April 2014
Olé, Olé, schon eine knappe Stunde nach der abendlichen Landung der 737 bewegt sich das altertümliche Gepäckband im hoffnungslos überfüllten Ankunftshällchen im Flughafen von Port Sudan und spuckt ächzend die Gepäckstücke der gerade aus Dubai eingetroffenen Reisenden aus. Es dauert jedoch noch weitere 45 Minuten, bis alle Ankömmlinge versorgt sind. Die gelangweilt herumstehenden Zöllner haben kein großes Interesse am Gepäck der Touris, lediglich die kunstvoll in Folie, Tücher und Schnürchen mit Schleifchen eingewickelten Koffer, Kartons und Taschen der leicht zu erkennenden Einheimischen werden seziert. Draußen vor dem Tore geht das Chaos weiter, ein großer und ein kleiner Bus stehen für die Touris und ihr Gepäck bereit. Da es sich bei ersteren hauptsächlich um Taucher und Angler handelt, hat letzteres beachtliche Ausmaße – zu viel jedenfalls für den Gepäckraum, die überschüssigen Koffer werden kurzerhand in den Gang im Innenraum gequetscht.
Nach einer halben Stunde Fahrt durch die stockdunkle Wüstennacht erreichen wir gegen 20:30 Uhr endlich den Pier von Port Sudan, an dem die Don Questo vor Anker liegt - macht brutto 26 Stunden Anreisezeit Tür zu Tür. Für einen eigentlich kurzen Hüpfer eine ganz schön lange Zeit, in der man es auch bis Australien schaffen kann. Schneller ginge es, wenn flydubai keine 3 Stunden Verspätung hätte oder man das Abenteuer wagen möchte, um mit Sudan Air via Khartoum zu fliegen – ich möchte nicht. Der Rest ist leicht, nur noch Einsteigen ins Schlauchboot und Übersetzen zur Don Questo. Betty nutzt dabei schon mal die Gelegenheit und zieht den für morgen geplanten Checktauchgang vor. In den Straßenklamotten macht das allerdings nicht viel Sinn. Zum Glück überlebt ihr elektronisches Equipment den unfreiwilligen Sprung ins warme Nass.
Vor dem Abendessen wird noch schnell das Gerödel zusammengebaut und die Kabinen verteilt. Die unter italienischer Flagge fahrende Don Questo ist ein 1964 in Selby (England) gebauter Fischtrawler, der nach mehreren Umbauten 1998 schließlich in ein Tauchsafarischiff verwandelt wurde. Der Kahn bietet in 9 Doppelkabinen eigentlich Platz für 18 Gäste. Als Michael von Tauchertraum sich das Schiff im Vorjahr angeguckt hat, befand er aber lediglich eine der Doppelkabinen als geräumig genug für einen entspannten Aufenthalt zu zweit. Deshalb sind auf dieser Gruppenreise lediglich 10 Traumtaucher am Start, bis auf eine sind alle Doppelkabinen nur einfach belegt. Und das lernt man beim Blick in die Kabinen auch gleich zu schätzen, denn der Stauraum ist tatsächlich minimalistisch. So muss das freie Bett als Kleiderschrank herhalten. Die kleine Teilnehmerzahl verringert auch das Risiko, vor dem Tauchgang kein dringend benötigtes, freies Klo mehr zu erwischen, denn keine der Kabinen verfügt über ein eigenes Bad. So teilen sich die Mitreisenden 4 Duschen und 5 Gemeinschaftstoiletten. Auf dem Tauchdeck gibt es noch zwei Außenduschen, denen allerdings etwas die Power fehlt. Zum kurzen Entsalzen nach dem Tauchgang reicht es aber allemal. Alle Kabinen sind mit einem Ventilator ausgestattet, eine Klimaanlage gibt es lediglich im Flur des Unterdecks. Wer es nachts halbwegs kühl braucht, sollte daher versuchen, eine Kabine im Unterdeck zu ergattern, sobald man die Treppe rauf kommt, schlägt einem die sudanesische Luft ins Gesicht.
