April 2017
48 Stunden nach der Abfahrt aus Palau, wo wir die erste Woche dieses Überführungstörns verbracht haben, nähern wir uns langsam philippinischen Gewässern. Ich muss schon zugeben, dass ich mir im Vorfeld doch einige Gedanken über diesen Teil der Reise gemacht habe, der uns an der Nordküste Mindanaos entlang, vorbei an der Südküste Negros', über die Cagayan-Inseln bis nach Tubbataha, mitten in der Sulu-See, führen wird:
Für den südlichen Teil der Sulu-See (südlich des 9. Breitengrades) existiert eine Teilreisewarnung des Auswärtigen Amtes, da dies das Operationsgebiet der islamistischen Terrororganisation "Abu Sayyaf" ist, die seit dem Jahr 2000 für zahlreiche Entführungen und Ermordungen ausländischer Staatsangehöriger, vor allem auf den Sulu-Inseln und auf Mindanao, aber auch auf Palawan und sogar Borneo verantwortlich ist. Erst kurz vor der Reise wurde ein im November 2016 vor Tawi-Tawi entführter deutscher Segler ermordet. Etwas beruhigend ist immerhin, dass
Nach 60 Stunden Fahrt erreichen wir mitten in der Nacht endlich Surigao City an der Nordspitze Mindanaos. Bis es wieder ins Wasser geht, ist aber weiter Geduld gefragt, denn zunächst müssen am Vormittag die Vorräte für die nächsten 10 Tage aufgefüllt werden. Gelegenheit für uns, bei ein wenig Sightseeing in der 150.000-Einwohner-Stadt nochmal festen Boden unter die Füße zu bekommen.
Eigentlich haben die Cruise Directors der Solitude für heute gar keinen Tauchgang mehr geplant, denn da sie bei der Überführung von Palau nach Tubbatha in der Vergangenheit immer durchgefahren sind, kennen sie hier keine Tauchplätze. Da die Gäste bei einem dritten Tag in Folge ohne Wasserkontakt aber wohl etwas unwirsch geworden wären, interveniert Michael. Nach Konsultation von Google Earth, wo sich auch Korallenriffe ganz gut erkennen lassen, fahren wir daher am Nachmittag Basol Island an, nur wenige Kilometer von Surigao City entfernt. Wir springen auf der Nordwestseite ins Wasser und treffen auf ein recht schönes Korallenriff, das vor Makroleben nur so strotzt, wobei sich die Nacktschnecken besonders hervortun. Mein persönliches Highlight ist aber ein eiertragender Fangschreckenkrebs. Echt nett, das hätte man auch ruhig schon am Vormittag betauchen können, als die Crew einkaufen war.
Nach dem Tauchgang geht es zurück nach Surigao City, wo wir für eine angenehme, halbe Nachtruhe ankern.
Um 2 Uhr morgens wirft der Käpt'n die Maschinen an und die Fahrt geht in den Norden von Panaon Island, knapp 60 km entfernt, wo mit dem Napantao Marine Sanctuary unser nächster Tauchplatz auf uns wartet. Napantao ist das älteste Meeresschutzgebiet in der Sogod Bay und das sieht man unter Wasser auch. Der steile Hang reicht bis in eine Tiefe von 50 m und ist über und über mit gesunden Weich- und Steinkorallen bewachsen, um die sich Wolken von Fahnenbarschen tummeln. In den Unmengen Anemonen finden wir fünf verschiedene Nemo-Arten. Eine intensive Suche in Gorgonien und Fassschwämmen fördert winzige Bargibanti-Pygmäenseepferdchen und haarige, pinke Schwamm-Springkrabben zutage. Sehr schönes Ding, die Philippinen werden ihrem Ruf als Makro-Paradies von Anfang an gerecht!
Nach einem zweiten Tauchgang vor Napantao geht es am Mittag 15 km gen Südosten nach Limasawa. Hier springen wir am Nachmittag an Günters Wall ins Wasser. Wer dieser Günter ist, bleibt im Dunkeln, aber seine Wand ist ein echter Augenschmaus: Senkrecht fällt sie in die Tiefe und ist mit einem Weichkorallenteppich bedeckt, den Millionen Fahnenbarsche als Schutzbunker nutzen. Es wimmelt nur so von Fisch. Klar, nichts Großes, ist ja Südostasien. Auch hier stehen Anemonen en masse, die aber vorwiegend von Garnelen bevölkert werden. Hat Günter gut gemacht!
