Fahnenbarsche in Fächerkoralle

Fidschi – Tauchsafari auf der Fiji Siren

September 2014

Kaum erreichen wir die Nordküste Viti Levus, schon lacht die Sonne vom Himmel herab. Wird auch Zeit, nachdem es die letzten fünf Tage auf Beqa Island größtenteils üsselig war. Um 16 Uhr trifft unser Minibus am Volivoli-Resort ein, wo uns Simon von der Fiji Siren schon erwartet. Nach ein paar Formalitäten setzen wir mit dem Schlauchboot über. Der erste Eindruck ist: "Wow!". Die "Fiji Siren" ist ein tolles Boot, sehr ähnlich aufgebaut wie die "Mandarin Siren", mit der ich vor vier Jahren durch Raja Ampat gezuckelt bin, nur alles zwei Nummern größer:

  • Entgegen der meisten anderen Tauchsafarischiffe befindet sich das Tauchdeck mittschiffs. An beiden Seiten des Schiffes befinden sich je 8 Plätze zum Anrödeln. In voller Montur steigt man über eine kleine Plattform an der Backbordseite in eines von zwei Gummibooten um, mit denen es zum Tauchplatz geht. Auch nach dem Tauchgang behält man das Gerödel an, die Gummiboote haben am Heck eine Leiter, über die man mehr oder weniger bequem wieder an Bord klettern kann.
  • Am Heck des Schiffes befindet sich der Essbereich mit der – man höre und staune – Zapfanlage. Ja, es gibt Fassbier auf der Fiji Siren, welches ebenso im Safaripreis inbegriffen ist wie Softdrinks und Kaffee aus der Maschine.
  • Zwischen Essbereich und Tauchdeck befindet sich der mit edlen Hölzern ausgekleidete Salon, der in zwei Bereiche unterteilt ist: Zum einen hat es hier drei Kameratische mit Ladestationen für die Akkus (deutsche Steckdosen!) und ausreichend Stauraum für den Krimskrams, den man als Fotograf so dabei hat. Zum anderen gibt es den Flegelbereich mit gemütlichen Ledersofas und dem Entertainment-System (Riesen-Flatscreen und Laptop).
  • Vom Salon aus geht es über eine Treppe zum Unterdeck, wo sich die acht Doppelkabinen für die Gäste befinden. Sechs davon haben zwei Einzelbetten, die beiden etwas kleineren Kabinen im Bug je ein Doppelbett. Als ich unsere Kabine betrete, kann ich kaum glauben, was ich sehe: Unendlich viel Platz, die größten Kabinen, die mir je auf einem Boot untergekommen sind! Von den ganzen Schränken zum Verstauen der Klamotten brauchen wir die Hälfte überhaupt nicht. Das Gleiche gilt für den Computer mit Flatscreen, der in jeder Kabine steht. Natürlich hat jede Kabine eine separat regelbare Klimaanlage und ein eigenes Bad mit Dusche und einem normalen Spülklo (Papier darf man reinwerfen). Ein Traum!
  • Auf dem Dach des Salons befindet sich das Sonnendeck, auf das man über eine Stiege vom Tauchdeck aus gelangt.

Lange Rede, kurzer Sinn, die "Fiji Siren" ist das schönste und luxuriöseste Boot, auf dem ich je war, die "Arenui" eingeschlossen. Ein paar, z.T. bauartbedingte, Mini-Minuspunkte will ich aber nicht verschweigen:

  • Beim Anrödeln steht man sich manchmal etwas im Weg, da der Platz an den Seiten des Schiffes beschränkt und der ganze Bereich dazwischen fast ungenutzt ist.
  • Auf den Sofas im Flegelbereich des Salons ist nur Platz für zehn Leute. Außerdem ist dieser Teil des Salons so niedrig, dass nicht mal ich da aufrecht stehen kann. Kopfschmerzgefahr!
  • Einer der drei Kameratische eignet sich nur als Ablage, zum Zusammenbauen des Gehäuses ist das Licht zu schummrig. Sind viele Fotografen an Bord (bei uns sind es 11) muss man sich an den verbleibenden 6 Ladestationen abwechseln.

Das ist alles Jammern auf extrem hohem Niveau, reicht aber wohl aus, um kein Schiff mehr nach diesem Bauplan zu bauen. Alle zukünftigen Schiffe der Siren Fleet werden laut Simon ein anderes Layout haben.

Nach dem Bootsbriefing gibt's noch die Crew-Vorstellung. Bei einem Kiwi als Cruise Director (Rani) und Aussie als Chefguide (Simon) sind Sticheleien garantiert. Kennt man als Kölner ja, wenn man auf Düsseldorfer trifft. Bis auf die Thailänderin Noi, die für Haushalt und Massagen zuständig ist, besteht der Rest der Crew aus Einheimischen. Da darf man gespannt sein, wieviele Kava-Abende uns auf der Tour erwarten. Nach der Zuteilung der Kabinen erfolgt noch ein kurzes Sicherheitstraining, bei dem wir beweisen müssen, dass wir unsere Schwimmwesten anlegen und den Sammelplatz, die sog. "Muster Station", wiederfinden können. Das ist nicht schwer, denn das ist der Essbereich, den finde ich auch im Schlaf. Nach dem Drill ist Abendessen angesagt, wobei wir natürlich prüfen, ob Fiji Gold aus dem Fass besser schmeckt als aus der Dose. Tut es, ein Unterschied wie Kölsch und Alt, wobei jetzt jeder selbst entscheiden darf, welches davon das leckere Bier ist.

