Lembeh Strait

Lembeh Critter-Quickie

März 2024

Dank Lion Air landen Kirsten und ich mit einem Tag Verspätung in Manado, wo wir nach unserer Raja Ampat-Safari auf der Wellenreng noch eine Woche mit der Suche nach noch mehr Crittern verbringen wollen. Der über die Tauchbasis organisierte Shuttle wartet schon und bringt uns in gut einer Stunde über die vollkommen leere Autobahn nach Tandurusa, dem östlichsten Stadtteil der 230.000-Einwohner-Stadt Bitung, direkt an der Lembeh Strait gelegen. Am "Pelabuhan Pariwisata Kota Bitung Tandurusa" (dt.: "Tourismushafen der Stadt Bitung in Tandurusa") erwarten uns schon ein paar helfende Hände, die uns mit Unterstützung eines Bootes in 10 Minuten zum Tauchresort bringen.

Obwohl es mir vor 16 Jahren bei Rob und Linda sehr gut gefallen hat, haben wie uns nach langer Recherche für das 2006 gegründete NAD Lembeh Resort auf Lembeh Island entschieden. Die Gründe dafür sind:

  • Das NAD liegt zentral in der Mitte der Lembeh Strait und nicht ganz im Süden wie die Divers Lodge Lembeh, wo ich damals war. Hierdurch sind die Wege zu den Tauchplätzen viel kürzer und man hat mehr Zeit zwischen den Tauchgängen.
  • Genau wie die Divers Lodge hat das NAD standardmäßig eine 2:1-Gast-zu-Guide-Ratio. Mehr Gäste pro Guide sollten es nicht sein, wenn man einigermaßen entspannt fotografieren möchte. Andere Basen haben ein 3:1- oder gar 4:1-Verhältnis.
  • Das NAD verfügt über einen großen Kameraraum und ist auf Fotografen spezialisiert. Dive Manager Sam ist selbst leidenschaftlicher U/W-Fotograf und gibt gerne hilfreiche Tipps zum Ablichten der Critter.
  • Freunde haben uns das NAD empfohlen.
  • Das Resort verfügt über einen Pool. Spoiler: Den haben wir kein einziges Mal benutzt.

An dem guten Ruf und der 2:1-Ratio klebt natürlich auch ein Preisschild: Unser Komplettpaket mit 7 Übernachtungen, 17 Tauchgängen, Vollpension, Transfers und Nitrox schlägt mit 2.275 US$ zu Buche. Umso ärgerlicher ist es, dass wir wegen des Flugausfalls schon einen Tag verloren haben, sodass unser Aufenthalt zu einem Quickie wird.

Das NAD bietet täglich 3 Tauchgänge plus einen Nachttauchgang an, wobei die am Tage i.d.R. zwischen 70 und 80 Minuten dauern. Um 7:30 Uhr startet man zur Vormittagsausfahrt mit 2 Tauchgängen. Zwischen 11:30 Uhr und 12 Uhr ist man zum Mittagessen zurück im Resort. Nach dem Mittagsschläfchen geht es um 14 Uhr nochmal für einen Nachmittagstauchgang raus, von dem man gegen 16 Uhr zurück ist. Wer dann noch nicht genug Stickstoff gesammelt hat, kann sich abends um 18 Uhr nochmal in der Dunkelheit umgucken. Außerdem werden Tauchgänge mit Mandarinfischen und "Schwarzwassertauchen" (Blackwater Diving) angeboten.

Zum Abendessen finden sich im großzügigen Outdoor-Essbereich 8 Gäste ein (uns eingeschlossen). Als wir fragen, wo denn die restlichen sind, lautet die Antwort, dass das zurzeit alle Gäste sind! Das ist deswegen leicht überraschend, weil das NAD ein großes Resort mit 15 Bungalows und 3 Tauchbooten ist. Eigentlich hatte ich gedacht, hier mindestens 20 Leute zu treffen, aber es ist offenbar gerade sehr ruhig. Gut für uns, denn so gibt es am reichhaltigen und sehr schmackhaften Buffet keine Schlange.

