Oktober 1998 und Januar 2014
Was Mallorca für Europa darstellt, ist Phuket für Asien. Auf der 900 km südlich von Bangkok gelegenen Ferieninsel kann man jeden Abend Highlife haben und Parties bis zum Abwinken feiern. Für Taucher ist Phuket (oder Khao Lak zwei Stunden nördlich) der ideale Ausgangspunkt für Touren zu den Similan Islands und Burma Banks, zwei weltbekannten Tauchrevieren. Wer sich Phuket nicht antun will, sollte es vielleicht mal mit Krabi auf der anderen Seite der Phang Nga Bay versuchen. Dieser Ort liegt auf dem Festland inmitten einer der schönsten Gegenden Asiens. Nicht nur Taucher sind hier gut aufgehoben, man kann auch prima schnorcheln, Kanutouren durch die Mangrovensümpfe unternehmen, auf dem Moppäd die Landschaft erkunden oder einfach nur faul am Strand liegen. Ich bin im November 1998 zehn Tage lang hier getaucht, es war ziemlich klasse. 16 Jahre später bin ich von Phuket aus mit Sea Bees zu einigen der Plätze zurückgekehrt und konnte selbst sehen, wie sie sich verändert haben.
Shark Point ist eine Felsformation aus zwei Spitzen, von denen die eine wie die Rückenflosse eines Hais aus dem Wasser ragt. Ob der Tauchplatz daher seinen Namen hat oder wegen der Leopardenhaie, die sich hier regungslos auf dem Boden in 20 m Tiefe ausruhen, ist nicht ganz klar. Die andere Spitze ist dagegen ständig von Wasser überspült.
Mit der Erfahrung von 15 Tauchgängen bin ich vom Haipunkt direkt begeistert. Vor lauter Enthusiasmus (und vielleicht auch wegen noch nicht ausgereifter Tarierfähigkeiten) trete ich einen der Leopardenhaie fast mit den Flossen. Seine Aufmerksamkeit schenkt er mir trotzdem nicht. Ziemlich unangenehm kann für Anfänger wie mich die starke Strömung werden, gegen die man doch recht kraftraubend ankämpfen muss. Entschädigt wird man dafür mit tollem marinen Leben. Neben den schon erwähnten Haien hat es Muränen, die aus ihren Löchern hervorlugen und jede Menge Drachenköpfe. Sepien und Rotfeuerfische treiben gemächlich durch das Wasser, wohingegen die Clownfische auch schon mal frech zubeißen, wenn man sie denn gar zu sehr ärgert. Weihnachtsbaumwürmer findet man überall und auch der eine oder andere Zackenbarsch oder Oktopus schaut schon mal vorbei. Abgerundet wird das Ganze mit vielen farbenprächtigen Hart- und Weichkorallen, mit denen die Felsen bewachsen sind.
Mit der Erfahrung von 1100 Tauchgängen hat der Shark Point nichts von seiner Faszination verloren, wenngleich mir Drachenköpfe, Muränen und Weihnachtsbaumwürmer heute keine Erwähnung mehr wert sind. Na gut, bei den Muränen muss ich eine Ausnahme machen, am Pinnacle Nummer 2 hat es ein Loch, in dem Dutzende und Aberdutzende kleiner Weißaugenmuränen hausen und sich wild umeinander schlängeln. Das Teil ist eine wahre Schlangengrube, es sieht aus, wie auf Indiana Jones' letztem Kreuzzug. Auch die Korallen und Schwämme haben nichts von ihrer Farbenpracht verloren, keine Spur von Korallenbleiche, die auf den Similans so erschreckend zugeschlagen hat. Die Leopardenhaie liegen immer noch wie sediert herum, denen kann man die Kamera aufs Auge drücken, ohne dass sie abhauen. Verglichen mit den meisten Spots an dem Similans hat es auch noch reichlich Fisch, von daher Daumen hoch, der Shark Point ist weiterhin ein Topspot.
Das Anemonenriff ist ein einzelner, großer Unterwasserfelsen, der vollständig mit Seeanemonen bewachsen ist. Der Tauchplatz ähnelt mit einer Maximaltiefe von 24 m sehr dem Shark Point.
Wie üblich tummeln sich, wie es sich für ein echtes Anemonenriff gehört, zahlreiche Anemonenfische unterschiedlicher Arten in den namensgebenden Anemonen. Wie am Shark Point findet man auch am Anemonenriff Leopardenhaie und zahlreich Muränenarten, während eines Tauchgangs erspähen wir hier vier verschiedene Arten. Drachenköpfe liegen hinter jeder Ecke und auch die Igelfische sind kaum zu übersehen, von den anderen zahlreichen Rifffischen ganz zu schweigen.