Vor dem Schlafengehen zaubert Koch Abdul noch ein fabelhaftes Abendessen. Sein Know-How hat er von Käpt'n Lorenzo, der eigentlich gelernter Koch ist. Als Gast der Don Questo darf man sich daher auf schmackhafte italiensche und internationale Küche freuen. Seit 1998 kreuzt Lorenzo mit der Don Questo durch sudanesische Gewässer, die er in- und auswendig kennt. Viele der angefahrenen Tauchspots im tiefen Süden hat er nach eigener Aussage selbst entdeckt. Auch die beiden Guides, Maurizio und Marco, sind Italiener und kennen die Gewässer seit Jahren. Der Rest der 8-köpfigen Crew sind Sudanesen. Da darf man doch gespannt sein, was uns in den nächsten 13 Tagen erwartet. Voll gespannter Vorfreude sinken wir nach einem langen Tag in die Laken.
Wir lassen es ruhig angehen und stechen erst nach dem Frühstück in See in Richtung des ersten Tauchplatzes. Auf dem Weg dorthin gibt es ein ausführliches Tauchbriefing auf dem großen Oberdeck, das halb-halb in Sonnen- und Schattendeck unterteilt ist: Getaucht wird (mit Ausnahme von heute) 3x am Tag zu variablen Zeiten. Nachttauchgänge sind nicht geplant. Auch die Route und angefahrenen Plätze stehen nicht fest, sondern werden den Wind- und Wetterbedingungen angepasst. Bei den Flaschen hat man die Wahl zwischen 10, 12 und 15 Liter Stahl. Die 15er sind so schwer, dass man kein Blei mehr benötigt, drücken einen in senkrechter Lage aber auch gerne auf den Rücken. Sinnvoll sind sie trotzdem, denn: Es wird tief! Deshalb braucht man ohne Nitrox-Brevet auch gar nicht anzukommen, die Nullzeiten wären dürftig. Nitrox ist inklusive, die Mischung wird individuell an den Tauchplatz angepasst, beträgt aber i.d.R. zwischen 29 und 30 %.
Dann ist Aufzug fahren angesagt, denn die Don Questo verfügt über eine Vorrichtung, die mir bisher noch auf keinem Tauchboot untergekommen ist: Man steigt am Heck des Schiffs bequem ins Gummiboot um, das per hydraulischer Plattform ins Wasser gelassen wird. Nach dem Tauchgang geht's in umgekehrter Richtung wieder nach oben. Ideal für Rückenkranke, Paternoster fahren ist anstrengender. Einen kleinen Nachteil hat das allerdings: Bei zu hohem Wellengang kann das Gummiboot nicht mehr sicher auf die Plattform fahren, Rodeo-Ritte wie auf der Nautilus Explorer sind damit nicht möglich.
Heute hält sich der Wellengang in Grenzen, sodass der 1. Aufzugfahrt nichts im Wege steht. Mit der Umbria steht auch gleich einer der bekanntesten Sudan-Tauchplätze auf dem Programm. Dementsprechend ist auch einiges los: Außer uns ankern noch zwei Boote über dem 150 m langen Schiff, das im Juni 1940 bei Eintritt Italiens in den Krieg von seiner italienischen Besatzung versenkt wurde, um zu verhindern, dass es den britischen Feinden in die Hände fällt, die das Schiff bereits drei Tage lang am Wingate Reef festgehalten hatten. Die Umbria liegt in 36 m Tiefe in einem 45 Grad-Winkel nach links geneigt auf dem Sandboden. Wir starten am Heck und haben das Postkartenmotiv vor der Nase, das man schon oft in den einschlägigen Tauchmagazinen gesehen hat. Live wirkt es gleich doppelt so schön. Nach kurzem Blick auf die mächtige Schraube geht es durch einen Tunnel, der sich zwischen Sandboden und Rumpf gebildet hat, unter dem Schiff hindurch auf die Backbordseite in Richtung Bug. Der Bewuchs ist ganz ordentlich und in den dunklen Ecken halten sich auch einige Fischwärme auf, die sich vor ihren Feinden verstecken. Draußen ist jedoch heute nicht so viel los. Mittschiffs legen wir einen kleinen Abstecher unter Deck ein, dringen jedoch nicht weit ins Innere vor. Die Schräglage des Wracks ist fürs Gehirn doch etwas verwirrend, da muss man sich erstmal dran gewöhnen. Vom Bug aus geht es eine Etage höher wieder zurück zum Heck, wo nach einer Stunde ein sehr interessanter und kurzweiliger Eingewöhnungstauchgang zu Ende geht.