Schon am frühen Nachmittag ist für uns damit tauchtechnisch Feierabend, denn bis zu unserem nächsten Stop sind es über 200 km. Ursprünglich war ja noch ein Besuch bei den Walhaien von Oslob geplant, aber Diego, einer der Guides, informiert uns, dass die Behörden inzwischen aufgrund totaler Überfüllung die Regularien geändert haben. Man muss extra Eintritt zahlen, die Wasserzeit ist auf 30 Minuten begrenzt und die Tiere stehen wegen der Menschenmassen unter Dauerstress. Das Ganze habe mehr etwas von Zoo und Party-Event; er rät uns dringend von einem Besuch ab. Grundsätzlich verstehe ich natürlich, dass die Einheimischen, die jetzt auch nicht gerade mit materiellem Luxus gesegnet sind, mit dem Walhaien Geld verdienen wollen und so ist es mir immer noch lieber, als wenn man ihnen die Flossen abhackt. Hier scheint allerdings der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben worden zu sein, wie man auch in diversen Erfahrungsberichten lesen kann. Wir folgen daher Diegos Rat. Zeit für die Wii oder ein frühes Dekobier im Whirlpool.
Wir fahren die Nacht durch, vorbei an Bohol, Panglao und Siquijor, und erreichen am Morgen Apo Island in der westlichen Mindanao-See. Ein Kanonenboot der philippinischen Marine ist auch vor Ort und soll offenbar für Sicherheit sorgen. Am Coconut Point steht hier ein einziger Tauchgang auf dem Programm. Der langsam abfallende Hang ist ganz ansehnlich, die Unterwasserlandschaft käme aber besser zur Geltung, läge sie nicht wegen der beschissenen Sicht hinter einer Milchglasscheibe. Die starke Strömung treibt uns übers Riff und vorbei an einem Dutzend Seeschlangen, die uns entgegenkommen. Fischmäßig ist nicht allzu viel los, aber wegen der Schlangenautobahn bleibt der Tauchgang trotzdem in bester Erinnerung.
Für den Rest des Tages (heißt: 2 Tages- und 1 Nachttauchgang) geht es an die 7 km entfernte Küste von Negros an den Strand der Gemeinde Zamboanguita, die dem Platz auch seinen Namen gibt. Und der ist wahrscheinlich einer der besten Muck Dive-Plätze in der Region. Die Mooringleine der Boje, an der wir abtauchen, endet auf einem fetten Betonquader, an dem wir direkt auf die Suche nach Kleinvieh gehen. Wir finden winzige Angler-, Geisterpfeifen- und Skorpionsfische, sowie Gebänderte Seenadeln. Im dunklen Sand verstecken sich Krebse, Garnelen und Schnecken. Weit verstreut auf dem Sandboden steht haufenweise Gerümpel herum (Gerüste, Stahlträger, ein Auto, ein Haufen Autoreifen, usw.), das wir der Reihe nach abklappern. Vor einem schwarzen Federstern schweben – gut getarnt – gleichfarbige Harlekin-Geisterpfeifenfische im Wasser. Im Stern selbst hat sich eine winzige Crinoid-Garnele verschanzt. In besagten Gerüst sitzen Anglerfische unterschiedlicher Arten, die Autoreifen wurden von Katzenwelsen als Zuhause auserkoren und unter einem freischwebenden Blatt hat sich eine grüne Sepia verkrochen, während nebenan eine juvenile Süßlippe ADHS-like ihre Kreise dreht. Kurz und gut: Zamboanguita ist eine tolle Spielwiese; bei keinem der drei Tauchgänge ist es auch nur eine Sekunde langweilig. Ich hätte auch problemlos noch einen weiteren Tag hier verbringen können.
Ein weiterer Tag ist aber nicht möglich, denn wir wollen ja noch nach Tubbataha, wo wir übermorgen aufschlagen sollen. Für heute Nacht ist erstmal wieder Fahrerei angesagt, bis zu den Cagayan-Inseln, mitten in der Sulu-See, sind es 250 km.