Tag 1: SO, 05.10., Vatu-I-Ra

Am frühen Morgen stechen wir bei strahlendem Sonnenschein in See, bis zum ersten Tauchgebiet mitten in der Meerenge "Vatu-I-Ra", die Fidschis Hauptinseln "Viti Levu" und "Vanua Levu" voneinander trennt, sind es etwa 2 Stunden Fahrt. Damit es nicht zu voll wird, fahren die beiden Gruppen im Wechsel zu den unterschiedlichen Plätzen. Wir starten an Mellow Yellow, einer Felsspitze, die aus 40 m Wassertiefe bis wenige Meter unter die Oberfläche reicht. Die Steilwand ist schön mit Fächer- und gelben Weichkorallen bewachsen, die dem Platz seinen Namen geben. Auf der Rückseite befindet sich ein kleiner Tunnel, der aber etwas zu schmal zum Durchtauchen ist. Außerdem führt er schräg nach oben und endet auf dem Riffdach, wo man sowieso nicht hin will. Wir lassen es langsam angehen und schaffen während des 60-minütigen Tauchgangs eine Umrundung, wohingegen Guide Ju mit den anderen sechs Kollegen doppelt so schnell unterwegs ist.

Der 2. Platz hört auf den Namen Instant Replay. Der fingerförmige Felsrücken fällt sanft in einem 45-Grad-Winkel zum Meeresboden hin ab. Es hat einiges an Steinkorallen, der Bewuchs ist aber nicht ganz so schön wie am freundlichen Gelb von heute Morgen. Zu dem zahlreich vorhandenen Makrozeug gesellen sich einige kleine Barrakuda-Schwärme und immerhin auch ein Grauer Riffhai, ganz ohne Anködern. Am Ende des Fingers nimmt die vorher nicht vorhandene Strömung deutlich zu und zieht uns ins Blauwasser, wo wir uns vom Gummiboot einsammeln lassen. Insgesamt ein netter Tauchgang vor dem Mittagessen. Bei selbigem werden wir schon mal vorsichtig auf das morgige Nachmittagsprogramm vorbereitet. Es steht ein Dorfbesuch auf Makogai an und da jede Besuchergruppe einen Häuptling braucht, müssen wir bis morgen Mittag einen Chief, in Fidschianisch "Ratu" genannt, wählen. Über dessen Aufgaben werden wir allerdings im Unklaren gelassen.

Zum Abschluss des Tauchtages gibt es noch einen Abstieg am Black Magic Mountain. Der Platz ist sehr ähnlich zu Mellow Yellow, eine Felsspitze im Niemandsland, nur viel kleiner. Die inzwischen stark aufgekommene Strömung hält uns an einer Seite der Wand fest, die wir nach Makro-Getier absuchen. Die Highlights sind ein brauner Schaukelfisch und einige Blennys, die aus der Röhre gucken. Zum Abschluss lassen wir noch das in violette Weichkorallen getauchte Riffdach auf uns wirken, bevor wir den Abflug ins Blauwasser machen.

Nach dem für meinen Geschmack sehr guten Abendessen (die Meinung teilen nicht alle) gibt es etwas Hausmusik. Die Fidschikosen sind generell ein sehr musikalisches Völkchen. Apropos Volk, die amerikanischen Volkslieder, die die halbe Crew mit Gitarre bewaffnet zum Besten gibt, kennen wir noch, bei den fidschianischen schlägt anschließend nicht nur die Sprachbarriere zu, sondern auch das Fiji Bitter: Um 21 Uhr ist der Essbereich leergefegt – oder leergesungen, man weiß es nicht so genau.

Tag 2: MO, 06.10., Makogai

In der Nacht verlegt der Käpt'n das Boot nach Makogai Island, etwa vier Stunden östlich. Beim Briefing zum ersten Tauchgang erklärt Rani, dass wir es heute ausschließlich mit Makro zu tun bekommen, Krebse, Garnelen, Nacktschnecken und so'n Zeug. Mindestens 20 Nudi-Arten fände man am ersten Platz, der auf den Namen Half Pipe hört und von der Seite betrachtet tatsächlich wie ein Skater-Paradies aussieht. Die Nudisten machen sich allerdings extrem rar. Da ich wegen Fotografen-Stau auch die Flammende Feilenmuschel verpasse, die sich in einer Ritze versteckt, müssen wieder viele kleine Rifffische als Fotomotive herhalten. Ein Tauchgang nach dem Motto "OK", aber nichts Außergewöhnliches.

Ähnlich verhält es sich mit der Ratu Ridge. Wie der Name vermuten lässt, handelt es sich um eine ausgedehnte, korallige Hügellandschaft, eine nette Kombi aus Stein-, Weich- und Fächerkorallen. Entsprechend der Ansage vom Morgen beschränkt sich auch hier das Fischleben auf Kleinvieh. Prädikat "nett".

Der letzte Platz heißt Dominos. Viele große Korallenblöcke stehen hier wie Dominosteine nebeneinander und formen Kanäle ähnlich zu Sidestreets vor Beqa. Ansonsten gleicht der Tauchgang sehr dem letzten.

Das heutige Highlight findet auf dem Trockenen statt, am späten Nachmittag besuchen wir das Dorf auf Makogai. Da ich nicht schnell genug auf dem Baum war, wurde ich beim Mittagessen mit einer Stimme zum Ratu gewählt. Die Stimme kam von Rainer, ansonsten gab es 14 Enthaltungen und mein Vorschlag, dass Rainer den Job übernehmen soll, wurde einfach ignoriert. Insbesondere von Rainer. Wie es sich für einen Häuptling gehört, muss ich als erster das Land betreten und dem Chief aka Ratu aka Bürgermeister aka Häuptling das Gastgeschenk überreichen. Das sind, wie könnte es anders sein, ein paar Kava-Zweige in ihrem Originalzustand. Die Fidschis sind nicht nur ein sehr musikalisches, sondern auch sehr drogenabhängiges Völkchen. Nach der Übergabe und dem Empfang durch den Spokesman, erwartet uns der lokale Chor und begrüßt uns mit einem Ständchen. Die Fidschis sind nicht nur ein sehr drogenabhängiges ...

