Jordan-Schnapper

Tauchsafari Cocos Island auf der Undersea Hunter – Woche 2

Oktober/November 2010

Tag 8: DO, 04.11.

Unsere zweite Cocos Island Tauchsafari-Woche beginnt, wie die erste aufgehört hat, kaum Haie an Alcyone. An Manuelita Out dann endlich ein Anflug des viel gerühmten Cocos-Feelings, eine 15-Hammerhai-starke Gruppe schwimmt am Meeresboden herum und lässt uns fast schon in Begeisterungsstürme ausbrechen. Damit ist unser Haikontingent für heute aber auch so gut wie erschöpft, beim Nachmittagstauchgang im Manuelita Channel lässt sich außer den hier stationierten Adlerrochen mal wieder kaum eine Knorpelfischflosse blicken. Zwischen den Tauchgängen begeben wir uns in der Chatham Bay an Land und wagen einen kleinen Spaziergang den Berg hinauf, von dem man einen atemberaubenden Blick Richtung Norden über die Bucht und auf Manuelita hat. Über Wasser päsentiert sich Cocos wahrlich traumhaft.

Tag 9: FR, 05.11.

Das erste Briefing sparen wir uns heute, die Pangas fahren ohne Buddy Walter und mich los zum Tauchen. Wir begeben uns drei Etagen tiefer. Pünktlich um viertel vor 8 werden wir abgeholt und zur Argo kutschiert, wo die Mannen von der "DeepSee" schon bereitstehen und das U-Boot klarmachen. Nach Unterschreiben des üblichen Haftungsausschlusses ("Wenn ich bei dieser Fahrt draufgehe, verklage ich euch trotzdem nicht") bekommen wir zunächst ein kurzes Sicherheitsbriefing, bei dem mir spontan erstmal etwas mulmig wird. Uns wird nämlich erklärt, wie wir im Falle einer Bewusstlosigkeit des Piloten die "DeepSee" selbst wieder an die Oberfläche bringen. Zu viele schlechte Katastrophenfilme gesehen oder wie? Na ja, im Wesentlichen muss man für 10 Sekunden ein Ventil öffnen, um die Tariertanks mit Luft zu füllen, sodass das Boot dann ganz von alleine langsam an die Oberfläche treibt. Sollte auch ohne Maschinenbaustudium machbar sein, Pilot Eli hat schließlich auch keins. Für den Fall von Rauchentwicklung im Cockpit steht pro Nase ein Atemgerät bereit, welches Luft für 2 Stunden spendet, genug Zeit, um das Boot wieder nach oben zu bringen. Dann geht's endlich los, wir steigen vorsichtig in das 4 Mio. US$ teure Tauchgerät ein. Das Boot hat eine getestete Tauchtiefe von 2500 m, die Sicherheitsbestimmungen erlauben aber Tauchfahrten mit Passagieren nur bis zu einem Fünftel der Maximaltiefe. Der Kabinendruck beträgt dabei 1 bar, sodass eine solche Tauchfahrt keine Auswirkung auf die Planung von Presslufttauchgängen hat.

Die "DeepSee" geparkt im Heck der "Argo" Langsam schleppt uns der Unterstützungskutter aufs Meer hinaus. Die "DeepSee" kann zwar auch selbständig an der Oberfläche fahren, aber eine Maximalgeschwindigkeit von 0,5 Knoten ließe die Ausfahrt zu einem Geduldsspiel werden. Während des 30-minütigen Abschleppens erklärt uns Eli ausführlich die Instrumente und den Bordcomputer. Als ich feststelle, dass der unter einem Windows-System läuft (immerhin ein XP) wird mir zum 2. Mal heute mulmig, aber Eli beruhigt, dass der Computer nur zu Informationszwecken dient, das Gefährt lässt sich auch vollständig mechanisch ohne Bordcomputer steuern. Da bin ich beruhigt, dass auch hier keine lebenserhaltenden Systeme einem Windows-Rechner anvertraut werden. Die Informationszwecke bekommen wir dann auch gleich zu spüren, Eli präsentiert uns einen Ausschnitt des marinen Lebens, welches die DeepSee-Crew bei ihren bisherigen Erkundungsfahrten vor Cocos aufgespürt hat. Darunter sind auch zwei Tiefseehaiarten, der Malpelo-Schildzahnhai (Odontaspis ferox), den man in Tiefen unterhalb von 50 m vorfindet und den Stachelhai (Echinorhinus cookei) ab 200 m abwärts. Wäre natürlich ein Traum, wenigstens einen von beiden anzutreffen, aber die Chancen sind sehr gering.