Tag 1: MO, 11.03., Pulau Abadi, Nudi Falls, Pintu Colada

Um 6:30 Uhr klingelt der Wecker, damit wir vor dem ersten Tauchgang noch in Ruhe frühstücken können. Wegen der fehlenden Tauchermasse fährt natürlich nur ein Boot mit allen 8 Gästen raus: Auf dem Programm steht zum Warmwerden der Platz Pulau Abadi 2, etwa 10 Minuten südlich vom NAD gelegen. Die beim Briefing erläuterte Topografie des Platzes trifft auf 90 % aller Plätze in der Lembeh Strait zu: "Coral, Sandy, Rubble": Am Geröllhang geht es normalerweise abwärts auf 20 bis 25 Meter. Im Sandboden und den vereinzelt herumstehenden Algenbüscheln und Anemonen sucht man nach dem Kleinzeug und am Ende taucht man zwischen 5 und 10 Metern aus, wobei ab und an ein paar Korallen die Uferzone schmücken. Ausnahmen bestätigen die Regel und die Anzahl der Ausnahmen ist äußerst überschaubar.

Pulau Abadi glänzt jedenfalls mit einer Schneckeninvasion, ein Gastropode jagt den nächsten. Die Aufzählung aller Critter wäre eine ziemlich lange und ziemlich langweilige Liste, daher blättere der interessierte Leser einfach durch die Galerie. Nur doof, wenn nach 35 Minuten Tauchzeit die Kamera einfriert, was angesichts von 27 Grad Wassertemperatur durchaus paradox ist ...

Nach einer Stunde Oberflächenpause springen wir am Platz Nudi Falls, der schon die erste Ausnahme ist, da man hier an einer schön mit Weichkorallen bewachsenen Wand entlang taucht. Unser Guide Kelo erläutert, dass der Name von den Tonnen von Nacktschnecken kommt, die in der Wand sitzen und auf die Taucher herabfallen. Das tun sie natürlich nicht, das Bild soll nur die Masse an Nacktschnecken verdeutlichen, die man hier sehen kann. Nudi Falls hat aber noch viel mehr zu bieten, Garnelen, Orang-Utan-Krabben, Spinnenkrabben und, und, und. Damit, dass wir hier einen Blaugeringelten Oktopus sehen, hätte ich allerdings nicht gerechnet! Knaller-Tauchgang, der natürlich bis zum letzten Bar Luft ausgekostet werden muss!

Rechtzeitig zum Mittagessen, das nahtlos an die Qualität des gestrigen Abendessens anknüpft, sind wir zurück und können anschließend noch ein wenig die Beine hochlegen und die Aussicht von unserem Bungalow aus genießen, bevor wir uns zum Nachmittagstauchgang bereitmachen.

Der führt uns zum Platz Pintu Colada 2, etwa 10 Minuten Bootsfahrt nördlich des NAD gelegen. Wieder fällt es schwer, nach dem Tauchgang den Favoriten-Citter zu benennen: Welche Nacktschnecke war die bunteste? War der Anglerfisch fotogener als die Tozeuma-Garnele? Oder doch der aus seiner Muschel lugende Blenny?

Nach dem Abendessen versuchen wir uns in der Resort-Kneipe noch an der Dartscheibe und schauen den Kollegen beim Pool Billard zu. Dann schnappen wir uns Sam, den Dive Manager, um mit ihm zu bekakeln, was wir mit den beiden Tauchgängen unseres Tauchpakets anstellen, die wir dank Lion Air in den nur noch 4 verbleibenden Tauchtagen nicht mehr wahrnehmen können. Sam stimmt zu, dass wir die gegen Zahlung des Differenzbetrages in Nachttauchgänge umwandeln können, genauer gesagt in einen Dämmerungstauchgang mit Mandarinfischen und einen Blackwater Dive. Auf Letzteren bin ich besonders gespannt, da ich noch nie nachts im Freiwasser getaucht bin, sondern immer nur mit Referenz zu Riff oder Boden. Zufrieden lassen wir den Tag mit einem großen Bintang ausklingen.

