Oktober/November 2010
In Taucherkreisen schon lange als Großfischrevier erster Güte bekannt, ist die Isla del Coco spätestens seit der ARD-Dokumentation "Der Berg der Haie" auch dem ein oder anderen nichttauchenden Naturliebhaber ein Begriff. Große Schulen von Hammer-, Seiden- und Galapgoshaien sammeln sich ganzjährig an diesem 500 km vor der Küste Costa Ricas gelegenen, knapp 24 Quadratkilometer großen pazifischen Eiland. Dazu trifft man in den planktonreichen Monaten September bis November regelmäßig auf Walhaie und Mantas. So jedenfalls die Theorie.
Auf der anderen Seite sind die Gewässer vor Costa Rica auch das Jagdrevier der Haifischflossenmafia, die so lange das illegale Finning praktizieren, solange noch ein Hai im Meer schwimmt. Jedem, der im Film "Sharkwater" die Bilder der Lagerhäuser in Puntarenas gesehen hat, auf deren Dächern die Flossen zu Tausenden zum Trocken verteilt werden, muss klar sein, dass auf Dauer so arg viele Haie hier nicht mehr herumschwimmen können. Denn auch vor der geschützten Isla del Coco machen die illegalen Fangflotten nicht halt, wobei es meiner Ansicht nach sowieso egal ist, ob innerhalb oder außerhalb des 2000 Quadratkilometer großen Nationalparks rund um die Insel gefischt wird, Haie kennen keine Nationalparkgrenzen. So bin ich einigermaßen unsicher, was mich erwartet, als ich Ende Oktober 2010 über New York nach Costa Rica fliege. Die Tourberichte im Internet aus diesem Jahr waren allerdings durchweg positiv, sodass die Erwartung auf reichlich Großfisch schon vorhanden ist.
Undersea Hunter mittags im Hotel ab und karrt uns in 2 1/2 Stunden nach Puntarenas. Während der Fahrt erzählt der Fahrer allerlei interessante Geschichten über das Leben in Costa Rica, die wirtschaftlichen Bedingungen, die neue Auobahn von San Jose nach Puntarenas, die gerade nach 30-jähriger Bauzeit fertig geworden ist (sind ja auch immerhin 100 km) und über ein kleines Malheur im Hafen von Puntarenas, bei dem 65 Schiffe abgefackelt sind, weswegen Costa Rica jetzt keine Fischereiflotte mehr habe und auch nicht mehr gefinnt würde. Ich weiß nicht, ob er selbst dran glaubt, aber immerhin ist es ein unterhaltsames Geschichtchen. Das Einchecken auf der Undersea Hunter ist schnell erledigt und so stechen wir alsbald nachmittags gegen 16 Uhr in See. Zum Beginn unserer Tauchsafari nach Cocos Island warten 36 Stunden Überfahrt auf uns.
Nach einer Übernachtung in San Jose holt uns der Shuttle derDie Hoffnung auf eine ruhige Fahrt erfüllt sich nicht, das Meer ist kabbelig und so mancher Mitreisende wird den ganzen Tag nicht gesichtet. Die Zahl der Teilnehmer an den Mahlzeiten nimmt im Laufe des Tages immer weiter ab, während sich beim Frühstück noch 7 von 14 Cocos-Fahrern am Tisch einfinden, sitzen wir abends nur noch zu zweit da. Blöd ist, dass man einfach gar nichts tun kann, nicht mal lesen geht. Zumindest mir wird dabei nach kurzer Zeit schlecht. Am besten fühlt man sich in der Waagerechten, sodass ich, sieht man mal von den Mahlzeiten ab, 36 Stunden in der Koje liege und vor mich hindöse. Selten einen so langweiligen Tag erlebt.
