Hafenbrücke Sydney

Sydney – Stopover in der besten Stadt der Welt

Oktober 2014

Drei Stunden nach dem Start in Nadi kommt die Durchsage, die keiner hören will: Wegen eines Zyklons, der über New South Wales wütet, ist der Flughafen Sydney geschlossen. Als ob uns das schlechte Wetter in den letzten 3 Wochen auf Fidschi nicht schon genug geärgert hätte. Nicht zu ändern, wir werden nach Brisbane umgeleitet, wo wir um 23 Uhr landen. Am Fiji Airways-Schalter geht es chaotisch zu und wir finden uns schon damit ab, am Flughafen übernachten zu müssen. Schließlich schaffen sie es doch noch, Hotels für die gestrandeten Passagiere zu organisieren. Um 2 Uhr morgens checken wir endlich im Southern Cross-Motel im Stadtteil Kangaroo Point ein, unsicher, wie es morgen weiter geht.

Tag 1: MI, 15.10., Brisbane / Sydney

Um 7 Uhr morgens klingelt das Telefon, wir sollen um 12 Uhr am Flughafen sein. So richtig viel Zeit zur Erkundung der Stadt bleibt also nicht. Es reicht zu einem gemütlichen Frühstück in Gloria Jean's Coffee – so gemütlich man es sich halt an einer Kreuzung zweier Hauptverkehrsadern einer 2-Millionen-Stadt machen kann. Anschließend schlendern wir noch etwas am Brisbane River entlang und genießen bei strahlendem Sonnenschein den Blick auf die City.

Anflug auf Sydney Zu mehr reicht es nicht mehr, pünktlich sind wir am Flughafen und nach einem ähnlichen Chaos wie gestern bei der Ankunft heben wir um 15:30 endlich Richtung Sydney ab. Der Flug dauert nur 1 1/2 Stunden, aber wegen der absurden Zeitverschiebung zwischen Sydney und Brisbane (New South Wales hat Sommerzeit, Queensland nicht) setzen wir erst um 18 Uhr auf der Landebahn von Kingsford Smith auf. Gepäckaufsammeln und Taxifahrt zum Hotel dauern nochmal 1 1/2 Stunden, dann ist es endlich geschafft und unser Stopover kann mit einem Tag Verspätung beginnen. Wir checken in den Woolloomooloo Waters Apartments ein. Na ja, "einchecken" ist zu viel gesagt, wie es sich für ein Apartment Hotel gehört, ist der Empfang nach 18 Uhr nicht mehr besetzt. Seinen Schlüssel zieht man sich durch Eingabe eines PIN-Codes, den man vorher idealerweie per E-Mail bekommen sollte, aus einem Automaten. Ansonsten ist das Hotel aber top, sauber, mit großzügigen Zimmern, die zu einem Preis verkauft werden, für den man in der Hochpreisstadt Sydney auch schon mal eine Kaschemme angedreht bekommt. Ideal ist auch die Lage im Stadtteil Woolloomooloo: In 30 Minuten ist man zu Fuß in der Innenstadt oder an der Oper, der ÖPNV ist nur 3 Minuten (Bus), respektive 10 Minuten (Metro Kings Cross) entfernt. Von daher ist das Woolloomooloo Waters eine ideale Basis für die Erkundung der besten Stadt der Welt.

Auch für das kulinarische Wohl ist in der Umgebung gesorgt, neben einigen Pubs, in denen es auch regelmäßig Live-Musik zu hören gibt, ist mit der "Finger Wharf" die lokale Fressmeile gleich vor der Haustür. Bei meinem letzten Besuch war hier noch Großbaustelle. Eigentlich sollte der 1915 fertiggestelle, 410 m lange Kai komplett abgerissen werden, aber nach massiven Protesten entschloss man sich zum Erhalt und zur Renovierung. Heute beherbergt der Kai ein 5-Sterne-Hotel, private Lofts (Kaufpreis ab 700.000 AU$), sowie im Erdgeschoss Shops und Restaurants. Geht man hier essen, sollte man minimum 60 AU$ pro Nase einplanen, wenn man sich nicht auf den Vorspeisensalat beschränken möchte. Unvorstellbar zu meinen Backpackerzeiten, aber nach 3 Wochen Der abendliche Blick aus dem Hotelzimmer ist genauso ansehnlich... ... wie der Blick von der Finger Wharf auf die City. Fidschi, hab ich jetzt auch keine Lust mehr, noch aufs Geld zu achten. So lassen wir den Tag mit einem feinen T-Bone-Steak und einigen erfrischenden Kaltgetränken im Kingsleys ausklingen.