Nach der Gesangseinlage führt uns der Gemeindesprecher durchs Dorf, welches eine Bevölkerungszahl von 86 aufweist. Makogai diente von 1911 bis 1969 als Aussätzigenkolonie, bis zu 650 Lepra-Kranke wurden hier zeitweise isoliert. In dieser Zeit gab es auf der 8,4 km² großen Insel drei Dörfer, zwei Kirchen, eine Moschee und einen Hindu-Tempel. Die Patienten lebten nach Männlein und Weiblein getrennt in Sammelunterkünften. Das fruchtbare Land ermöglichte Getreideanbau und Viehzucht. Zur Kommunikation wurde 1930 ein Funkmast errichtet und zur Unterhaltung etwas später sogar ein Freiluftkino. Heute sind von all dem nur noch Ruinen übrig, die langsam vom Dschungel überwuchert werden. Das gilt auch für die zwei Dutzend Wasserbecken, die in den Jahren nach der Leprakolonie zur Aufzucht von Mördermuscheln verwendet wurden, die in den Gewässern um Fidschi bereits ausgestorben waren. Das Programm zeigte Erfolg, es gibt sie hier wieder. Leider ist der Regierung das Geld ausgegangen und das Programm wurde eingestellt. Es gibt allerdings Pläne zur Wiederaufnahme. Unser Rundgang endet schließlich auf dem ausgedehnten, aber ebenfalls größtenteils von Dschungel vereinnahmten Friedhof, auf dem über 1000 Menschen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Nach der Dorftour folgt was? Genau, Empfang im Gemeindehaus vor versammelter Mannschaft, mit Ansprache des Chiefs und Gesangs- und Tanzeinlagen der Kids und natürlich: Kava-Zeremonie. Wie schon in der Schule auf Beqa folgt die obligatorische Vorstellungsrunde und nachdem alle schön angeheitert sind, drücken wir noch ein paar Dollar für das lokale Bildungsprogramm ab (Soli auf Fidschianisch) und dürfen/müssen anschließend selbst eine flotte Sohle aufs Parkett legen. Ich kann ja nur Pogo. Meine erste Tanzpartnerin ist eine adrette, junge Melanesierin, für die ich sogar überlegen würde, doch mal eine Tanzschule zu besuchen. Das hat wohl auch ihre (Big) Mama gemerkt, denn bei der zweiten Runde klatscht sie ab und holt mich unsanft aus meinen süßen Träumen auf den Boden der Realität zurück. Zum Abschluss der Tanzeinlage gibt's noch eine Polonäse Blankenese durch den Gemeindesaal. Im Englischen heißt das "Snake Dance", was den "Tanz"stil wohl besser beschreibt, als die Verballhornung des polnischen Volkstanzes. Die Fidschinesen setzen im Vergleich zu Gottlieb Wendehals noch einen drauf, der Kopf der Schlange macht irgendeine alberne Bewegung vor und alle müssen sie nachmachen. Alle paar Sekunden wird die Richtung gewechselt. Muskelkater im Zwerchfell ist garantiert!

Nach dem Tanz folgen die Abschiedsreden, mit ein paar warmen Worten bedanke ich mich im Namen der Reisegruppe für die fidschinesische Gastfreundschaft und mit einem "Vinaka, moce!" ("Danke und tschüss!") verlassen wir die Insel. Zurück auf der Fiji Siren ist der Spaß noch nicht vorbei, um den sehr lustigen Nachmittag abzurunden, serviert Assistenzkoch Lepani nach dem Abendessen einen großen Pott Kava. Irgendwann nach dem 6. oder 7. Schälchen verliere ich den Durchblick und sinke mit kleinen Äuglein in die Federn.

Video: Besuch auf Makogai [05:15 Min.], © Sebastian von Koss

Tag 3: DI, 07.10., Wakaya

Das Gute an Kava ist: Es macht keinen Kopf. Das Schlechte: Es macht Darm. So lasse ich den treibenden Frühstückskaffee lieber mal weg, einen vollgeschissenen Neo, wie damals beim Nachttauchgang im Roten Meer, brauche ich kein 2. Mal. Zum Glück war's damals nur ein Leihanzug. Lassen wir das. Beim Aufwachen finden wir uns vor Wakaya Island wieder, nur einen zweistündigen Hüpfer von Makogai entfernt. Die freundlichen "No Entry"-Schilder am Strand weisen darauf hin, dass es sich hierbei um eine Privatinsel handelt. Sie befindet sich im Besitz des Gründers von "Fiji Water", einer Firma, die seit 1996 – sehr ungewöhnlich – Wasser in Flaschen verkauft. Nun ist das Fiji-Wasser angeblich besonders rein, weich im Geschmack und künstlerisch wertvoll, halt "das beste Wasser der Welt", weil es durch viele Schichten Vulkangestein auf natürliche Weise gefiltert wurde. Ich schmecke jedenfalls keinen Unterschied zum kölschen Kranwasser, welches bekanntlicherweise auch joot ess. Marketing ist alles und bezeichnenderweise ist der Gründer ein Ami, die machen ja auch schon mal aus Scheiße Gold. Jetzt hat der Mann eine eigene Insel und sich dazu eine hübsche Wochenendvilla an den Strand gebaut. Ideen muss man haben.

