Waipi'o Valley im Norden von Big Island, Hawaii

Inselhüpfen Hawaii, Teil 4: Big Island

Oktober 2019

40 Minuten nach dem Start in Honolulu landet Flug HA 182 pünktlich um 8:55 Uhr auf dem Hilo International Airport, an der Ostküste von Hawaiis Big Island gelegen. Das "International" ist allerdings etwas geschönt, denn es gibt ausschließlich Verbindungen von und nach Oahu und Maui. Einen echten internationalen Flughafen nennt nur Kailua-Kona an der Westküste von Big Island sein Eigen. Dafür punktet Hilo, der mit 44.000 Einwohnern größte Ort der Insel, mit kurzen Wegen: Die Mietwagenstationen sind direkt am Terminal, wir müssen nur über die Straße gehen, unsere Reservierung vorzeigen und brausen schon 20 Minuten nach der Landung in unserem himmelblauen Hyundai, der passenderweise auf den Namen "Kona" hört, davon.

Tag 1: SO, 06.10., Saddle Road, Kaumana Caves, Wailuku River

Wir haben im Vorfeld nicht so wirklich geplant, was wir uns auf Big Island eigentlich anschauen wollen (außer die Ironman-WM), und beschließen spontan, einfach mal los Richtung Mauna Kea ("Weißer Berg") zu fahren, dem mit 10.203 Metern höchsten Berg der Erde, wenn man für die Messung den Fuß des Berges in den Tiefen des Pazifischen Ozeans zugrunde legt. Sein Gipfel ragt immerhin noch stolze 4.205 Meter über den Meeresspiegel. Ihm direkt gegenüber liegt der Mauna Loa („Langer Berg“), der mit 4.169 Meter nur unwesentlich niedriger ist. Zusammen nehmen die beiden Schildvulkane 73 % der gesamten Fläche von Big Island ein, wobei alleine 50 % auf den Mauna Loa entfallen. Den Rest von Big Island teilen sich die übrigen drei Vulkane: Kohala im Norden, Hualālai im Westen und Kīlauea im Süden. Über den Sattel zwischen Mauna Kea und Mauna Loa führt die Hawaii State Route 200, offiziell auch "Daniel K. Inouye Highway", aber von allen eigentlich nur "Saddle Road" genannt, und verbindet Hilo im Osten der Insel mit der Westküste. Dabei erreicht sie 2021 Meter über dem Meeresspiegel, was man beachten sollte, wenn man auf Hawaii tauchen gehen möchte.

Ein Kona am Mauna Kea Wir fahren also auf der Saddle Road gen Westen und stoppen ein paar Mal, um die obligatorischen Selfies mit Mauna Kea und den ausgedehnten Lavafeldern des Mauna Loa im Rücken zu schießen. Bei Meilenstein 28 zweigt am Pu'u Huluhulu die Mauna Kea Access Road zum Gipfel ab. Eigentlich wollen wir da gerne rauf, denn dort oben befindet sich die größte Sternwarte der Welt mit Observatorien der NASA, der Caltech und einigen anderen Betreibern aus aller Welt. Ist bestimmt interessant und die Aussicht soll auch nicht so schlecht sein. Leider sorgt aber das neue geplante Thirty-Meter-Telescope für Beef, denn der Mauna Kea ist für die indigene Bevölkerung Hawaiis ein heiliger Berg und die sehen es nicht so gerne, wenn da ständig drauf rumgebaut wird. Dementsprechend haben sie im Juli, nachdem die Baugenehmigung für das neue Teleskop erteilt wurde, am Pu'u Huluhulu ein Protestcamp aufgebaut und blockieren die Mauna Kea Access Road. Kein Durchkommen für niemanden mit Ausnahme der Menschen, die da oben arbeiten. Schade für uns, aber natürlich verständlich.

Es ist 11:30 Uhr, als wir unverrichteter Dinge kehrt machen und zurück Richtung Hilo fahren. Unser Reiseführer empfiehlt, einen Blick in die Kaumana Caves zu werfen, im Westen von Hilo gelegen. Hierbei handelt es sich um eine Lavaröhre, die der Mauna Loa bei seinem Ausbruch im Jahr 1881 ins Gestein gebrannt hat. Den Zugang zum 2,2 km langen Tunnel kann man leicht in Flip-Flops meistern, aber innen kann die Lava sowohl glatt als auch scharfkantig sein, von daher sind Schuhe mit fester Sohle sehr empfehlenswert. Und wenn man nicht im Besitz einer Taschenlampe ist, sollte man zumindest ein gut aufgeladenes Handy dabei haben.

Nach 50 Minuten Höhlenerkundung setzen wir uns wieder in unser farbschönes Gefährt und fahren die 10 Minuten rüber zu den Rainbow Falls im Wailuku River State Park ("Wai" = Wasser + "Luku" = Massaker ergibt "Wasser der Zerstörung"). Eigentlich ist es nur ein einzelner Fall, mit dem sich der Wailuku River über 24 m in einen Pool stürzt. Es gibt sicher beeindruckendere Wasserfälle auf dem Planeten und auch auf Hawaii, siehe Road to Hāna. Beeindruckend sind aber die im Park stehenden, mächtigen Feigenbäume. 20 Minuten reichen dann aber auch aus, um sich beides anzugucken. Und wenn man schon mal hier ist, fährt man natürlich auch noch 5 Minuten die Straße runter, um sich die "Boiling Pots" im Wailuku River anzuschauen. Hierbei handelt es sich um große, etwa 15 Meter breite Löcher, die abkühlende Lava in das Flussbett gebohrt hat. Bei Hochwasser bilden sich gefährliche Strudel, die schon mehr als einen unvorsichtigen Schwimmer unter Wasser gezogen und das Leben gekostet haben. Das wird wohl der Grund sein, warum sowohl der Aussichtspunkt als auch der kurze Spazierweg dorthin mit Warnschildern zugepflastert sind, die die Aussicht verschandeln. Nun ist die aktuelle Aussicht zwar angesichts des dahinplätschernden Bächleins auch nicht gerade adrenalinfördernd (die Erft bei Neuss ist ein Wildwasser dagegegen), aber der Schilderwald nervt trotzdem. Ansonsten ist die Atmosphäre im Park aber ganz heimelig und ein guter Ort für ein Picknick unter Palmen. Das machen wir jedoch nicht, sondern fahren nochmal 2 Minuten stromaufwärts, um von einer Brücke über den Fluss einen Blick auf die Wai'ale Falls zu werfen. Dafür braucht es ziemlich genau 30 Sekunden, Prädikat "unspektakulär".

