Dezember 2004 / Januar 2005
Mitte Dezember 2004, während meiner Tour durch den Süden Afrikas, schlage ich in Kapstadt auf und will eigentlich nur eine Woche bleiben. Es werden dann drei Wochen, was im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass ich dort tolle Tauchplätze vorfinde, womit ich niemals gerechnet hätte. Aber der Reihe nach: Nach einer Woche Aufenthalt habe ich die touristischen Mußs (oder heißt es neudeutsch: Musss?) durch und denke, mal nachforschen zu können, ob man am Kap nicht auch Tauchen kann. Ein kurzer Blick ins taucher.net lässt erahnen: Man kann. Direkt um die Ecke, nur einen Steinwurf von meinem Hostel entfernt, hat Norman Heipel seine kleine Basis, den "Flow-In & Social Diving Club". Norman taucht nicht nur, sondern hat auch eine Reihe sozialer Projekte für die Straßenkinder Kapstadts am Start. Die Atmosphäre bei ihm ist sehr, sehr angenehm, sehr persönlich und stressfrei, keine Massenabfertigung, wie vielleicht bei den großen Tauchschulen, deren Flyer man zuhauf in Hostels und in den Shops an der Waterfront vorfindet. In den folgenden zwei Wochen betauche ich mit ihm die Gewässer rund um Kapstadt, sofern das Wetter uns keinen Strich durch die Rechnung macht. Dies ist auch der größte Nachteil am Tauchen in Kapstadt: Der Wind ist unberechenbar, man kann nie am Vortag sagen, ob man am nächsten Tag wird tauchen können, weswegen man etwas Zeit mitbringen sollte. Folgende Plätze konnten uns nicht entkommen:
Kelpwald mit seinen armdicken, meterhohen "Bäumen", durch den man sich wie durch einen Dschungel hindurchschlagen muss. Manchmal besuchen einen auch ein paar der freundlichen Seehunde, die auf einem angrenzenden Felsen hausen und vollführen unter Wasser wilde Salti, Schrauben u.ä. Gerade bei klarer Sicht ist der Kelpwald absolut überirdisch, ein Ding aus einer anderen Welt. Daneben hat es auch noch eine nette kleine Höhle, in der man sich ein wenig entspannen kann. Auf dem Rückweg zum Ufer begegnen einem oft die ein oder andere Würfelqualle, die aber nicht annähernd so gefährlich ist, wie seine australischen Verwandten. Sehr genialer Tauchplatz.
Benannt nach dem Gebirgszug, der sich direkt hinterm Strand erhebt, ist dieser Platz in 20 Minuten Autofahrt vom Zentrum aus zu erreichen, an der Atlantikseite Kapstadts. Wegen der kalten Meeresströmung aus der Antarktis ist die Temperatur hier auch eher frostig, 12 Grad zeigt mein Thermometer. Highlight hier ist derDer Einstieg zu diesem Platz erfolgt über einen der belebten Badestrände Kapstadts. Beim ersten Mal kommt man sich schon etwas merkwürdig vor, wenn man in voller Montur mit Kopfhaube und Handschuhen bei über 30 Grad da so zwischen den Badegästen entlang marschiert, aber beim zweiten Mal macht es einem schon nichts mehr aus. Auch am Clifton Beach gibt es einen kleinen Kelpwald, der es aber nicht ganz mit dem an den Twelve Apostels aufnehmen kann. Auch gibt es hier keine Seehunde, weswegen die 12 Apostels meiner Ansicht nach die bessere Alternative sind. Nett ist, dass beim Ausstieg schon die Polizei auf einen wartet. Nicht, um den geneigten Tauchern vor den in Kapstadt doch auch zahlreich vorhandenen Kriminellen zu beschützen, sondern um zu kontrollieren, dass man nichts unerlaubt aus dem Meer mitgehen lässt, insbesondere keine Langusten. Das erledigt dann schon die Langustenmafia des Nachts, wenn die Polizei nicht am Start ist.
Das Patty Wreck liegt vor Hout Bay, eine halbe Autostunde südlich von Kapstadt. Mit dem Schlauchboot geht's dann nochmal ein paar Minuten rauf aufs Meer, bevor man sich in 32 m Tiefe begibt, um das bunte Wrack zu begutachten. Hier unten ist es wirklich sch.... kalt, 9 Grad hat das Wasser, die Einheimischen, die mit uns unterwegs sind, haben alle ihren Trocki dabei. Ich kann es in meinen 7 mm Anzug mit 2 mm Unterzieher noch gerade aushalten, aber Frostbeulen sollten sich hier wirklich warm einpacken.
Dieser Platz liegt ebenfalls ein paar Bootsminuten vor Hout Bay. Schon von weitem riecht man, was einen erwartet: Seehunde noch und nöcher. Diese Kerle sind zwar unter Wasser äußerst putzig, stinken aber über Wasser kilometerweit gegen den Wind. Empfindliche Gemüter sollten die Nasenklammern nicht vergessen. Zum Glück kann man ja unter Wasser nicht riechen, sodass man auch hier einen tollen Tauchgang inmitten des Kelps und mit zig Seehunden, die einen aus der Nähe begutachten, hat.
Nacktschnecken und aus jeder Ritze lugt eine Languste. Auch Haie bekommen wir zu sehen, einen Pyjama Shark und einen kleinen Katzenhai.
