Großer Tümmler vor Roca Partida, Islas Revillagigedo, Mexiko

Tauchsafari Socorro Sommer

Juli 2021

Mitten über Grönland wird mir in dem AeroMexico-Dreamliner leicht schummrig. Ob das an der 2. Spritze liegt, die ich mir sechs Stunden vor Abflug noch abgeholt habe, oder doch an den vier großen Heineken, die ich als kleine Einschlafhilfe beim Zwischenstopp in Amsterdam verköstigt habe, wird für immer als ungelöstes Geheimnis in die Weltgeschichte eingehen. Ansonsten verläuft der Flug nach Mexico City ohne besondere Vorkommnisse und sehr angenehm. Von AeroMexico, mit denen ich zum ersten Mal fliege, bin ich auch sehr angetan; eine gute Alternative zu KLM oder den Amis, wenn man in den Norden Lateinamerikas will.

Tag 1: DO, 01.07., Cabo San Lucas

Nach vier Stunden Aufenthalt auf dem quirligen Flughafen von Mexico City, der einen glauben lassen könnte, dass es keine Pandemie gibt, geht es schließlich auf die letzte Etappe nach San José del Cabo, wo wir nach insgesamt 23 Stunden on tour landen. Der Shuttle-Bus zum direkt am Yachthafen von Cabo San Lucas gelegenen Hotel Tesoro dauert nochmal eine halbe Stunde, dann haben wir endlich unser Ziel erreicht.

Leider ist es morgens um 11 noch zu früh zum Einchecken, sodass wir die vier verbleibenden Stunden mit einem ausgiebigen Frühstücksbuffet im hoteleigenen Open Air-Restaurant überbrücken. Meine Energie, mir am Nachmittag irgendetwas anzugucken, ist beschränkt. Bei über 30 Grad im Schatten und keinem Schatten läuft einem schon beim Stehen auf der Hafenpromenade die Soße den Rücken runter. So schlafe ich die Zeit bis zum Abendessen im Zimmer tot. Zu diesem findet sich ein Großteil der bereits angereisten Safari-Gäste wieder im Hotel-Restaurant zusammen. Auch Michael und Xenia von Tauchertraum sind am Start und begleiten die außergewöhnliche Tour. "Außergewöhnlich" deshalb, weil die Tauchsaison vor Socorro aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen im Sommer mit viel Wind und Welle schon lange zu Ende ist. So war dann auch bis kurz vor unserer Ankunft der Hafen von Cabo San Lucas wegen der Ausläufer eines Hurrikans für einige Tage geschlossen. Der Vorteil der Jahreszeit liegt natürlich darin, dass man dann auch das einzige Boot vor Ort ist und keine Gefahr läuft, an dem Mini-Felsen namens Roca Partida mehr Taucher als Lebewesen zu sehen, die da von Natur aus hingehören.

Tag 2: FR, 02.07., Cabo San Lucas

Tag 2 beginnt für die Hälfte der 12 Traumtaucher mit dem Check-in in der SeeCreatures-Tauchbasis, direkt neben dem Tesoro gelegen. Die andere Hälfte muss sich noch bis morgen gedulden, da als Folge der Hygienevorschriften die Tagesboote aktuell nur mit 50 % Auslastung fahren dürfen. Die Basis gehört zu Nautilus Liveaboards, die auch das Safariboot betreibt, mit dem wir übermorgen Richtung Islas Revillagigedo düsen werden. im Wesentlichen dienen die beiden heutigen Tauchgänge dem Eintauchen, Ausrüstungscheck und der Bleibestimmung. Und dazu, den Tag totzuschlagen. Wie immer, muss zuerst allerlei Papierkram erledigt werden. Dazu gehört das Vorzeigen unseres negativen PCR-Tests, der nicht älter als 1 Woche (muahaha!) sein darf, sowie des vor 10 Minuten noch gefälschten Körpertemperatur-Logs der letzten 7 Tage. Der Sinn und Zweck dieser Maßnahmen erschließt sich mir nicht wirklich. Darüber, wie aussagekräftig ein 7 Tage alter Test ist, müssen wir wohl nicht reden. Und ob jemand tatsächlich ernsthaft seine 39 Grad Fieber auf einen Wisch schreibt, wenn er weiß, dass er dann evtl. nicht an Bord kommt, darf wohl auch bezweifelt werden. Wahrscheinlich geht es hier um eine rein rechtliche Absicherung des Betreibers, denn natürlich bestätigt man mit seiner Unterschrift, dass man nicht gelogen hat. Immerhin werden morgen noch alle Teilnehmer und die gesamte Crew einen Antigen-Test machen, der natürlich negativ sein muss, damit man an Bord darf.

