Januar 2011
Im Rahmen von Teil 2 meiner neunwöchigen Winterflucht 2010 fahre ich auch kreuz und quer durch Bali, seit "Eat Pray Love" bei Touristen populärer denn je. Mein Fokus liegt dabei allerdings über Wasser, Bali ist viel zu interessant, um es nur unter Wasser zu erleben. Auch ist der deutsche Winter eh die falsche Jahreszeit, die besten Tauchbedingungen hat man von Juni bis Oktober. Dann kann man vor Nusa Penida auch auf Mondfische treffen. Daher beschränke ich meine Unterwassererkundungen auf je einen Tag Tauchen in Menjangan, Tulamben und Padang Bai.
Die Insel Menjangan liegt vor der Nordwestküste und gilt wegen des reichen Korallenbewuchses als bestes Tauchrevier Balis. Ob das stimmt, will ich natürlich selbst prüfen. Ausgangspunkt für Ausfahrten zur Insel ist das Örtchen Pemuteran, welches hauptsächlich aus Tauchresorts und Esslokalen (Warungs) besteht. Mein Ausflug startet um 9 Uhr morgens an der Basis von Yos Diving. Mein Brevet will keiner sehen, was mich erstmal etwas skeptisch macht. Lediglich das übliche "Sign your life away"-Formular muss ich ausfüllen, dann geht's auch schon los. Mit dem Auto fahren wir eine halbe Stunde zu einem kleinen Hafen nahe Labuhan Lalang, wo wir in einem Warung eine halbstündige Pause einlegen, während derer unsere Lunchbox mit Nahrungsmitteln befüllt wird (Reis mit Hühnchen und Ei, auch "Fried Rice Special" genannt, das "Special" steht für das Ei). Die Pause bietet Gelegenheit, die anderen Ausflügler kennenzulernen, vier Amis aus der Nähe von San Francisco und ein holländisches Pärchen sind noch mit dabei. Beim Besteigen des Bootes zähle ich allerdings nur vier Pressluftflaschen, bei 2 geplanten Tauchgängen mit Guide
bedeutet das, dass ich der einzige Taucher auf diesem Trip bin, alles andere sind Schnorchler. Nach 20 Minuten Überfahrt erreichen wir den Anleger auf Menjangan. Auch hier das gleiche Bild, trotz der 15 Boote, die hier liegen, sind nur eine Handvoll Menschen in Neopren zu sehen. Dafür paddeln auf der Wasseroberfläche viele Menschen mit Schnorchel herum. In der Hauptsaison sind auch schon mal 40 Boote gleichzeitig an der Insel, erzählt Yoyo, Guide, Besitzer und Namensgeber von Yos Diving. Ich schätze, da kommt hier dann auch ein Hauch von Ägypten-Feeling auf.Davon ist unter Wasser weit und breit nichts zu spüren. Wir starten unseren ersten Tauchgang am Platz Pos2 und tauchen immer an der senkrecht abfallenden Wand entlang Richtung Bat Cave. In dem einstündigen Tauchgang begegnet uns genau ein Tauchgrüppchen, welches in der Gegenrichtung unterwegs ist. Ein wenig ärgere ich mich, dass ich den Neo angezogen habe, denn bei 27 Grad Wassertemperatur kann man auch locker in Shorts und Shirt tauchen. Schon nach 2 Minuten Tauchzeit kommen wir an einer Gorgonie vorbei, in dem ein Pygmäenseepferdchen hockt. Das zweite Highlight folgt ein paar Minuten später, zwei Pfauenaugen-Zwergfeuerfische hocken kopfüber in einem Schwamm und versuchen, sich vor der Kamera zu verstecken. Ein einziges Mal habe ich diese Feuerfisch-Art bisher erst gesehen, vor ein paar Jahren irgendwo vor Malapascua. Ansonsten öden mich Feuerfische und Drachenköpfe eher an. Kurz vorm Auftauchen zieht noch eine kleine Gruppe Großaugen-Stachelmakrelen übers Riff und rundet den Tauchgang ab.
Eine gute Stunde später folgt die zweite Tauchrunde an der Underwater Cave. Das Bild ist das gleiche wie schon zuvor, mit etwas weniger Korallen vielleicht. Dafür hat es den wahrscheinlich größten Seefächer, der mir je untergekommen ist, an die 2 m Durchmesser dürfte der haben. Die Unterwasserhöhle, die dem Platz seinen Namen gibt, ist weniger spannend, sehr schmal und sehr hoch, der Eingang schön mit Fächern bewachsen, aber innen ziemlich ideenlos gestaltet. Lediglich ein Zacki und ein Kugelfisch hausen hier, ansonsten ist die Höhle leer. Als wir auftauchen, hat der große Regen eingesetzt, sodass wir uns schnell auf den Rückweg machen und um kurz nach 15 Uhr wieder zurück in Pemuteran sind.