Leider kann ich am Tag vor meinem Rückflug die Tour zum Anemonenriff nicht mehr mitmachen, aus gut unterrichteter Quelle wird mir aber kurz vor der Abreise zugetragen, dass der Spot weiterhin top ist. Er ist inzwischen auch eine sichere Sache für Seepferdchen-Sichtungen, die sich in den gelben Korallen tummeln. Kann man also immer noch super betauchen.
Die King Cruiser ist eine 85 m lange Personenfähre, die 1997 nahe dem Anemonenriff untergegangen ist. Offiziell hat der Käpt'n es geschafft, das einzige Hindernis im Umkreis von 25 Seemeilen zu treffen, nämlich besagtes Riff. Inoffiziell sollte das Schiff abgewrackt werden und da dem Reeder das zu teuer war, habe der Käpt'n angeblich während der Fahrt einfach die Tore geöffnet - ein probates Mittel, um eine Fähre zu versenken, wie man spätestens seit dem Untergang der "Herald Of Free Enterprise" weiß. Welche Version auch die richtige ist — glücklicherweise kam beim Untergang der King Cruiser niemand ums Leben, da am Anemonenriff – natürlich – eine Menge Tauchboote lagen, die die Schiffbrüchigen sogleich eingesammelt haben. Heute liegt die Fähre in einer Tiefe von 32 m, das Oberdeck ist bei 15 m.
Bei meinen zwei Tauchgängen am Wrack hat es zunächst einmal unangenehm viele Taucher, die wie ein Bienenschwarm über das Wrack herfallen. Aufgrund des schlechten Wetters mit Regen und Sturm der Vortage (wir saßen drei Tage an Land fest), ist die Sicht mit etwa 4 m auch ziemlich bescheiden, man kann an guten Tagen hier auch schon mal 20 m haben. Von Korallenbewuchs ist am Rumpf noch nicht viel zu sehen, dafür rostet und bröckelt alles vor sich hin. Guide Claus meint, dass sich der Zustand des Wracks in den letzten Monaten extrem verschlechtert hat und er selbst nicht mehr ins Wrack hineingeht, da er Angst hat, dass es über ihm zusammenbricht. Das ist ziemlich schade, denn bis auf dieses unwesentliche Sicherheitsrisiko ist das Wrack aufgrund der vielen großen Öffnungen unter professioneller Führung recht einfach zu betauchen. Vor allem das Durchschwimmen der Brücke macht ziemlichen Spaß, auch wenn man dabei aufpassen muss, nicht einen der hunderte Rotfeuerfische über den Haufen zu schwimmen, die das Wrack bevölkern. Man muss sie regelrecht beiseiteschieben, um sich einen Weg durch die Brücke zu bahnen. Ich habe noch nie vorher und auch nie wieder hinterher soviele Rotfeuerfische an einem Ort gesehen. Daneben hat es noch Unmengen von Krabben und kleinen Rifffischen.
16 Jahre später ist alles anders. Es hat nur leichte Strömung und die Sicht ist mit 15-20 Metern diesmal auch richtig gut. Wir besuchen kurz die Schraube und tauchen dann übers Deck. Das Wrack ist weiter zerbröselt, Übergänge und Treppen sind weggebrochen und die Brücke, die wir damals durchtaucht sind, ist vollständig verschwunden, einfach nicht mehr existent. Dafür ist das ganze Wrack inzwischen mit farbenprächtigen Weichkorallen und Gorgonien bewachsen und riesige Fischschwärme haben das Wrack eingenommen. Immerhin sind die Toiletten noch da, sodass man immer noch die unvermeidliche Sitzung abhhalten kann. Die King Cruiser ist weiterhin einige Tauchgänge wert.
Die Phi Phi Inseln selbst sind ja schon ziemlich toll anzuschauen, nicht umsonst wurde im Jahr 2000 der Hollywood-Streifen "The Beach" mit Leonardo Di Caprio am Maya-Beach von Koh Phi Phi Ley gedreht. Aber wie sieht es unter der Wasseroberfläche aus?
Von Leos ist im Jahre '98 noch nichts zu sehen, weder von Di Caprio noch von seinen Namensvettern mit den dreieckigen Flossen. Von den Tauchplätzen rund um die Inseln hat mir Koh Bida Nok am besten gefallen. Die größten Oktopusse, die ich je zu Gesicht bekommen habe und ebenso mächtige Muränen finden sich hier. Dazu Barrakudas, Zackenbarsche, Fledermausfische, Igelfische, Drachenköpfe, Kaiserfische, Papageifische, Flötenfische und jede Menge Weichkorallen und Seeanemonen. Die Sicht war ziemlich unterschiedlich, mal 8 m, mal 20 m, aber das ist eigentlich auch ziemlich wurscht, Hauptsache, es gibt was zu sehen.