Doch das ist noch Zukunftsmusik, erstmal geht es mit einem kleinen Tagesboot die pittoreske Küste entlang zum Pelican Rock. Nach Anlegen des Tauchgerödels muss ich beim Self Check feststellen, dass mein Inflator etwas einseitig funktioniert. Das Teil bläst nur noch permanent per Dauerfeuer Luft ins Jacket. Toll, es wäre wohl doch sinnvoll gewesen, vor Abflug nochmal ins Dive4Life nach Siegburg zu fahren. So bleibt mir nur, jetzt mit dem Ersatzjacket der Basis zu tauchen und zu hoffen, dass es in Cabo noch einen Tauchladen gibt, der meinen Inflator auf die Schnelle repariert kriegt. Der Tauchgang selbst hält eine angenehme Überraschung parat: Unter einem Felsen hat sich ein Gebänderter Gitarrenrochen verschanzt. Ich kann mich gar nicht erinnern, ob ich schon mal jemals in freier Wildbahn einen Gitarrenrochen erblickt habe. Von daher vermerke ich den Abstieg positiv im Logbuch, auch wenn ansonsten bei trüber Sicht und grünem Wasser im Wesentlichen 3 Tonnen Igelfische und ein paar Drachenköpfe unseren Weg kreuzen.

Beim Auftauchen kriege ich einen leichten Schock: Was ist denn an der Oberfläche in den letzten 60 Minuten passiert? Anscheinend haben alle Boote Mexikos den Hafen verlassen und sind auf dem Weg zum "El Arco", dem Wahrzeichen Cabos. Mindestens 3 Dutzend Boote kreuzen vor dem überschaubaren Küstenabschnitt umher, Schnorchelboote, Tauchboote, Partyboote, Piratenschiffe, Katamarane, es ist alles dabei. Wir umrunden auch noch den ansehnlichen Torbogen, der nach Azure Window und Darwin Arch hoffentlich nicht als nächster zusammenkracht, und lassen unseren Guide dann wissen, dass unsere Depressionen sich in Grenzen hielten, wenn wir es bei einem Tauchgang beließen. So soll es sein.

Wir kehren also zur Tauchbasis zurück, wo es im Rahmen des von Nautilus aufgelegten "Redeemable Voucher"-Programms erstmal auf große Shopping-Tour geht. Der Hintergrund ist, dass die mexikanische Regierung seit Januar 2021 eine neue Nationalparkgebühr für Socorro in Höhe von 75 US$ pro Tag erhebt. Bei unseren 10 Tagen vor Ort sind das mal schlappe 750 US$, die bei Buchung der Reise noch nicht im Budget berücksichtigt waren. Auch die Nautilus scheint diese Gebühr für etwas übertrieben zu halten und um ihr Geschäft zu bangen, denn sie erstattet ihren Kunden die Nationalparkgebühr in Form von Naturalien zurück. Gut für eine Firma, wenn man so eine Marktmacht hat, dass man sich das leisten kann. Konkret kann man vor der Reise im Shop Tauchzubehör erwerben, während der Reise Nitrox oder WLAN-Zugang damit zahlen oder nach der Reise das verbleibende Budget für eine kommende Tour innerhalb der nächsten 12 Monate anrechnen lassen. So wandern in unserem Kaufrausch allerlei Nautilus Lifelines, Backup-Lampen, Schnorchel und Kappen in unsere Einkaufstaschen.