Tag 2: DI, 12.03., Goby-A-Crab, Critter Hunt, Sarena Besar, Bianca

Tauchtag 2 startet mit einer recht langen Fahrt nach Süden, wo man für Goby-A-Crab auf dem Whiteboard wieder nur Name und Datum ändern muss. Das Highlight ist definitiv ein juveniler Fledermausfisch, der sich leider so sehr in einem Loch versteckt, dass ich gar nicht erst versuche, mit der Kamera hinzukommen. Zwischendurch ist der Tauchgang zwar etwas langatmig, aber am Ende füllen doch wieder drei Dutzend Fotos mehr die Speicherkarte.

Nach dem Tauchgang tuckern wir zurück nach Norden, wo mitten in der Lembeh Strait die Sarena-Inseln liegen, von denen einige eher große Felsen sind. Vor der südlichsten Insel liegt Critter Hunt, unser nächster Platz. Den Namen finde ich zwar trivial bis einfallslos, denn auf Critterjagd geht man schließlich an allen Plätzen in der Lembeh Strait, aber immerhin hält er, was er verspricht. Unter anderem sehen wir zwei Stumpfdorn-Sepien, einen Anglerfisch und in dem schönen Riff, das den Flachwasserbereich ziert, Seenadeln en masse. Außerdem erspähen wir noch die Eier einer Pracht-Sepia, von der ich sehr hoffe, dass ich sie in den nächsten Tagen auch noch in geschlüpftem Zustand sehen kann.

Nach dem Mittagessen kehren wir zurück zu den Sarena-Inseln und springen an Sarena Besar ("besar" = "groß"). Uns erwartet eine Fatzenströmung, gegen die wir 30 Minuten lang anpaddeln, was über dem Sandboden, der absolut nichts zum Festhalten bietet, sehr enervierend ist. Ich weiß auch nicht, was der Quatsch soll, gegen die Strömung statt mit ihr zu gehen. Wahrscheinlich rechnet die Bootscrew nicht damit und wenn der Guide die Boje setzt, dürfte er schwerlich noch was zeigen können. Wie auch immer. Es gibt während der zweiten Hälfte des Tauchgangs zwar noch einiges zu sehen, aber als es mit einem Mini-Angler noch so richtig interessant wird, muss ich leider die Segel streichen: Flasche leer. Also leer, leer.

Gerade mal eine Stunde Zeit bleibt uns nach der Rückkehr ins Resort für Batteriewechsel und ein kurzes Nickerchen. Dann müssen wir schon wieder los, denn es geht auf die andere Seite der Lembeh Strait zu unserem gestern vereinbarten Dämmerungstauchgang. Der dafür auserkorene Platz heißt Bianca und hat seinen Namen von den beiden Schiffen, die in der kleinen Bucht nahe Tandurusa fest vertäut an der Mooring liegen und seit Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten nicht mehr bewegt wurden. Der Besitzer verwendet die Schiffe als schwimmendes Hotel. Die Mandarinfische verstecken sich in einem Geweihkorallen-Feld, das sich durch die Bucht zieht und kommen nur in der Dämmerung heraus, um miteinander Spaß zu haben und neue Mandarinfische zu produzieren. Bianca gilt als der beste Platz in der Lembeh Strait zur Beobachtung dieses Schauspiels. Davon kriegen wir am Anfang allerdings nicht viel mit: 40 Minuten lang beschäftigen wir uns mit Anemonenfischen, Banggai-Kardinalbarschen und ordinären Krugfischen. Dann endlich nimmt die Veranstaltung Fahrt auf und die Mandarinen kommen in Stimmung: In der zweiten Hälfte des Tauchgangs haben wir noch 6 oder 7 Mal die bekannte Paarungsszene, bei der sich Männchen und Weibchen aneinanderschmiegen und beim Akt nach oben steigen. So wird der Tauchgang nach langem Warten noch ein voller Erfolg und für mich der beste Mandarinfisch-Tauchgang ever. Vor lauter Begeisterung schmeißt Kirsten beim Abrödeln noch ihren Computer über Bord, was Kelo zu ein paar zusätzlichen Tauchminuten und ein paar Freibieren verhilft.