Es ist 14 Uhr, als wir die Wai'ale Falls verlassen und nach Hilo fahren, um ausgiebig einzukaufen und in Lucy's Taqueria auf der Kilauea Ave für das leibliche Wohl zu sorgen (mexican style). Gegen 16:30 Uhr schlagen wir bei Maria und Steve in der Nene St. im Nordosten Hilos auf. Auf ihrem Grundstück stehen zwei Häuser, von denen sie eins bewohnen und das andere in kleine Appartements unterteilt haben, die sie via Airbnb vermieten. Bis Mittwoch werden wir bei ihnen unterschlüpfen. Die Appartements sind nett eingerichtet und verfügen alle über ein "Lānai", also eine überdachte Veranda, auf der es sich gemütlich frühstücken lässt. Zwei kleine Haken gibt es bei unserem Appartement allerdings: Zum einen hat keine Küche, zum anderen ist das Doppelbett ziemlich schmal. Wenn man nur zusammen reist und nicht zusammen ist, möchte man das nicht unbedingt zu zweit benutzen. Zum Glück gibt es im Wohnzimmer eine gemütliche Couch, auf der ich mein Nachtlager einrichte. Abgesehen davon ist die Unterkunft top. Maria und Steve sind sehr hilfsbereit und geben wertvolle Tipps, was man sich auf Big Island angucken kann und welches die besten Wanderwege sind. Ihr Grundstück ist der Hammer: Sie pflanzen in ihrem Garten alles an tropischen Früchten, was man sich nur vorstellen kann. Wo sonst hat man schon mal Avocados im Garten wachsen? Noch besser ist die fußläufige Lage zu einigen der besten Strände Hilos: Bis zum Wai'olena Beach Park braucht man 5 Minuten, bis zum Strand im Richardson Ocean Park 15 Minuten. Das ist dann auch nach dem Check-in, Auspacken und Schwatzen mit unseren Gastgebern das Restprogramm für den Abend: Spazieren von einem Beach Park zum nächsten und Genießen des Sonnenuntergangs an diesem lauen Herbstabend.

Tag 2: MO, 07.10., Hilo und der Nordosten

Nach dem Frühstück auf unserem Lānai schauen wir uns die touristischen Attraktionen an, die das Zentrum von Hilo zu bieten hat. Im Norden der Stadt, direkt an der Hilo Bay, stehen entlang des Banyan Drives mächtige Feigenbäume, die denen an den Rainbow Falls absolut ebenbürtig sind. Nebenan laden die Liliʻuokalani Gardens, ein 10 ha großer japanischer Garten, der 1917 zu Ehren der ersten japanischen Gastarbeiter auf Hawaii angelegt wurde, zu einem Spaziergang ein. Der Banyan Drive führt außerdem um den Naniloa Golfplatz herum. An dieser Stelle befanden sich früher Teile des Stadtviertels Waiākea, das im Jahr 1960 bei einem Tsunami vollständig zerstört und nie wieder aufgebaut wurde. Am Südrand des Golfplatzes erinnert die Tsunami Clock Of Doom an die Katastrophe von damals und an die 220 Menschen, die bei diesem und dem Tsunami des Jahres 1946 ihr Leben verloren.

Einen Kilometer den Māmalahoa Highway runter zweigt links die Bishop St. ab, an deren Ende eine Statue von Kamehameha dem Großen, dem ersten König von Hawaii, steht. Zum Abschluss unserer kleinen Stadtbesichtigung, die gerade mal eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, werfen wir noch einen Blick vom Parkplatz an der Hilo Bay über die Küstenlinie der Stadt.

Wir beschließen, uns heute den Nordosten der Insel anzugucken, und verlassen Hilo nach unserem Sightseeing-Quickie auf dem Māmalahoa Highway gen Norden. Der Highway führt, größtenteils an der Küste entlang, einmal um die Insel und firmiert auch unter dem Namen Hawaii Belt Road. Wir folgen ihm aber nur für 10 Minuten und biegen in Papaikou auf den alten Highway ab, dessen Verlauf auf den nächsten 4,2 Meilen (ca. 7 km) allgemein nur "Scenic Route" genannt wird. Und der Name ist Programm: Die enge, kurvige Straße windet sich durch dichten, sattgrünen Feuchtwald und über uralte einspurige Holz- und Steinbrücken, bis sie nach einer Meile an der Onomea Bay aufs Meer trifft. Wir lassen den Wagen stehen und spazieren über den ein Kilometer kurzen "Onomea Trail" hinunter zur Bucht, wo wir ein kleines Päuschen einlegen und die Szenerie in uns aufsaugen. Das Ambiente ist wirklich paradiesisch, wir befinden uns quasi in einem Dschungel direkt am Meer. Direkt an der Bucht liegt auch der Hawaii Tropical Botanical Garden, in dem man sich allerhand exotische Pflanzen angucken kann und der in unserem Reiseführer als "a real gem" markiert ist. Wir wollen aber weder 2 Stunden, noch 20 $ investieren, die es für den Besuch braucht, und lassen ihn daher aus.