Nach dem Shopping mache ich mich nach Tipp von SeeCreatures auf zu einem kleinen, namenlosen Tauchshop, nur einen Block entfernt. In dem Mini-Laden sieht es zwar aus wie bei den Ludolfs auf'm Hof, aber tatsächlich können sie für eine Handvoll Dollar (35, um genau zu sein), meinen Inflator reparieren. Auf die gute Nachricht genehmige ich mir erstmal ein paar Margaritas an der Hotelbar und lasse mich von Kay und Dani in die Geheimnisse von Rummikub einweihen. Das muss dann an Action für den Tag auch reichen. Großartig Sightseeing muss ich in einer der gefährlichsten Städte der Welt eh nicht machen. 2017 stand Los Cabos mit 365 Morden (111 pro 100.000 Einwohner) sogar auf Platz 1 dieser Liste. Als Touri bekommt man davon allerdings i.d.R. nichts mit und hat nichts zu befürchten; für den Platz in der Statistik sind im Wesentlichen die Kriege zwischen den Drogenkartellen und der Polizei verantwortlich, wie auch eine Galileo-Reportage zeigt.

Tag 3: SA, 03.07., Cabo San Lucas

Die Action nimmt sich auch an Tag 3 beschaulich aus. In der nahen Apotheke finden wir uns morgens erstmal zum obligatorischen Schnelltest zusammen, bevor wir es uns beim Frühstücksbuffet gemütlich machen. Der aus einer ausgeklügelten Installation versprühte Wasserdampf macht die Temperaturen auf der Hotelterrasse erträglich. Meine Energie reicht immerhin für einen kleinen Spaziergang über die Hafenpromenade, bevor sich die versammelte Mannschaft um 16 Uhr bei SeeCreatures einfindet, von wo aus es per kurzem Shuttle-Transfer zur "Nautilus Gallant Lady" geht, unserer schwimmenden Tauchbasis für die nächsten 12 Tage. Das Schiff ist die neueste Errungenschaft der Nautilus-Flotte und operiert seit 2019 in mexikanischen Gewässern, vorwiegend in der Sea of Cortez. Das 35 m lange Schiff hat nur 6 Kabinen, in denen nach offiziellen Angaben bis zu 16 Gäste beherbergt werden können. Wie man die unterbringen will, ist mir nicht so ganz klar. Auf unserer Tour ist jede Kabine nur doppelt belegt und mehr sollten es m.E. auch nicht sein. Nach der Zuweisung der Kabinen und dem einstündigen Bootsbriefing stechen wir bei Einbruch der Dunkelheit in See.

Tag 4: SO, 04.07., Auf See

Wir haben Glück. Der Pazifik ist uns wohlgesonnen und flach wie ein Brett. Da hab ich auf dem Fühlinger See schon mehr Welle erlebt. Der Tag auf See gibt uns Gelegenheit, das Boot zu erkunden und uns mit den Gepflogenheiten in Corona-Zeiten vertraut zu machen. Auf dem Hauptdeck gibt es einen großen Salon, in dem auch das Essen gereicht wird, und 2 Tageslichtkabinen. Die anderen 4 Kabinen sind unter Deck im hinteren Bereich des Schiffes. Das Platzangebot in den Kabinen ist von der reinen Quadratmeterzahl sehr ähnlich und relativ großzügig. Große Unterschiede gibt es bzgl. der Ablagemöglichkeiten: Während ich mich in meiner Unterdeckkabine vor Schränken und Rollcontainern gar nicht retten kann (2/3 davon brauchten wie nicht), gibt es in anderen Kabinen genau nichts. Also fast nichts, nur ein Schrank zum Aufhängen von Jacken, ohne Unterteilung in Fächer und schon gar keine Schubladen. Das Konzept hinter dieser Kabinenaustattung habe ich nicht verstanden und bedarf sicherlich der Optimierung. Wozu man in einer Kabine auf einem Tauchboot einen Wohnzimmersessel braucht, den wir bei uns vorgefunden haben, ist mir auch unklar. Allen Kabinen gemeinsam ist ein privates Badezimmer mit normalem Keramikklo, in das man auch Papier schmeißen darf, und eine groß dimensionierte Dusche. Diesbezüglich gibt es nichts zu meckern, die Badezimmer sind top.