Morgens um halb 5 wird das Hämmern des Schiffsdiesels plötzlich leiser, bis es nach kurzer Zeit ganz verstummt. Wir haben unser Ziel erreicht und ankern vor Manuelita, einer kleinen, Cocos vorgelagerten Insel. Nach dem Frühstück folgt ein ausführliches Tauchbriefing. Getaucht wird 4x am Tag, um 7, 11 und 15 Uhr, sowie ein Nachttauchgang um 18 Uhr. Grundsätzlich soll konservativ getaucht werden, da die nächste Dekokammer 36 Stunden Bootsfahrt entfernt, also nicht gerade um die Ecke ist. Dekotauchgänge sind daher zu unterlassen, Nichtbeachtung wird mit 24 Stunden Pause auf dem Boot belohnt. Dekofrei kann man hier wegen der großen Tiefen eigentlich nur mit Nitrox bleiben. Der 14-köpfige Kundenkreis wird in zwei Gruppen "Blau" und "Gelb" aufgeteilt, jede Gruppe taucht von einem eigenen Beiboot, "Panga" genannt, aus. Das Gerödel bleibt die ganze Zeit auf dem Panga, mit Ausnahme der Fotoausrüstung muss man sich um nichts kümmern. Getaucht wird immer nur in der kompletten Gruppe mit Guide, Alleingänge mit Buddy sind verboten. Sollte man die Gruppe verlieren, ist sofortiges Boje setzen und Auftauchen ohne Sicherheitsstopp angesagt. Schließlich möchte hier keiner verloren gehen, wenn man hier durch die Strömung abgetrieben wird, heißt der nächste Stop schlechtestenfalls "Japan". So weit hat es allerdings bislang noch keiner geschafft, normalerweise sieht man Taucher, die hier verloren gehen, auch nie wieder. Um das zu vermeiden, bekommt jeder Taucher einen Sender, den er aktivieren kann, falls er abgetrieben wird und das Panga nicht mehr sehen kann. Die Reichweite des Systems beträgt 3 Seemeilen, was nicht sehr weit ist, da sich der Empfänger auf der Brücke der Undersea Hunter befindet und nicht im Panga. Wenn das Mutterschiff auf der Nordseite der Insel liegt und mit den Pangas im Süden getaucht wird, sind die 3 Seemeilen schnell überschritten. Auch zeigt das Gerät dem Käpt'n durch ein akustisches Signal auf der Brücke nur an, DASS jemand fehlt, nicht jedoch, WO sich der Taucher befindet. Von daher darf dann erstmal fleißig gesucht werden.
riesige Feld Röhrenaale, aber von den Kollegen, für die wir die weite Reise auf uns genommen haben, erhaschen wir nur aus dem Augenwinkel heraus einen kurzen Blick: Zwei Hammerhaie heben sich schemenhaft als graue Schatten vom recht trüben Blauwasser ab. Das muss ja wohl in den nächsten Tagen noch besser gehen.
Zum Eingewöhnen steigen wir erstmal am Platz Manuelita Coral ins Wasser, ein einfacher Platz ohne viel Strömung. Haufenweise Fisch erfrischt das Auge, insbesondere Schnapper- und Grunzerschwärme, dazu die in diesen Breiten unvermeidlichen Perlhuhn-Kugelfische. Auch ein paar Ozelot-Zackis kreuzen herum. Sehr schön anzuschauen ist auch dasDer zweite Abstieg an Manuelita Out beschert uns Dutzendweise Schwarzpunktrochen, von denen es vor Cocos nur so wimmelt. An den beiden Putzerstationen, die die Galapagos-Kaiserfische und Barbier-Falterfische hier für die Hammerhaie eingerichtet haben, ist kaum was los, nur ein paar einzelne scheue Exemplare kreuzen kurz unseren Weg. Die letzten 20 Minuten des Tauchgangs tauchen wir ins Blauwasser hinaus in der Hoffnung noch etwas Hai zu erhaschen, aber leider umsonst.
Der dritte Abstieg führt uns in den Manuelita Channel, einen 50 m breiten Kanal, der Manuelita von Cocos trennt. Direkt beim Abstieg schwimmen uns Schwärme von Stachelmakrelen um die Ohren, insbesondere Blauflossen und Großaugen, aber auch ein paar Schwarze sind dabei. Die Hammerhaie lassen sich auch bei diesem Tauchgang an drei Fingern abzählen. Dafür behaust eine Adlerrochen-Familie den Kanal, ohne Flossenschlag stehen sie ruhig in der Strömung. Mitten im Kanal befindet sich ein großer Felsen, an den wir uns klammern und auf einen Tigerhai warten, der hier in den letzten Wochen regelmäßig gesehen worden ist. Leider taucht er aber heute nicht auf. Dafür sind die Weißspitzen-Riffhaie bei der langsam einbrechenden Dämmerung schon ziemlich aktiv. Und davon gibt es vor Cocos massig, nach spätestens 2 Tauchgängen beachtet man sie fast schon gar nicht mehr. Mindestens 50 Weißspitzen streunen vor unseren Masken an der Riffwand umher und bringen sich in Jagdstimmung für die Nacht.