Die Insel ist zwar tabu, aber immerhin dürfen wir vor Wakaya tauchen. Entlang der Westseite zieht sich ein Korallenriff, welches zum offenen Meer hin senkrecht in die Tiefe abfällt. Die Top-Plätze heißen Lion's Den und Vatu Vai aka Manta Rock, die unsere beiden Tauchgrüppchen wieder wechselseitig betauchen werden, um Überfüllung zu vermeiden. Rani merkt an, dass die Namen austauschbar sind, er habe am Lion's Den schon viele Mantas gesehen, aber noch nie einen Feuerfisch ("Lionfish" im Englischen). Am Mantafelsen sei es genau umgekehrt. Simon erzählt, bei ihm ist es andersrum. Bevor die Verwirrung komplett ist, starten wir in der Höhle des Löwen. Wir sehen weder Mantas noch Löwenfische, dafür einen Grauen Riffhai und einige Hundezahn-Thune im Blau. An die teils schön bewachsene Steilwand schließt sich eine riesige Sandfläche an, auf der Tausende von Röhrenaalen leben. Wir lassen uns noch von einer Weißspitze verarschen, die immer genau den der beiden Ausgänge aus ihrer Höhle nimmt, den wir gerade nicht im Visier haben, bevor der Tauchgang wieder ins Makrodasein abdriftet. Insgesamt aber ein schöner Platz.

Das gilt auch für den Mantafelsen, der seinem Namen in den ersten fünf Minuten sogar alle Ehre macht. Drei kleine Mantas, die dem Baby-Alter gerade entsprungen scheinen, kreisen kurz um uns rum, segeln aber schon bald von dannen. Danach passiert nichts mehr, wir verteilen uns möglichst gleichmäßig um den kleinen Hügel, der als Putzerstation dient, und lichten all das Kleinzeug ab, was sich im Geäst des schön bewachsenen Felsens findet.

Am Nachmittag geht's zur Blue Ridge, dem Teil des Riffs, der Löwenhöhle und Mantafelsen miteinander verbindet. Die Steilwand fällt hier 80 m in die Tiefe. Bei unserem Streifzug entlang der Wand bleiben wir an einer Putzerstation hängen, wo wir die großen Fische dabei beobachten, wie sie für die kleinen das Maul aufmachen. Dann erscheint auf einmal ein Mini-Manta, der auch noch nicht bei der Hautpflege war und sich von lästigen Parasiten befreien lassen will. Uns kann er damit nicht meinen, 40 Minuten lang kreist er zwischen uns herum, ein bisschen Neugier scheint auch dabei zu sein.

Der Tauchtag schließt mit einem Nachttauchgang, wieder geht es zu den Blauen Bergen. Ein halbes Dutzend Rotfeuerfische haben sich von der Löwenhöhle hierhin verirrt. Highlights des nächtlichen Ausflugs sind ein brauner Schaukelfisch und eine kleine schwarz-orangene Federstern-Garnele, die gut getarnt auf ihrem Haus-Tier sitzt. Direkt nach dem heute etwas verspäteten Abendessen wird der Diesel angeschmissen und wir düsen weiter zur nächsten Insel.

Tag 4: MI, 08.10., Gau

Die heißt Gau (sprich: "Nau") und ist die fünftgrößte Insel Fidschis. Auf ihrer Westseite bildet ein vorgelagertes Korallenriff eine große Lagune, die durch zwei Kanäle mit dem offenen Meer verbunden ist. Unser erstes Ziel in der Lagune heißt Jims Valley. Theoretisch. In dem Tal befindet sich eine Kette von Korallenhügeln, die wir der Reihe nach besuchen wollen. Dummerweise werden wir am falschen Ende des Tals abgesetzt, die starke Gegenströmung, auf die wir treffen, macht es fast unmöglich, dagegen anzukämpfen. Vor allem, wenn man wegen der Kamera keine Hand frei hat. Da der kleine Korallenblock, hinter dem wir uns verstecken, auch nicht gerade vor Schönheit strotzt, brechen wir zu viert nach 15 Minuten den Tauchgang ab. Die Kollegen, die weiterkämpfen, steigen eine Stunde später mit einem "Was für ein Dreck!" aus dem Wasser. Nichts verpasst, auch sie haben nur im Sand gewühlt.

Eigentlich kommt man der Kanäle wegen nach Gau, in denen man gute Chancen hat, auf Graue Riffhaie zu treffen. Vor allem, wenn man sie mit etwas Frischfisch anlockt. Für unseren Tauchgang müssen wir auf Ebbe warten, da es erst dann im westlichen Kanal, der Nigali Passage kurioserweise einlaufende Strömung hat. Das liegt daran, dass das durch den nördlichen Kanal auslaufende Wasser jenes auf der Westseite mitzieht. Als es so weit ist, platzieren die Guides einen Eimer besagten Frischfischs auf dem Grund des Kanals, der bei 30 m liegt. Wir platzieren uns auf einem mitten im Kanal gelegenen Thila (gibt leider kein treffendes Wort im Deutschen) und schauen dem Treiben zu. Die Grauen Riffhaie patrouillieren stetig den Kanal auf und ab und laben sich an dem Eimer, respektive seinem Inhalt. Eine große Schule Stachelmakrelen steht in der Strömung und interessiert das alles nicht. Immerhin mal ein Schwarm, die erste Ansammlung von Fischen seit vier Tagen, die diesen Namen wirklich verdient! Nachdem der Eimer leer ist, lassen wir es fliegen und streifen im Strömungsschatten des Thilas noch ein wenig am Riff entlang. Die hat mit einer gigantischen Salatkoralle noch ein echtes Highlight zu bieten. Eine nähere Definition von "gigantisch" lasse ich lieber, ich kann Ausmaße unter Wasser so schlecht schätzen. Gefühlt ein halbes Fußballfeld vielleicht? Oder doch nur ein Strafraum? 5 m-Raum? Man weiß es nicht, ziemlich groß halt.

