Januar 2011
Um 3 Uhr nachts aufzustehen ist ja gar nicht mein Ding, aber der Sonnenaufgang wartet nicht. Made hat schon ein einfaches Frühstück vorbereitet, balinesischen Tee und Omelett auf Toast. Zu meiner Überraschung führt er die Tour gar nicht selbst durch (nach 30 Jahren rauf und runter hätte ich wahrscheinlich auch keinen Bock mehr). Stattdessen werde ich um viertel vor 4 von einem Fahrer abgeholt, der mich in einer halbstündigen Fahrt nach Toya Bungkah verschifft, wo sich schon zwei Dutzend Nachtwanderer versammelt haben, um den Aufstieg auf den Gunung Batur in Angriff zu nehmen. Da hätte ich mich mal gleich besser hier in einem der gehobeneren Hotels eingenistet. Der Fahrer übergibt mich an einen Guide des hiesigen Vulkanführer-Kartells HPPGB, die das Monopol für die Touren in der Umgebung hat. Ich sei sehr spät dran, meint Mareen, mein Guide, deswegen verfrachtet er mich direkt mal auf seinen Motorroller, hierzulande Scooter genannt, um die ersten 3 Kilometer zügiger zurückzulegen. Aha, und was machen die anderen Wanderer dann noch hier? Habe wohl eher einen lauffaulen Guide erwischt und wenn die Wandergruppe nur aus einem Kunden besteht, kann man den ja bequemerweise hinten aufs Moped packen. Ist aber auch egal, der erste Streckenabschnitt ist auch nicht wirklich prickelnd, Asphaltstraße und ein breiter, holpriger, mit spitzen Steinen durchsetzter Geröllweg, Spaßfaktor beim Laufen Null. Immerhin ist der Blick nach oben vielversprechend, ein klarer Sternenhimmel verspricht einen tollen Sonnenaufgang. Irgendwann wird's zu steil, wir stellen den Scooter ab und auf langsame Gangart um. Der Weg ist bald nur noch ein schmaler Trampelpfad, der sich in engen Serpentinen den Hang hinaufwindet. Wir überholen einige andere Wandergrüppchen und kommen um halb 6 schließlich als erste oben an. Soso, zu spät also. Leider ist der Blick nach oben überhaupt nicht mehr prickelnd, in der letzten Stunde sind dunkle Wolken aufgezogen, von Sternen ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Das ändert sich leider auch bis zum theoretischen Sonnenaufgang um kurz nach 6 Uhr nicht mehr, der de facto ausfällt. Es wird einfach langsam immer heller, ohne dass wir die liebe Sonne auch nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Dementsprechend unspektakulär finde ich den Anblick des Danau Batur. Nett ja, aber den Hype, den meine Bibel hierum macht, könnte ich wahrscheinlich auch mit ansehnlichem Sonnenaufgang nicht nachvollziehen. Überhaupt bekommt man bei manchen Texten im Reiseführer den Eindruck, Lonely Planet hätte einen Deal mit der balinesischen Tourismus-Industrie, so sehr gleichen sie Texten in Promo-Prospekten. Vielleicht greife ich nächstes Mal doch lieber mal zu einem Let's Go oder Rough Guide.
Wie auch immer, um halb 7 ist die Show komplett vorbei, jetzt versperren die Wolken vollständig den Blick, wir haben nur noch Waschküche. Wir werfen noch einen kurzen Blick in den Krater des Gunung Batur, bevor es im Eiltempo wieder den Berg runtergeht. Dann rauf auf den Scooter, rein ins Auto und zurück nach Kintamani, wo ich um 8 Uhr, eine Stunde früher als geplant, eintreffe. Ich überlege, ob ich Schlafengehen oder meine Bali-Rundreise übergangslos fortsetzen soll und entschließe mich für letzteres. Den Tag kann ich noch gut nutzen.
neun 8 m hohen Schreine, von denen angenommen wird, dass sie im 11. Jahrhundert in Gedenken an Mitglieder der balinesischen Königsfamilie aus dem Fels gehauen wurden — und zwar in einer einzigen langen Arbeitsnacht vom Fingernagel des legendären Riesen Kebo Iwa. So wird es wohl gewesen sein. In den Tempel (ja auch hier darf keiner fehlen) darf ich nicht rein, weil ich mich ja geweigert habe, einen Sarong zu kaufen. Macht aber auch nix, was ich von außen erkennen kann, ist eine ziemliche Baustelle.