Insgesamt hat mir der Ausflug nach Menjangan, der mit 600.000 Rupien (etwas über 50 EUR) zu Buche schlägt, sehr gut gefallen. Die ganze Szenerie erinnert mich stark an den Süden Raja Ampats: schön bewachsene Steilwand mit einem Haufen Seefächer, dazu das gleiche Tierleben wie 1000 km weiter nordöstlich, seien es die Fische, Plattwürmer, Nacktschnecken oder Garnelen. Nur die reine Menge an Fisch ist hier etwas geringer. Anderslautende Berichte, die von "Tauchen in der Müllhalde" sprechen, kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen.
unmittelbar am schmalen Kieselstrand erbaut wurde. Kein Tauchen am Ankunftstag möglich, ich muss mich bis zum nächsten Morgen gedulden. Da sieht es schon etwas freundlicher aus, auch wenn der durch den Sturm aufgewirbelte, schwarze Lavasand die Sicht an allen Tauchplätzen deutlich trübt. Fünf Tauchgänge bietet das Terminal pro Tag an und ich gedenke, sie alle zu nutzen.
Ein paar Tage später finde ich mich zu einem Kurzbesuch im Tauchterminal Tulamben ein. Ich habe mir allerdings den denkbar ungünstigsten Tag ausgesucht, die sonst normalerweise spiegelglatte Bali-See klatscht mit hohen Wellen an die Wand des Tauchresorts, dasMeinen ersten Abstieg unternehme ich morgens um 8 Uhr am sicherlich bekanntesten Platz Tulambens, dem Wrack der USAT Liberty. Das während des 1. Weltkriegs gebaute Frachtschiff der US-Marine wurde 1942 von einem japanischen U-Boot in der Lombok-Straße torpediert und sollte daraufhin nach Singaraja im Norden Balis geschleppt werden. Dahin hat sie es nicht mehr geschafft, sodass sie zur Rettung der Ladung vor Tulamben gestrandet wurde. 1963 rutschte sie dann bei einem Ausbruch des Gunung Agung an ihren heutigen Platz ab. Das Heck des 120 m langen Schiffes liegt auf 9 m Tiefe, was es auch zu einem beliebten Schnorchlerziel macht, die tiefste Stelle am Bug befindet sich in gut 30 m Tiefe. Als dunkler Schatten taucht schon kurz nach dem Einstieg das Wrack vor uns auf. Es ist durchaus üppig mit Korallen bewachsen, flächendeckend, so wie ich es noch von der Yongala vor der Küste Queenslands in Erinnerung habe, ist der Bewuchs jedoch keineswegs, das Schiff ist problemlos noch als solches zu erkennen. Über 20 Nacktschneckenarten sollen den Dampfer sein Zuhause nennen. Einige davon können wir auch live und in Farbe sehen. Extrem farbig kommt auch die knallrote "Disco-Muschel" daher, die sich am Rumpf angesiedelt hat. Eine Horde Buckelkopf-Papageifische gehört ebenfalls zu den Gästen am Wrack, die man andernorts nicht so häufig antrifft. Ansonsten tummelt sich doch eher Altbekanntes am Schiff, alles ganz nett, aber nichts, was mich jetzt vom Hocker reißt und mich bewegen würde, hier einen zweiwöchigen Tauchurlaub zu verbringen. In dem Moment, wo ich das denke, zucke ich etwas zusammen, als ich den größten mir jemals untergekommene Barrakuda entdecke. Ein Mördervieh; ruhig steht er in einem der Laderäume der Liberty. Ich beschließe, einen respektvollen Sicherheitsabstand von gefühlten 30 Metern einzuhalten und verschiebe einen engeren Kontakt lieber auf heute Nachmittag. Bis dahin will ich mich beim Tauch-Staff des Terminals lieber mal erkundigen, wie der Kollege so drauf ist.