Dann werden wir ausgeklinkt, die Tariertanks geflutet und langsam sinken wir in die Tiefe. Die Acrylglas-Kuppel, unter der wir hocken, ist 7 cm dick und unter Wasser vollständig transparent. Man sitzt quasi mitten im Meer, ein irres Gefühl! Einige Kratzspuren im Glas zeugen davon, dass schon der ein oder andere Kunde beim Schwenk mit der Kamera sein Platzangebot überschätzt hat. Langsam wird es dunkler, zuerst verschwindet der Rotanteil im Sonnenlicht, sodass in der Kabine alles Blau in Blau wird. Weit über uns können wir einen Marlin erkennen, der durch den offenen Ozean schwimmt. Unter Pressluft ist mir noch nie einer begegnet. Wir überschreiten die 100-Meter-Marke, es wird immer dunkler, sodass Eli schließlich das Licht einschaltet. Bei 160 m erreichen wir den schräg in einem 45 Grad Winkel abfallenden Meeresboden, dem wir weiter nach unten folgen. Bei 200 m erblicken wir etwas, was wir hier nicht sehen wollen: Nein, nicht die herumliegenden Bierdosen sind gemeint, sondern ein Seidenhai, der sich in einer Fischerleine verfangen hat und jämmerlich verendet ist. Die genauen GPS-Koordinaten des Fundes werden festgehalten und an das Mutterschiff übermittelt, zu dem ständiger Funkkontakt herrscht. Langsam gleiten wir weiter nach unten, bis wir die Abbruchkante in 210 m Tiefe erreichen. Ab hier fällt der Meeresboden senkrecht bis auf 2000 m ab. So tief fahren wir heute nicht, sondern inspizieren erstmal die Felsspalten, in denen Zacken- und Fahnenbarsche hocken. Auch einige Tiefseequappen schwimmen im Schein der Lampen herum. Dieser äußerst urzeitlich anmutende Fisch sieht vorne aus wie ein Wels und hinten wie ein Aal. Elegant schwebt über uns auf einmal ein Mobula heran, mustert kurz das merkwürdige, tauchende Objekt und segelt dann von dannen. Wusste gar nicht, dass die Riesenrochen solche Tiefflieger sind. Langsam geht es senkrecht an der Wand entlang abwärts, bis bei 307,5 m Auf dem Sandboden in 200 m Tiefe bietet jedes von der Oberfläche abgesunkene Algenbüschel Lebensraum für viele Kleinstlebewesen. Schluss ist und Eli das Boot neutral austariert. Das ist ziemlich genau 250 m tiefer, als ich bisher mit Pressluft war. Inzwischen ist es pechschwarz um uns herum, wobei ich meine, dass von oben selbst in dieser Tiefe noch ein klitzekleines bisschen Restlicht zu erkennen ist. Wir gleiten an der Wand entlang auf der Suche nach den Haien, aber wir suchen umsonst. Na ja, das kennen wir ja schon, müssen wir uns wenigstens nicht umgewöhnen.

Etwa eine halbe Stunde bleiben wir bei 300 m, dann geht es langsam wieder nach oben zu einem kleinen Felsen in 180 m Tiefe, den die Crew "Theater" getauft hat, weil hier immer so schön viel los ist. In der Tat schwirren überall an dem Felsen Fische herum, die versuchen, sich vor unserem Licht zu verstecken. Als Eli die Lampen ausschaltet und das ganze Boot in ein dämmriges Zwielicht getaucht wird, ändert sich das Verhalten, die Fische verlieren ihre Scheu und steuern auf das Boot zu, wir sind mittendrin in einem Schwarm aus Fahnenbarschen. Neben den Barschen liegen vor allem Tiefsee-Skorpionsfische in den Ritzen herum, die mit ihren farbenprächtigen Rottönen völlig tarnungslos im Scheinwerferlicht erscheinen, ganz im Gegensatz zu ihren Verwandten von weiter oben. Ohne Licht gibt es hier unten allerdings kein Rot, sodass diese Skorpione unter normalen Bedingungen Schwarz erscheinen und somit für ihren Lebensraum ebenfalls perfekt getarnt sind. Gut getarnt sind auch die vielen Anglerfische, die überall auf den Felsen herumhocken und Bewegung für eine nutzlose Tätigkeit halten.