Tag 3: MI, 13.03., Kapal Indah, Ghost House, Hemi

Tauchtag 3 startet wieder ganz im Süden, wo am Ausgang der Lembeh Strait das Wrack der Kapal Indah liegt. Ob das Schiff auch zu Lebzeiten schon so hieß, darf bezweifelt werden, denn übersetzt bedeutet das einfach "Schönes Schiff". Das Wrack liegt aufrecht auf 27 m Tiefe und ist mit Schwämmen, Schwarzen Korallen und Gorgonien bewachsen, in denen Kelo gleich am Anfang 3 Bargibanti-Pygmäenseepferdchen ausmacht. Er weiß natürlich, dass sie hier sind und muss nicht lange suchen. Weitere Highlights sind ein Algen-Oktopus, der mit seinen Hautlappen tatsächlich perfekt getarnt nach Seetang aussieht, eine ebenfalls perfekt getarnte Federstern-Crinoid-Garnele und drei Teufelsfische, die auf dem Sand um die Wette laufen. Wieder ein genialer Start in den Tag!

In der Tauchpause schippern wir wieder nach Nordosten und passieren dabei das "Tugu Trikora", ein Ende der 1980er Jahre erbautes Monument auf Lembeh, das an die Operation Trikora im Jahr 1961 erinnert. Dabei handelte es sich um eine sowjetisch-indonesische Militäroperation mit dem Ziel, das Überseegebiet Niederländisch-Neuguinea zu erobern und zu annektieren. Am 15. August 1962 unterzeichneten die Niederlande nach Verhandlungen schließlich ein Abkommen mit Indonesien und gaben die Kontrolle über West-Neuguinea an die Vereinten Nationen ab. Das Monument sieht schon aus der Ferne ziemlich heruntergekommen aus, genauso wie unser nächster Tauchplatz: Das Ghost House hat seinen Namen von einer verlassenen Ruine am Ufer des Örtchens Papu Sungan auf Lembeh Island. Unter Wasser erwartet uns ein Kontrastprogramm: Einigen Harlekin-Geisterpfeifen folgt ein Mini-Feilenfisch, der regungslos versucht, nicht nach Futter auszusehen. Ein paar Meter weiter spaziert ein Warzen-Anglerfisch über den Sand. Im nächsten Vasenschwamm wartet ein pinker Haariger Springkrebs (mein Lieblingskrebs) darauf, für die Nachwelt festgehalten zu werden, aber leider verhält er sich etwas unkooperativ. Wir erwischen eine juvenile Süßlippe beim Breakdance und einen ebenso juvenilen Fledermausfisch in seinem schicken schwarz-orangen Flossenkleid. Zum Abschluss stöbert Kelo noch zwei "Lembeh Sea Dragons" auf. Dieses 2 bis 3 cm lange Geschöpf wurde 2006 in der Lembeh Strait entdeckt und hört auch auf den Namen Rumengani-Seenadel, wobei noch nicht so ganz sicher ist, ob es sich nicht doch um ein Zwergnadelpferdchen handelt. Mit seiner fadenartigen Erscheinung ist sie kaum zu entdecken, man sucht quasi die Nadel im Algenhaufen. Der Tauchgang findet jedenfalls mit dem Prädikat "Fantastico!" Eingang ins Logbuch.