Schwätzchen auf dem Sonnendeck der Gallant Lady Über dem Salon, befindet sich das Sonnendeck mit ein paar Sitzgelegenheiten und 2 Sonnenliegen. Leider macht das Deck seinem Namen alle Ehre: Es liegt komplett in der brütenden, tropischen Pazifik-Sonne. Eine Möglichkeit, sich irgendwo draußen in den Schatten zu setzen, gibt es nicht, außer oben im Krähennest, in das man über eine Leiter klettern kann, um die Aussicht über das Meer zu genießen. Wem noch nicht warm genug ist, kann sich auch vorne am Bug in den Jacuzzi schmeißen, der auf Nachfrage geöffnet wird, wenn es die Bedingungen zulassen. Natürlich nur, während man irgendwo vor Anker liegt, nicht während der Fahrt.

Zu guter Letzt haben wir noch das Tauchdeck mit einer großen Plattform, von dem aus man bequem in das mitgeführte RHIB ("Rigid-Hulled Inflatable Boat" oder auch "Festrumpfschlauchboot") umsteigt, mit dem man zu den Tauchplätzen fährt. Zu meinem Erstaunen führt die Gallant Lady nur eine einzelnes großes RHIB mit sich, d.h. unsere beiden Sechser-Tauchgruppen werden zusammen abfahren und müssen auch zusammen wieder eingesammelt werden. Ob das so gut funktioniert, muss sich dann noch zeigen. Das Tauchgerödel bleibt während des Trips auf dem RHIB und wird nur für die Überfahrten zwischen den Inseln auf die Gallant Lady umgeladen. Ob diese Vorgehensweise Tauchdeck der Nautilus Gallant Lady beim Design des restlichen Teils des Tauchdecks, den man über 2 Stufen von der Plattform aus erreicht, eine Rolle gespielt hat, vermag ich nicht zu sagen. Er wird zu einem großen Teil von 2 Tischen eingenommen, auf und unter denen man seinen Krimskram in Körben verstauen kann. Was komplett fehlt, sind Sitzmöglichkeiten zum Anziehen des Neos. Für das Spülen der Ausrüstung werden Plastiktonnen bereitgestellt. Gut am Tauchdeck sind die großen Kameratische, die reichlich Platz für allerlei elektronisches Equipment bieten, sowie die zahlreich vorhandenen Steckdosen (amerikanische Bauart). Unbeaufsichtigtes Laden ist aus Feuerschutzgründen nur hier erlaubt, nicht in den Zimmern. Was leider fehlt, ist eine Luftdusche für Kameras.

Der Vormittag geht mit dem Sicherheitsdrill, bei dem man beweisen muss, dass man in der Lage ist, eine Schwimmweste anzuziehen, und dem Tauchbriefing rum: Wir werden 3-4 Mal am Tag ins Wasser springen, 2 Mal vormittags und 1-2 Mal nachmittags. Nachttauchgänge wird es nicht geben, da gesetzlich verboten. Die maximale Tauchzeit beträgt 60 Minuten.

Ankunft an San Benedicto Eins muss man der Edelfrau lassen: Sie ist flott unterwegs. Nach nicht mal 20 Stunden haben wir die 386 km bis San Benedicto hinter uns gebracht und erreichen die erste der Islas Revillagigedo noch bei Tageslicht. Beim Abendessen schließen wir Wetten ab, ob Chefkoch Pancho sein Qualitätsniveau, das er gestern schon gezeigt hat und heute mühelos wiederholt, wohl über eine gesamte Safari wird halten können. Die Auflösung gibt's später. Etwas lästig ist, dass man in Corona-Zeiten sich nicht selbst am Buffet bedienen darf und für jede Tasse Kaffee, jeden Keks und jeden Apfel Sylvia fragen muss, die einen Top-Job macht, um alle Wünsche zeitnah zu erfüllen. Leider führt die Regelung auch dazu, dass die arme Sylvia ständig am Rotieren ist. Steht man vom Essenstisch auf, gilt im Salon Maskenpflicht. Ich halte das zwar angesichts der Zeit, die man im gleichen Raum beim Essen verbringt, für komplett sinnlos, aber der Staff der Gallant Lady ist etwas vorbelastet: Mehrere Crew-Mitglieder haben sich schon mit dem Virus angesteckt und ein Guide ist auch daran verstorben. Von daher bricht man sich auch keinen Zacken aus der Krone, wenn man die aufgestellten Richtlinien netterweise befolgt — und sei es nur, um der Crew ein gutes Gefühl zu geben.