Bei U-Booten ist vorwärts einparken o.k. Ende eines interessanten Ausflugs Schließlich verlassen wir das Theater und begeben uns auf den Rückweg zur Oberfläche. Bei 120 m nehmen uns 3 Mobulas in Empfang. Weitere 60 Meter höher spurtet auf einmal von hinten eine Kröte an uns vorbei, positioniert sich vor der Kuppel und blickt etwas verständnislos ins Cockpit. Sowas hat sie anscheinend noch nie gesehen. Kurze Zeit später durchbrechen wir die Wasseroberfläche, das Sonnenlicht hat uns wieder. Das Unterstützungsboot nimmt uns wieder an den Haken und schleppt uns zurück zur Argo, wo nach fast 4 Stunden ein einmaliges Erlebnis zu Ende geht. Kein billiger Spaß für 1800 US$, aber wie oft im Leben fährt man schon mal mit dem U-Boot in die Tiefsee? Vermutlich wird es für mich das einzige Mal bleiben.

Video: Auf Tauchfahrt mit der DeepSee [11:31 Min.]

Nach dem tiefen Tauchgang vom Vormittag brauche ich mit flachen Tauchgängen heute gar nicht mehr anzufangen. Stattdessen geht es in die Wafer Bay, wo wir mit einer 2 Frau und 4 Mann starken Gruppe an Land gehen und uns nach kurzer Besichtigung der Ranger-Station zusammen mit einem Ranger auf einen kleinen Spaziergang zu einem pittoresken Wasserfall machen. Als Erstes passieren wir eine aus Angelleinen und Bojen erbaute Hängebrücke, die mit dem Material, welches die Ranger vor Cocos so aus dem Meer fischen, instand gehalten wird. Ein paar Freiwillige, im Wesentlichen Biologiestudenten der Uni in San Jose, bessern gerade die Brücke aus. So ganz erschließt sich mir die Daseinsberechtigung der Brücke nicht, das Bächlein, welches sie überquert, lässt sich auch locker durchwaten, das Wasser geht hier auch jetzt am Ende der Regenzeit gerade mal bis zu den Knöcheln. Job Creation. Der Weg durch den Dschungel ist dann nicht ganz so pittoresk, eine Pipeline, die Wasser zur Energiegewinnung von einem kleinen Staudamm zum Generatorraum ins Camp leitet, verschandelt etwas den Gesamteindruck. Na ja, auch auf Cocos ist Strom gerne gesehen. Sehr idyllisch kommt dann aber der Wasserfall daher, in dem angeschlossenen Schwimmloch können wir uns nach dem schweißtreibenden Aufstieg etwas erfrischen. Insgesamt ist der Ausflug eine lohnenswerte Alternative, wenn es unter Wasser nicht so klappt, wie erhofft.

Tag 10: SA, 06.11.

An Tauchtag 8 versuchen wir es vormittags mal wieder an Alcyone und dem Submerged Rock. Beide Tauchgänge verlaufen ohne nennenswerte Vorkommnisse, lediglich die riesigen Fischschwärme am untergetauchten Felsen können mal wieder begeistern. Nachmittags probieren wir dann was Neues aus und versenken uns an Silverado. Jahrelang war dieser Platz für seine Silberspitzenhaie berühmt, aber Guide Ronaldo macht uns keine großen Hoffnungen, seit 6 Monaten haben sie hier keinen Hai mehr gesichtet. Er vermutet, dass sie von illegalen Fischern rausgeholt wurden. Und ohne Haie ist Silverado einer der langweiligsten Plätze der Welt, denn außer Sand und dem 12 m tief gelegenen Felsen, an dem sich die Haie früher immer haben putzen lassen, gibt es hier absolut nichts zu sehen. Trotzdem hocken wir uns einfach mal in den Sand und warten. Wir warten 25 Minuten lang, ohne dass das Geringste passiert. Selbst dem Ranger, der uns aus sicherem Abstand beobachtet, wird wohl schließlich langweilig, er verabschiedet sich zurück aufs Boot. Als es uns in dem 23 Grad kalten Wasser langsam anfängt zu frösteln, verlassen wir den Ort des Trauerspiels und streunen über den Sand, um nochmal Ausschau nach der Rosalippen-Seefledermaus zu halten. Und während wir so suchen, passiert uns doch tatsächlich in 10 m Abstand eine Silberspitze. Es sind nur ein paar Sekunden und es ist noch fast ein Babyhai, aber immerhin, es gibt sie also doch noch, Gott sei Dank. Unsere Suche nach der rosa Lippe wird dann schließlich auch noch belohnt, Walter entdeckt eine im Sand, die dann von allen Seiten abgelichtet wird. Zumindest versuchen wir es von allen Seiten, aber irgendwie tut so ein Fisch nie das, was das Drehbuch vorsieht und er nimmt Reißaus, wenn es ihm mit 8 Tauchern drumrum zu ungemütlich wird. Auf den Erfolg der Suchaktion wird am Abend dennoch mit einem anständigen Schluck aus der mitgebrachten Buddel Rum angestoßen.