Am Vormittag erreichen wir Cagayan, die größte Insel des Cagayan-Archipels. Wir sind etwas spät dran und springen ohne Umschweife an der Cagayancillo Wall, die sich an der Westküste befindet und nach dem Hauptort der Insel benannt ist. Bei fantastischen Sichtweiten erblickt das Auge eine kilometerlange Wand, die senkrecht von der Wasseroberfläche in Tiefen über 80 m abfällt. Im Norden ist sie über und über mit teils riesigen, gesunden Gorgonien-Fächern bewachsen. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass es diesbezüglich der beste Steilwandtauchplatz ist, den ich je gesehen habe. Die Wand ist auch recht zerklüftet, das Erkunden der zahlreichen Canyons und Gänge macht einen Heidenspaß. Lediglich in puncto Fisch kommt die Wand etwas mau daher. Klar, am Riff hat es auch hier das bekannte Kleingetier, aber im Blauwasser ist doch gähnende Leere. Team Delta, das Tauchgrüppchen des anderen Skiffs, ist diesbezüglich aber wohl ganz anderer Meinung: So ein Walhai kann einem schon den Tag versüßen ...
Bei den übrigen beiden Tauchgängen erkunden wir noch den Mittel- und Südteil der Wand, die aber nicht ganz mit dem nördlichen Bereich mithalten können, der eindeutig am spektakulärsten ist. Mit der untergehenden Sonne machen wir uns auf zu unserem letzten Ziel: noch 65 km bis Tubbataha.
Die Tubbataha-Riffe sind zwei 6 km voneinander entfernt liegende Atolle mitten in der Sulu-See. Bei Flut sind beide Atolle komplett von Wasser überspült. Nur bei Niedrigwasser bilden die zwischen 100 und 300 m breiten Ringriffe über Wasser eine geschlossene Form. Die Korallenwände fallen in Stufen bis auf über 1000 m ab, was eine gute Voraussetzung für die Begegnung mit Großfischen schafft. 1988 wurden die Atolle und das sie umgebende Meeresgebiet zum Nationalpark erklärt. Seit 1993 gehören die Tubbataha-Riffe zum UNESCO-Weltnaturerbe und seit 2010 sind sie eine "No-Take-Zone". Wegen der Wetterbedingungen ist die Tauchsaison kurz: Nur von Mitte März bis Mitte Juni fahren Tauchsafarischiffe die Atolle an, vorwiegend vom 160 km entfernten Puerto Princesa auf Palawan aus. Eine Gefahr, dass die Korallenbänke, die eine Fläche von ca. 100 km² aufweisen, übertaucht werden, besteht somit nicht; insgesamt besuchen pro Jahr nur ca. 1000 Taucher die ca. 20 Tauchplätze Tubbatahas und des angrenzenden Jessie-Beazley-Riffs.
Wir starten unser Tubbataha-Abenteuer an der Spitze des 17,4 km langen und 5,5 km breiten Nord-Atolls am Platz Seafan Alley. Der Name ist allerdings sehr fragwürdig: Die spärlich vorhandenen Fächerkorallen sind ziemlich mau, wie auch der Gesamtzustand des Riffs sehr zu wünschen übrig lässt — wahrscheinlich noch ein Überbleibsel aus schlechten alten Zeiten: Bis zum Ende der 1980er Jahre wurde vor Tubbataha in großem Stil mit Cyanid und Dynamit gefischt, und das sieht man dem Riff hier deutlich an. So paddel ich lieber den Großteil des Tauchgangs durchs Blauwasser, aber außer einem Barrakudaschwarm und einem viertel Dutzend Grauen Riffhaien ist auch dort nichts zu sehen. Von diesem Tauchplatz kann Tubbataha seinen guten Ruf auf jeden Fall nicht haben.