Tag 5: MO, 05.07., San Benedicto

119 Stunden nach dem Abflug in Düsseldorf geht es heute endlich zum ersten Mal ernsthaft ins Wasser. Der Platz heißt El Fondaedero ("Ankerplatz") auf der Südseite San Benedictos, weswegen wir konsequenterweise auch gleich direkt von der Gallant Lady ins Wasser hüpfen und gar nicht erst ins RHIB umsteigen. In dem trüben, grünen Wasser sind ein paar Weißspitzen, Torpedorochen und Langusten das höchste der Gefühle. Check-Tauchgang Nummer 2 halt.

Drei Stunden später geht es auf der Nordwestseite an den Dos Amigos schon interessanter zu. Wir springen direkt zu ein paar Silberspitzen, die sich auf dem Riffdach austoben. Nach wenigen Minuten kommen ein paar Mantas angesegelt und leisten uns etwas Gesellschaft, wofür San Benedicto ja berühmt ist. Wahrscheinlich gibt es auf der Welt keinen besseren Platz für Manta-Begegnungen als diese Insel. Als Beiwerk gibt es noch versprengte Hammer- und Galapagoshaie bei Sichtweiten um 20 m und einer Wassertemperatur von 24 Grad. Zurück auf dem RHIB berichtet Michael noch von 2 Tigerhaien, die dem Großteil der Gruppe aber verborgen geblieben sind. Kann ja noch werden.

Zum Beispiel am Platz Punta Norte, welcher sich erstaunlicherweise vor der Nordspitze der Insel befindet. "This is Tiger Shark Territory!" verkünden unsere Guides, Ray und Martin, beim Briefing vollmundig. Jaja, mal abwarten. Mit Tigerhaien wird es dann auch nichts, tiertechnisch ähnelt der Tauchgang sehr seinem Vorgänger, sieht man mal von dem Weißspitzenghetto ab, das sich auf einer kleinen Felslichtung gebildet hat, und den drei Großen Tümmlern, die aber nur kurz vorbeistürmen und nicht zum Spielen aufgelegt sind. Insgesamt schon mal ein verheißungsvoller Tag vor San Benedicto.

Das Wetter ist zu gut, um zu bleiben: Gegen 22 Uhr setzen wir die Segel und dampfen ab nach West-West-Süd. Roca Partida liegt 136 km entfernt und sollte bei dem weiterhin fantastisch kooperierenden Pazifik locker unter 8 Stunden zu erreichen sein. So verhindert nur das Hämmern des Diesels eine erholsame Nachtruhe. Zum Glück sorgen die im Salon bereitgestellten Ohrenstöpsel einigermaßen für Abhilfe.

Tag 6: DI, 06.07., Roca Partida

Wie geplant erreichen wir gegen 6 Uhr morgens den Top-Tauchplatz der Revillagigedo-Inseln. Roca Partida ist ein Fliegenschiss im Pazifik und auf Google Maps weder in der Gelände- noch der Satellitenansicht zu erkennen (Bing ist ein bisschen weiter). Die 91 x 45 m kleine Insel ist die Spitze eines unterseeischen Berges und fällt an allen Seiten fast senkrecht bis auf 80 m Tiefe ab. Diese exponierte Lage macht sie zum Anziehungspunkt für allerlei Hochseebewohner. Dazu gehören Haie, Mantas, Delfine, Thune und sonstige Schwarmfischartige, sowie Buckelwale, wobei letztere gerade keine Saison haben. Dafür ist jetzt die richtige Zeit für Walhai-Begegnungen. Wir werden sehen.