Tag 11: SO, 07.11.

An unserem letzten Tauchtag versuchen wir es gleich 2x an Cocos' vermeintlichem bestem Platz, auch wenn Alcyone diesem Ruf bisher nicht gerecht werden konnte. Morgens um 7 Uhr hat es leider noch überhaupt keine Strömung und dementsprechend sichten wir ganz genau einen einzigen Hammerhai. Um 11 Uhr zieht es schon etwas mehr und zu unserer großen Freude treiben sich gleich 10 Hammerhaie in der Gegend herum. Und zu unserer noch größeren Freude scheinen sie ihre Morgentoilette noch nicht hinter sich gebracht zu haben, eine halbe Stunde lang passieren sie uns immer wieder in geringem Abstand, um sich von der Putzkolonne reinigen zu lassen, unsere Anwesenheit scheint sie nicht zu stören. Prima Sache, so hatten wir uns das eigentlich schon die ganze Woche vorgestellt. Als die Nullzeit langsam zur Neige geht, brechen wir wie üblich Richtung Blauwasser auf. Wir kommen nicht weit, als sich ein grauer Schatten gegen das Blauwasser abhebt, dann noch einer und bevor ich mich versehe, finde ich mich in einer Schule von ca. 40 Hammerhaien wieder. Wie geil, ein paar sind also doch noch hier! Knapp zwei Minuten kann ich mitschwimmen, da sie freundlicherweise noch eine Extrarunde drehen, bevor sie sich irgendwohin verabschieden, wohin wir nicht folgen können. Mit breitem Grinsen tauche ich auf, diese Begegnung hat mich ein kleines bisschen mit Cocos versöhnt und lässt mich hoffen, dass hier doch noch nicht alles leer gefischt wurde und noch ein paar Haie rumkreuzen.

Video: Hammerhaie an Alcyone [02:59 Min.]

Adios, Cocos! Unser finaler Tauchgang an Manuelita Out hält bis auf einen Respekt einflößenden Brocken von Galapagoshai, den einige unserer Hardcore-Taucher vermutlich schon gestern beim Nachttauchgang gesehen haben, nur die schon bekannte Hausmannskost für uns bereit. Direkt nach dem Tauchgang macht die Crew die Undersea Hunter bereit für die Rückfahrt Richtung Festland. Gegen 17 Uhr stechen wir in See, diesmal mit den Wellen, was die Fahrt hoffentlich etwas sanfter werden lässt als auf dem Hinweg.

Tag 12: MO, 08.11.

Das Meer ist ruhig und erlaubt diesmal auch Beschäftigungen, die über das "in der Koje liegen" hinausgehen. Zeit auch schon mal, ein Fazit zu ziehen. Und das fällt leider nicht gut aus, so traumhaft sich Cocos über Wasser präsentiert hat, so mittelprächtig war es unter Wasser. Zum ersten Mal nach 13 Jahren komme ich enttäuscht aus einem Tauchurlaub nach Hause, die zugegebenermaßen hochgesteckten Erwartungen wurden nicht annähernd erfüllt. Ich halte es ja immer für besser, ohne Erwartungen in Urlaub zu fahren, aber das geht bei Cocos als Reiseziel natürlich schlecht, man fliegt ja nicht uninformiert um die halbe Welt. Cocos hat halt den Ruf, erstklassige Haibegegnungen zu ermöglichen und auch unsere Wiederholungstäter sagen, dass diese Tour kein Vergleich zu ihrem letzten Trip von vor 2 Jahren war. Wieso es kaum Haie gab, kann uns niemand erklären. Ich hatte ja die illegale Fischerei in Verdacht, aber die Crew der "DeepSee" ist anderer Ansicht. Zwar habe die Fischerei auch einen Anteil an der Situation, aber sie könne nicht die Hauptursache sein. Sie glauben eher, dass es mit El Niño zusammenhängt, der alle 7 Jahre vorbeischaut und im Februar mal wieder zugeschlagen hat. Dieses Naturphänomen bringt warmes, nährstoffarmes Wasser nach Cocos, infolgedessen ein Großteil der Fische und der an sie gebundenen Räuber abwandern oder sterben, das Meer ist dann wie leer gefegt. Dementsprechend öde sah es dieses Jahr vor Cocos im Februar und März aus. Überraschend schnell habe sich dann aber die Situation entspannt, Juni und Juli sollen extrem gut gewesen sein, versichern uns die DeepSeeler, mit riesigen Schulen Hammerhaien und anderem Großfisch. Warum, weiß keiner. Bis Mitte Oktober sei die Situation noch gut gewesen, bis 2 Wochen vor unserer Ankunft die Haie auf einmal verschwunden seien. Auch das kann keiner erklären, normalerweise ist jetzt die beste Zeit für Großfischbegegnungen. Vielleicht sei es aufgrund von El Niño einfach zu einer Verschiebung des normalen Jahresrhythmus gekommen.