Um 11 Uhr geht es am Drop-Off zum zweiten Mal heute ins Wasser. Dicht unter der Wasseroberfläche kann man die Hand nicht vor Augen sehen, komme mir vor im Fühlinger See und nicht wie im Indischen Ozean. Einige Blaupunktrochen robben sich gemeinsam mit ein paar Fadenschnecken durch den Sand. Als wir die senkrecht abfallende Felswand erreichen, wird die Sicht besser und gibt den Blick auf einen sehr spärlichen Korallenbewuchs frei. Fischmäßig ist Hausmannskost angesagt, ein paar Juwelen-Zackis, ein paar Nasendoktoren, hier ein Kaiser, da ein Falter. Ab und zu mal ein Kugelfisch und natürlich die Anemonenbesetzer. Alles ganz nett, aber nichts Dolles. Von dem Mondfisch, der sich hier letzte Woche noch rumgetrieben haben soll, ist leider nichts zu sehen. Hätte ich den hier gesehen, wäre mein Enthusiasmus sicherlich deutlich größer, aber es ist immer das Gleiche, wir sind nicht in einem Zoo.
Wegen zu hoher Wellen entfällt die für 14 Uhr geplante Bootsausfahrt, stattdessen geht es zum zweiten Mal an die Liberty. Wir wählen die gleiche Route um und durch das Schiff wie heute Morgen, entdecken dabei aber mit Ausnahme des Geleges einer Spanischen Tänzerin nichts Neues. Als wir das Wrack schon verlassen haben und Richtung Ausstieg unterwegs sind, taucht auf einmal das Monster vom Baldeneysee vor uns auf. Herrjeh, wer hat dem Kollegen bloß dieses Gebiss verpasst? Da mir Andreas, der Chef der Basis, vorhin noch versichert hat, dass Helmut, so der Name des Monsters, handzahm, weil an Taucher gewöhnt ist, wage ich mich diesmal näher ran – wie von Andreas empfohlen von schräg hinten. Irgendwann werde ich Helmut aber zu lästig und er zischt mit lockeren Flossenschlägen davon, um seine Ruhe zu haben.
Tauchgang vier ist um 16.30 Uhr am Coral Garden angesetzt. Eine halbe Stunde lang denke ich, der Guide möchte mich verarschen, denn wir dümpeln über den schwarzen Vulkansand, ohne dass auch nur mal eine Koralle zu sehen ist, geschweige denn irgendein Getier. Dann wird es auf einmal schlagartig besser, es gibt tatsächlich Korallen hier, der Tauchplatzname ist also nicht einfach nur ein schlechter Spaß. Ein Fangschreckenkrebs stiert aus seinem Loch und rauscht in atemberaubenden Tempo davon, als wir ihn ein bisschen mit dem Zeigestab kitzeln. Tut man ja auch nicht so was. Ein altes, von Algen überwuchertes Tau dient einem Haufen Mini-Skorpionsfischen als Kinderstube. Aus einem Loch nebenan lugt eine Geistermuräne hervor, während es sich ein Schaukelfisch in einem alten Eisengestell, welches vor Jahren zum Aufbau eines künstlichen Riffs hier versenkt wurde, gemütlich gemacht hat. Als uns auf dem Weg zum Ausstieg auch noch ein Rudel von 20 Buckelkopf-Papageien überholt, ist es nach zähem Start endgültig doch noch ein guter Tauchgang geworden. Allerdings nicht so gut, dass ich hier in 45 Minuten gleich nochmal zum Nachttauchen reinspringen muss, den geplanten 5. Tauchgang für heute sage ich ab, worüber der Staff nicht so furchtbar unglücklich zu sein scheint. Der frühere Feierabend ist wohl doch wertvoller als ein paar mehr verdiente Kröten.
Meinen finalen Tulamben-Tauchgang unternehme ich am nächsten Morgen erneut an der Liberty. Schon kurz nach dem Einstieg entdeckt Guide Kadeh unter ein paar Steinen eine Garnelenart, die ich bisher noch nie gesehen habe. Neues begeistert mich ja immer, egal ob 3 mm oder 3 m groß, von daher ist der Tauchgang schon jetzt für mich gerettet. Als er dann noch eine Goniobranchus coi findet, die ich ebenfalls noch nie gesehen habe, bin ich hin und weg. Da ich explizit drum gebeten habe, schwimmen wir heute ausnahmsweise das Wrack mal über die komplette Länge ab, um auch einen Blick auf die Kanone am Bug zu werfen, die jetzt traurig Richtung Meeresboden zeigt. Der Rückweg führt uns dann mal nicht durch das Wrack hindurch, sondern über das Oberdeck, was super ist, weil wir sonst vermutlich den gigantischen Schwarm Stachelmakrelen verpasst hätten, der in einem riesigen Kreis über das Wrack zieht. So dicht ist der Schwarm, dass man kaum noch die Wasseroberfläche sehen kann. Sehr brilliant!