Sehen tue ich an Tauchtag 2 erstmal, dass mich dieses Tauchdeck schon jetzt nervt. Die fehlenden Sitzmöglichkeiten führen dazu, dass man sich beim Ankleiden eigentlich immer irgendwie im Weg steht. Für mich ist das Teil eine Fehlplanung. Bei einem umgebauten Fischkutter könnte ich das nachvollziehen; bei einem brandneuen, extra für Tauchsafaris konzipierten Boot, fehlt mir dafür etwas das Verständnis. Aber wir sind ja erst am Anfang der Safari und üben noch. Vielleicht finden wir noch die richtige Vorgehensweise.

Unter Wasser ist das Konzept dagegen hervorragend. Wir haben den Kopf noch nicht ganz im Wasser, da sind schon ein paar Delfine da und tollen ein paar Minuten mit uns herum. An der Westspitze des Felsens treffen wir auf eine Armee aus Silberspitzen, die es sich in der Strömung gut gehen lässt. In jedem kleinen Felsvorsprung stapeln sich aufgrund des beschränkten Platzes die Weißspitzen übereinander; auch ein bekanntes Roca Partida-Fotomotiv, welches ich so von keinem anderen Platz auf der Welt kenne. Ansonsten kommt das Hai-Aufkommen aber erstaunlich dünn daher. Wir sehen ganz vereinzelt mal einen Hammer- oder Galapagoshai. Auch die großen Fischschwärme machen sich rar; lediglich eine Schule Weißmaulmakrelen zieht ihre Runden um den Felsen.

Das oben Gesagte gilt auch für die Tauchgänge 2 bis 4. Insbesondere auf die Spieledelfine ist Verlass. Zum Tagesausklang gibt es noch ein Dutzend Trümmer-Thune in Formation im Blauwasser (Hammer!) und die Makrelen mit den weißen Mäulern werden durch ihre Verwandten mit den großen Augen ersetzt. Zufrieden und nach 4 Tauchgängen auch etwas erschöpft, finden wir uns um 19:30 Uhr zum Abendessen zusammen. Die Leute, die gewettet haben, dass Pancho sein Anfangsniveau nicht durchhalten kann, müssen sich langsam Sorgen machen.

Tag 7: MI, 07.07., Roca Partida

Unser 2. Tag vor dem geteilten Felsen startet, wie der gestrige geendet hat: Die Spieledelfine "belästigen" uns eine Viertelstunde lang. Anders als gestern sind jedoch die Weißspitzen sehr aktiv und schwimmen im Pulk im Blauwasser umher anstatt übereinander herumzuliegen. Keine Ahnung, was in die gefahren ist; die Hormone vielleicht? Die Weißmaul- und Großaugenmakrelen bekommen weiteren Verwandtschaftsbesuch und müssen sich das Wasser jetzt noch mit einer Horde von "Black Jacks" teilen. Alles ganz nett, aber wo sind die Haie?

Die kommen an Tauchgang 2 in Form von zwei Seidenhaien vorbei, die einem herannahenden Manta Geleitschutz geben. Zumindest sieht es erst so aus. Beim genaueren Hinschauen bemerken wir allerdings, dass die Haie den Manta als Bimsstein benutzen. Sie schwimmen nahe an ihn ran, drehen sich auf die Seite und schubbern sich dann an seinem Flügel die Parasiten von der Haut. Großartiges Schauspiel und auch noch nie zuvor gesehen dieses Verhalten!

Das war es dann auch mit Highlights heute, der 3. Tauchgang fällt äußerst schwach aus. Ziellos dümpeln wir herum und starren ins Blauwasser. Noch nicht mal die Tümmler lassen sich blicken. Deswegen brechen wir auch unsere Zelte ab und werden morgen der Hauptinsel der Revillagigedos eine Chance geben: Per Nachtfahrt geht es zum 107 km weiter östlich liegenden Socorro, wo wir in die 2. Woche starten.

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