Der zweite Tauchtag beginnt am Dirty Rock, einem von Vögeln vollgekackten Felsen ein paar hundert Meter vom Cocos-Ufer entfernt. Unsere Wiederholungstäter, die schon zum 3. Mal hier sind, schwärmen von diesem Felsen als einem der besten Tauchplätze vor Cocos. Die Unterwasserszenerie ist auch tatsächlich beeindruckend, senkrecht fallen die Felswände in die Tiefe ab. Große Felsblöcke bieten Schutz vor der Strömung, die hier wie überall vor Cocos ordentlich kacheln kann. Wir kauern uns hinter einen solchen Felsen und beobachten ein paar einzelne Hammerhaie, die tief unten auf über 40 Meter ihre Kreise ziehen. Das Wasser ist so weit unten schon ziemlich trüb und grau, von daher lassen sich auch diese Haie nur schemenhaft erkennen. Immerhin tröstet haufenweise Schwarmfisch über die erneut suboptimale Haibegegnung hinweg.
Wir bleiben optimistisch und versuchen unser Glück am Punta Maria. Dies ist ein hufeisenförmiger Felsen in 25 m Tiefe, an dem sich ebenfalls eine Putzerstation befindet. Am Bojenseil festhaltend geht es in die Tiefe. Das Festhalten ist aber gar nicht nötig, denn da es kaum Strömung hat, kann man auch nicht weggeblasen werden. Dementsprechend trübselig sieht es auch an der Putzerstation aus, es ist einfach gar nichts los, alle Haie scheinen schon sauber zu sein. Die Schnapper- und Soldatenfischschwärme können uns nicht wirklich aufheitern. Die letzten 20 Minuten geht es wieder ins Blauwasser, aber auch diese Exkursion bleibt ergebnislos. Lediglich ein Wahoo prüft kurz die Lage und sucht dann wieder das Weite.
Der dritte Platz heute steht unter dem Motto "Easy Diving", an Pajara ist mit Ausnahme des ab und zu herumstreundenden Tigerhais kein Großfisch zu erwarten. So beschränken wir uns auf das Ablichten eines niedlichen kleinen Anglerfisches, einer fetten Muräne und der 1 Million Weißspitzen, Kugelfische und Langusten, die man vor Cocos auch bei jedem Tauchgang fürs Abendessen mit nach oben bringen könnte. Ist natürlich verboten und die Nationalpark-Ranger gehen ab und zu auch mal mit auf Tauchstation und prüfen, ob sich der gemeine Tauchtouri den Regeln entsprechend verhält. Es mutet schon absonderlich an, wenn die illegalen Fischerboote vor Cocos mehr oder weniger ungestört ihr Unwesen treiben können, aber aufgepasst wird, dass ein Sporttaucher ja nichts anfasst, er könnte ja das Ökosystem schädigen. Was nicht heißen soll, dass man alles angrabbeln soll, aber irgendwas läuft hier falsch: Wenn man als illegaler Fischer mit Motorschaden vor Cocos liegen bleibt, unterstützen die Ranger einen bei der Reparatur, aber bei Sichtung eines Baitballs dürfen die Tauchboote diesen nicht mehr gezielt anfahren. Absurd.
Das Fazit der ersten beiden Tage fällt ernüchternd aus, von den erhofften Haimassen fehlt jede Spur, sieht man von den Weißspitzen ab, die nicht zählen. Langsam fange ich an, mir Gedanken zu machen, ob die Finning-Mafia es nicht doch schon geschafft hat, eins der Haiparadiese im Ostpazifik zu zerstören. Waren die Berichte im Internet alle nur geschönt? Unsere Guides verneinen dies, die letzten beiden Trips seien sehr gut gewesen, es gab massig Haie und sie verstehen auch nicht, wo die auf einmal alle geblieben sind. Na gut, ich will das einfach mal so glauben und hoffe auf intensivere Begegnungen in den nächsten Tagen, wir haben ja noch eine ganze Tauchwoche.
Der Tag startet mit den zwei Freunden am südwestlichen Zipfel von Cocos. Dort stehen zwei Felsen relativ exponiert in der Landschaft, sodass die zwanzigminütige Anfahrt mit dem Panga eine schaukelige Angelegenheit ist. Zuerst tauchen wir am kleineren der beiden Freunde, dem Small Dos Amigos, ab. Gleich am Anfang haben wir immerhin eine Kleingruppe Hammerhaie, die auch relativ nah herankommen, sodass man mal mehr als nur einen Schatten sehen kann. Große Schnapper- und Stachelmakrelenschwärme runden den Tauchgang ab. In uns keimt Hoffnung auf eine Verbesserung der Großfischsituation auf.
