B-25 Bomber vor Roi-Namur

Tauchsafari Kwajalein-Atoll – Teil 2

September 2019

Tag 8: MI, 11.09., Ambo Pass und Wojejaiong

Weiter geht die Fahrt Richtung Norden, der nächste Stopp unserer Tauchsafari heißt Ambo Pass, südlich von Eller Island. Wir springen am Eingang zum Kanal und haben direkt 2 Silberspitzen und 20 Graue Riffhaie um uns rum, allesamt recht neugierig. Ein Adlerrochen und eine Kröte runden die Szenerie ab. Nach 20 min tauchen wir am Dropoff entlang Richtung Süden und überqueren ein großes, versandetes Unterwasserplateau, auf dem keine Spur von Leben zu entdecken ist (außer uns selbst). Fazit: 20 min hui, 40 min pfui.

Auf dem Weg nach Norden lassen wir Onemak links liegen und fahren gleich durch bis Wojejaiong und Wojejairok. Wegen der aufkommenden Schlechtwetterfront reicht es heute nur noch zu einem weiteren Abstieg. Ob das Mistwetter auch der Grund dafür ist, dass sich die Strömung nicht nach der Gezeitentabelle richtet, weiß ich nicht: Statt in die Lagune einzulaufen, drückt es das Wasser aus der Lagune raus, so dass wir keine Chance haben, in den Kanal zu kommen. Stattdessen tauchen wir an der Außenseite des Dropoffs entlang. Bis auf ein paar Graue Riffhaie am Anfang bleibt der Tauchgang aber ereignislos. Nur die Kilometer an toten Korallen und eine Papageifisch-Armee, die sich permanent um Sand-Nachschub für die Strände kümmert, bleiben eindrücklich im Gedächtnis.

Tag 9: DO, 12.09., Wojejaiong und Nell Wall

Vor dem Frühstück gibt es den nächsten Versuch an Wojejaiong. Dank Flaschendrehen sind wieder einige Graue Riffhaie zur Stelle, garniert von Füsilierschwärmen. Heute ist auch das Wasser kooperativ und läuft, wie vorgesehen, in die Lagune hinein, so dass wir durch den Kanal driften können. Außer einer riesigen Sandwolke, die uns die Sicht vernebelt, ist dort aber erstmal nichts zu entdecken. Als die Sicht wieder aufklart, sind auf einmal wieder einige Graue Riffhaie zur Stelle, allerdings die Baby-Variante. Kein Exemplar ist länger als ein Unterarm, sieht aber aus und verhält sich auch wie ein Großer. Anscheinend sind wir mitten in die Haikinderstube geplatzt. Entzückend!

Nach dem morgendlichen Abstieg wenden wir uns gen Westen und machen uns auf Richtung Nell Island. Auf den Satellitenbildern präsentiert sich der dortige Kanal sehr pittoresk, mit türkisblauem Wasser, schneeweißen Stränden, sattgrünem Bäumen und zwei kleinen Inseln, die den Kanalausgang in der Lagune flankieren. Genauso pittoresk präsentiert sich die Szenerie dann auch in der Realität. Am liebsten möchte ich sie als Fototapete mit nach Hause nehmen.

Unter Wasser ist die Natur wieder komisch. Wie schon gestern drückt es das Wasser trotz Flut aus der Lagune heraus, weswegen es statt des Kanals die Nell Wall wird, also der Dropoff auf der dem Ozean zugewandten Seite der Insel. Die Korallen sind in etwas besserem Zustand als an den vergangenen Plätzen, aber mehr als "ausreichend" würde ich ihnen als Schulnote nicht geben. Dafür hat es viel Fisch und neben den inzwischen schon obligatorischen Grauen Riffhaien zeigen sich auch kurz zwei Silberspitzen. Um meiner Makrolinse das Gefühl zu geben, nicht komplett vernachlässigt zu werden, nehme ich sie am letzten Tauchgang des Tages mal mit. Wenn ein Platz im Kwajalein-Atoll dafür geeignet ist, dann der hier, überall in den Korallen kreucht und fleucht das Kleinvieh. Insgesamt daher Daumen hoch für Nell!

Tag 10: FR, 13.09., Nell Wall und Gorer Wall

Eigentlich würden wir gerne die noch weiter westlichen liegenden Plätze (Eru Island, Tabik Channel) erkunden, aber Skipper Martin sind die Gewässer mangels vorhandener Seekarten zu heikel. Also bleiben wir noch einen weiteren Tag vor Nell Island liegen. Die Natur ist immer noch komisch, wieder haben wir keine Chance, in die Kanäle zu kommen. Die Nell Wall ist am Morgen ein bisschen dünn, die Fische scheinen noch zu schlafen. Besser präsentiert sich die Gorer Wall, auf der Westseite von Nell gelegen. Viele Graue Riffhaie und ein großer Füsilierschwarm, den eine Horde jagender Blauflossen-Stachelmakrelen als Mittagessen auserkoren hat, lassen keine Langeweile aufkommen.