Die Fahrt führt Richtung Ubud, der Kultur-Metropole Balis mit unzähligen Galerien, Museen, Tanzvorführungen und Live-Musik zuhauf. Auf dem Weg dorthin will ich einen Zwischenstopp in Gunung Kawi einlegen, einem der ältesten, historischen Monumente Balis. Dank fehlender Beschilderung dauert die Fahrt dorthin wieder mal mehr als doppelt so lange wie geplant. Auf dem Parkplatz angekommen, kriege ich erstmal einen Kulturschock. Der ist nämlich gesäumt mit einem Haufen Souvenir- und Klamottenläden, deren Sortiment zu 90 % aus Sarongs besteht. Das gleiche Spiel auf dem 500 m langen Weg zum Eingang, ich befinde mich auf einer Shopping-Meile. Dementsprechend ist es mit der beschaulichen Ruhe, die ich seit dem Verlassen von Sanur genossen habe, vorbei, ständig werde ich angelabert "Buy Sarong!", "You need Sarong to go into temple!", "Cheap, cheap, only 10000 Rupiah!", "Very hot, Sir, buy drink!", bla, bla, bla, ich habe die Schnauze schon voll, bevor ich angekommen bin. Da fällt es schwer, immer schön freundlich zu bleiben. Egal, ich investiere trotzdem die 15.000 Rupien (1,25 EUR) Eintritt in diese wichtige, balinesische Kulturstätte. Sehenswert finde ich dann allerdings nur dieSo ziehe ich nach einer Dreiviertelstunde unverrichteter Dinge wieder ab und weiter geht's Richtung Ubud. Kurz vor dem Ortseingung folgt der nächste Stopp an der Goa Gajah, der Elefantenhöhle. Nicht, dass es auf Bali jemals Elefanten gab. Das Spießrutenlaufen vom Parkplatz vorbei an unzähligen Souvenirshops zum Eingang steht dem von Gunung Kawi in nichts nach. Immerhin bekommt man hier zum Eintrittspreis von ebenfalls 15.000 Rupien einen Sarong noch gleich mit ausgeliehen. Die T-förmige Elefantenhöhle, ebenfalls im 11. Jahrhundert erschaffen durch den Fingernagel des Kebo Iwa, aber erst 1923 durch holländische Archäologen wiederentdeckt, finde ich dann genauso interessant wie die japanische Höhle am Danau Bratan. 8 m rein, 5 m nach links, 5 m nach rechts, das war's. Nur ein freundlich dreinblickender Ganesha erheitert das Gemüt. Auch die Anlage drumrum gibt nicht allzu viel her, ein kleiner Hindu-Tempel, ein noch kleinerer Buddha-Tempel und eine immerhin ganz pittoreske Treppe, die zu noch mehr Souvenirshops führt, von denen aus man über einen kleinen Trampelpfad einen Abstecher ins nicht für Touri-Augen bestimmte Hinterland wagen kann. Dann bleibe ich doch lieber bei den Fledermäusen, die einem in der kleinen Höhle hinterm Buddha-Tempel um die Nase schwirren.
So hake ich einigermaßen desillusioniert die nächste Touristenattraktion ab. Da ich schon mal hier und in der richtigen Stimmung bin (vielleicht bin ich auch nur übermüdet?), geht's direkt weiter nach Yeh Pulu, das einen guten Kilometer entfernt liegt. Auch hier drücke ich 15.000 Rupien Eintrittsgebühr ab, um mir die Gravuren in der 25 m langen Felswand anzuschauen. Ausnahmsweise ist hierfür mal nicht Kebo Iwa verantwortlich, die Gravuren stammen aus dem späten 14. Jahrhundert und stellen vermutlich Szenen aus dem Leben des Hindu-Gottes Krishna dar, aber nichts Genaues weiß man nicht. Als ich am Ende der Wand angekommen bin, werde ich noch, bevor ich mich versehe, von einer greisen Frau mit Reis beworfen und mit heiligem Wasser überschüttet. Ich bin jetzt gesegnet, Krishna sei Dank, aber wie auch im Christentum ist bei den Hindus nichts umsonst. Denn eigentlich ist die greise Frau hier als Putzfrau angestellt und für ihre Segnung möchte sie dann auch ein paar Rupien haben, die ich natürlich gerne in ihren Opferstock, respektive ihre Haushaltskasse, schmeiße. Mit Krishnas Segen reist es sich bestimmt auch gleich viel entspannter.
