Giannis D.

Der griechische Frachter Giannis D. war auf dem Weg vom italienischen Rijeka ins saudi-arabische Jeddah, als er am 19. April 1983 ein weiteres Opfer des Sha'ab Abu Nuhas in der Straße von Gobal wurde. In voller Fahrt lief das Schiff auf das Riff auf (warum, weiß keiner, außer, dass es im Weg war) und sank in einer Tiefe von 27 m. Das Wrack ist in drei Abschnitte unterteilt. Das Heck liegt, vollständig separiert vom Rest des Schiffs, ziemlich unzerstört alleine im Sand. Die Mittelsektion besteht nur noch aus ein paar umgestürzten Ladebäumen und ist als Teil eines Schiffs gar nicht mehr zu erkennen, ein Hauch von Nichts. Der Bug lässt sich wieder als solcher erkennen und liegt ebenfalls ziemlich einsam auf dem Meeresgrund herum.

Wir sind das erste Tauchboot am frühen Morgen und machen an den Heckaufbauten, die bis in eine Tiefe von 4 m reichen, fest. Wir beginnen unsere Erkundungstour am Heck, das sicher der interessanteste Teil des Wracks ist. Als Erstes muss man sich mal an die komische Lage gewöhnen. Das Heck liegt in einem Winkel von 45 Grad zur Backbordseite geneigt, was einem bei der Orientierung schon mal einen Knoten ins Gehirn macht. Guide Carlo hat uns daher auch gewarnt, immer nur so weit ins Wrack vorzudringen, wie wir noch einen Ausgang sehen können. Das fällt zunächst auch nicht sonderlich schwer, denn die Brücke, bei der wir zum ersten Mal ins Wrack eindringen, hat Ausgänge zu allen Seiten. Korallenbewuchs ist in den leeren Räumen weit und breit nicht zu sehen, kein Wunder bei den paar Jahren, die das Schiff erst da unten liegt. Vielleicht sind aber auch die Dornenkronen Schuld, die hier schon mal ab und zu ihr Unwesen treiben sollen. Als kleine Abwechslung dringen wir in den Maschinenraum vor, der sich über mehrere Etagen erstreckt und noch alles an Gerätschaften enthält, die in einen Maschinenraum so gehören. Dies ist der Teil des Dives, der am meisten Spass macht. Mehrere Minuten lang durchkämmen wir den Raum, leuchten in die kleinste Ecke und bestaunen die Schulen von Baitfish, die hier herumlümmeln. Sicht nach draußen hat man hier zwar nicht immer, trotzdem kann man sich nicht verirren, und es gibt auch mehrere Ausgänge, durch die man den Maschinenraum problemlos verlassen kann. Nach getaner Erkundung tun wir genau jenes und tauchen an der Steuerbordreling entlang bis ganz nach hinten. Von hier hat man einen guten Blick auf die zum Teil im Sand eingegrabene Schraube und das mächtige Heck. Dieses verlassen wir sogleich und machen uns auf den langen Weg zur Bugsektion. Lässt man es langsam angehen, kann das schon mal 5-10 Minuten dauern, vor allem, wenn einem noch die Strömung entgegenkommt. Der Bug ist weniger spannend als das Heck, reintauchen kann man hier nirgendwo, aber unter den Trümmern kann man schon mal den ein oder anderen Blaupunktrochen oder ein paar fette blaue Drückerfische entdecken. Auch ein Napoleon soll hier heimisch sein, aber der hat wohl gerade Frühstückspause. Wenn man Lust hat, kann man auch der Ankerkette folgen, die vom Meeresgrund über das Riff bis in ein paar Meter Tiefe führt, wo man dann vielleicht den Anker findet. Vielleicht auch nicht. Wir sparen uns jedenfalls diesen Versuch und kommen stattdessen auf die glorreiche Idee, vielleicht doch mal rüber zur Carnatic zu tauchen, da wir uns in den vergangenen 40 Minuten alles angeschaut haben, was wir wollten und die Carnatic nur ein paar Meter von hier entfernt liegt. Was "ein paar Meter" unter Wasser gegen die Strömung bedeuten, bekommen wir dann aber bald zu spüren. Nach 10 Minuten habe ich die Schnauze voll, immer noch keine Carnatic in Sicht, weswegen wir den Versuch schliesslich abbrechen und wenig später mit 60 bar weniger, sinnlos weggeblasener Luft im Tank wieder an der Giannis D landen. Was für ein dämlicher Versuch, kann ich nur jedem von abraten, wenn er nicht gerade Kiemenatmer ist oder einen Puls von 30 hat. Wir beenden den Tauchgang schliesslich nach 65 Minuten mit einem Sicherheitsstop, den man getrost auf den Heckaufbauten sitzend, mit einem prima Blick auf den Schornstein, auf dem immer noch das große "D" prangt, verbringen kann.

Fazit: Die Giannis D. ist ein prima Tauchgang für Taucher jeden Levels. Auch wenn nicht viel Bewuchs am Wrack vorhanden ist, macht es Spaß, duch die Räume und Gänge zu tauchen. Insbesondere eine Erkundung des Maschinenraums lohnt sich. Nach Numidia und Thistlegorm das Wrack, dass mir im Roten Meer (bisher) am meisten Spaß gemacht hat.

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