliefert ist. Mühsam kämpfen wir uns durch die Wellen, knallen ein ums andere Mal in die Wellentäler, so dass es für den Rücken eine wahre Freude ist und erreichen tatsächlich nach fast 3 Stunden Fahrt die Condor Bank. Warum das Ganze? Die Condor Bank ist der einzige Platz in Europa, wo man in den Monaten Juli-September fast garantiert Blauhaie sehen kann. Natürlich nur unter Zuhilfenahme einer stinkenden Brühe aus Fischblut und Thunfischköpfen, die die Guides sogleich ins Meer kippen. Während der Wartezeit bekommen wir das obligatorische Sicherheitsbriefing, das man auf eine einfache Grundregel zusammenstutzen kann: Man sollte möglichst ruhig und senkrecht im Wasser stehen und vermeiden, dass die Haie einen berühren. Blauhaie sind Hochseehaie und haben als solche keine Scheu vor ihnen unbekannten Objekten. Sie sind neugierig und werden durch Berühren versuchen herauszufinden, was sich da vor ihnen befindet. In diesem Fall sollte man mit einer schnellen Handbewegung die Haie zum Einhalten des Wohlfühlabstandes (dem des Tauchers) bewegen. Sollten es zu viele Haie werden oder sollte ein Mako auftauchen, der schon mal etwas ungemütlicher werden kann, müssen wir ggf. das Wasser verlassen.

Lange müssen wir nicht warten, schon nach 10 min taucht ein Blauer an der Ködertonne auf. Möglichst geräuschlos gleiten wir ins Wasser und sehen - Blauwasser. Kein Hai weit und breit in Sicht. Also heißt es warten am Ankerseil, das einen bei dem Wellengang hektisch rauf und runter zieht. Wohl dem, der Handschuhe dabei hat. Nach ein paar Minuten taucht tatsächlich für einige Augenblicke ein Blauhai auf und macht sich an der Ködertonne zu schaffen. Bei der Gelegenheit wundern wir uns, dass die Tonne strömungsaufwärts vom Ankerseil, an dem wir hängen, platziert wurde, so dass wir mitten in der Bahn der Fischhappen schweben, die die Tonne verlassen. Ob das sicherheitstechnisch so richtig ist?

Nach weiteren 15 min Blauwasserschauens brechen wir den Versuch ab, fahren ein paar Meter und hängen uns dann an ein anderes Boot, unter dem schon 5 Blauhaie unter der Ködertonne rumschwirren. Für eine halbe Stunde habe ich noch Luft im Tank und diese halbe Stunde ist äußerst genial. Die Blauhaie zeigen in der Tat keine Berührungsängste und schwimmen uns immer wieder direkt an. Es sind noch kleine Jungtiere, maximal 1 m - 1,50 m groß, ausgewachsen erreichen sie eine Körperlänge von über 3 m, in seltenen Fällen sogar bis zu 4 m. Das Fotografieren ist allerdings trotz der inquisitiven Haie etwas stressig, da es bei 8 Tauchern, die an und um ein Ankerseil hängen, etwas beengt zugeht und man oft eine Flosse im Bild hat, die nicht zu einem Hai gehört. Allzu lange kann man sich auch nicht vom Seil entfernen, da der Wind das Schlauchboot mit einer beachtlichen Geschwindigkeit übers Wasser drückt und man dann schon ordentlich paddeln muss, um da hinterherzukommen.

Video: Umtriebiger Blauhai an der Condor Bank [00:49 min]

Nach einer halben Stunde ist der Spaß für mich vorbei, Flasche leer. Andere haben noch ordentlich Luft und wollen gerade, wo es unter Wasser etwas leerer wird, richtig loslegen mit Foto-Shooting, aber leider haben sie die Rechnung ohne den letzten verbliebenen Guide gemacht. Der ist nämlich auch luftlos und alleine bleibt kein Gast im Wasser, deswegen heißt es für alle raus und Rückfahrt antreten. Die geht dann mit den Wellen deutlich schneller als die Gegenrichtung heute morgen, schon nach 1:15 Std. sind wir zurück in Horta, wo Peter schon mit ein paar großen Kaltgetränken auf uns wartet. Tauchen am Nachmittag sparen wir uns, nach dieser genialen Ausfahrt kann es heute nicht mehr besser werden. Wir freuen uns schon auf die nächsten Ausflüge zur Condor Bank, zwei weitere Ausfahrten sind noch geplant.