Nach 20 Minuten ist auch Yeh Pulu Geschichte und Ubud nur noch einen Katzensprung entfernt. Ausnahmsweise mal ohne mich zu verfahren finde ich die Monkey Forest Road, die Hotel- und Aktivitätsmeile in town. Auf Empfehlung von Carla steige ich im White House ab, hätte nicht gedacht, dass ich das mal von innen sehe. Das Hotel liegt zurückgesetzt von der lauten Hauptstraße, mitten in einem Reisfeld. Die Zimmer sind zweckmäßig und sauber, nix Dolles, aber ein deutlicher Fortschritt zu der Bretterbude in Kintamani von letzter Nacht. Und mit 175.000 Rupien (ca. 15 EUR) auch nur doppelt so teuer. Da mir nach dem bisher schon absolviertem Tagesprogramm der Sinn nicht nach weiterem Sightseeing steht, beschränke ich mich auf einen kurzen Erkundungsgang die Straße entlang und den erfolglosen Versuch, meine Bargeldreserven aufzubessern. Meine EC-Karte funktioniert komischerweise auch an den Geldautomaten mit Maestro-Zeichen nicht ("You don't have sufficient funds", guter Witz) und die PINs auf meinen Kreditkarten habe ich vergessen. Von "Cash Advance" haben die Brüder in der Bank auch noch nie was gehört und schicken mich zum nächsten ATM. Vielen Dank für diesen freundlichen Tipp. Ich beschließe, das Problem zu ignorieren, wechsle meine letzten 50 EUR und mache mir einen lauen Nachmittag auf der Veranda des Hotelzimmers.
Nach ausgiebigem Frühstück denke ich, dass es doch eine gute Idee wäre, mein Bargeldproblem zu lösen. In Ubud kann man zwar vielerorts mit Kreditkarte zahlen und die nächsten Tage in Tulamben werde ich auch kein Cash brauchen, aber ich muss noch mindestens einmal tanken, 2 Übernachtungen zahlen, ein bisschen was in den Magen bekommen und mit dem Taxi zum Flughafen fahren. Blöd wäre auch, wenn ich dem Zollbeamten am Flughafen erklären muss, dass ich leider keine einzige Rupie mehr habe, um die Ausreisesteuer zu bezahlen. Nach einigem Rumgucken stoße ich auf eine Western Union-Filiale, die es in Bali in vielen kleinen Kaffs hat. Nachdem der Angestellte mir erklärt hat, wie das funktioniert, setze ich mich ins nächste Internet-Cafe, eröffne ein Konto und gucke zwei Stunden lang rum, was sich sonst noch so in den letzten drei Wochen in der Welt getan hat. Im Prinzip macht Western Union genau das, was ich eigentlich von jeder drittklassigen Bank hier erwartet hätte, nämlich Cash Advance durch Abbuchen des Betrages vom Kreditkartenkonto. Das lassen sich die Kollegen natürlich gut bezahlen, 14,50 EUR Gebühren kostet der Spaß. Authentifizieren muss ich mich per Telefon durch einen Anruf in Belgien. Da ist grad Schlafenszeit, also nutze ich die Zeit und renne ins nächste Spa, von denen es in der Monkey Forest Road mindestens so viele gibt, wie in Gunung Kawi Souvenirstände. Für 235.000 Rupien Paketpreis (gut 20 EUR) lasse ich mich im Beji Ayu zweieinhalb Stunden durchkneten, abschleifen und an den Reflexzonen massieren. Anschließend fühle ich mich in der Tat wie neu, wie es der Flyer verspricht. Das Gefühl hält genau 10 Minuten lang an, dann hat die tropische Hitze bei gefühlten 110 % Luftfeuchtigkeit wieder jeden Schweißtropfen aus den Poren ins T-Shirt getrieben, welches wie festgetackert am Körper klebt.