Tag 2: DO, 16.10., Sydney

Der Plan für unseren ersten vollen Tag lautet "Spazierengehen", nur unterbrochen von diversen Mahlzeiten und einigen Fahrten mit dem ÖPNV. Die erste Etappe besteht aus dem 3 km langen Spaziergang zum Opernhaus, immer an der Küste der Woolloomooloo Bay und der Farm Cove entlang:

Vom Opernhaus geht's über den Circular Quay, Sydneys Verkehrsknotenpunkt und am Kneipenviertel "The Rocks" entlang bis unter die Hafenbrücke, von wo aus man einen schönen Blick hinüber zur Oper hat. Nachdem wir den ausreichend genossen haben, entern wir am Circular Quay eine Fähre, mit der man in einer halben Stunde in die Watsons Bay reist, ganz im Osten der Stadt gelegen und Sydneys Tor zum Pazifik.

Es ist schon Mittag, als wir in der Watsons Bay von Bord hüpfen. Genau die richtige Zeit, um am Fähranleger im "Doyles on the Beach" die viel gepriesenen Fish & Chips zu uns zu nehmen, die allgemein als eine der besten in Sydney gelten. Nun gibt es Etablissements, die mehr von ihrem in vergangenen Zeiten erworbenen Ruf leben als von der aktuellen Realität und das Doyles gehört mit Sicherheit dazu. Sicher, das Essen ist nicht schlecht, aber auch nicht bedeutend doller als der Backfisch auf der Neusser Kirmes. Dafür aber 5x so teuer. Erwähnte ich schon, dass es nach 3 Wochen Fidschi ziemlich albern wäre, jetzt noch aufs Geld zu achten? Unschlagbar ist auf jeden Fall der Blick auf die Skyline Sydneys, den man vom Doyles aus hat.

Durch den Robertson Park ist es nur ein kurzer Spaziergang zu "The Gap", Sydneys malerischer Steilküste am Pazifik, die leider auch ein beliebtes Ausflugsziel für Selbstmörder ist. Etwa 50 Verzweifelte sind hier jedes Jahr von der 90 m hohen Klippe gesprungen, bis die Stadtverwaltung im Jahr 2008 einigermaßen wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Richtig gut tun die Zäune und Überwachungskameras dem Ambiente zwar nicht, aber man muss halt Prioritäten setzen. Aber auch so ist der Pfad an der Klippe entlang mit schönen Blicken über den Pazifik immer noch gehenswert.

Mit dem Bus geht es durch die Stadtteile Vaucluse und North Dover weiter zum Bondi Beach, wo wir uns mit Heikes Neffe verabredet haben, der seit einem halben Jahr hier studiert und für den Rest des Tages unseren Reiseführer mimt. Interessant, mal aus erster Hand einiges über das Leben in einer der schönsten (und inzwischen vermutlich auch eine der teuersten) Städte der Welt zu erfahren. 500 EUR löhnt der Auslandsstudent für seine 30 qm-Wohnung in einem Vorort Sydneys. Pro Woche, versteht sich.

Die 6 km von Bondi nach Coogee legt man am besten zu Fuß auf dem "Bondi To Coogee Coastal Walk" zurück, vermutlich der schönste Spaziergang, den man in Sydney unternehmen kann. Beim Blick auf die heranrollenden Wellen, die sich an der Steilküste brechen oder sanft auf den Stränden ausrollen, dämmert es mir, dass ich diesen Spaziergang vor 18 Jahren schon einmal gemacht habe. Unverständlich, wie so etwas aus dem Gedächtnis gelöscht werden kann. Die fraglichen Gehirnzellen sind vermutlich nach ein paar VB zu viel in Kings Cross verlustig gegangen.