Tag 13: DI, 09.11.

In den frühen Morgenstunden erreichen wir mit einlaufender Flut die Docks von Puntarenas. Nach dem Frühstück heißt es Abschied nehmen von der Undersea Hunter. Während der Großteil der Gruppe noch zu einem Anschlussprogramm auf dem Festland startet, bleibt für mich und vier weitere Mitreisende nur noch Zeit für eine spontane Krokodiltour im Örtchen Tárcoles, eine halbe Autostunde entfernt. Auf dem Weg dorthin erfahren wir von unserem Guide, dass es in der letzten Woche, in der wir auf Cocos waren, auf dem Festland richtig rund gegangen ist. Die Besetzung costa-ricanischen Territoriums durch Truppen aus Nicaragua im Norden des Landes ist dabei noch das kleinere Übel. Gleichzeitig ist ein Unwetter über das Land gezogen, das dem Festland sintflutartige Regenfälle beschert und große Teile der Pazifikküste überschwemmt hat. Innerhalb von nur 2 Tagen ist mehr Regen niedergegangen als sonst während der gesamten Regenzeit. Straßen und Häuser wurden weggeschwemmt, einige am Pazifik gelegene Orte sowie der Corcovado-Nationalpark sind immer noch von der Außenwelt abgeschnitten. 15000 Menschen sind obdachlos geworden und auch einige Tote sind zu beklagen. Angesichts dieser Nachrichten nimmt sich unsere Jammerei über fehlende Haie fast schon wieder peinlich aus.

Eine Ahnung, welche Verwüstungen das Unwetter angerichtet haben muss, bekommen wir, als wir Tárcoles erreichen. Viele Gärten sind noch überschwemmt, der Rio Tárcoles hat 15 Meter Uferzone mit sich gerissen und dabei die Einrichtungen von Jungle Crocodile Safari zerstört. Auf neu entstandenen Sandbänken liegen ehemalige Dächer herum, alles liegt in Trümmern. Wir überlegen schon, die Tour zu canceln, die Leute hier haben gerade dringendere Arbeiten zu erledigen, als ein paar Touris die Krokodile des Flusses zu zeigen. Nichtsdestotrotz freuen sie sich, uns zu sehen, denn was sie jetzt brauchen ist Geld für den Wiederaufbau und das verdienen sie nun mal durch diese Touren. Glücklicherweise haben alle Boote das Unwetter unbeschadet überstanden, sodass dem Geldverdienen nichts im Wege steht. Bei einer anderthalbstündigen Tour über den Fluss bekommen wir hautnah Amerikanische Krokodile und exotische Vögel zu sehen, darunter auch unter Schutz stehende, wildlebende Aras, von denen es nur noch 400 Stück in der Gegend gibt.

Nach der Flussfahrt geht es durch die Berge zurück nach San Jose, wo die anderen vier Krokogucker einen Flieger nach Hause besteigen. Ich bleibe noch eine Nacht und fliege erst am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel, der tolle Ausblicke auf die Ostküste der USA ermöglicht, über New York zurück nach Hause. Bei der Ankunft in Frankfurt sind die verpassten Hammerhaie von Cocos fast schon wieder vergessen, ich hoffe einfach auf mehr Glück beim nächsten Trip Richtung Ostpazifik.

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