In Belgien ist es inzwischen 8.30 Uhr, die Angestellten von Western Union wach und sie können mir auch tatsächlich helfen, in etwa einer Stunde steht das Geld bereit. Ich bin entzückt und gehe direkt wieder ans Geldausgeben. Für 80.000 Rupien erwerbe ich eine Eintrittskarte für eine abendliche Legong-Tanzveranstaltung, ein bisschen Kultur muss ja auch sein. Legong ist ein balinesischer Tanzstil, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Schauplatz der Veranstaltung ist der Ubud-Palace, laut der Tanzbroschüre im 16. Jahrhundert erbaut, wobei nach dem großen Beben von 1917 ein Großteil neu errichtet wurde. Die Betonpfeiler, die die Dachkonstruktion tragen, sehen mir allerdings eher wie spätes 20. Jahrhundert aus. Sehr schmückend finde ich auch die zahlreichen Fischgräten, die an Bindfäden von der Decke baumeln. Pünktlich um 19.30 Uhr geht die Tanzerei los, zum Einstieg gibt's ein Instrumental auf äußerst fremdartigen Instrumenten, die die lustigen Musikanten mit Hämmern bearbeiten. Dann folgen zwei Tanzchoreografien, eine kurze "Jobog"-Geschichte und dann der 60-minütige Hauptact, eine Geschichte aus dem balinesischen Heldenepos "Ramayana". Den nicht ganz vollständigen Plot entnehme man der folgenden Foto-Story. Passend zur Dramaturgie geht mittendrin krachend und blitzend ein Unwetter über Ubud nieder, welches bis zum Ende der Veranstaltung anhält, sodass ich die ewig junge Frage "Need transport?" endlich mal positiv beantworten kann.
Nachdem ich mein Geld bei Western Union eingesackt habe, werfe ich noch einen kurzen Blick in den Monkey Forest, den Affenwald, der der Namensgeber der Hostelmeile ist. Im Wald leben wilde, heilige Makaken, die die Einheimischen in einem von drei - natürlich - Tempeln anbeten können. Für den Touri sind die Tempel uninteressant, da geschlossen. Ein Schild an jedem der drei Eingänge bittet die Touris darum, die Affen mit äußerstem Respekt zu behandeln. Das Umgekehrte gilt dagegen nicht. Sehenswert finde ich dann eigentlich nur die riesigen Bäume, deren Luftwurzeln teils einen undurchdringlichen Vorhang bilden.
Nach einer Stunde ist auch diese Sehenswürdigkeit gesehen und ich mache mich auf den Weg nach Osten Richtung Tulamben. Eigentlich wollte ich die kürzeste Route über Gianyar nehmen, aber da mal wieder wegen einer der ständig stattfindenden Prozessionen ein paar unwichtige Hauptverbindungsstraßen gesperrt sind, nehme ich einen kleinen Umweg über die Südostküste. Dann geht's über Klungkung auf die sehenswerte Sidemen-Road, immer den Gunung Anung vor der Nase. Hier befindet sich auch der wichtigste Tempel Balis, der Pura Besakih. Da ich weder Lust auf Menschenmassen habe, noch auf ständiges Abwimmeln penetranter Händler und selbsternannter Guides, lasse ich diese Haupttouristenattraktion bewusst aus, genauso wie den Pura Tanah Lot an der Südwestküste. Auf kurviger und spaßig zu fahrender Straße geht es runter nach Amlapura, bis ich nach knapp 4 Stunden im Auto Tulamben erreiche. Ich checke im Tauchterminal ein, dem wohl bekanntesten Tauchcenter am Platze, direkt am Strand gelegen, wobei der Haufen grober Kieselsteine diesen Namen eigentlich nicht verdient. Eigentlich dachte ich, dass ich vielleicht noch einen Nachttauchgang machen kann, aber beim Blick auf die hereinrollenden 2 m-Wellen, die krachend gegen die Ufermauer klatschen, ist mir schon klar, dass das heute nichts mehr wird mit nass werden. Noch größer ist der Schock, als ich erfahre, dass der kräftige Wind noch mindestens einen Tag anhalten soll, evtl. kann morgen auch nicht getaucht werden. Und was bitte tue ich dann hier? Einfach entspannen, denke ich und mache es mir den Rest des Abends auf der Veranda meiner mit 65 EUR Übenachtungspreis schon äußerst nobel anmutenden Herberge bequem.