Nach 40 Minuten sind wir zurück am Auto und setzen unsere Fahrt auf dem Scenic Drive fort. Die restlichen 3 Meilen stehen der ersten in nichts nach, ein Traum von Straße! Ein paar Meter nördlich von Papeekeo trifft der alte Highway schließlich wieder auf die Neubaustrecke, der wir aber nur ein paar Minuten nach Norden folgen. In Honomu nehmen wir den Abzweig in Richtung "mauka" zum Akaka Falls State Park, den wir nach 10 Minuten Fahrt durch ehemalige Zuckerrohrplantagen erreichen. Ein 600 Meter kurzer, mit zahlreichen Treppen ausgestatteter Rundweg führt durch den pittoresken Feuchtwald, der die Hänge der Schlucht schmückt, in die sich der 135 Meter hohe Wasserfall stürzt. Wenn man Glück hat, hat die Parkverwaltung auch das Gebüsch zurückgeschnitten, das wohl schon mal etwas die Aussicht verdeckt. Allein der Wanderweg ist aber den halbstündigen Zwischenstopp wert!

Wir fahren zurück zum Highway und auf selbigem weiter Richtung Norden, stoppen auf der ein- oder anderen Brücke, um einen Blick aufs Meer zu werfen, und setzen bei unserem Lunch-Stop im Pāpa'aloa Country Store & Cafe den blinden Passagier ab, der sich bei einem dieser Stopps ans Auto geheftet hat. Nach dem reichhaltigen Lunch kommt uns der Laupahoehoe Point Beach Park gerade recht, um uns ein bisschen die Beine zu vertreten. Leider besteht der Strand hier ausschließlich aus scharfkantigem Vulkangestein, an denen sich die hereinrauschenden Wellen brechen, sodass an einen erfrischenden Sprung ins Wasser nicht zu denken ist.

Nach 20 Minuten haben wir uns genug die Beine vertreten und setzen unsere Fahrt auf dem Māmalahoa Highway fort, den wir in Honokaa verlassen und nach 40 Minuten Fahrt unser nächstes Zwischenziel erreichen: Der Blick vom Waipi'o Valley Lookout ins gleichnamige Tal ist größtenteils episch. Mit knapp 10 km Länge ist es das größte Tal auf der Nordseite des Vulkans Kohala, der die Nordspitze von Big Island einnimmt. An der Küste glänzt es mit einem eine Meile breiten, schwarzen Sandstrand. Auf beiden Seiten des Tals erheben sich 600 Meter hohe Klippen mit unzähligen Wasserfällen, die sich ins Tal stürzen. Durch das breite Tal windet sich der Waipi'o River zwischen Taro-Feldern und durch tropische Wälder hindurch, bis er am Strand in den Pazifik mündet – in der hawaiianischen Sprache bedeutet Waipi'o "gekrümmtes Wasser“.

In grauer Vorzeit war das Waipi'o Valley Heimat vieler hawaiianischer Herrscher, was ihm den Beinamen "Tal der Könige“ eingebracht hat. Daher hat das Tal sowohl eine historische als auch eine kulturelle Bedeutung für das hawaiianische Volk. Wegen seiner fruchtbaren Böden lebten viele Generationen lang bis zu 10.000 Menschen im Tal, das einst über Kirchen, Restaurants, Schulen, ein Hotel, ein Postamt und ein Gefängnis verfügte. Dann kam im Jahr 1946 der schon oben erwähnte Tsunami und fegte alles weg. Fast alle Menschen verließen das Tal und nur einige Hippies und Aussteiger siedelten sich ab den 1960er-Jahren wieder an. Heute leben nur noch etwa 50 Menschen im Tal und genießen ihr einfaches Leben abgeschottet von der sogenannten Zivilisation.

Obwohl der Reiseführer uns warnt, dass viele Bewohner des Waipi'o Valleys Touristen nicht wohlgesonnen sind, machen wir uns über die steile Zufahrtsstraße zu Fuß auf den Weg ins Tal. Die 25 % Gefälle, respektive Steigung verlangen Allradantrieb, den unser Kona nicht zu bieten hat. Nach einer Stunde erreichen wir schließlich den Strand und machen es uns bequem. Mit Schwimmen ist leider Essig, denn die Brandung ist recht ordentlich und das abfließende Wasser erzeugt eine heftige Unterströmung, die einen schnell von den Beinen reißt. Das soll hier der Normalzustand sein, sodass der Strand leider nicht zum Baden geeignet ist. Also fläzen wir uns nur faul im Sand und kühlen uns im Fluss ab, bevor wir uns nach einer Dreiviertelstunde auf den Rückweg begeben. Gerade als wir am Ende des Waldweges die unmotivierende Steigung zurück nach oben in Angriff nehmen wollen, bietet uns ein vorbeifahrender Einheimischer an, uns auf der Ladefläche seines Pick-ups mit nach oben zu nehmen. Wie war das mit den nicht wohlgesonnenen Talbewohnern? Wir lassen uns natürlich nicht 2x bitten, sodass unser Waipi'o-Valley-Ausflug früher als erwartet nach 2 1/2 Stunden beendet ist.

Es ist bereits 16:30 Uhr, als wir uns wieder ins Auto setzen; uns bleiben nur noch 1 1/2 Stunden bis zum Sonnenuntergang. Trotzdem fahren wir noch einen kleinen Umweg und nehmen zwischen Honokaa und Waimea erneut die Nebenstrecke: Der kurvige, über sanfte Hügel führende Old Māmalahoa Highway ist viel schöner zu fahren und bietet die bessere Szenerie als die nahezu schnurgerade Neubaustrecke. Der Rest des Tages besteht fast nur noch aus Fahrerei: Von Waimea geht es über die Kawaihae Road zur Westküste. Über den Queen Ka'ahumanu Highway, der von allen wegen seines leicht über die Lippen gehenden Namens nur "Queen K Highway" genannt wird, geht es nach Süden, bis wir den pechschwarzen Kaniku Lava Flow erreichen, den der Mauna Loa irgendwann im 19. Jahrhundert hinterlassen hat. Hier zweigt die Waikoloa Rd ab, auf der wir kurz stoppen, um den Sonnenuntergang zu beobachten. Über die Hawaii Belt Road geht es schließlich auf den Daniel K. Inouye Highway, der sich wenige Kilometer weiter mit der Saddle Road vereint und uns zwischen Mauna Loa und Mauna Kea hindurch zurück nach Hilo führt. Um 19:30 Uhr sind wir nach einem langen Tag "on the road" zurück in unserer Bleibe und legen für den Rest des Abends die Füße hoch.