Für unseren 2. Tauchgang in der Nigali Passage springen wir kurz vor Erreichen des Niedrigwassers, sodass es im Kanal praktisch keine Strömung hat. Kurz nach dem Abtauchen stelle ich fest, dass ich vergessen habe, die Abdeckkappe des Vakuumventils ans Kameragehäuse zu schrauben. Sollte kein Problem sein, aber da ich sehr erfahren im Versenken und Zerstören von U/W-Kameras bin (5 plus eine Videokamera bisher) gehe ich kein Risiko ein und bringe die Kamera lieber wieder aufs Gummiboot, wo sie den Tauchgang verbringen darf. Ein ungeschriebenes U/W-Fotografen-Gesetz besagt, dass ein Tauchgang dann besonders gut wird, wenn man keine Kamera dabei hat. Stimmt auch heute. Die Haie sind auch ohne Strömung und ohne Eimer da, das Anködern vorhin hätte es gar nicht gebraucht. Den gesamten Tauchgang über streunen sie im Kanal auf und ab. Dazu hat es große Barrakudaschwärme, zwei verschiedene Arten zähle ich. Die Stachelmakrelenschule ist ebenso noch vorhanden und wird von einer Horde Schnapper unterstützt, die am westlichen Ausgang des Kanals zum offenen Meer hin steht. Hier hat es auch einen kleinen Korallengarten, der größtenteils intakt ist. "Größtenteils" meint, dass leider auch einiger Bruch zu sehen ist. Ursache unbekannt, kein El Niño und kein Zyklon hat hier gewütet.

Apropos "Bruch", nach den beiden tollen Tauchgängen im Kanal ist sofortiger Aufbruch angesagt, bis zu unserem nächsten Ziel, Taveuni, sind es 12-14 Stunden Fahrt nach Nordosten. Die Ankunft ist für 4 Uhr morgens geplant. Das wird eine spaßige Überfahrt, für heute Nacht ist ordentlich Welle angesagt. Bevor es losgeht, sichern wir daher die Ausrüstung, insbesondere Kameras und Gehäusen bekommt ein Sturz vom Tisch nicht sonderlich gut. Die Fahrt ist dann auch richtig ruppig, manchmal auch etwas beängstigend, wenn sich die Fiji Siren weit auf die Seite legt. Permanent wird man im Bett hin und hergeworfen, an Schlaf ist nicht zu denken. Ich bin froh, dass ich zumindest eine Kabine mittschiffs habe, wo die Amplitude in Längsrichtung nicht so groß ist, die Leute in den Bug-Kabinen werden "Spaß" haben. Na ja, was nimmt man nicht alles auf sich, um die schönsten Riffe Fidschis zu sehen, denn das ist das, wofür Taveuni bekannt ist (neben der Möglichkeit, auf dem dem 180. Längengrad, der natürlichen Datumsgrenze, zu stehen): Stein- und Weichkorallen in allen Formen und Farben, eine Farbexplosion fürs Auge. Das bekannteste Riff ist sicher das "Rainbow Reef", zu dem man zahlreiche Videos und unzählige Bilderim Netz findet. Die Vorfreude ist groß.

Tag 5: DO, 09.10., Namena

Schon um 1 Uhr erstirbt der Motor und die Fiji Siren liegt ruhig vor Anker, drei Stunden früher als geplant. Erstaunlich bei dem Seegang. Die Ernüchterung folgt nach dem Aufstehen: Zwei grüne Gesichter, die in einer Bug-Kabine die Nacht verbracht haben, erzählen, dass wir es nicht nach Taveuni geschafft haben. Nach der Hälfte der Strecke hat Käpt'n Sai den Plan geändert und ist nach links zum deutlich näher gelegenen Namena abgebogen, das eigentlich erst für den Rückweg von Taveuni auf dem Plan stand. Blöd, aber leider nicht zu ändern. Namena ist ein Fliegenschiss im Meer und auf der Karte, die im Essbereich hängt, nicht einmal verzeichnet. Immerhin umgibt die Insel das Namena Marine Reserve, ein 1997 eingerichtetes Meeresschutzgebiet, in dem ein totales Fischfangverbot gilt. Dann werden wir mal schauen, ob sich das auf die Unterwasserfauna positiv ausgewirkt hat.

Wir starten an Ned's Nuts. Wer Ned ist und was seine Nüsse hier verloren haben, habe ich leider vergessen. Eigentlich sind die Nüsse zwei in Sichtweite zueinander stehende Korallentürme, die senkrecht aus 30 m Wassertiefe bis 5 m unter die Wasseroberfläche ragen. Zwei "Giris" halt, um im Malediven-Slang zu bleiben. Die Türme sind sehr schön mit Korallen bewachsen und bieten allerhand Makromotive, Schnecken, Plattwürmer, Peitschenkorallen-Gobys und dergleichen. Sehr schöner Platz!

Weiter geht's im Schwarzwald, der Black Forest gleicht Neds Nüssen wie ein Ei dem anderen, nur sind die Türme einen Tick größer und stehen nicht in Sichtweite zueinander. Highlight am 1. Turm ist ein daumennagelgroßer Warzen-Anglerfisch, der sich in einer Halimeda-Koralle versteckt hat. Die Suche nach den gleichnamigen Geisterpfeifen bleibt leider erfolglos. Nach 30 Minuten folgen wir Ju ins Blauwasser, wo sich nach zwei Minuten Schwimmzeit der 2. Turm als dunkler Schatten vom tiefblauen Meer abhebt. Auch der 2. Turm ist toll bewachsen und bietet unzählige Motive für den Makro-Liebhaber.