Tag 4: MI, 08.08.

Die Sonne lacht vom Himmel, wo ist denn das schlechte Wetter, das Ausfahrten zu Condor und Princess Alice Bank verbietet, fragen wir uns. Der Eindruck täuscht aber, denn das Problem ist der Wind, der einem sofort um die Ohren bläst, wenn man den geschützten Hafen von Horta verlässt, wie wir ja gestern gesehen haben. So besteht heute nur die Möglichkeit zu Tauchgängen entlang der geschützten Küstenabschnitte rund um Horta, insb. rund um den Vulkan "Monte da Guia", der die südöstlichste Spitze Faials markiert. Den ersten Abstieg beginnen wir am Platz Radares und hangeln uns entlang der steil abfallenden Felswand Richtung Süden. Die Szenerie ist typisch atlantisch, karge Felswände, die mehr oder weniger senkrecht in die Tiefe abfallen, bestimmen das Bild. Fischtechnisch ist Hausmannskost angesagt, Muränen und Skorpionsfische bevölkern die Wand, während sich im Wasser Papagei-, Drücker-, Kugel- und Lippfische die Zeit vertreiben. In den Felsritzen verträumt der ein oder andere Occi den Tag. Wir folgen der Wand nach Süden und beenden den Tauchgang an einer kleinen Höhle, deren tiefergehende Erkundung wir auf Grund der zur Neige gehenden Luft aber auf einen anderen Tag verschieben.

Für die zweistündige Mittagspause versorgen wir uns im nahegelegenen Supermarkt mit belegten Baguettes (die Shrimps-Cocktail-Variante ist äußerst empfehlenswert!) und suchen uns dann ein lauschiges Plätzchen an der Kirche um die Ecke. Nach kurzem Mittagsschläfchen geht's zurück zum Container-Camp, die zweite Tauchausfahrt steht an. Die führt uns zur Südseite des Monte Guia, wo der Vulkankrater eine Verbindung mit dem Meer hat. Der Krater selbst gehört zum Nationalpark, der nicht betaucht werden darf. So beschränkt man sich bei Boca das Caldeirinhas auf das Tauchen entlang der Krateröffnung. Außer den frostigen 17 Grad Wassertemperatur bietet der Platz gegenüber Radares aber nichts Neues, was angesichts der paar Hundert Meter Entfernung zwischen den beiden Plätzen auch nicht weiter überraschend ist.

Abends statten wir dem Festival, das seit Anfang der Woche an der Hafenpromenade sein Unwesen treibt, einen Besuch ab. Die "Semana del Mar" ist DAS Ereignis des Jahres auf Faial und hat dort einen Stellenwert wie in Köln der Karneval. Eine Woche lang wird vom frühen Abend bis morgens um 6 gefeiert. Unzählige Buden und Fresszelte säumen auf einem Kilometer Länge die Promenade, an deren Ende auf einer großen Bühne die lokalen Showgrößen ihre Sangeskunst zum Besten geben oder Volkstanzgruppen jede Menge Lokalkolorit verbreiten. Auch für das leibliche Wohl ist natürlich gesorgt, vom billigen Burger für eine Handvoll Euro bis zu schmackhaftem Schinken für deutlich über 100 Euro die Keule kann man alles in sich reinschaufeln, was der Magen verkraftet. Abgerundet wird der Abend mit ein paar Gin Tonic auf der Terrasse bei Peter.

Tag 5: DO, 09.08.

Der Wind macht uns weiterhin einen Strich durch die Rechnung, auch heute sind nur Ausfahrten zu den Plätzen rund um den Monte da Guia möglich. Wir wollen zunächst an der Westseite am Platz Os do Almeida ins Wasser springen, aber der von Südwesten einfallende Wind bauscht das Wasser so auf, dass eine gefahrlose Erkundung der hier beheimateten Höhle nicht möglich ist. Also weichen wir zur Baia da Garca aus, die etwas windgeschützter liegt. Nach dem Tauchgang notiere ich "same, same, but different" in mein Logbuch, womit alles gesagt wäre.