Tag 3: DI, 08.10., Pu'u 'Ō'ō Trail

Unser dritter Tag auf Big Island besteht aus einem einzigen Programmpunkt: Wandern auf dem Pu‘u ‘Ō‘ō Trail. Maria hat uns den Trail wärmstens empfohlen; es ist ihre absolute Lieblingswanderung, Dutzende Male sei sie den Weg schon gegangen. Startpunkt des Trails ist ein kleiner Parkplatz zwischen den Meilensteinen 22 und 23 auf der Saddle Road, wo wir um 9:30 Uhr starten. Der Weg ist nach den 'Ō'ō-Vögeln benannt, einer Gattung von Singvögeln, die noch im 20. Jahrhundert weitverbreitet auf den hawaiianischen Inseln waren, inzwischen aber als ausgestorben gelten. Im Deutschen werden sie Mohos oder auch Krausschwänze genannt. Der ursprüngliche Weg folgt einer prähistorischen Route an den Hängen des Mauna Loa entlang gen Süden bis zum Kīlauea-Vulkan und wurde früher für den Viehtrieb genutzt. Die bei mehreren Ausbrüchen des Mauna Loa herabfließenden Lavaströme haben aber einen Großteil des Weges zerstört, sodass nur noch das nördliche, 7,4 Meilen (knapp 12 Kilometer) lange Teilstück begehbar ist, das sich durch die raue ʻAʻā-Lava des Mauna Loa schlängelt.

Wir folgen dem durch Steinmännchen ("Ahu" genannt) gut markierten Weg durch eine spärliche Vegetation. Karge Lavafelder wechseln sich ab mit üppig bewachsenen Kīpukas. Dabei handelt es sich um vollständig von Lava umschlossene Vegetationsinseln, die von den herabfließenden Lavaströmen verschont geblieben sind. Quasi eine grüne Oase inmitten eines Lavafeldes und für uns ein bizarrer Anblick! Die Kīpukas ("Kī" = Baum, "Puka" = Loch) sind auch Heimat mehrerer endemischer Vogelarten, weshalb sich der Trail bei Vogelbeobachtern großer Beliebtheit erfreut.

Nach ziemlich genau sieben Kilometern kreuzt der Trail eine Allradstraße, die "Powerline Road" genannt wird. Stromleitungen gibt es hier allerdings nicht mehr, es sind nur noch einige Stümpfe der einstigen Strommasten zu sehen. Wir könnten jetzt auf der Powerline Road nach Norden zurück zur Saddle Road gehen, müssten dann aber eine Meile über selbige latschen, um zurück zum Parkplatz zu kommen. Da wir nicht so arg viel Lust auf einen Spaziergang entlang eines viel befahrenen Highways haben, kehren wir an der Kreuzung einfach um und gehen den gleichen Weg zurück, den wir gekommen sind. Dadurch verpassen wir zwar auch die an der Powerline Road gelegene Emesine-Lavaröhre, aber für deren Begehung benötigt man eh eine Genehmigung des Department of Land and Natural Resources (die wir natürlich nicht haben). So genießen wir lieber noch den Spaziergang durch Lavafelder und Kīpukas und die mystische Atmosphäre, die der aufkommende Nebel in die Landschaft zaubert. Nach 14 Kilometern und gut fünf Stunden des Wanderns sind wir zurück am Parkplatz – und teilen völlig Marias Begeisterung für diesen außergewöhnlichen Wanderweg.

Bedrohlich dunkle Wolken hängen während der Rückfahrt nach Hilo über der Landschaft, aber das Unwetter bleibt glücklicherweise aus. Wir kehren für ein verspätetes Mittagessen im Pineapple's ein. Das Essen ist gut; nur der Ananas, die an der Hopfen-Kaltschale steckt, kann ich nicht so arg viel abgewinnen. Um 16:30 Uhr sind wir zurück in unserer Unterkunft. Eigentlich finde ich, dass wir heute genug gelaufen sind, aber den letzten Abend in Hilo verbringe ich lieber am Strand als auf der Veranda, weswegen ich mich eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang nochmal aufraffe für eine Runde durch die Gemeinde und zu den nahegelegenen Beach Parks.

Tag 4: MI, 09.10., Puna und der Süden

Heute steht die Verlegung unserer Homebase an die Westküste nach Kalaoa an. Bevor wir losfahren, statten wir aber erst noch dem besten Beach Park am Platze, dem Richardson Ocean Park, einen Besuch ab, denn wir sind da bisher nur zweimal in der Abenddämmerung gewesen und hatten noch überhaupt keine Gelegenheit, bei Tageslicht mal in den Pazifik zu hüpfen. Das holen wir jetzt nach, bewundern die Aussicht vom Strand auf zwei 4000 Meter hohe Vulkane im Hinterhof und planschen im warmen Meer.