Wie es sich für eine echte Südseeinsel gehört, ist Namena von einem Barriere-Riff umgeben, an dessen Außenseite unser nächster Tauchgang startet. Senkrecht fällt die Wand dort auf 80 m Wassertiefe ab. Wir legen uns an die Abbruchkante, die bei 30 m liegt, und beobachten Graue Riffhaie, Hundezahnthune und einen kleinen Schwarm Großaugenmakrelen im Blauwasser. Anschließend lassen wir uns mit der Strömung über das Riffdach treiben, das hier größtenteils aus Sandboden mit vereinzelt herumstehenden Korallenblöcken besteht. Einer dieser Blöcke formt einen Torbogen, weswegen der Platz auch Arches heißt. Genau unter dem Bogen, sowie in einigen Löchern drumherum hausen Golden Mantis Shrimps. Das Ablichten derselbigen wird zu einer wackligen und langwierigen Angelegenheit, denn die Strömung hat inzwischen stark zugenommen und drückt mit voller Kraft durch den Bogen. Als ich endlich fertig bin, bin ich allein, alle anderen sind weg. Also nichts wie hinterher. Nach 2 Minuten Flugzeit über die ausgedehnte Sandfläche treibt mich die Strömung automatisch zum nächsten alleinstehenden Korallenblock, der auf den Namen Kansas hört. Auf seinem Dach steht der verrostete Rest einer alten Bake, an dem man sich hervorragend festhalten könnte. Nur nicht, wenn da schon ein paar Kollegen hängen. Mit Mühe erspähe ich ein noch freies, nicht von Korallen bewachsenes Stück Fels, an das ich mich klammern kann. So hängen da schließlich 18 Taucher wie die Fähnchen waagerecht im Wind, ohne Möglichkeit, sich bei der Strömung irgendwohin zu bewegen. Das ist etwas schade, denn auch Kansas ist toll bewachsen und bietet bestimmt reichlich Makromotive. So flattern wir noch 10 Minuten vor uns hin, bevor wir loslassen und der sehr spaßige Tauchgang mit einem fliegendem Sicherheitsstopp beendet wird.

Zum Tagesausklang gibt's noch einen Nachttauchgang an einem kleinen Wrack, das vor dem Strand der Insel in 20 m Wassertiefe liegt. Tonnen von kleinen Einsiedlerkrebsen bevölkern das Schiff. Im Sand drumrum finden wir einen Geisterfangschreckenkrebs und einen Krokodilsfisch. Außerdem krabbeln viele, viele Schnecken mit und ohne Gehäuse über den Boden. Ein sehr schöner Abschluss eines tollen Tauchtages.

Tag 6: FR, 10.10., Namena

Fiji Day! Heute vor 44 Jahren hat die britische Krone Fidschi aus der Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit entlassen. Zum Start in Fidschis Nationalfeiertag müssen wir ein bisschen fahren, um Fantasy zu erreichen. Der Garten aus vielen, vielen einzeln herumstehenden Korallenbommies ist hübsch bunt und mit allerlei Riffgetier versehen, besondere Highlights gibt es jedoch nicht zu berichten. Prima ist auch Chimneys, ein weiterer Platz aus der Kategorie "Die zwei Türme". Genau wie Neds Nüsse im Schwarzwald reichen auch die beiden Kamine bis knapp unter die Wasseroberfläche und sind sehr schön mit Weichkorallen und Gorgonien besetzt.

Beim Mittagessen eröffnet uns Rani, dass wir es nicht mehr nach Taveuni schaffen werden. Das Meer ist erst morgen etwas ruhiger, die weite An- und Abfahrt kriegen wir nicht mehr im Zeitplan unter. So werden wir morgen und übermorgen auch noch vor Namena verbringen, vier Tage insgesamt. Bugger!

Immerhin bereiten wir nach dem Mittagessen den Hammerhaien einen großen Bahnhof an der Grand Central Station, wie ein ausgedehntes Stück Außenriff an der Westseite Namenas genannt wird. Oder sie uns, man weiß es nicht so genau. Jedenfalls kreuzen unmittelbar nach dem Abtauchen handgezählte 18 Sphyrna lewinis unseren Weg. Natürlich nur kurz, wie es sich für eingetragene Schisser gehört. Anschließend geht es ohne besondere Vorkommnisse immer an der Wand lang, bis wir den Abzweig zu Arches erreichen, den wir schon von gestern kennen. Bevor wir abbiegen, schauen wir noch ein paar Grauen Riffhaien und einer Schule zutraulicher Jello-Barrakudas beim Geputztwerden zu, bevor es wieder zum Torbogen zu den Goldenen Krebsen geht. Da es auch heute wieder mächtig zieht, sitze ich die eingefangene Deko im Flug ab. Die Idee hatten noch andere, sodass das Einsammeln der versprengten Häufchen nach dem durchweg überzeugenden Tauchgang etwas dauert.

Mit dem Einbruch der Dunkelheit geht es nochmal ins Wasser. Wer dieser Pep ist und was den Sandboden hier zu seiner Spielwiese macht, ist nicht überliefert, aber topografisch gesehen ist Pep's Playground die Fortsetzung des gestrigen Nachttauchgangs. So wühlen wir wieder im Sand nach kleinen und großen und ganz großen Nudis. Die eigentlichen Höhepunkte sind aber eine halbstarke Süßlippe und ein winzig winziger Skorpionsfisch, bei dem ich mich heute noch frage, wie Andreas den im Sand gefunden hat.