Nach der Baguette-Mittagspause fahren wir zum zweiten Abstieg zur Baia de Entre Montes. Die "Bucht zwischen den Bergen" ist der hafennaheste Platz Hortas, keine 5 min dauert die Fahrt mit dem Gummiboot. Die Unterwassertopografie hebt sich deutlich von der der anderen Plätzen um den Monte da Guia ab. Statt einer steil abfallenden Felswand bestimmt hier flacher Sandboden, der mit großen Felsbrocken verziert ist, die Szenerie. Dementsprechend fühlen sich hier bodenlebende Meeresbewohner sehr wohl, überall huschen Flundern über den Sand und Meerbarben durchpflügen selbigen auf der Suche nach Nahrung. Ab und zu stürmt ein Stechrochen bei Annäherung der Taucher davon. Der Platz ist eine nette Spielwiese für Fotografen, der durchaus seine Reize hat, wenn man nicht unbedingt tropische Korallenriffe und Farbexplosionen am Riff zum Glücklichsein braucht.

Zurück an der Basis wollen wir das Tauchprogramm für morgen besprechen. Dies fällt äußerst übersichtlich aus, da Norberto uns eröffnet, dass alle seine Boote voll sind und er keinen Platz für uns hat. Stattdessen rät er uns zu einer Inselbesichtigung, wegen des anhaltenden Windes könnten morgen eh wieder nur Ausfahrten rund um den Monte da Guia stattfinden. Einigermaßen irritiert machen wir uns also auf die Suche nach einem Alternativprogramm. Jegliche Versuche, einen Mietwagen zwecks Inselrundfahrt zu ergattern, schlagen aber fehl, alle Wagen sind wegen der Semana del Mar für die nächsten 10 Tage ausgebucht. Belustigt erklärt uns eine Vermieterin, dass wir für diese Woche 3 Monate im Voraus hätten reservieren müssen.

Ohne Plan, was wir morgen tun, beenden wir am Nachmittag unser taucherisches Tagewerk. Immerhin bleibt noch etwas Zeit für Körperertüchtigung, also mache ich mich mit Joggingschuhen und Fotohandy bewaffnet auf ein kleines Läufchen durch Horta, um den Nationalpark am Monte Guia zur Abwechslung mal über Wasser in Augenschein zu nehmen. Vom Hafen aus führt eine 3 km lange Straße auf den Gipfel des Berges, von dem aus man einen tollen Ausblick über den Ort zur einen und den Krater zur anderen Seite hat - durchaus ein lohnenswerter Ausflug für zwischendurch.

Tag 6: FR, 10.08.

Beim Frühstück lässt Armanda ihre Beziehungen für uns spielen und organisiert ein Großraumtaxi, mit dem wir doch noch unsere Inselrundfahrt starten können. Für 100 EUR Gesamtpreis (also 12,50 EUR pro Nase) karrt uns der Taximann in 4 Stunden einmal um die Insel und zeigt uns die sehenswürdigsten Sehenswürdigkeiten Faials:

Gegen 15 Uhr sind wir zurück im Atlantis, so dass der Nachmittag noch zur freien Verfügung steht. Die Freizeitgestaltung fällt sehr individuell aus, die einen gehen Faulenzen am Strand, die anderen Faulenzen im Hotelbett. Am Abend finden wir uns wieder zur Vernichtung einiger Kaltgetränke auf Peters Terrasse ein und sehen Norbertos Katamaran in den Hafen einlaufen. Immerhin soll es morgen perfekte Bedingungen für unsere Ausfahrt geben. Da wir uns für diese bereits um 6.30 Uhr an der Basis einfinden sollen, halten wir den Abend kurz und finden relativ bald nach dem Abendessen in irgendeinem Restaurant auf der Hafenpromenade den Weg in die Heia.

Tag 7: SA, 11.08.

Um 6 Uhr ist die Nacht vorbei. Da das Atlantis zu so unchristlicher Zeit noch kein Frühstück bereitstellen kann, finden wir unsere Marschverpflegung in Form von Obst und belegten Brötchen in einer Plastiktüte an Mios Zimmertür vor. Pünktlich um halb 7 sind wir an der Basis, beladen den Katamaran mit Tauchequipment für 2 Tauchgänge und sind kurz darauf auf dem Weg Richtung Princess Alice Bank. Diese Untiefe in den Weiten des Atlantik liegt drei Stunden Bootsfahrt südlich von Faial. Das Wetter heute ist tatsächlich nahezu perfekt, es ist windstill und kaum eine Welle stört das Nickerchen, welches sich die meisten während der Überfahrt gönnen, strategisch verteilt auf Bänken und Deck.