Nach eineinhalb Stunden ist's genug geplanscht: Wir verlassen Hilo auf der Hawaii Belt Road gen Süden, um den östlichsten Zipfel von Big Island, den Puna-Distrikt, zu erkunden. Via Kea‘Au und Pāhoa fahren wir bis zum Ende der Straße. Weiter geht es dank des letztjährigen Ausbruchs des Kīlauea nicht, der die Kapoho Rd zwischen Pāhoa und dem Isaac Hale Beach Park verschüttet hat. Das ist ein ständiges Problem mit den Straßen im Einzugsgebiet des Kīlauea, einem der aktivsten Vulkane der Erde. Was der mit 'Ōhi'a-Wäldern anstellt, kann man direkt um die Ecke im Lava Tree State Monument begutachten: Bei einem Ausbruch im Jahr 1790 ist die heiße Lava über den Wald geflossen und hat die Bäume verbrannt und zu teils bizarren Skulpturen versteinert. Auf einem 1,1 km langen Rundweg durch den Park kann man sich 40 der 85 vulkanisierten Bäume im Park anschauen.

Nach einer halben Stunde haben wir alle Lavastämme gesehen und fahren über den HI 130 weiter nach Süden zu dem, was einmal das Fischerdörfchen Kalapana war, bevor der Kīlauea es 1990 platt gemacht und genauso unter mehreren Meter Lava begraben hat, wie den nahegelegenen Kaimu Beach, der bis dahin der berühmteste schwarze Strand des Planeten war. Von dort fahren wir über die äußerst pittoreske Küstenstraße (HI 137, Kalapana-Kapoho Rd) zum Isaac Hale Beach Park, den ich aber aufgrund des Steinstrandes nicht besonders einladend finde. Hier ist seit letztem Jahr Endstation: Der Kīlauea hat auch hier die Straße und den gesamten Küstenstreifen verschüttet, sodass sowohl die warmen Quellen im Ahalanui Park, sowie die Kapoho Tide Pools, ein paar Kilometer nördlich von hier, Geschichte sind. Wer zu spät kommt, den bestraft der Kīlauea.

Nach nur 15 Minuten im Isaac Hale Beach Park setzen wir uns wieder ins Auto und fahren über die Verbindung zwischen HI 137 und HI 130 (Opihikao-Kamaili Rd) zurück nach Pāhoa und weiter nach Kea‘Au, wo wir wieder auf die Hawaii Belt Road treffen. Fazit unseres Abstechers nach Puna: Dank des letztjährigen Kīlauea-Ausbruchs hat die Ostspitze von Big Island nicht mehr viel zu bieten. Am interessantesten ist noch die Fahrerei über die Straßen, die mal durch tropischen Feuchtwald und dann urplötzlich über kahle Lavafelder führen. Wer nur ein paar Tage Zeit hat, kann sich Puna m.E. sparen.

Von Kea‘Au aus fahren wir auf der Hawaii Belt Road immer gen Süden, vorbei an der Hauptattraktion im Süden von Big Island, dem Hawaii Volcanoes National Park, mit dem oben schon ausreichend erwähnten Kīlauea. Die Besichtigung sparen wir uns heute, da wir ihn übermorgen zusammen mit Freunden, die heute Abend in Kalaoa dazustoßen werden, im Rahmen einer geführten Tour sowieso besuchen werden. Nach knapp zwei Stunden Fahrt ist unser nächster Stopp daher der Punalu'u Black Sand Beach. Nun haben wir in den letzten 3 Wochen auf den hawaiianischen Inseln schon einige schwarze Strände gesehen, aber auf keinem lagen Meeresschildkröten herum, was mein Taucherherz natürlich sofort etwas höher schlagen lässt.

Es ist 16:30 Uhr, als wir nach einem 20-minütigen Stopp Punalu'u verlassen. Weit fahren wir nicht; der nächste Halt ist ein paar Kilometer die Straße runter am an der Honuapo Bay gelegenen Whittington Beach Park. Furchtbar viel gibt es aber nicht zu sehen: einen zerstörten Pier, jede Menge Palmen und einige Gezeitentümpel, in denen man an der ansonsten zum Schwimmen ungeeigneten Küste baden kann. Nach 10 Minuten sind wir schon wieder "on the road", wobei wir es auch ein bisschen eilig haben, da uns so langsam das Licht ausgeht. Deswegen reicht es auch nur noch zu einem Programmpunkt: Ein paar Kilometer hinter Na'alehu, dem südlichsten Ort der USA, biegen wir auf die "South Point Road" ab, die uns zum südlichsten Punkt von Big Island führt, der gleichzeitig auch der südlichste Punkt der USA ist. Über das Grasland weht immer eine steife Brise, weswegen die Südküste als Standort für die Pakini Nui Wind Farm auserkoren wurde, die etwas die Aussicht stört. Die Straße endet in einer Sackgasse, in der ein paar Protest- und Gedenktafeln stehen und an die hawaiianische Sache erinnern. Ein staubiger Fußweg führt schließlich zum Ende des Landes, wo die Überreste eines hawaiianischen Tempels, "Heiau" genannt, stehen. Nichts Spektakuläres – gesehen und Haken dran. Viel spannender wäre ein Besuch des Papakōlea Green Sand Beach, einem Strand mit einer Mischung aus grünem und schwarzen Sand. Keine Ahnung, ob es sowas sonst nochmal irgendwo auf dem Planeten gibt. Leider ist der aber nur mittels eines 5-km-Fußmarsches (one-way) von hier zu erreichen, sodass es mit dem Licht etwas knapp werden dürfte. Beim nächsten Mal ...