Der wirkliche Höhepunkt des Tages folgt aber nach dem Tauchen. Wie es sich für einen ordentlichen Nationalfeiertag gehört, gibt es heute ein Festmahl: Rinderfilets, Hühnerkeulen und Schweinemedaillons. Wer unbedingt will, kann auch noch eine Schaufel Gemüse dabei legen. Selbstverständlich wird dazu ausgiebig Kava gereicht. Nach der Spachtelei gibt die Schiffskombo erneut einige Ständchen zum Besten, bevor fidschianische Volksmusik vom DVD-Spieler Besitz ergreift. Irgendwann meint Rani, die Fidschinesen würden auch gerne mal deutsche Musik hören und fordert mich auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Ich bin nicht ganz sicher, ob die Fidschinesen das auch wissen, aber man will ja höflich sein, deswegen wandert mein iPod an die Anlage und die Hosen durch den Lautsprecher. Die Reaktion der Crew sieht ähnlich aus, wie die der Mexikaner auf die kölsche Karnevalsmusik vor Socorro. Trotzdem geht die Feier noch bis weit nach Mitternacht, neuer Trip-Rekord.

Tag 7: SA, 11.10., Namena

Die Äuglein sind noch etwas klein und der Kopf etwas schwer, denn selbstverständlich ist es gestern nicht beim Kava geblieben. 2 oder 20 Bier waren dann auch dabei, irgendwas dazwischen. Den Kopf freikriegen wollen wir wieder am Großen Hauptbahnhof, wo wir gestern ja einen schönen Tauchgang mit den Hammerhaien hatten. Heute ist das Meer leer, die Veranstaltung artet in nerviges Streckentauchen aus. Keine Strömung, nichts zu sehen, überflüssig.

Neuer Versuch nach dem Frühstück und mit etwas klarerem Kopf an der South Save-A-Tack Wall. Wieder Außenriff, wieder Dropoff auf 80 m, immer an der Wand lang. Es hat sogar etwas mehr Fisch als heute Morgen, aber vor Schwärmen strotzt das Meer auch hier nicht. Toll sind dagegen die Canyons, die an einigen Stellen das Riff durchschneiden. Die Lichtreflexe, die die einfallenden Sonnenstrahlen hervorzaubern, lassen einen Hauch Cenoten-Feeling aufkommen. Aber wirklich nur einen winzigen Hauch. Sehr schöner Tauchgang insgesamt.

Ganz gut ist auch Nick's Knob. Wieder starten wir an der Wand mit einem Grauen Riffhai und einem dicken Zacki. Irgendwann macht die Wand eine Linkskurve und geht in einen Kanal über, der sich durchs Außenriff schneidet. Der Kanal ist so breit, dass man die andere Seite nicht sehen kann, aber mittendrin steht eine riesige Säule, die oben über und über mit pinken Anemonen bewachsen ist, in denen die üblichen Verdächtigen rumlungern.

Und schon wieder neigt sich der Tag dem Ende, zum Abschluss geht es in der Finsternis nochmal zu Chimneys. Leider treffen wir auf eine ziemlich starke Strömung, vor der wir uns so gut es geht hinter dem Kamin, an dem wir springen, verstecken. Zum zweiten Kamin schaffen wir es nicht, zu starke Gegenströmung und in der Dunkelheit zu riskant, wenn man nicht genau weiß, wo man hinschwimmen muss. So bleibt es bei einem "So lala"-Tauchgang mit viel Nudi- und Garnelenzeugs.

Tag 8: SO, 12.10., Namena

Unser letzter Tag vor Namena bricht an. Reicht jetzt auch langsam, ist alles gut und schön, aber uns hat es sich jetzt auch nicht als Über-Revier präsentiert. Wir fahren erstmal eine knappe Stunde mit dem Mutterschiff, bis wir am Schoolhouse ankommen. Auch das ist eine Steilwand mit Großfischpotential und einige Mittaucher sichten auch 10 Hammerhaischatten in der Ferne und einen ebenso diffusen Manta irgendwo in 50 m Wassertiefe. Ich sehe von all dem nichts, falsches Ende der Taucherkette. Immerhin gibt es noch einen Schwarm, der den Namen auch verdient: Eine standorttreue Schule Wimpelfische gibt dem Platz seinen Namen.

Nach dem Tauchgang müssen wir den weiten Weg mit der Fiji Siren wieder zurück nach Namena fahren, wo der 2. Tauchgang ansteht. An Keenan fehlt von der angekündigten Steilwand allerdings jede Spur, wir treiben mit der leichten Strömung über einen mit Steinkorallen bewachsenen, langsam abfallenden Hang, über dem sich Kleinzeug noch und nöcher tummelt. Die Falterfische sind das größte, was wir sehen. Prädikat "na ja".

Lange hab ich drauf gewartet, schon 17 Tauchtage am Stück ohne jede Ohrenprobleme, kann das mit rechten Dingen zugehen? Oder mit "Normison"? Bevor es mir unheimlich wird, schlagen die Bakterien aber endlich zu, den 3. Tauchgang an Magic lasse ich aus und pumpe das Ohr mit Panotile voll. Zum Nachttauchgang im Schwarzwald bin ich halbwegs wieder fit, was mir ermöglicht, auf die Suche nach den Leierfischen zu gehen, die Karen hier beim letzten Mal gesehen hat. Leider finde ich sie nicht, nur die Geistermuräne drängt sich wieder auf. Die herumtollenden Füsiliere scheinen noch überschüssige Energie abbauen zu müssen. Ab Minute 30 suche ich jede Ritze in der Wand nach Getier ab und finde tatsächlich auch 4 verschiedene Garnelenarten, aber ausgerechnet mein Liebling, die Marmorgarnele, verkriecht sich vor dem Licht der Lampe in die hinterste Ecke. Grummel, schade, aber auch bei schwärzster Nacht sehr hübsch, dieser Schwarzwald!