Die Geräusche von draußen lassen nichts Gutes ahnen, meine Ohren vernehmen immer noch krachende Brecher. Der Blick zum Strand verschafft Erleichterung, die See hat sich deutlich beruhigt, es kann getaucht werden. Dies tue ich dann auch intensiv und nehme heute 4x die Tauchplätze Tulambens unter die Flossen. Details entnehme man den entsprechenden Tauchseiten.
immer an der Küste lang, durch viele kleine Dörfchen hindurch und erlaubt tolle Ausblicke aufs Meer und in die Buchten, die die Küstenlinie zieren — sicherlich eine der schönsten Strecken, die man auf Bali fahren kann. Die zweite Streckenhälfte ist allerdings ziemlich ruppig, der Belag eine Rüttelpiste und teilweise völlig von den immer mal wieder zu durchquerenden Bachläufen weggeschwemmt. Bei Amlapura stoppe ich kurz am Wasserpalast, bevor es weiter über die Hauptstraße nach Padang Bai geht.
Nach einem morgendlichen Tauchgang an der Liberty verlasse ich Tulamben und fahre ein paar Meter weiter nach Amed, wo es gutes Critter-Tauchen geben soll. Von der Straße aus, die von hoch droben einen guten Blick in die Bucht von Amed erlaubt, sehe ich aber schon, dass trotz ruhiger See nicht ein einziges Boot auf dem Wasser ist, was doof ist, weil in Amed ausschließlich vom Boot aus getaucht wird. Ein kurzer Stopp bei den Euro Divers ergibt, dass die Sicht nach dem Sturm der letzten Tage einfach noch zu schlecht ist, man sieht die Hand vor Augen nicht. Also habe ich Zeit, die "scenic route" zu nehmen: Die enge, kurvige Straße von Amed nach Amlapura führtPadang Bai ist immer noch DER Backpacker-Hangout Balis, auch wenn inzwischen der Tauchtourismus Einzug gehalten hat. Eine Tauchbasis neben der anderen schmückt jetzt die Strandpromenade, Touren sowohl nach Nusa Penida zum Tauchen mit Mantas und Mondfischen als auch Erkundungen der lokalen Tauchplätze sind im Angebot. Die Reggae-Bars sind von der Regierung alle vom Strand verbannt worden und haben ihr Domizil jetzt eine Straße weiter aufgeschlagen. Der entspannten Atmosphäre tut das keinen Abbruch, abends spielt fast immer irgendwo eine Live-Band und der Wind treibt die Reggae-Klänge über das gesamte Dorf. Für meine Ohren deutlich angenehmer, als die Muezzin-Gesänge, die tagsüber weithin zu hören sind. Da jetzt nicht die Jahreszeit für Mondfische ist, steht Nusa Penida bei mir nicht zur Debatte, ich erkundige mich bei Waterworxx stattdessen nach Tauchen in der Blue Lagoon, was ein Sammelbegriff für alle lokalen Tauchplätze in den angrenzenden Buchten ist. Geht erst wieder morgen, also checke ich für 150.000 Rupien im Celagi Inn ein und chille den Rest des Tages.
Um 8 Uhr schlage ich bei Waterworxx auf, eine knappe Stunde später geht es los, leichtes Austauchen in Jelup und der Blue Lagoon steht an. Beim anschließenden Mittagessen verquatsche ich mich etwas mit meinen Mittauchern, sodass es schon 15 Uhr ist, als ich zurück im Hotel bin. Eigentlich wollte ich heute noch Richtung Süden fahren, aber das lohnt jetzt nicht mehr, also bleibe ich noch eine Nacht in Padang Bai und lasse mich bei Bintang und Live-Reggae in der Babylon Bar lieber nochmal in karibische Urlaubsstimmung versetzen.