Der Grund für die Trips zur Princess Alice Bank ist die Horde Mobulas, die sich während dieser Jahreszeit hier rumtreibt. Die Wahrscheinlichkeit, diese nahen Verwandten der Mantas jetzt hier sehen zu können, liegt nahe bei 100%. Nach unserem Sprung ins Wasser passiert aber erstmal nicht viel, es dauert ein Weilchen, bis sich der erste Elasmobranchier blicken lässt. Viel aktiver sind dagegen die drei Dutzend Grauer Drückerfische, die sich in einer Traube an unserem Ankerseil versammelt haben. Immer wieder lösen sich einzelne Exemplare aus der Gruppe und starten Scheinangriffe auf uns. Extrem lästige Angelegenheit das Ganze. Ob wie unseren Anker wohl mitten in ihre Nester geschmissen haben und sie jetzt ein bisschen sauer sind? Gerade, als ich mich ein bisschen mit den Drückern arrangiert habe, wird aus Schein Ernst, ein Drücker beißt mir stakkatoartig 3x in den Kopf, der wegen der molligen 22 Grad Wassertemperatur heute mal nicht von einer Kopfhaube geschützt wird. Drückerfische haben durchaus beachtliche Zähne, die großen Exemplare können einem Menschen einen Finger abbeißen. Dementsprechend geht der Angriff nicht spurlos an meinem jetzt schmerzenden Schädel vorbei, eine komische braune Flüssigkeit wabert durchs Wasser und versperrt mir die Sicht. Das ist insofern schlecht, als dass gerade die Mobula-Action Fahrt aufnimmt, eine Gruppe aus 20 Exemplaren erscheint auf der Bildfläche und hindert mich daran, das Wasser zu verlassen, um die Wunde versorgen zu lassen. Manche der Mobulas sind vorsichtig und bleiben auf Distanz während andere keine Scheu zeigen und bis auf Nasenlänge an einen herankommen. Trotz der Drücker wird es so noch ein toller Tauchgang mit den Rochen.

Während der Oberflächenpause werden die Wunden geleckt und ich muss mir anhören, dass ich Scheiße aussehe, da der Drücker ein Stück Hautlappen, das jetzt wie ein Fähnchen in der Strömung flattert, herausgebissen hat. Ein genauso unansehnlicher Verband schafft hier für den 2. Tauchgang Abhilfe. Einige der Kollegen sind auch nicht ungeschoren davon gekommen: Guide Marco haben sie ebenfalls in den Kopf gebissen, die Kopfhaube hat ihn aber vor größerem Schaden bewahrt. Marcels Schulter ziert ein farbenfroher Bluterguss. Auch Kamera-Auftriebskörper scheinen den Drückern gut zu schmecken, Mios Kamera hat jetzt etwas Schlagseite. Woher diese aggressive Grundhaltung der Drücker kommt, ist den Guides ein Rätsel, angeblich ist das das erste Mal, das hier so etwas passiert.

Nach einer guten Stunde Oberflächenpause geht es zum 2. Mal ins Wasser, diesmal natürlich mit Kopfhaube. Wieder sind die Mobulas am Start, dieses Mal fliegen sie sogar einige Male im Formationsflug an uns vorbei. Die Drücker haben sich auch etwas beruhigt, so dass auch der 2. Tauchgang ein voller Erfolg wird und wir anschließend glücklich und zufrieden die drei Stunden Rückfahrt gen Horta unter den Kiel nehmen.

Video: Mobulas an der Princess Alice Bank [01:50 min]

Nach dem langen Tag haben wir abends keine Lust mehr auf Festival-Besuch und verdrücken im Atlantis lieber noch ein paar Monster-Pizzen. Abgerundet wird die Mahlzeit mit einigen mehr oder weniger bekömmlichen lokalen Schnäpsen, die Armanda aus ihrem Fundus hervorzaubert. Der 40%ige Aguardente holt dabei einstimmig den Tagessieg.

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