Tag 9: MO, 13.10., Vatu-I-Ra

In der Nacht ist Abmarsch, es geht zurück Richtung Westen, in den Kanal zwischen Viti Levu und Vanua Levu. Hier wartet mit E-6 der bekannteste Tauchplatz Fidschis auf uns. Unzählige Artikel sind über diesen Platz verfasst worden. Jacques Cousteau hat ihn einmal als einen der 10 weltbesten Tauchplätze bezeichnet. Wobei ich meine, dass er das mit mindestens 100 anderen auch getan hat. E-6 ist ein kreisförmiges Plateau "in the middle of nowhere", an seinem Rand geht es senkrecht einen Kilometer abwärts, während das Riffdach bei 5 m liegt. Wir starten unseren Tauchgang auf der Westseite und schwimmen an der Wand entlang, die aber nicht so schön bewachsen ist, wie vieles, was wir in den letzten vier Tagen an Namena gesehen haben. Beim Blick ins Blauwasser hilft auch die exponierte Lage nicht, außer tiefblaues Meer ist nichts zu sehen. Nach 35 Minuten Tauchzeit geht es dann in den kreisförmigen Canyon, "Kathedrale" genannt, der E-6 seine spezielle Atmosphäre gibt. Hier ist der Bewuchs stellenweise wieder top. Wie Lichtschwerter schneiden die einfallenden Sonnenstrahlen durch das Wasser, dass man sich vorkommt wie in einer Szene aus Star Wars oder wahlweise auch Armageddon. Toll!

Nicht weit entfernt liegt unser letzter Tauchplatz, Mount Mutiny. Er hat eine ähnliche Topografie wie E-6, ist jedoch etwas kleiner, sodass man ihn während eines Tauchgangs vollständig umrunden kann, wenn man sich beeilt. Wir beeilen uns nicht, sondern paddeln gemütlich an der Wand entlang, die im Gegensatz zu E-6 an einer Seite mit prächtigen Weichkorallen in allen möglichen Farben bewachsen ist. Folgerichtig hört die Wand auf den Namen "Rainbow Wall". Viel Fisch hat es leider auch hier nicht. Immerhin sichtet die andere Gruppe eine einsame Silberspitze.

Danach ist Ende mit Tauchen, während der dreistündigen Rückfahrt zum Volivoli-Resort haben wir Zeit, unser Fazit zum Tauchen in den "Bligh Waters" zu ziehen, wie das Seegebiet hier auch genannt wird (nach Leutnant William Bligh, der mit 18 Mann nach der Meuterei auf der Bounty in einer 7 m-Nussschale 6700 km durch den Pazifik von Tahiti bis nach Timor gesegelt ist): Topografisch und korallentechnisch war es sehr schön, aber wie schon vor Beqa fällt das Fehlen von Fisch im Blauwasser auf. Vereinzelt gab es Highlights, die Mantas vor Wakaya, die Grauen Riffhaie in der Nigali Passage und der kurze Hammerhai-Besuch vor Namena. Ansonsten ist im Blauwasser leider erschreckende Leere und für mich machen das auf Dauer auch die schönsten Weichkorallen und das zahlreiche, wenn auch nicht außergewöhnliche Makrozeug nicht wett. Von daher ist Fidschi kein Ziel, für das ich nochmal um die halbe Welt fliegen würde, da haben mir Raja Ampat und vor allem Französisch-Polynesien deutlich besser gefallen. Inwieweit das Urteil anders ausgefallen wäre, hätten wir es zu den Top-Plätzen vor Taveuni geschafft, darüber möchte ich nicht spekulieren. Nichtsdestotrotz war es eine sehr lustige Safari, die ihren Erfolg nicht zuletzt der tollen Crew, dem schicken Boot und den stets gutgelaunten Mitreisenden zu verdanken hat.

Tag 10: DI, 14.10.

Um 9 Uhr gehen wir nach dem obligatorischen Gruppenfoto von Bord und verbringen die 2 Stunden bis zum Transfer an der Bar des Volivoli-Resorts, wo noch einige Abschiedsbiere die Kehle hinunterfließen. Als der Mini-Bus mit dem Anhängerchen vor der Rezeption anrollt, muss ich spontan schmunzeln: 14 Gäste mit Tauchgepäck in dieses winzige Gefährt? Das klappt niemals! Bald vergeht mir das Lachen, denn leider habe ich recht. Von den 16 Plätzen im Bus müssen 2 1/2 auf der Rückbank und der gesamte Fußraum fürs Gepäck herhalten. Ergo fehlt ein halber Sitzplatz, sodass es hinten extrem kuschelig wird, um es vorsichtig auszudrücken. Man könnte auch "unzumutbar" sagen. Das hätte es nicht noch gebraucht, wie die Siren Fleet als langjähriger Luxus-Safari-Anbieter einen derart dilettantischen Transfer organisieren kann, ist mir ein Rätsel. Geteiltes Leid ist halbes Leid, wir wechseln uns auf den Kuschelplätzen ab und nach 2 1/2 Stunden Fahrt durch den strömenden Regen erreichen wir den Flughafen in Nadi. Die Mitreisenden entschwinden in alle Himmelsrichtungen, die einen Richtung Hongkong, die anderen Richtung L.A., während wir zu sechst in einen Flieger nach Sydney steigen, um den Urlaub noch eine Woche lang in der besten Stadt der Welt ausklingen zu lassen.

  • Facebook