Beim nächsten Platz stimmt wenigstens der Name: Am Shark Airport liegen haufenweise Weißspitzenriffhaie auf dem Riffdach herum, das ansonsten ebenfalls nur Hausmannskost bietet. Immerhin ist der Steilhang mit ein paar schönen Fächerkorallen besetzt. Nett sind auch die Grauen Baby-Riffhaie und der Walhai, der am Drop-Off seine Bahn zieht und den Tauchgang rettet. Warum wir hier aber noch einen 2. Tauchgang einlegen, kann ich nicht begreifen. Außer den schon erwähnten Riffhaien ist in der trüben und trostlosen Brühe tote Hose.
Zum Tagesausklang geht es an der Washing Machine, ein paar Meter weiter nördlich, ins Wasser. Es ist erstaunlich, aber es geht noch schlimmer als beim letzten Tauchgang. Während der Drop-Off immerhin noch mit Weichkorallen bewachsen ist, ist das Riffdach vom Dynamitfischen total zerbombt. Keinen Schimmer, warum die Cruise Directors diesen Platz in die Planung mit einbezogen haben. Noch nicht mal die häufig auftretende Strömung, die dem Platz seinen Namen gibt, lässt sich blicken. So geht ein bis auf den Walhai überaus enttäuschender erster Tag zu Ende. Tubbataha wird doch hoffentlich noch mehr zu bieten haben?
Das zu beweisen obliegt am 2. Tag dem Süd-Atoll, das mit einer Länge von 8 km und einer Breite von 5,5 km nur etwa halb so groß wie das Nord-Atoll ist. Wir starten hier weit im Südosten am Delsan Wreck, dem Wrack eines 1988 aufs Riff gelaufenen Minenräumers oder Öltankers (je nachdem, welcher Quelle man glaubt). Ist aber eigentlich auch Wurst, vom Schiff ist kaum noch was übrig, es liegt nur noch ein Haufen Trümmer auf dem Meeresboden herum. Nicht in Trümmern, wie gestern am Nord-Atoll, liegt hier das Riffdach, das mit schönen Geweihkorallen besetzt. ist. Darüber schwimmen Schulen von Großaugenmakrelen und Brustfleck-Barrakudas als gemischtes Doppel durch die Gegend. Regenbogenrenner zeigen oft die Anwesenheit von Großfisch an und tatsächlich trollt sich in der Ferne ein einzelner Hammerhai von dannen, während an der Steilwand die Grauen Riffhaie patrouillieren. Nett, es wird doch langsam und reicht sogar für zwei Tauchgänge hier.
In Verlängerung des Delsan Wrecks schließen sich mit Staghorn Point und Triggerfish City die beiden südlichsten Plätze Tubbatahas an, direkt an der Südspitze des Süd-Atolls gelegen. Die Charakteristik der beiden Plätze ist quasi identisch: eine ausgedehnte Hügellandschaft aus Geweihkorallen, die mit Fahnenbarschen "verseucht" ist. Ein halbes Dutzend Kröten kreuzt unseren Weg, dazu überall Fischschulen, wie Großaugen- und Pferdemakrelen und Süßlippen unterschiedlicher Arten. Garniert wird die Szenerie von überall herumliegenden Riffdackeln. Tubbataha nimmt Fahrt auf!
Zum Start von Tag Nr. 3 vor Tubbataha geht es zunächst in den Norden des Südens zum Platz Ko-Ok, wo wir den Vormittag mit zwei Tauchgängen rumbringen. Früh morgens sind wir noch genauso schläfrig wie der Ammenhai, der in einer Riffspalte vor sich hindöst. Wir schwimmen ins Blauwasser in der Hoffnung, dass ein paar der Freunde mit den dreieckigen Flossen ihre nächtliche Jagd noch nicht beendet haben, und haben Glück: Zuerst gleitet ein Seidenhai an uns vorbei, dann gehen zwei Hammerhaie für ein paar Minuten auf Tuchfühlung, bevor sie das Interesse an uns verlieren. Vielleicht waren es auch nur getarnte Delfine? Wir kehren dem Blauwasser den Rücken und paddeln zurück Richtung Riff. Aus irgendeinem Gefühl heraus drehe ich mich nochmal um – und schaue frontal in das breite Grinsen einer Big Mama von Tigerhai. Du Sack! Wieder mal von hinten herangeschlichen, wie Tigerhaie das so gerne tun. Sie erschreckt sich aber ziemlich darüber, dass sie entdeckt wurde, und nimmt schleunigst Reißaus, bevor wir die Kameras in Stellung bringen können. Wenn ich es mir recht überlege, war das der erste unangeköderte Tigerhai, den ich in 20 Jahren "Tauchkarriere" gesehen habe. Tubbataha zeigt langsam sein Potenzial. Zurück am Riff passiert allerdings nicht mehr viel. Zumindest für mich. Der Manta, den Michael und Alfonso noch spotten, setzt diesem Hammertauchgang mit 5 verschiedenen Haiarten (die Riffdackel zähle ich aus Erbarmen mal mit) natürlich die Krone auf!