Eine knappe Stunde hat unser Abstecher zum South Point gedauert. Um 18:15 Uhr setzen wir uns bei einsetzender Dunkelheit wieder in Bewegung und fahren zurück zur Hawaii Belt Road, der wir nun die Westküste hoch nach Norden folgen. Ab Captain Cook nehmen wir die Umgehungsstraße, die zwar etwas länger ist, aber nicht durch so viele Ortschaften führt. In Kailua-Kona biegen wir rechts ab und haben nach knapp zwei Stunden Fahrt unser Ziel, das "Kona Green House" in Kalaoa, erreicht. Zusammen mit drei Freunden, die zuvor eine Woche auf Oahu und Maui waren, werden wir hier die letzten paar Tage unseres Island Hoppings verbringen. In Kailua-Kona selbst war wegen des Ironmans nichts Bezahlbares zu kriegen, aber von Kalaoa braucht man dorthin auch nur 15 Minuten mit dem Auto. Marion, Jan und Silvie erwarten uns auch schon mit ein paar eisgekühlten Kona Longboards, die wir auf dem Lanai der gemütlichen, via Airbnb gebuchten Unterkunft verköstigen.

Tag 5: DO, 10.10., Kohala Range und Manta-Tauchen

Bei Tageslicht schauen wir erstmal, wohin es uns eigentlich verschlagen hat. Kalaoa liegt auf dem Westhang des Vulkans Hualālai, 200 Meter über dem 8 Kilometer entfernten Pazifik, der beim Blick die Straße runter in der Tropensonne funkelt – zumindest bei fehlender Wolkendecke. Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns zu fünft auf den Weg, um den nördlichen Teil Big Islands rund um den Vulkan Kohala zu erkunden. Dafür fahren wir auf der Hawaii Belt Road eine Dreiviertelstunde nach Norden bis Waimea, wo das Hauptquartier der im Jahr 1847 gegründeten Parker Ranch unser erster, wenn auch nur kurzer Halt ist. Mit einer Fläche von 526 km² gehört sie zu den größten privaten Rinderfarmen in den USA. Nun hält sich meine Begeisterung für Rinderfarmen in Grenzen, aber die historischen Verwaltungsgebäude sind schon recht pittoresk, genauso wie die Zufahrtsstraße.

Nach ein paar schnellen Fotos fahren wir weiter und nehmen die Kohala Mountain Road, die Waimea mit Hawi, dem nördlichsten Ort auf Big Island, verbindet. Wie der Name schon sagt, führt sie am Westhang des Vulkans Kohala entlang und bietet monstermäßige Ausblicke nach Süden über Mauna Kea und Mauna Loa und ab Meilenstein 14 auch nach Norden, wo ein massiver Vulkan am Horizont erscheint. Das ist allerdings der Haleakalā auf Maui, 60 Kilometer entfernt. Wir erreichen Hawi, den nördlichsten Ort auf Big Island, sowie übermorgen – wie jedes Jahr – Wendepunkt der Radstrecke. In dem verschlafenen Künstlerort gibt es nicht viel zu sehen. Wir werfen einen Blick in ein paar Shops entlang der Straße und fahren dann weiter in den Nachbarort Kapa'au. Hier steht (mal wieder) eine Statue von Kamehamea I., die der in Honolulu verdammt ähnlich sieht. Das liegt daran, dass die Statue von Kapa'au eigentlich das Original ist. Sie sank während einer Schiffspassage vor den Falkland-Inseln zusammen mit dem Schiff, auf dem sie transportiert wurde, woraufhin für Honolulu eine Kopie in Auftrag gegeben wurde. Später wurde das Original von Schatztauchern vom Meeresgrund gehoben und in Kapa'au aufgestellt.

Weiter nach Osten fahren wir nicht, obwohl der am Ende der Straße liegende Pololu Beach am Nordhang des Kohalas sicher einen Abstecher wert wäre. Marion und ich haben aber heute Abend noch Programm, zu dem wir nicht zu spät kommen wollen. Also machen wir in Kapa'au kehrt und fahren zum 15 Minuten entfernten Lapakahi State Historical Park, wo man eine über 600 Jahre alte, teilweise restaurierte Fischersiedlung besichtigen kann. Zwei kurze Trails führen über das gut 100 ha große Gelände. Nach dem Rundgang packen wir am Steinstrand Maske und Flossen aus und begeben uns in der kleinen Bucht auf Schnorchelexkursion. Es gibt zwar ein paar Fischchen, aber wie erwartet sehe ich nichts, was ich nicht in den letzten 20 Jahren schon mal beim Tauchen gesehen hätte. Wobei es darum ja auch nicht geht. Das erfrischende Bad im glasklaren Wasser des Pazifiks ist einfach eine willkommene Unterbrechung der doch recht vielen Stunden im Auto in den letzten Tagen.

Um 14:30 Uhr verlassen wir den Park und fahren über Akoni Pule Hwy und Queen K Hwy zurück nach Kalaoa, wo wir eine Stunde später ankommen. Marion und mir bleibt noch genug Zeit für ein verspätetes Mittagsschläfchen, bevor wir am späten Nachmittag das Tauchgerödel zusammenpacken und den Berg runterfahren, um in der Honokōhau Marina auf ein Boot zu steigen, mit dem wir zum Nachttauchen mit Manta-Rochen aufs Meer fahren. Einen detaillierten Bericht über den durchweg gelungenen Ausflug kann der interessierte Leser auf den Tauchseiten nachlesen. Zum Glück ist unser Kühlschrank gut gefüllt, sodass wir bei unserer Rückkehr mit einer gebührenden Anzahl Kaltgetränken auf den besten Nachttauchgang der Geschichte anstoßen können.