Mein letzter voller Urlaubstag beginnt mit einer eineinhalbstündigen Autofahrt zum Bali Bird & Reptile Park, der irgendwo zwischen Denpasar und Ubud liegt. Der Park ist bei Familien sehr beliebt und da heute Sonntag ist, sind neben Touris auch noch jede Menge Einheimische unterwegs. Der Bird Park beherbergt hauptsächlich einheimische Vogelarten, ein paar afrikanische und südamerikanische sind auch dabei. Europa fehlt komplett auf der Landkarte. Höhepunkt sind sicherlich die Paradiesvögel, deren Federn noch vor 100 Jahren zu höheren Preisen gehandelt wurden als Gold. Neben regelmäßigen Freiflugshows gibt es auch ein Aufzuchtprogramm für gefährdete Vogelarten, deswegen will ich dem Park die Daseinsberechtigung mal nicht in Abrede stellen. Dem ein oder anderen gefiederten Freund, der in einem engen Käfig sein Dasein fristet, wird das aber wahrscheinlich trotzdem egal sein.
Im angrenzenden Reptile Park ist gerade Fütterungszeit, ich komme genau rechtzeitig, um mitzukriegen, wie mehrere Dutzend Mäuse ihr Lebenslicht aushauchen und an Schlangen verfüttert werden. Von Kobras über Vipern bis hin zu Taipan und Braunschlange ist alles vertreten, was in der Giftmischerszene Rang und Namen hat. Beeindruckend sind auch die teils mächtigen Pythons, die zusammengerollt in ihren Glaskästen liegen. Neben Schlangen hat es noch einige Krokodile, bei deren Anblick mir nochmal klar wird, warum ich so einem 5 m-Trümmer nicht unbedingt beim Schnorcheln in Raja Ampats Mangroven begegnen wollte. Auch ein einzelner Komodo-Waran, die größte Echse der Welt, die ich mir kommenden November mal in freier Wildbahn angucken werde, sowie einige Leguane nennen den Park ihr Zuhause.
Nach vier Stunden hab ich so ziemlich jeden Vogel und jedes Reptil abgelichtet, sodass ich den Park verlassen und mein letztes Ziel ansteuern kann. In Jimbaran will ich morgen nochmal einen halben Strandtag einlegen. Das wäre zwar auch in Kuta gegangen, aber ich will dem lauten Trubel und dem ständig angequatscht werden in DER Touri-Metropole Balis entgehen und es lieber ruhig ausklingen lassen. Das geht in Jimbaran ganz vorzüglich und da es nur ein paar Minuten südlich des Flughafens liegt, kann man die verbleibende Zeit bis zum Abflug auch noch gut nutzen. Als Fahrtroute wähle ich mit Absicht den Weg mitten durch Denpasar, den Spaß und das richtige "Autofahren auf Bali"-Feeling will ich mir zum Abschluss nochmal geben. Jetzt, nach zwei Wochen unterwegs auf Balis Straßen, kommt mir der Verkehr nur noch halb so schlimm vor, das Gehirn blendet irgendwann jede überflüssige Information einfach aus, soll heißen, man nimmt das ständige Gehupe und die Mopeds, die laufend an einem vorbeirauschen, gar nicht mehr wahr. Den richtigen Weg durch die Stadt zu finden ist auch ganz einfach, grobe Richtung Süden und einfach immer allen anderen hinterherfahren. Wenn alle abbiegen, biegt man halt auch ab, auch wenn man mangels Beschilderung gar nicht weiß, wo es da hingeht. Das klappt ganz hervorragend, sodass ich schon nach einer guten Stunde Autofahrt mein Ziel erreiche und im Hotel Puri Bambu einchecke, einem alten, aber sehr gepflegten Hotel, welches nur 200 m vom Strand entfernt liegt. Für 55 US$ die Nacht kann man es sich hier gutgehen lassen.