Dass das nicht immer so laufen kann, merken wir nur wenige Stunden später: gleicher Platz, komplett andere Welt! Ein einsamer, schneller Seidenhai, ansonsten tote Hose. Nach dem super Start am Morgen sehen wir da aber locker drüber weg.
Nach dem Mittagessen geht es in den Süden des Nordens zum Malayan Wreck. Auch hier dient das Wrack nur als Namensgeber für den Tauchplatz, die paar Trümmer sind nicht der Rede wert. Das Riff ist hier sehr schmal, die vielen Sandflächen reflektieren das Licht und machen den Tauchplatz freundlicherweise sehr hell. Allerdings bieten sie auch jede Menge Raum für Nester von Drückerfischen, um die wir Slalom schwimmen. Ich will nach Layang Layang und den Azoren nicht noch eine Narbe am Kopf mit nach Hause nehmen, aller schlechten Dinge sind drei. Die Drücker bleiben aber friedlich und sind genauso kooperativ wie eine Kröte, die sich geduldig und in aller Seelenruhe eine gefühlte Viertelstunde lang von uns ablichten lässt. Insgesamt nett!
Am späten Nachmittag muss man sich entscheiden, ob man die Ranger Station über oder unter Wasser besuchen will. Seit Februar 2000 steht auf einer Sandbank im Nord-Atoll eine Bretterbude, die den Rangern, die das Fischereiverbot überwachen sollen, als Unterkunft dient. Diese können wir heute besichtigen, müssen dafür aber einen Tauchgang ausfallen lassen. Ich hab schon mal Bretterbuden gesehen und entschließe mich daher, lieber bei einem "Sunset Dive" in der Lagune auf Gitarrenrochensuche zu gehen. Die sollen hier hausen und stehen auf der Roten Liste der noch nie von mir in freier Wildbahn gesehenen Arten. Da bleiben sie auch, denn meine Suche bleibt erfolglos. Ansonsten ist der Tauchplatz mit dem schönen Korallenbesatz eine nette Spielwiese, auf der man bei der untergehenden Sonne ideal die Kunst der Gegenlichtfotografie üben kann. Es gibt noch viel zu üben, wie ich beim Betrachten des Ergebnisses feststellen muss ...
Unser vorletzter Tubbataha-Tag startet wieder mit Ko-Ok, aber der Platz scheint gestern am Morgen all sein Pulver verschossen zu haben. Erfolglos dümpeln wir den Großteil des Tauchgangs durchs Blauwasser auf der Suche nach Großfisch.
Weiter geht es im Norden des Süd-Atolls mit zwei Tauchgängen am Black Rock, wo es eine Manta-Putzerstation gibt. Leider scheinen die Mantas das vergessen zu haben, denn sie bleiben beide Mal fern. Ansonsten wartet der Platz aber mit viel Fisch auf, Schnapperschwärme, Büffelkopfpapageien, Pferdemakrelen, Barrakudas und eine Armada aus Fledermausfischen geben sich ein Stelldichein. Dazu hat es mit einem Hundezahn-Thun, einem Grauen Riffhai und einem Hammerhai, der sich ans Riff verirrt, auch einen Hauch Großfisch. Ganz gut.
Den Abschluss macht heute der schon bekannte Platz Delsan Wreck, der sich wie schon vorgestern von seiner guten Seite zeigt. Auch hier ist haufenweise Schwarmfisch in Form von Drückern, Wimpeln, Barrakudas und Makrelen unterwegs, wobei letztere den halben Tauchgang lang in Formation um uns kreiseln. Super!