Der Nachmittagstauchgang firmiert unter dem Namen "Save the gasoline", denn Hemi liegt keine 2 Minuten Bootsfahrt nördlich vom NAD, da hätten wir auch rüberschwimmen können. Der Tauchgang erfreut uns mit einigen Crittern, die wir in den letzten 2 1/2 Tagen noch nicht gesehen haben, nämlich einer Imperatorgarnele, die sich unter einer Seegurke versteckt, einem Flughahn und einem aggressiven Clownfish, der mich 2 Minuten lang verfolgt und die Maske attakiert. Dabei bin ich mir gar keiner Schuld bewusst. Wahrscheinlich hat er einfach einen schlechten Tag. An der nächsten Koralle wartet etwas, was ich vorher noch nie gesehen habe, nämlich ein Schwarm nur weniger Millimeter großer Idiomysis-Garnelen. Gut, dass Kelo alles mitschreibt, was wir sehen, sonst wäre ich bis in alle Ewigkeit ahnungslos geblieben. Damit aber noch nicht genug, denn mein gestrig geäußerter Wunsch nach einer Pracht-Sepia wird sogleich erfüllt. Ganz geheuer sind wir ihr allerdings nicht: Furchtlos stellt sie ihre Tentakel auf und droht uns, ja nicht zu nahe zu kommen. Den krönenden Abschluss machen – man höre und staune – ein paar Grundeln. Mit ihren pinken Augen ist die Violettaugen-Zwerggrundel aber auch einfach zum Verlieben.

Dank der kurzen Wege ist unser Tagwerk um kurz nach halb Vier schon erledigt. Genug Zeit zum Entspannen, um Fotos durchzugucken, in der Sonne zu liegen und vom morgen anstehenden Blackwater Dive zu träumen.

Tag 4: DO, 14.03., Pantai Parigi, Tandu Rusa, Tanjung Kusu-Kusu, Blackwater Dive

Der Tag startet mit einer Fahrt nach Norden zum Platz Pantai Parigi, auf der Inselseite der Lembeh Strait gelegen. Wir kriechen 75 Minuten über den Sand und erfreuen uns an einem bunten Potpourri an Gestalten, die wir auch in den letzten drei Tagen schon hatten. Etwas aufregend Neues ist nicht dabei aber die Mischung macht's!

In der Tauchpause öffnet der Himmel seine Schleusen, während wir nach Tandu Rusa ins Zentrum der Lembeh Strait fahren. Dort gibt es nicht nur den Tourismushafen, sondern auch einen hervorragenden Tauchplatz. Klar, eigentlich kann man in der Lembeh Strait irgendwo reinspringen, es gibt immer was zu sehen. In diesem Fall sind es vor allem verschiedenfarbige Anglerfische, eine "Pygmy Sepia" und ein Wunderpus, der vor zwei unserer Mittaucher Reißaus nimmt, die wie die Irren hinter ihm herjagen. Geht gar nicht, bei den Jagdszenen aus Hollywood kann ich nur verständnislos den Kopf schütteln. Irgendwann geben sie die Verfolgungsjagd endlich auf und aus der Entfernung sehe ich, wie sich der kleine Oktopode hinsetzt und ausruht. Langsam und vorsichtig nähere ich mich von vorne, was er offenbar nicht als bedrohlich empfindet, denn er bleibt ruhig sitzen und hält für eine Handvoll Fotos still. Oder ist er einfach nur zu erschöpft von der vorherigen Hetzjagd? Ich denke jedenfalls, kein Foto rechtfertigt eine Verfolgungsjagd und dass auch der Taucher, sei es mit oder ohne Kamera, mehr davon hat, wenn er Tieren mit Respekt begegnet. Zum Abschluss wartet noch ein Highlight: Kelo erspäht mit seinen Adleraugen zwei "Hairy Shrimps". Der Körper dieser nur maximal 5 mm großen Garnele ist mit haarigen Fäden besetzt, die sie zwischen herumtreibenden Algen praktisch unsichtbar macht. Dazu passt sie ihre Farbe auch noch an die der Umgebung an; sie kann rot, braun, gelb oder sogar grün sein. Der perfekte Abschluss eines ergiebigen Vormittags!