Keine 3 Stunden später geht es nebenan am Big Dos Amigos wieder ins Wasser. Ein riesiger Torbogen, durch den die Undersea Hunter locker hindurch passen würde, durchzieht den Felsen. Große Fischschwärme und Dutzende Weißspitzen tummeln sich im Torbogen. Nach dem Durchtauchen biegen wir links ab und gondeln durchs Blauwasser, aber wie um unsere Hoffnungen direkt wieder im Keim zu ersticken, lässt sich nicht eine müde Großfischflosse blicken. Nur ein paar Pompanos vertreiben sich die Zeit an der Wasseroberfläche. Etwas besser präsentiert sich am Nachmittag dann der Viking Rock, eine Handvoll Hammerhaie kreuzt vor der Felswand herum. Wir sind ja genügsam geworden.
Am nächsten Morgen lacht die Sonne vom Himmel herab, bei stahlblauem Himmel machen wir uns auf den Weg, die Tauchplätze auf Cocos' Südseite zu erkunden. Gutes Wetter ist vor Cocos alles andere als selbstverständlich, jährlich fallen hier 8 Meter Niederschlag, etwa 10x so viel wie in Deutschland. Gerade jetzt in der Regenzeit ist Sonnenschein normalerweise die absolute Ausnahme, in der Regel präsentiert sich der Himmel grau, trüb und voller Wolken. Dass die Regeln momentan etwas auf den Kopf gestellt sind, mussten wir ja unter Wasser schon schmerzhaft erfahren, über Wasser beschert uns das bisher erfreulich niederschlagsarme Tage. Lieber wäre uns allerdings viel Hai statt viel Sonne und so starten wir am Submerged Rock unseren nächsten Versuch. Dieser Unterwasserfelsen reicht bis knapp unter die Wasseroberfläche, ohne sie allerdings zu durchstoßen. Am westlichen Ende durchzieht ein kleiner Tunnel den Fels, vor dem wir uns ins Wasser schmeißen. Was hier an Schwarmfisch in der Strömung steht, ist schon gigantisch, riesige Schwärme Stachelmakrelen, Schnapper und Soldatenfische versperren die Sicht ins Blauwasser. Nach Durchtauchen des Tunnels finden wir uns auf der anderen Seite des Felsens in einer Stechrochensuppe wieder, überall hocken sie in Höhlen und auf Felsvorsprüngen oder schwimmen die fast senkrecht abfallende Steilwand entlang. Sehr schöner Platz auch ohne Hammerhaie, denn diesbezüglich ist hier komplette Fehlanzeige. Auf der Rückfahrt zum Schiff betreiben wir Sightseeing und schippern gemächlich die Küste entlang. Cocos ist schon atemberaubend, die ganze Insel ist mit tropischem Regenwald bewachsen, Palmen säumen das Ufer und Wasserfälle stürzen steile Klippen hinunter ins Meer. Einfach kitschig schön.
Um 11 Uhr folgt Alcyone, für viele Cocos-Fahrer der beste Tauchspot am Platze. Es handelt sich um ein Unterwasserplateau recht weit draußen vor der Südküste der Insel. Ein Abstiegsseil erleichtert bei der oft heftigen Strömung das Erreichen der Felsen in gut 20 m Tiefe. Mehrere Putzerstationen befinden sich strategisch verteilt auf dem Areal. Bei unserer Ankunft erwartet uns schon eine riesige Schule Stachelmakrelen. Freude über deren Anwesenheit herrscht auch bei einigen Brummern von Gelbflossenthunen und den kaum weniger großen Bernsteinmakrelen. Die haben nämlich Hunger und sind im Jagfieber, immer wieder stoßen sie mit Hochgeschwindigkeit in den Schwarm hinein, um Beute zu machen. Tolles Schauspiel! Im Schatten des Schwarms bewegt sich auch ein Seidenhai bedächtig vorwärts. Unfassbar, nach 4 Tagen endlich der erste Seidenhai, wo sind sie bloß alle hin? Immerhin zeigen sich an den Putzerstationen #auch noch ein paar Hammerhaie, die sich von Galapagos-Kaisern säubern lassen. Auf dem Meeresgrund fläzen sich zwei Dutzend Weißspitzen herum, an denen herrscht auch an Alcyone kein Mangel. Toller Tauchgang.