Ein paar Meter nördlich von Duiker Island liegt das Boss Wreck in einer Bucht, in der sich noch fünf weitere Wracks direkt nebeneinander tummeln, darunter auch die bakanntere "Maori". Auch bei der Boss handelt es sich eigentlich um zwei Wracks, die übereinander liegen. Zwei Tauchgänge machen wir hier im Rahmen eines Tagestrips. Der Rumpf ist übersät mit Korallen und Anemonen, es hat jede MengeDer Nachteil an den Tauchplätzen in der False Bay ist, dass man recht lange dorthin fahren muss, 60 bis 90 Minuten ist man von Kapstadt aus mit dem Auto unterwegs - wenn man keinen Stau hat. Der Vorteil ist, dass einem nach den frostigen 9 Grad im Atlantik die Temperaturen hier schon fast tropisch vorkommen. Generell ist es immer ein paar Grad wärmer als im Atlantik, weil die aus dem Indischen Ozean kommende Agulhas Strömung noch bis in die False Bay schwappt. So hatten wir hier minimum 13 Grad bei den tieferen Tauchgängen auf 30 m und satte 17-19 Grad in Tiefen um 10 m.
Dieses Wrack liegt auf 34 m Tiefe und ist bestimmt hübsch bunt. Wenn ich nicht meine Lampe vergessen hätte, hätte ich die Farben auch gesehen. Mitnehmen! Dafür habe ich noch nie soviele Langusten auf einen Haufen gesehen. Auf einem der abgeknickten Mäste, die nun waagerecht ins Wasser ragen, stapelten sich diese Zeitgenossen regelrecht aufeinander, man hätte sich problemlos seinen Belag für die nächsten 10 Jahre Pizza Frutti di Mare selbst mitnehmen können. Etwas mulmig war mir zugegebenermaßen beim Abstieg und Aufstieg durchs Blauwasser. Die False Bay ist ja nun doch für Zeitgenossen bekannt, denen ich lieber nicht ohne Käfig begegnen möchte: Weiße Haie. Die einheimischen Taucher haben mir zwar vorher versichert, dass sie in all den Jahren, in denen sie hier schon tauchen, noch nie einen Großen Weißen gesehen haben, aber der Beweis, dass manche Leute eben mehr "Glück" haben, hängt bei Norman im Shop: ein von ihm selbst geschossenes Foto eines Großen Weißen bei einem seiner Erkundungstauchgänge vor Eröffnung der Basis. Da war er gerade mal seit zwei Monaten in Kapstadt. Die plastische Schilderung von ihm, wie er quasi noch während der Aufnahme des Fotos fluch(t)artig das Wasser verlassen hat, muss man sich einfach geben.
Nicht weit von der Good Hope liegt dieses Wrack in 21 m Tiefe. Auch ganz nett anzuschauen, es hat viele Korallen und Schwämme am Rumpf. Hier haben wir dann auch tatsächlich "Haialarm", im Sand liegt ein Shy Shark. Diese Bestie der Meere ist ca. 40 cm lang und hält es ungefähr für gar nicht nötig, sich auch nur einen Zentimeter zu bewegen.
Dieser Platz ist einer meiner zwei Favoriten unter den Plätzen, die ich in der False Bay betaucht habe. Viel Kelp, alles hübsch bunt, Seesterne in allen möglichen und unmöglichen Farben und ein Dusky Shark, der sich kurz mal zeigt. Sehr cooler Platz.
Shy Shark liegt im Sand und ich mache angestrengt ein paar Aufnahmen, gucke nicht rechts oder links dabei. Als ich fertig bin, wundere ich mich ein wenig über meinen Buddy Christiane, die sich während meiner Fotografiererei ein paar Meter weg in den Kelpwald verzogen hat. Als wir wieder an Land sind, fragt sie mich, ob ich nicht den fetten Bullenhai gesehen habe, der direkt neben mir vorbei ist, als ich fotografiert habe. Ich gucke wie ein Auto, was wohl Antwort genug ist. Wir einigen uns dann noch darauf, dass es wohl in diesen Breiten eher ein Sandtiger als ein Bulle war, was mich nicht wirklich trösten kann, weil ich beides noch nicht gesehen habe. Nach Studium der Literatur bin ich final schließlich der Meinung, dass es ein Siebenkiemenhai gewesen sein muss, für den dieser Tauchplatz bekannt ist und den man nur an ganz wenigen Plätzen auf der Welt als Sporttaucher sehen kann.
Um die Ecke vom Schlossfelsen liegt die Pyramide. Man muss ein bisschen dorthin schnorcheln, weil der Platz relativ weit vor der Küste liegt. Netterweise zieht uns ein vorbeikommendes Boot im Schlepptau mit, sodass wir einiges an Paddelei sparen. Unter Wasser hat es wieder viel Kelp und tolle Felsformationen. Oft sollen hier auch Haie zu sehen sein und tatsächlich, ein kleinerDies ist der zweite Favorit, ein sehr bunter Platz mit viel Zeug zum Sehen. Ein schlafender Pyjama Shark hockt in einer Felsspalte, wir begegnen zwei Sepien, zwei Occis, einem fetten Blauen Stechrochen, vielen Nackt- und anderen Schneckschen. Sehr hübsches Teil.
Fazit: Ich war sehr positiv überrascht vom Tauchen in Kapstadt, viel bunter als ich erwartet hatte, aber halt "anders bunt" als in tropischen Gewässern. Die Kelpwälder sind absolut faszinierend und wenn man dann noch mit so klasse Leuten unterwegs ist, wie Norman und seinem kleinen Team, steht einer guten Zeit am Kap nichts im Wege. Leider hat Norman seine Basis inzwischen abgegeben, ob seine Nachfolger einen ähnlich tollen Job machen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Eine empfehlenswerte Alternative sind die Pisces Divers in Glencairn, mit denen ich 2x los bin, als Norman keine Ausfahrt durchführen konnte.