Tag 6: FR, 11.10., Kupau Volcano Tour

Um 9 Uhr steht Bruno von Kupau Tours auf der Matte und sammelt uns zu unserer schon im August gebuchten "Volcano Tour" ein, die mit 191 US$ pro Nase zu Buche schlägt. Nach kurzer Erläuterung, was der Tag bringen wird, starten wir auf der uns inzwischen wohlbekannten Hawaii Belt Road nach Nordosten und dann über die Saddle Road bis zum Protescamp am Pu'u Huluhulu. Hier zweigt nicht nur die blockierte Mauna Kea Access Road ab, sondern auch die Mauna Loa Observatory Road. Die einspurige Asphaltstraße führt durch die Lavafelder des Mauna Loa, vorbei am HI-SEAS Analog Habitat zur Simulation von Marsmissionen, und bietet tolle Blicke rüber zum Mauna Kea. Sie endet am 3397 Metern hoch gelegenen Mauna Loa Observatory, einer meteorologischen Forschungsstation, in der seit 1958 der Kohlendioxidgehalt der Luft gemessen wird. Besichtigen kann man die Station nicht, die Straße ist ab dem Startpunkt des Observatory Trails, einem Wanderweg zum Kraterrand des Mauna Loa, gesperrt. Bei guter Kondition kann man die Wanderung (20 Kilometer hin und zurück) in einem Tag schaffen. Nicht für uns. Eine gute Kondition hat offenbar auch die Rennradfahrerin, die plötzlich auf den Parkplatz am Trailhead rollt. Früh morgens um 5 Uhr ist sie an der Küste in Kailua-Kona gestartet und hat jetzt in 6 Stunden gut 100 Kilometer und über 3000 Höhenmeter in den Beinen. Respekt in verschärfter Form! Es ist nicht davon auszugehen, dass das eine Aufwärmfahrt für morgen war. Zum Glück für sie geht es von hier aus nur noch bergab.

Update 2025: Beim Ausbruch des Mauna Loa im Jahr 2022 wurde die Zufahrtsstraße 10 Kilometer vor dem Trailhead verschüttet. Die Messstelle ist nicht mehr erreichbar und der Observatory Trail b.a.w. geschlossen.

Nach einer Viertelstunde machen uns auch wir wieder auf den Weg nach unten und fahren über Hilo zum Hawaii Volcanoes National Park, wo wir gegen 13:30 Uhr ankommen. Das 1348 Quadratkilometer große Biosphärenreservat, auf dessen Gebiet sich neben dem Kīlauea auch zahlreiche Krater und ausgedehnte Lavafelder befinden, zählt seit 1987 zum UNESCO-Weltnaturerbe. Nach der Anmeldung im Besucherzentrum führt unser erster Weg zum Kīlauea Overlook, wo wir bei einer ziemlich steifen Brise einen Blick in die gut einen Kilometer breite Caldera des 1.247 m hohen Vulkans werfen, der vor 500 Jahren noch deutlich höher war, bevor er in sich zusammengefallen ist. Um uns herum qualmt und dampft es, da das heiße Erdreich das einsickernde Regenwasser zum Kochen bringt.

Vom Aussichtspunkt brauchen wir 10 Minuten auf dem Crater Rim Drive zum Startpunkt des Kīlauea Iki Trails, wo wir endlich mal ein bisschen ins Laufen kommen wollen. Der Kīlauea Iki ist ein Nebenkrater auf der Ostseite des Kīlaueas ("Iki" = "klein"). Beim Ausbruch im Jahre 1959 bildete sich in dem bis dahin existierenden Pitkrater ein Lavasee, der im Laufe der Zeit erkaltete und heute begehbar ist. Zunächst wandern wir jedoch durch den Regenwald am Nordrand des Kraters entlang über den "Crater Rim Trail", der nach einer Meile Laufen zum "Kilauea Iki Trail" wird. Steil geht es an der Westseite 122 Meter runter und hinein in den Krater, den wir von West nach Ost durchqueren. Wir haben Glück, denn der Trail war nach der Eruption des Kīlaueas im letzten Jahr geschlossen und wurde erst vor zwei Wochen wieder geöffnet. An der Ostseite geht es schließlich wieder steil bergauf und nach ein paar letzten Blicken in den Krater und dem obligatorischen Gruppenfoto sind wir nach zwei Stunden wieder am Parkplatz. Gerne hätten wir uns auch noch die ein paar Meter entfernte Thurston Lava Tube (Nāhuku) angeschaut, aber die ist leider seit letztem Jahr einsturzgefährdet und daher gesperrt.

Gegen 16:45 Uhr verlassen wir den Nationalpark und setzen unseren Weg auf der Route fort, die Steffi und mir von vorgestern schon wohlbekannt ist: Eine gute halbe Stunde später sind wir zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen am Punalu'u Black Sand Beach und statten den Kröten einen Besuch ab. Weiter geht's nach Na'alehu, wo wir in der südlichsten Bäckerei der USA, dem Punalu'u Bake Shop, eine kleine Wegzehrung erstehen. Die ist auch nötig, denn wir brauchen noch gut eineinhalb Stunden, bevor uns Bruno um 19:30 Uhr an unserer Unterkunft absetzt. Der Tag war zwar mit viel Fahrerei verbunden, hat aber dennoch viel Spaß gemacht und war dank Brunos ausgezeichneter Kenntnisse über Hawaii im Allgemeinen und Big Island im Speziellen auch noch sehr informativ.

Tag 7: SA, 12.10., Ironman-WM

Um 5 Uhr ist die Nacht vorbei – für mich als Zuschauer, die Athleten sind sicher schon eine oder zwei Stunden länger wach. Mit dem Kona fahre ich runter nach Kona, parke in irgendeinem Wohngebiet so, dass ich hoffe, nicht abgeschleppt zu werden, und laufe schnurstracks zum Pier an der Kailua Bay, um dem Schwimmstart beizuwohnen. Um einen guten Platz zu ergattern, bin ich aber schon reichlich spät, der Pier ist natürlich schon lange rappelvoll. Zusammen mit einer Horde anderer Zuschauer richte ich es mir daher auf der Gartenmauer des direkt am Wasser gelegenen Hulihe'e Palace, einem ehemaligen Königspalast, der heute als Museum dient, gemütlich ein. Wir haben aber leider die Rechnung ohne die ziemlich humorlose Palastwache gemacht, die uns schon bald von der Mauer auf die davor liegende, glitschige Steinschüttung jagt, die die Palastmauer vor den Wellen des Pazifik schützen soll. Es kommt, wie es kommen muss, bei der dritten Welle lande ich samt Rucksack, in dem sich meine Kamera befindet, unsanft im Wasser. Ergebnis der Aktion: Kamera gewässert und Schienbein mit zwei tiefen Risswunden blutig geschlagen. Immerhin bekomme ich den Startschuss noch mit, aber wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass ein Ironman-Schwimmstart aus dieser Entfernung so ziemlich das Langweiligste ist, was man sich angucken kann. War es das also wert? Eher nein.