Unser letzter Tauchtag bricht an. Den bestreiten wir komplett am Jessie Beazley Reef, 24 km nordöstlich von Tubbataha gelegen. Das kreisförmige Riff mit einem Durchmesser von 500 m wurde nach der Frau des Kapitäns des ersten Schiffes benannt, welches irgendwann im 18. Jahrhundert als Erstes auf diesen Furz Land in den Weiten der Sulu-See gestoßen ist. Wegen seiner exponierten Lage kann das Riff nur bei guten Bedingungen, sprich wenig Welle und Strömung, angefahren werden. An allen Seiten fällt es steil in große Tiefen ab.
Ein erster Orientierungstauchgang fördert tote Hose im Blauwasser und Graue Riffhaie und Weißspitzen auf dem ansehnlich bewachsenen Riffdach zutage. Dort tummelt sich auch reichlich Fisch, aber nichts, was mich jetzt verstärkt vom Hocker reißt. Wär vielleicht anders gewesen, wäre mir die Silberspitze begegnet, von der Diego nach dem Tauchgang berichtet.
Beim 2. Abstieg sichten wir im Blauwasser immerhin einige Thune und 3 Seidenhaie, die aber ziemlich weit weg bleiben. Beim Auftauchen lande ich neben "Delta", dem Skiff der anderen Gruppe. Statt dort einfach einzusteigen, warte ich mehrere Minuten, bis unser "Charlie" mich abholt. Manchmal trifft man einfach die falsche Entscheidung, denn wir sind schon lange, lange zurück auf der Solitude One, als "Delta" immer noch draußen vor dem Riff rumgurkt. Wie wir kurz darauf erfahren, ist ihnen bei der Rückfahrt ein Walhai vor den Bug geschwommen, also mussten sie noch zu einer kleinen Schnorchelexkursion zurück ins Wasser springen. Es sei ihnen gegönnt. So unterschiedlich kann sich der "gleiche" Tauchgang dann auch anfühlen: Was ich als eher mauen Ausflug empfunden habe, ist für andere Menschen einer der schönsten Tauchgänge ihres Lebens gewesen (O-Ton Helen).
Das Ende naht, Jessie Beazley zum dritten beendet die Safari. Und als ob Jessie ein Herz für Taucher hat, legt sie sich nochmal richtig ins Zeug: Im Blauwasser begegnen uns zwei neugierige (!) Hammerhaie, die uns handgestoppte 8 Minuten lang umkreisen und uns währenddessen von 20 auf über 40 m Tiefe ziehen. Geiel, die Taucherfänger von Tubbataha, kann man wohl sagen. Mangels Nullzeit dümpel ich danach noch ein bisschen am Riff entlang und beobachte Riffdackel und Baby-Graue von oben. Das war, vor allem wegen der Hammerhaie, noch ein richtig schöner Abschluss.
Nach dem Tauchgang packen wir schnell zusammen und begeben uns auf die achtstündige Fahrt nach Puerto Princesa auf Palawan, wo wir um Mitternacht eintreffen. Zeit, den Philippinen-Teil (insb. Tubbataha) und die gesamte Tour zu rekapitulieren: Insgesamt war es super, ein toller Trip mit tollen Tauchgängen, stets gut aufgelegten Mittauchern und einer prima Mischung aus intakter Korallenwelt, Makro, Großfisch und allem was dazwischen liegt. Da war für jeden was dabei. Kleine Minuspunkte sind lediglich die lange Überfahrt, die in meinen Augen nicht ganz glückliche Kommunikation und vielleicht die Reisezeit für Tubbataha:
Diese kleinen Minuspunkte trüben meinen Gesamteindruck aber überhaupt nicht, Tubbataha ist auf jeden Fall eine wohltuende Abwechslung unter den Riffen der Philippinen, die ansonsten ja vorwiegend für Kleinvieh bekannt sind. Mit breitem Grinsen besteigen wir am nächsten Morgen in Puerto Princesa einen Philippine Airlines-Flieger, der uns in einer guten Stunde nach Manila befördert. Via Taiwan geht es von dort mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken im Gepäck zurück nach Hause.
Video: "Diving Palau via Philippines to Tubbataha 2017" von Dive Cooky [15:30 Min.]