Weniger begeistert war ich von Losama Bay. Als einziges Highlight dieses Tauchplatzes ist mir ein etwa 15 m langer Canyon, den man am Anfang oder Ende des Tauchgangs durchtaucht, im Gedächtnis geblieben. Die Wände des Canyons sind mit hübschen Fächerkorallen bewachsen. Ansonsten habe ich während dreier Tauchgänge hier eigentlich kaum was zu Gesicht bekommen. Beim ersten hatte es sage und schreibe fünf Tauchboote in der kleinen Bucht, da würde ich als Fisch auch die Flucht ergreifen. Nur ein paar Rotfeuerfische und Nacktschnecken hat die Armada von Tauchern nicht gestört. Ein wenig Absprache unter den Tauchbasen der Region wäre hier sehr angebracht, aber wahrscheinlich hat es inzwischen einfach schon zu viele davon. Beim zweiten Tauchgang war ich im Rahmen meines AOWD-Search & Recovery Dives mehr mit dem Suchen und Bergen von Bleigurten beschäftigt, daher hab ich für die Natur kaum einen Blick gehabt. Nur eine Seeschildkröte war nicht zu übersehen. Beim dritten Tauchgang war das interessanteste Objekt ein gelber Kugelfisch, der aber leider schon das Zeitliche gesegnet hatte und mit dem Bauch nach oben schwamm.
16 Jahre später betauchen wir zwei Plätze vor Koh Phi Phi Ley. Die Turtle Rocks befinden sich auf der Westseite der Insel direkt am Eingang zur Bucht mit dem Maya Beach. Die Sicht ist eine Katastrophe, kein Wunder, seit Wochen weht hier schon ein strammer Wind und die Wellen wirbeln ordentlich Sediment vom Meeresboden auf. Immerhin hat es einigen des üblichen Rifffisches. Die Korallen sind nicht der Rede wert und haben die Qualität derer an den Similans (also keine). Highlight ist ein kleiner Schwarm Schnepfenmesserfische (4 sind ein Schwarm, oder?) und einige Swimthroughs, aus denen sich bei unserem Durchtauchen viele Blaustreifenschnapper davonmachen. Ein ganz netter Kleinzeug-Tauchgang, der in der Maya-Bucht endet. Aufpassen muss man beim Auftauchen auf den regen Bootsverkehr, es ist unglaublich, wieviele Boote hier Tagesausflügler und Taucher herbringen. Tja, wer will sich beschweren, ich bin ein Teil von ihnen, aber so richtig toll ist der Anblick des überfüllten Strandes, auf dem Schulter an Schulter die Sonnenanbeter wie in Benidorm liegen, sicher nicht.
Tauchgang zwei an der benachbarten Turtle Wall fällt dann deutlich ab. Bei guter Sicht soll man hier Schwarzspitzenriffhaie sichten können. Dass das inzwischen ein Highlight ist, ist schon traurig genug, die altgedienten Thailand-Veteranen auf unserem Boot berichten, dass sie hier vor 15 Jahren bei jedem Tauchgang Haie hatten, und zwar nicht nur einen. Na ja, ich war vor 15 Jahren auch hier und habe hier keine Knorpelfische gesehen. Wie auch immer, heute ist die Sicht so schlecht, dass Haisichtungen fast unmöglich sind, wenn sie da sind, hauen sie ab, bevor wir sie sehen. So schwimmen wir die erste Hälfte des Tauchgangs erfolglos durch die trübe Brühe und betrachten tote Korallen und nur vereinzelt auftretende Fische. Die zweite Hälfte wird dann noch deutlich besser, fotogen präsentieren sich die knallgelben Schnapperschwärme in den durchaus ansehnlichen Gorgonien, die die einzigen Hartkorallen zu sein scheinen, die Tsunami und El Niño ziemlich schadlos überstanden haben. Highlight des Tauchgangs ist dann kurz vor Ende noch eine Seekobra, die den Tauchgang rettet. Insgesamt muss ich aber sagen: Tauchen vor Phi Phi – kann man machen, kann man auch bleiben lassen.