Einen Programmpunkt habe ich aber noch auf der Liste, nämlich den Sonnenuntergang am Ulu Watu-Tempel an der Südspitze Balis zu sehen. Auf dem Parkplatz vor dem Tempel angekommen, kriege ich erstmal einen Schock, ein halbes Dutzend Reisebusse parkt hier zwischen den Hunderten Autos, es geht zu wie am Müngersdorfer Stadion, wenn der FC spielt. Kein Vergleich zu den beschaulichen acht Touristen, die mir vor 10 Tagen am Pura Batukau oben in den Bergen über den Weg gelaufen ist. Der Andrang ist aber auch verständlich, die Location hat es schon in sich, wer kommt auf die Idee, direkt an den senkrecht ins Meer abfallenden Steilklippen einen Tempel hinzustellen? Der Tempel selbst ist weniger interessant, sehr schlicht gehalten, so weit man das erkennen kann, denn wie immer ist das Betreten des Tempelinneren nicht gestattet und nur Hindus erlaubt, die zum Beten kommen. Anschauen kann man dagegen die regelmäßig stattfindenden Tanzvorführungen, was ich mir heute spare, nach Ubud brauche ich das nicht schon wieder. Nach einem ausgiebigen Rundgang suche ich mir daher ein ruhiges Plätzchen oben auf den Klippen mit gutem Blick auf die Tempelanlage und warte, bis die Sonne untergeht. Anschließend geht es per Autokorso, der jeder Fußball-WM zur Ehre gereichen würde, über die einzige Straße zurück nach Norden, wo ich den Tag bei schmackhaften Meeresfrüchte-Spießen im Restaurant auf der Dachterrasse des Hotels ausklingen lasse.
Der letzte Urlaubsmorgen bricht an. Das Frühstück ist schnell gespachtelt, der Rucksack schnell gepackt, sodass ich noch Zeit habe, wenigstens 1x balinesischen Sand ohne Tauchbooties unter den Füßen zu spüren und ohne Tauchflasche auf dem Rücken ins Wasser zu springen. Der Strand gehört mir fast ganz alleine, lediglich zwei Fischersfrauen buddeln Muscheln aus dem Sand, ansonsten ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen. Nach einer Dreiviertelstunde ist mir dann allerdings komplett langweilig und der Kopf auch gut durchgegart, sodass ich mich für die letzte Stunde vor der Abfahrt ins auf Gefrierschranktemperatur heruntergekühlte Hotelzimmer begebe. Zum Flughafen ist es von hier nur ein Katzensprung, 15 Minuten dauert die Fahrt mit dem freien Shuttle-Bus des Hotels. Am Flughafen lerne ich dann nochmal die sprichwörtliche balinesische Freundlichkeit kennen. Ein Taxifahrer, auf dessen 1000 Mal gehörtes "Need transport?" ich mit inzwischen routinierter Unwirschheit reagiere, verwickelt mich dennoch aus lauter Lust am Quatschen in ein Gespräch über Gott und die Welt. Ok, Gott war nicht dabei, aber Beruf, Familie, Reisen, Hobbys, Schule und Ausbildung, das reicht ja schon mal fürs Erste. Nach 30 Minuten Smalltalk bis Mexiko.
meint er, mal wieder arbeiten, und ich, mal meinen Flieger kriegen zu müssen. Das gelingt auch einwandfrei, über Djakarta, Singapur und Frankfurt geht es in 25 Stunden zurück nach Kölle, wo mich frostige Temperaturen in Empfang nehmen. Da stehe ich ja gar nicht drauf, sodass ich, kaum angekommen, schon Teil 3 meiner Winterflucht 2010/2011 herbeisehne – nur noch 8 WochenFazit: Bali ist mit Sicherheit eine Reise wert, die Landschaft traumhaft, die Menschen freundlich und hilfsbereit, zumindest die, die einem nicht auf Teufel komm raus was verkaufen wollen. Die anderen versucht man halt so gut es geht zu ignorieren, aber das ständig angelabert werden fand ich schon sehr nervtötend. Bali ist leider inzwischen zum Massentourismus-Ziel mutiert, das sollte dem geneigten Reisenden klar sein. Das gilt insbesondere für den Süden und Osten der Insel und es gilt noch mehr für die Hauptsaison (Mai bis September). Wer es etwas ruhiger liebt, kommt besser in der Nebensaison oder zieht sich in die weniger frequentierten Regionen im Norden und in die Central Mountains zurück. Eine Rundreise ist m.E. sowieso das Beste, was man mit seiner Zeit auf dieser grandiosen Insel anstellen kann, sei es per Mietwagen oder geführt. Wieso manche Leute um die halbe Welt fliegen, um dann 2 Wochen in Kuta am Hotelstrand zu verbringen, werde ich eh nie begreifen.