Zum Tagesabschluss springen wir zur Abwechslung mal an der Ostseite des Nell Channels, statt wie bisher auf der Westseite. Wir werden mit einer riesigen Schule Großaugenmakrelen belohnt, die es sich im Kanal bequem gemacht hat. Dazu gibt es wieder Graue Riffhaie, Silberspitzen, Adlerrochen und ein bisschen Schwarmfisch. Prima Abschluss eines schönen Tages vor Nell Island.

Nach dem letzten Tauchgang durchqueren wir die Lagune nach Norden und ankern für die Nacht vor Boggerik, wo es morgen weiter geht.

Tag 11: SA, 14.09., Boggerik

Heute ist volles Programm, wir springen 4x an den Wänden rund um Boggerik ins Wasser, um den vorgestern ausgefallenen Tauchgang nachzuholen. Was sofort auffällt, ist die deutlich bessere Qualität der Korallen hier im Norden, viele intakte Tisch- und Fächerkorallen erfreuen das Auge. Dazu hat es Silberspitzen, Füsilierschwärme und Horden von Papageifischen, die das Riff zuscheißen. Während der ersten beiden Tauchgänge schwimmen uns drei Dutzend Graue Riffhaie um die Ohren, Action satt, wohin man blickt. Die beiden Nachmittagstauchgänge sind zwar etwas ruhiger, aber nichtsdestotrotz sind die Boggerik-Plätze die bisher besten Steilwandplätze während des Trips. Als kleine Zugabe werden wir am Abend noch mit einem kitschigen Sonnenuntergang belohnt.

Tag 12: SO, 15.09., North Pass und Airplane Graveyard

Mit der Ankunft im hohen Norden hat man die Qual der Wahl: Zur Auswahl stehen mit Mellu Pass und North Pass zwei Kanäle, sowie ein Platz mit Flugzeugwracks. Jeder kann selbst entscheiden, ob er mit dem Skiff zu einem der Kanäle fährt oder direkt von der Truk Master ins Wasser springt, um dem Altmetall einen Besuch abzustatten.

Während unsere Wrackfetischisten direkt auf die Flugzeuge losgehen, starte ich erstmal mit dem North Pass. Und das ist eine gute Entscheidung, denn was sich in der folgenden Dreiviertelstunde unter Wasser abspielt, ist unwirklich: Direkt nach dem Einstieg begrüßen uns ein paar Schwarzspitzenriffhaie und Tonnen von Fisch. Könnte daran liegen, dass es ordentlich zieht. Wir hängen uns in 35 m Tiefe an den Eingang zum Kanal und beobachten 20 Minuten lang ca. 100 Graue Riffhaie, die in der Strömung umherziehen, unterstützt von einigen Silberspitzenhaien. Nach dem Loslassen driften wir durchs Blau — und die Haie driften mit uns. Über, unter, um uns herum, wo man auch hinguckt, sind wir von dreieckigen Flossen umringt. Genial! In höheren Gefilden wird es auf einmal 2 Grad wärmer und prompt sind alle Haie weg. Offenbar mögen sie es nicht so wohlig warm. In einem Affenzahn driften wir übers Riff in die Lagune und tauchen schließlich völlig begeistert auf. Das Skiff ist in der Ferne nur noch als kleiner Punkt zu sehen. Wohl dem, der eine 2 m-Boje am Start hat.

Nach dem Hammerstart am Morgen fällt die Entscheidung schwer, was ich als nächstes tue. Denn eigentlich bin ich auch Blech-Fan und tauche gerne in Wracks und ihre Geschichte ein. Da man aufhören soll, wenn es am schönsten ist und es haitechnisch sowieso nicht mehr besser werden kann, bekommt für die restlichen beiden Tauchgänge der Airplane Graveyard den Zuschlag. 155 Flugzeuge aus dem 2. Weltkrieg liegen hier aus rein pragmatischen Gründen auf dem Meeresboden verstreut: Die nach dem Krieg nicht mehr benötigten Flugzeuge wurden von den Amerikanern nach Ende des Krieges einfach entsorgt, indem sie über Bord der Flugzeugträger geschoben wurden. Das war deutlich billiger als sie wieder mit zurückzunehmen und zu verschrotten. Es gibt mehrere solcher "Dump Sites" im Pazifik, neben Kwajalein z.B. noch vor Espiritu Santo (Vanuatu). Auf der Website von Argunners findet man eine Übersicht der Flugzeugtypen, die auf dem Meeresboden von Kwajalein verstreut sind:

Natürlich muss man sich bei nur zwei Tauchgängen auf die Highlights beschränken, zumal die Flugzeuge zwischen 36 und 40 m Tiefe liegen, was die zur Verfügung stehende Nullzeit unangenehm verkürzt. Zur Sicherheit hängt daher unter der Truk Master eine Dekostange mit zwei Flaschen für den Fall, dass es eng wird. Ich beschränke mich bei meinen beiden Abstiegen auf eine B-25 und einige Sturzkampfbomber, die teils aufrecht, auf der Nase balancierend, im Sand stehen. Dass die in den letzten 70 Jahren nicht beim erstbesten Sturm umgefallen sind, scheint mir auch den Gesetzen der Physik zu widersprechen.

Unsere Wrackfeinde haben bei ihren beiden restlichen Exkursionen zum North Pass weiterhin Hai-Action satt, das Gewusel am Morgen scheint keine Eintagsfliege gewesen zu sein. So geht für alle ein klasse vorletzter Tag zu Ende.

Tag 13: MO, 16.09., Troy's Coral Head und Prinz Eugen

Am letzten Tauchtag können wir ausschlafen, denn früh morgens geht es erstmal auf die fünfstündige Fahrt zurück nach Ebeye. Am Troy's Coral Head haben wir wieder Spaß mit Heringsmakrelen und Grauen Riffhaien; das scheint tatsächlich eine sichere Sache zu sein. Wie das hier wohl nachts abgeht, wenn die Haie normalerweisen jagen? An der Prinz Eugen führt Craig, seines Zeichens Cheftauchmeister auf der Truk Master, Jürgen und mich auf einer Privattour durchs Innere der Prinz Eugen. Es ist echt sinnvoll, wenn man jemanden dabei hat, der sich auskennt; man sieht einfach viel mehr als wenn man alleine planlos durch die Gänge taucht.

Zum großen Finale gibt's ein besonderes Schmankerl: Nachttauchen am Troy's Coral Head. Das Schmankerl entpuppt sich allerdings schnell als völliger Griff ins Klo und beantwortet unsere Frage vom Mittag: Nichts geht ab, wir sehen nicht eine müde Makrele und schon gar keine Haiflosse. Absolute Nachtruhe, kann man sich sparen. Schade, die Tour hätte einen würdigeren Abschluss verdient gehabt.

Sofort nach dem Tauchgang wird zusammengepackt und auf geht's zurück nach Süden, Richtung Majuro-Atoll.

Tag 14: DI, 17.09., Kwajalein → Majuro

Wieder ein Tag im Büro: Klamotten trocknen, Fotos aussortieren und tauschen, Logbuch schreiben, Tasche packen, Rechnung zahlen. Und Zeit, das Fazit zu ziehen: Kwajalein hat definitiv Potenzial. Sicher gibt es einige Bruch-Sites, die man sich schenken kann, aber es hat auch tolle Plätze zum Austoben. Und es gibt noch weiteres zu entdecken: Die Kanäle ganz im Westen blieben uns ja leider verborgen und neben der Prinz Eugen liegen im Süden des Atolls auch noch weitere Wracks aus dem 2. Weltkrieg, die man sich angucken könnte. Insgesamt bietet Kwajalein eine schöne Mischung aus Blech und Fisch, wobei vor allem Graue Riffhaie omnipräsent waren. Wer farbenfrohe Korallenriffe sehen will, sollte allerdings besser woanders hinfahren. Was die Truk Master angeht, war nach kurzen Anlauf­schwierig­keiten alles top; die Crew um Martin, Craig, Ferg, Tarrant und Elaine hat in jeglicher Hinsicht einen tollen Job gemacht. Service und Tauchorganisation waren 1A, lediglich beim Essen vergebe ich nur eine 2 minus, weil ein oder zweimal zu oft ein Lederschnitzel dabei war. Truk Master nochmal? Jederzeit!

Tag 15: MI, 18.09., Majuro

Der längste Tag bricht an: Erst um 15:30 Uhr verlassen wir das Schiff, um unseren 19 Uhr-Flieger Richtung Honolulu zu erwischen. Und da man dabei die Datumsgrenze überfliegt, kommen wir 17 Stunden vor unserem Abflug dort an und dürfen den 18. September nochmal durchleben. Das mache ich sehr gerne als Einstimmung auf die nächsten 3 1/2 Wochen: Wenn ich schon mal hier bin, muss ich mir Hawaii auch intensiv zu Gemüte führen.

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