Viel weiter als am gestrigen Nachmittag geht es auch heute Nachmittag nicht: Tanjung Kusu-Kusu liegt direkt neben Hemi, also etwa 3 Minuten Bootsfahrt vom NAD entfernt. Der Tauchgang startet schon gut mit zwei Dornigen Seepferdchen, eins in Weißbraun und eins in schickem Schwarz. Darauf folgt ein Wunderpus (schon wieder!) auf seinem Nachmittagsspaziergang über den Sand. Einem kleinen gelben Anglerfisch folgt (ebenfalls schon wieder!) ein Blauring-Oktopus, dem Kelo einen Nachmittagssnack in Form eines Krebses unter die Nase hält. Ich bin ja nicht so für Gott spielen, aber der Krake lässt sich nicht zweimal bitten und packt entschlossen zu. Der Todeskampf des Krebses währt nur kurz, denn das starke Nervengift des Kraken ist auch gut dazu geeignet, einen Menschen durch Atemlähmung zu töten. Und während wir dem Kraken noch beim Essen zuschauen, hat Kelo unter dem nächsten Stein schon einen weiteren Blauringkraken ausgemacht! Unfassbar! 13 Jahre lang sehe ich keinen und seit letzter Woche vor Arborek verfolgen sie mich förmlich! Wir erfreuen uns noch an ein paar Springkrebsen und einem Trümmer von Breitarm-Sepia, bevor wir nach 75 Minuten aus dem Wasser steigen. Unreal!

Um 18 Uhr ist es dunkel genug, um zum Blackwater Dive aufzubrechen, den Dive Manager Sam selbst begleitet. Auf der Fahrt zum Tauchplatz, der irgendwo in der Nähe von Pintu Colada liegt, gibt er uns ein paar Tipps bezüglich Kamereinstellungen und Blitzpositionierung, aber so richtig viel Hoffnung, dass ich was Brauchbares zustande bringen werde, habe ich nicht. Ein einziges halbwegs vernünftiges Foto wäre schon ein Erfolg. Die Crew positioniert ein paar 15.000 Lumen starke Leuchten im Wasser, die das Plankton nach oben locken sollen. Um 18:30 Uhr springen wir schließlich bei einer Wassertiefe von 30 Metern. Ein "echter" Blackwater Dive im Freiwasser ist es also nicht. Wir folgen Kelo, der auf 15-20 Metern immer im Kreis um die Leuchten schwimmt und uns anzeigt, wenn er was gefunden hat. Was es ist, kann ich mit meiner Altersblindheit nicht erkennen. Überhaupt das Motiv in dem Schneegestöber, das sich im Kamerabildschirm zeigt, auszumachen und darauf zu fokussieren, ist mehr Glückssache als fotografisches Geschick. Wie klein oder groß das Glück war, möge der Leser selbst beurteilen. Der Schwarzwassertauchgang ist jedenfalls eine interessante Erfahrung, die ich in Zukunft gerne wiederholen möchte.

Tag 5: FR, 15.03., Tanjung Kubur, Jahir, Tom's Garden, Fazit

Unser letzter Tauchtag startet auf der Inselseite im Norden am Platz Tanjung Kubur. Wir wühlen wieder fast den ganzen Tauchgang lang im Sand und haben schon wieder einen Blauring-Oktopus und einen "Hairy Shrimp"! Langsam wird es fast langweilig. Als Zugabe gibt es noch Dekorateur-Spinnenkrabben, Seepferdchen und einen Schaukelfisch. Die ganzen Nacktschnecken und Garnelen sind ja schon lange nicht mehr der Rede wert.