Tja, gerade als ich mit der Liberty und Tulamben warm geworden bin, muss ich den Ort schon wieder verlassen. Man braucht sicherlich viel mehr als nur 3 Tauchgänge, um das Wrack, welches durchaus seine Reize hat, eingängig zu erforschen.
Nach meinem Ausflug nach Tulamben mache ich noch einen spontanen Abstecher nach Padang Bai, welches auch Ausgangspunkt für alle Fahrten zur 16 km entfernten Nusa Penida ist. Aus Zeitmangel belasse ich es aber bei zwei Tauchgängen an lokalen Plätzen rund um die Bucht. An der Strandpromenade sind gleich ein halbes Dutzend Tauchshops vertreten, ich entscheide mich für Waterworxx, einem schon lange in Padang Bai ansässigen Unternehmen. Mit 55 US$ schlagen die beiden Tauchgänge zu Buche.
Mit dem Auslegerbötchen geht's zunächst zwei Buchten weiter zum Platz Jelup. Wie wir beim Briefing schon vorgewarnt werden, ist von Korallenbewuchs kaum etwas zu sehen. Seinen Reiz erhält dieser Platz durch das Wrack einer kleinen Yacht, die in 18 m am Meeresboden liegt und durch das direkt daneben angesiedelte künstliche Riff. Zumindest sollte es wohl mal ein künstliches Riff werden, allerdings ist auch an der Eisenkonstruktion nur spärlicher Korallenbewuchs vorhanden. Den Fischen ist es egal, sie nutzen das alte Gestänge trotzdem als Versteck. Ein Schaukelfisch hat es sich ebenso dort bequem gemacht wie ein knallroter Anglerfisch und eine Horde semiadulter Harlekin-Süßlippen. Auf dem Meeresboden krabbeln einige Nacktschnecken herum und eine Geistermuräne zappelt unruhig in ihrer Höhle. Insgesamt eine nette Spielwiese, in der es sicherlich noch viel mehr zu entdecken gibt. Dass Tauchen tatsächlich auch Gefahren in sich birgt, kriegen wir nach Ende des Tauchgangs zu sehen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht sitzt OWD-Schüler Dino auf dem Boot: Beim Zeigen auf einen interessanten Fisch hat er sich den Arm ausgekugelt. Mir ein Rätsel, wie so etwas passieren kann.
Zwei Stunden später geht's weiter, der 2. Tauchgang führt uns vom Drop-Off an einer kleinen, nicht sehr hohen Wand entlang, Richtung Blue Lagoon. Die Wand ist ganz gut mit Korallen besetzt, allerdings kein Vergleich zu Menjangan. Auch Fisch hat es, wobei die zahlreich vertretenen Großaugenbarsche ein gewisses Übergewicht haben (rein zahlenmäßig gesehen). Ganz nett das alles, aber Jelup heute Morgen fand ich deutlich interessanter.
Fazit: Insgesamt hat das Tauchen auf Bali auch in der Nebensaison und ohne Mondfische sicherlich seine Reize. Für keinen der drei von mir besuchten Orte könnte ich mir aber vorstellen, zwei Wochen Tauchurlaub ausschließlich dort zu verbringen. Zwar kann man auch Tagestouren zu anderen Zielen unternehmen, aber die sind mit hohem zeitlichen Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden. Von Tulamben sind es bspw. 2 Stunden Autofahrt nach Menjangan oder 1,5 Stunden nach Padang Bai (eine Richtung), wenn man gut durchkommt. Padang Bai nach Menjangan geht gar nicht mehr an einem Tag, da säße man hin und zurück 6-8 Stunden im Auto. Mit Urlaub hätte das für mich nichts mehr zu tun. Von daher taucht man auf Bali m.E. am besten, indem man per Auto eine Tauchrundreise um die Insel macht, von Ort zu Ort fährt und überall ein paar Tage bleibt. Dies kann man entweder organisiert machen, entsprechende Angebote gibt es im Internet (meist aber leider erst ab 2 Personen) oder man mietet sich einen Wagen und fährt selbst. Beide Alternativen geben einem auch die Flexibilität, etwas von den Überwasserqualitäten Balis zu entdecken. Ein reiner Tauchurlaub auf Bali? Dazu fällt mir was von Perlen und Säuen ein.