Die 6 km bis Coogie schaffen wir heute nicht mehr. In Clovelly besteigen wir erneut einen Bus und fahren zurück in die City. Im Hyde Park findet gerade wieder ein zweiwöchiges Fressevent statt, mit denen man als Einwohner Sydneys reichlich gesegnet ist. "Night Noodle Markets" heißt die Veranstaltung, ein bisschen wie Kirmes ohne Fahrgeschäfte. Brechend voll ist es natürlich auch. Der geplante Geschmacksvergleich der Spaghetti Frutti di Mare bei meinem Stammitaliener mit den hiesigen Nudelvariationen fällt den fehlenden Sitzgelegenheiten und unserer Ungeduld zum Opfer. Stattdessen marschieren wir in die Ausgehmeile "Darling Harbour" und verpflegen uns in einem der dortigen Restaurants. Nach den 40 min Fußmarsch zurück nach Woolloomooloo ist das Abendessen schon so gut wie verdaut, weswegen wir noch im Pub des Frisco Hotels für ein paar Partien Pool einkehren. An den anfängerunfreundlichen Taschengrößen hat sich leider seit meinem letzten Besuch nichts geändert.

Tag 3: FR, 17.10., Sydney

Während sich die Kollegen auf Shopping-Tour in den CBD begeben, setze ich lieber mit der Fähre auf die andere Hafenseite über und besuche den Taronga Zoo. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es irgendwo auf der Welt einen Zoo in schönerer Lage gibt: Er liegt direkt am hügeligen Nordufer des Port Jackson mit bombastischem Ausblick auf die Skyline Sydneys.

Für 46 AU$ kann man sich im Taronga Zoo auf 21 Hektar Fläche 340 Tierarten angucken. Meine Favoriten sind die einheimischen Arten, die man in freier Wildbahn trotzdem kaum zu sehen bekommt wie Baumkänguru, Echidna oder Tasmanischer Teufel. Für einen Wombat reicht es aber auch diesmal nicht, das Mistvieh verkriecht sich tagsüber immer in den tiefsten Tiefen seines Baus. In jedem Fall war meine Einschätzung, hier in fünf Stunden locker durch zu sein, etwas optimistisch, am Ende muss ich hetzen und die Aquarien auslassen. Nicht so schlimm, als eingefleischter Taucher findet man Aquarien ohnehin nur semi-spannend.

Mit der Fähre geht's zurück zum Circular Quay, wo ich noch eine Stunde damit totschlage, durch "The Rocks" zu streunen, die Hafenbrücke von unten zu betrachten und dem Riesenkreuzfahrtschiff, welches gerade im Sydney Harbour zu Gast ist, beim rückwärts ausparken zuzugucken. Das ist nett, denn so hätten wir beim geplanten Abendessen im "Waterfront" einen freien Blick auf die Oper. Leider bilden die als Windschutz heruntergelassenen Plastikplanen einen ziemlich billigen Kontrast zu dem ansonsten edlen Ambiente. Die Aussies schrecken echt vor nichts zurück. Auch die Speisekarte kann nicht wirklich überzeugen, weswegen das Abendessen noch einen Fußmarsch zur Finger Wharf entfernt ist, wo es im Criniti's eine Pizza gibt, die dem Vergleich mit Domino's Pizza durchaus standhält.

Tag 4: SA, 18.10., Sydney

Die Zeit verfliegt schnell in der – ich erwähnte es glaube ich bereits – besten Stadt der Welt. Heute ist leider schon unser letzter voller Tag. Die Shopping-Fraktion zieht es in die Oxford Street zum dortigen Flohmarkt, während ich einen Programmpunkt auf der Agenda habe, den ich bei meinen beiden letzten Besuchen auslassen musste: Bridge Climb! Pünktlich um 10 Uhr bin ich zum Einchecken im Büro, welches sich in "The Rocks" in einem Bogen der Hafenbrücke befindet. Weil ich körperlich nicht ganz auf der Höhe bin, "darf" ich erst noch mit dem Geschäftsführer sprechen, der meinen lädierten Knien aber grünes Licht für den Aufstieg gibt. Die Treppen seien sehr flach, alles kein Problem. Kurz darauf geht's zum Anrödeln, die eigenen Klamotten müssen unten bleiben, stattdessen werden wir in einen top-unmodischen Graumann gesteckt. Auch so überflüssige Utensilien wie Smartphone und Kamera dürfen wir nicht mitnehmen – selbstverständlich nur aus Sicherheitsgründen, weil das Zeug ja runterfallen könnte und nicht, damit man hinterher auch ja das Foto-Paket kauft, welches der "Climb Leader" während der Tour schießt. Wir werden noch in ein Klettergeschirr gesteckt und dürfen dessen Benutzung üben, bevor es nach 45 Minuten Einweisung endlich losgeht.