Koh Dok Mai ist eine pilzförmige Insel etwa auf halbem Weg zwischen Phuket und Phi Phi. Von Krabi aus ist der Platz zu weit entfernt, deswegen bin ich ihn nur 2x bei meinem Besuch 2014 angefahren. Der erste Tauchgang findet bei starker Strömung an der Westseite statt. Das aufgewirbelte Sediment lässt die Sicht auf 10-15 m sinken. Wir kämpfen uns 20 Minuten lang gegen die Strömung vor, um einen Fels zu erreichen, unter dem ein kleiner Ammenhai hockt, der das Hailight des Tauchgangs ist. Anschließend geht's nach einer 180-Grad-Kehre mit der Strömung zurück an der Wand entlang, die senkrecht bis auf 25 m abfällt. Spektakuläres gibt es nicht zu sehen, das übliche Kleingetier, wie Nacktschnecken und Boxergarnelen. Zum Abschluss macht immerhin noch ein Schwarm Kalmare seine Aufwartung. Drei Tage später springen wir bei ganz wenig Strömung und viel besserer Sicht an der Südspitze der Insel und tauchen die Ostseite entlang. Nach dem Besuch einer kleinen Grotte suchen wir an deren Ausgang nach einem stationären Seepferdchen, finden es aber leider nicht. Dafür hocken in einem kleinen Korallenbusch vier Harlekin-Geisterpfeifenfische auf einen Haufen – hat man nicht alle Tage. In der nächsten Spalte haben sich zwei weitere Geister mit einem Seeigel angefreundet. An der Nordspitze steht die Sonne gerade ideal, um durchaus ansehnliche Gorgonien und Weichkorallen in Szene zu setzen. Auch einige Geweihkorallen haben den Exodus überlebt. Nach dem etwas mauen Auftakt muss ich sagen, dass Koh Dok Mai durchaus einige Besuche wert ist.
Die beiden Racha-Inseln liegen 1 1/2 bis 2 Stunden Bootsfahrt südlich von Phuket. Unseren ersten Tauchgang starten wir am Platz Bungalow Bay an der nördlichen der beiden Inseln, Koh Racha Yai. Die Korallen sind in einem bemitleidenswerten Zustand, alles kaputt von Tsunami und Korallenbleiche, braun in braun präsentiert sich der Platz. Aus diesem Grund wurden vor ein paar Jahren einige Dutzend würfelförmige Gestelle als künstliches Riff versenkt, in der Hoffnung, die Korallen so bei der Regeneration zu unterstützen. Von Bewuchs ist an den Gestellen aber noch nichts zu sehen. Immerhin nutzt ein Großer Barrakuda die Gestelle als Versteck. In den Sandboden haben sich Fangschreckenkrebse eingegraben, gleich drei Stück sichten wir während unseres Tauchgangs. Beim Auftauchen in der Bucht habe ich ein Déjà-vu, es sieht aus wie am Maya Beach. Zwei Dutzend Boote liegen in der Bucht und auf dem blendend weißen Sandstrand reiht sich ein Sonnenschirm an den nächsten.
Wir ergreifen die Flucht und fahren nochmal 30 Minuten nach Süden zur Schwesterinsel Koh Racha Noi. Der erste Platz heißt Marittas Rock. Die Namensgeberin ist eine Phuket-Veteranin der ersten Stunde und hat vor über 30 Jahren die meisten Tauchplätze rund um Phuket entdeckt und erforscht. Und außerdem ist sie gerade unser Guide und führt uns durch einige kleine Swimthroughs, die die unterseeischen Felsformationen, die stark an die Similans erinnern, durchziehen. Schwärme von Großaugenschnappern und Zweifleck-Schnapper, sowie einige Kaiserfische sorgen für Farbe an diesen Plätzen, denn wie üblich ist außer ein paar Gorgonien von Korallen wenig zu sehen. Das gleiche Bild zum 3. Tauchgang ein paar Buchten nördlich an Ao Jet Mai: Viel Kleinzeug, Kaurischnecken, Nacktschnecken, merkwürdige andere Schneckenformen und das übliche Kleinzeug. Nichts Spektakuläres, aber ein ganz netter Makroplatz.
Fazit: Ich bin etwas zwiespältig, was das Tauchen vor Phuket angeht. Korallentechnisch ist das meiste kaputt, außer an Shark Point und Anemone Reef braucht man diesbezüglich nichts zu erwarten. Das Gleiche gilt für meine Freunde mit den dreieckigen Flossen. Für Makro sind die Plätze aber immer noch gut und wenn man nicht mit allzu hohen Erwartungen kommt (oder ganz ohne, so wie ich), kann man immer noch einen schönen Tauchurlaub haben. Als Basis kann ich Sea Bees nur wärmstens empfehlen. Normalerweise gebe ich ja auf Auszeichnungen nicht so arg viel, aber nach meinen Tagestouren auf der Excalibur ist mir klar geworden, warum Sea Bees 8x den "Tauchen Award" als beste Tauchbasis Asiens bekommen hat: alles super organisiert, viel Platz auf den Tagesbooten, kleine Tauchgruppen (max. 4 Gäste auf einen Guide) und eine unschlagbare Verpflegung haben mich überzeugt.