Fast genau gegenüber liegt auf der Festlandsseite Jahir 2. Neben den schon gesehenen üblichen Verdächtigen (Geisterpfeifen, Orang-Utan-Krabben, Zwergnadelpferdchen etc. pp.) gibt es ihn dann doch noch, den lange gewünschten "Haarigen Anglerfisch", der eigentlich ein Gestreifter Anglerfisch mit Hautauswüchsen ist, die sich nur bei den Exemplaren ausbilden, die in Algenbeständen leben. Fast hatte ich schon befürchtet, ich müsse ohne ihn nach Hause fahren. Weiteres Highlight ist ein winziger Zwergkalmar ("Pygmy Squid"). Der nur 2 cm große Kopffüßer lebt bevorzugt in Seegraswiesen und haftet sich mit einem speziellen Organ am Seegras fest. Begeistert und leicht wehmütig, dass es gleich vorbei ist, gehen wir in die MIttagspause.

Wie immer, kommt der letzte Tauchgang viel zu schnell. Tom's Garden erfreut uns nochmal mit einem Querschnitt aus Lembehs Critter-Welt. Vor allem, dass sich nochmal ein "Tiger Shrimp" in Schale wirft, begrüße ich sehr, aber auch die Teufelsfische, die Geistermuräne, der Fangschreckenkrebs und all die bunten Nacktschnecken machen uns den Abschied schwer.

Nach dem Tauchgang wird das Tauchgerödel im Trockenraum aufgehängt in der Hoffnung, dass die Klamotten trotz des aktuellen Kack-Wetters, das die Luftfeuchtigkeit stabil bei gefühlten 96 % hält, noch einigermaßen reisebereit werden. Erschwert wird das durch die Tatsache, dass der Trockenraum nur ein Wellblechdach ist, unter dem die Sachen aufgehängt und mit einem großen Ventilator angepustet werden. Am Abend lassen wir uns das letzte Abendessen schmecken und stoßen mit ein paar großen Bintang auf den gelungenen Urlaubsabschluss an. Das ist eigentlich auch schon eine ausreichende Zusammenfassung des Fazits:

Lembeh war wieder top und bei einem weiteren Besuch würde ich auch wieder ins NAD Lembeh Resort gehen. Der Staff des Resorts und die Bootscrew sind superfreundlich, das Essen ist klasse, die Bungalows sauber und geräumig und die Guides sehr fähig. Das größte Plus sind für mich aber die kurzen Wege: Es ist so angenehm, nicht den ganzen Tag auf dem kleinen Tauchboot verbringen zu müssen, wenn man 3 Tauchgänge machen will, sondern die zweistündige Mittagspause gemütlich im Resort verbringen kann. Zwei Dinge würde ich beim nächsten Mal allerdings anders machen:

  • Ich würde Nachttauchgänge einplanen, um die Chance zu haben, vielleicht doch mal den nachtaktiven Bobbit-Wurm zu sehen.
  • Ich würde mindestens einen tauchfreien Tag einplanen, um einen der vom NAD angebotenen Landausflüge machen zu können, z.B. ins Tangkoko Nature Reserve oder in den Dschungel zum Beobachten von Koboldmakis, den kleinsten Primaten der Welt.

Tag 6: SA, 16.03., Rückreise

Der Ventilator hat tatsächlich seinen Job erledigt, um 10 Uhr packen wir zusammen und machen uns eine gute Stunde später via Boot und über die erneut menschenleere Autobahn auf zum Flughafen nach Manado. Mit einer halben Stunde Verspätung hebt um 15 Uhr Garuda-Flug GA 601 nach Jakarta ab, wo wir leider fast 8 Stunden am Flughafen totschlagen müssen. Zum Glück hat das Airport-Hotel in Terminal 2 Tageszimmer. Mit Qatar Aiways geht es um Mitternacht via Doha zurück nach Frankfurt. Auf der letzten Etappe lohnt sich ein Fensterplatz auf der linken Seite des Fliegers, sodass man beim Abflug in Doha die Aussicht auf die Metropole am Persischen Golf und im weiteren Verlauf auf Manama (Bahrain) und Bagdad (Irak) genießen kann. Ich mag ja Wüste! 36 Stunden nach unserer Abfahrt im NAD rollt der ICE in den Kölner Hauptbahnhof ein. Die Planung des nächsten Urlaubs kann beginnen!

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