Nachdem ich Kamera und Schienbein trockengelegt habe, kaufe ich mir im nächsten Souvenirshop erstmal zwei T-Shirts, um mit der Trockenlegung beim Rest des Körpers weiterzumachen. Zu meinem Entzücken hat die Kamera den leichten Wassereinbruch überlebt und zeigt keinerlei Ausfallerscheinungen. Brave OMD! In den nächsten 8 bis 9 Stunden renne ich durch Kailua-Kona und zwischen Radstrecke, Laufstrecke und Ali'i Drive hin und her, um Sebi, Anne und Frodo auch mal live zu sehen, sowie Beate und Gregor, meine beiden Vereinskollegen vom ASV Köln, anzufeuern. Rechtzeitig zum Zieleinlauf wechsle ich auf den Ali'i Drive, um den deutschen Doppelsieg zu feiern. Ich kann sogar noch einen Platz auf der Tribüne direkt am Zielkanal ergattern, was ich ziemlich erstaunlich finde, vor allem nach dem Menschenauflauf von heute Morgen. Ich habe mir immer vorgestellt, dass da Menschenmassen am Zielkanal stehen müssen, aber so ist es nicht. Bei der Fortuna aus Köln ist deutlich mehr Gedränge. Wie auch immer, es war jedenfalls schön, die Ironman-Hawaii-Atmosphäre mal live in sich aufsaugen zu können, aber auch hier gilt: Vom Renngeschehen kriegt man kaum was mit, vor dem Fernseher ist man deutlich besser informiert.

Unser letzter Abend auf Hawaii muss natürlich genauso gebührend gefeiert werden, wie Silvies gestriger Geburtstag, weswegen wir abends im Jackie Rey's vorstellig werden, einem der besseren Restaurants am Platze. Das Essen ist auch ganz hervorragend und der Aperol eisgekühlt, sodass wir Hawaii morgen rundum zufrieden Lebewohl sagen können. Nach dem Essen fahren wir nochmal zurück zum Ziel am Ali'i Drive, um auch den Spätankömmlern unseren Respekt zu zollen und sie auf den letzten Metern ins Ziel zu feuern.

Tag 8: SO, 13.10., Kailua-Kona und Kekaha Kai State Park

Marion, Silvie und Jan haben einen frühen Flug und verabschieden sich schon kurz nach dem Frühstück. Steffi und ich fliegen erst abends um halb 10, sodass wir unser 26-tägiges Island Hopping noch mit einem faulen Tag ausklingen lassen können. Eigentlich wäre ich gerne nochmal zum South Point gefahren, um mir den Green Sand Beach anzugucken, aber die Vorstellung, nach dem wahrscheinlich ziemlich schweißtreibenden 10-km-Marsch nicht mehr duschen zu können, bevor es in den Flieger geht, schreckt mich dann doch ab. Stattdessen fahren wir, nachdem alle Taschen gepackt sind, mittags nach Kailua-Kona, streunen ein wenig durch die Straßen und schauen uns an, wie die Abbauarbeiten voranschreiten. Stilecht gibt es im Fish Hopper am Ali'i Drive einen letzten hawaiianischen Lunch.

Zum Zwecke des Verdauungsschläfchens begeben wir uns am Nachmittag in den Kekaha Kai State Park, der ideal für einen letzten Strandaufenthalt vor dem Rückflug ist, da er nur ein paar Kilometer nördlich des Flughafens liegt. Allerdings ist er nur über eine ziemlich üble Schotterpiste, die über einen Lava-Flow aus dem Jahr 1801 führt, erreichbar. Der Spaziergang im feinen, weißen Sand des Mahai’ula Beach, der von Palmen und Eisenholzbäumen gesäumt wird, lässt nochmal echtes Südseefeeling und auch ein wenig Wehmut aufkommen.

Um 17:30 Uhr fahren wir zum Flughafen, geben den Kona zurück und schlagen die verbleibende Zeit bis zum Abflug am Terminal tot. Pünktlich um 21:36 Uhr hebt Flug UA 1092 ab Richtung San Francisco, wo wir morgens um 5:30 Uhr landen. Nach einem 8-stündigen Zwischenstopp geht es bei bestem Wetter, das uns tolle Ausblicke auf die nordamerikanische Landschaft ermöglicht, zurück nach Frankfurt, wo fantastische 6 Wochen auf der anderen Seite des Planeten ihr Ende finden.

Fazit

Eigentlich bin ich kein Freund von Urlaubsranglisten; der beste Urlaub ist sowieso immer der, in dem man sich gerade befindet. Aber wenn es einen Ort auf der Erdkugel gibt, wo ich unbedingt nochmal hin möchte, dann ist es Hawaii. Der Archipel ist unglaublich vielfältig und dabei so anders als Europa. Ich wüsste auch gar nicht, welche Insel ich bei einem zweiten Besuch weglassen würde, denn auf allen gibt es Programmpunkte, die ich auslassen musste und gerne noch mit eigenen Augen sehen würde. Selbst das ziemlich touristische Oahu hat versteckte Ecken und einsame Wanderwege, sobald man Waikiki und die touristischen Hotspots hinter sich lässt. Ich hätte jedenfalls keine Schwierigkeiten, nochmal drei bis vier Wochen Hawaii vollzustopfen, ohne irgeneinen Programmpunkt dieses ersten Besuchs zu wiederholen.

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