Manuelita Out eine starke Dünung, die uns auch in 20 m Tiefe noch hin und herschmeißt. Also geht es noch eine Etage tiefer, der Meeresboden liegt hier bei 39 m. Und siehe da, ein paar Hammer sind da, die Zahl bewegt sich tatsächlich gerade so im zweistelligen Bereich, hurra! Ein paar Minuten schauen wir ihnen zu, dann geht es an der Wand entlang bis zur Nordspitze Manuelitas. Hier zieht einen eine kräftige Strömung im D-Zug-Tempo um die Spitze herum und man findet sich in einer Waschmaschine wieder, die einen im Sekundentakt abwechselnd 5 m rauf und dann wieder 10 m runter befördert, Tarierversuche sind ziemlich sinnlos. Wir enden im Blauwasser, aber auch heute herrscht hier gähnende Leere.
Am Nachmittag erwartet uns anDen Nachttauchgang lasse ich mir heute nicht entgehen, er findet an Manuelita Coral statt. Die Bilder der Horden von jagenden Riffhaien aus dem "Berg der Haie" sind mir in bester Erinnerung. Wir brauchen auch nicht lange zu suchen, zwischen 50 und 100 Weißspitzen wuseln um uns herum und nutzen das Licht unserer Lampen zur Jagd. Allerdings sind sie hundsmiserable Jäger, warum die Evolution sie nicht schon lange aus dem Genpool entfernt hat, ist mir etwas schleierhaft. Das Licht der Lampen hilft ihnen nämlich nicht wirklich, solange ein Fisch sich nicht bewegt und völlig still hält, sodass er keine Wasserbewegungen verursacht, die die Haie mit ihren Sinnesorganen wahrnehmen, hat er gute Chancen, die Jagd zu überleben, selbst wenn ein Dutzend Weißspitzen in hellstem Lampenlicht direkt an ihm vorbeischwimmt. Haben die Haie allerdings einen Fisch auf dem Kieker, dann geht es richtig zur Sache, dann quetschen sich 15 Haie gleichzeitig heftig zappelnd in engste Ritzen und stellen dem Fisch so lange nach, bis er zum Abendbrot geworden ist. Dabei kennen sie weder Freund noch Feind, deswegen ist es ratsam, ein paar Meter Abstand zu halten, um nicht mitten ins Getümmel zu geraten. Ziemlich beeindruckendes Schauspiel.
Nach 4 Tauchtagen haben wir fast alle Plätze durch, sodass die Suche nach den Haien an schon bekannten Plätzen weitergeht. Für den Vormittag stehen Punta Maria und Dirty Rock auf dem Programm, aber beide Tauchgänge verlaufen genauso enttäuschend, wie schon ein Großteil der Woche, ein paar einzelne Hammerhaie, Seidenhai Nummer 2 und der erste Galapagoshai nach 5 Tauchtagen. Wo sind bloß all die Haie hin, alle schon auf chinesischen Hochzeiten als Suppe gelandet? Am Nachmittag besuchen wir den Lobster Rock und wühlen hier fast eine Stunde im Sand nach der Rosalippen-Seefledermaus, einem bzarren Fisch, dessen naher Verwandter mit roten Lippen mir noch aus Galapagos und Malpelo in bester Erinnerung ist. Unsere Suche bleibt allerdings erfolglos, sodass der Tag genauso öde endet, wie er begonnen hat.
Am Abend trifft die Argo vor Cocos ein, ein weiteres der drei Boote aus der Undersea Hunter-Flotte. Mit an Bord hat sie ein 3-Mann-U-Boot, die "DeepSee". Unendliche Schwärze, unbekannte Dimensionen, die "DeepSee" stößt in Tiefen vor, die nie ein Sporttaucher je zuvor gesehen hat. Drei Touren auf 100, 200 und 300 m sind im Angebot, zwischen 1200 und 1800 US$ kostet der Spaß. Eine hübsche Stange Geld, aber wann hat man schon mal die Gelegenheit, U-Boot zu fahren? So brauche ich nicht lange zu überlegen und melde mich für übermorgen für einen Abstieg auf 300 m an. So hat der Tag doch noch eine positive Überraschung parat und wir gehen mit ungebrochener Hoffnung auf mehr Großfisch in Woche 2