Nach dem Einklinken in das der Sicherung dienende Stahlseil spaziert unsere zwölfköpfige Wandergruppe zunächst über einen schmalen Gang, der unterhalb der Fahrbahn verläuft, in Richtung Pylon, auf dem sich auch der Pylon Lookout befindet. Damit man versteht, was der Climb Leader vorne über die Hafenbrücke und ihre Historie erzählt, ist jeder Wanderer ("Kletterer" wäre echt zu viel gesagt) mit Empfänger und Kopfhörer ausgerüstet. Am Pylon geht es über eine Leiter zwei Stockwerke höher, bis man sich am Beginn des oberen Bogens befindet, auf dem es nun, unterbrochen von mehreren Fotostopps, bis nach oben geht, wo die Flaggen von Australien und New South Wales freundlich im Wind wehen. Der Aufstieg ist tatsächlich für jeden Gehbehinderten zu meistern, die Höhe der Treppenstufen beträgt am Anfang nur wenige Zentimeter und nach oben hin wird es natürlich immer flacher. Der Weg lohnt sich, denn die Aussicht von 134 m über der Wasseroberfläche ist tatsächlich gigantisch. Überhaupt ist die Sydney Harbour Bridge eine Brücke der Superlative. On Top, Down Under Mit 503 m Spannweite, 50 m Breite und 52.000 Tonnen verbautem Stahl ist sie nicht nur eine der größten und schwersten Bogenbrücken der Welt, sondern auch hoffnungslos overengineered: Angeblich bräuchte es von den 6 Millionen verbauten Nieten zwei Drittel überhaupt nicht, die Brücke würde trotzdem halten.

Nachdem wir den Ausblick über den Port Jackson und die Skyline Sydneys ausgiebig genossen haben, überqueren wir in luftiger Höhe die Fahrbahn und machen uns auf dem anderen Bogen auf den Rückweg. Nach insgesamt 3 Stunden ist der Spaß vorbei. Die 258 AU$, die mich dieser Spaß gekostet hat, finde ich zwar schon arg happig, aber was soll's: Macht man eh nur 1x im Leben. Ich habe die Investition jedenfalls nicht bereut. Wer es etwas preiswerter haben möchte, hat sicherlich auch für 13 AU$ vom Pylon Lookout einen ganz guten Blick.

Zur Feier des Tages rühre sogar ich mal ein Glas Wein an. So richtig viel kann ich mit mir am Nachmittag nicht mehr anfangen, ich streune noch etwas durch die Straßen des CBD und den Botanischen Garten und schreibe im Hotel ein paar Postkarten, bevor es am frühen Abend wieder zum Circular Quay geht, wo wir uns auf der Promenade in der "Sydney Cove Oyster Bar" in Sichtweite zum Opernhaus mal wieder den Wanst vollschlagen.

Tag 5: SO, 19.10., Sydney

Ein halber Tag bleibt uns noch, den ich nochmal zu einer kleinen Fototour durch den Hyde Park und einen Besuch des 309 m hohen Sydney Towers (formerly known as "AMP Tower") nutze. Inzwischen kann man oben auf dem Turm auch an der frischen Luft außen herum latschen, was vor 15 Jahren noch nicht ging. "Skywalk" nennt sich das Ganze und kostet nochmal 70 AU$ extra. Nach gestern habe ich aber genug von frischer Höhenluft und ohne Vorbuchung geht sowieso nichts. So drücke ich mir nur die Nase an den Scheiben des "Observation Decks" platt.

Am frühen Nachmittag geht's Richtung Kingsford Smith, wo wir um 15:30 Uhr Richtung Heimat abheben. Von den 14 Stunden Flug bis Abu Dhabi verschlafe ich 7 und träume von der besten Stadt der Welt – auf dass es nicht wieder 15 Jahre bis zum nächsten Besuch dauert.

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