Die Fahrt geht weiter nach Süden. Hat man von der Umbria aus das Festland noch gesehen, so verschwindet dies nun bald hinter dem Horizont. Nach 3 Stunden Fahrt erreichen wir Nakhalat, das auch unser Ankerplatz für die Nacht sein wird. Vorher geht's aber nochmal abwärts. Wie schon an der Umbria teilen wir uns in zwei 5-er Gruppen (plus Guide) auf und springen im Abstand von 10 Minuten ins Wasser. Nakhalat ist ein Unterwasserplateau, das wie eine Nadelspitze aus 300 m Meerestiefe bis 5 m unter die Wasseroberfläche reicht. Das Plateau ist so klein, dass man es während eines 60-minütigen Tauchgangs bequem einmal umrunden kann. Die besondere Topografie nährt die Hoffnung auf Großfisch, den wir sogleich 40 m unter dem Meeresspiegel suchen. Na ja, eigentlich suchen nicht wir ihn, sondern er findet uns. Das gelingt ihm ganz hervorragend, denn wir sind noch keine 3 Minuten im Wasser, als ein Silky einen vorsichtigen Blick auf die merkwürdigen Lebensformen wirft. Im Schlepptau hat er einen einzelnen Hammerhai, der sich nur kurz über uns wundert und dann von dannen schwimmt, wie das für Hammerhaie halt so üblich ist. Neben den Haien hält uns ein Schwarm Hundezahn-Thune (ziemliche Brocken) und so ziemlich jede Form von Stachelmakrele bei Laune. Wir beginnen unsere Umrundung und begegnen noch 2 Grauen Riffhaien, womit das Hai-Portfolio komplett wäre. An der Steilwand passiert nicht mehr viel, sodass wir die letzten 20 Minuten auf dem Riffdach austauchen, wo die Sonne ihre Lichwellen über ein prächtiges Korallenriff tanzen lässt. Nach so einem Tagesausklang schmeckt das Vier-Gänge-Menü, das Abdul auf dem Schattendeck kredenzt, gleich nochmal doppelt so gut.
Der Tag startet wieder mit Nakhalat und ist eine Kopie des gestrigen Abstiegs: versprengte Hammerhaie, Silkies und Graue. Unser nächster Stop heißt Shaab Anbar, eine Stunde nordöstlich gelegen. Ein ausgedehntes Sandplateau bildet eine Terrasse in der steil abfallenden Riffwand, an der wir den Tauchgang beginnen. Direkt am Anfang sehen wir eine Schule aus 10 Hammerhaien, die sich aber nur als graue Schatten von dem dunklen, trüben Wasser in 45 m Tiefe abheben. Als Zugabe schauen wieder ein Grauer und ein Silky vorbei. Auf dem Plateau ist nicht viel los, lediglich ein einsamer Barrakuda hält einen kleinen Korallenblock besetzt. Ganz anders geht es dagegen auf dem Riffdach zu, das bis 5 m unter die Wasseroberfläche reicht. Hier trifft man auf einen wundervollen Korallengarten und Tonnen von Fisch, ideale Bedingungen zum Absitzen der Deko, die man sich hier schnell einhandelt. Insbesondere der vielleicht größte Schwarm an Schwarzpunkt-Süßlippen im Roten Meer sorgt für Dauerfeuer auf den Auslöser.
Weiter geht's nach Osten, der nächste Platz heißt Preserver und gleicht Shaab Anbar wie ein Ei dem anderen: wieder eine Steilwand mit Sandplateau und ein Riffdach mit Korallengarten obendrauf. An der Wand haben wir diesmal leider keinen Großfisch, immerhin posiert ein ansehnlicher Barrakudaschwarm für die Kamera. Deren Umgang kann ich in dem tollen Korallengarten üben, ich habe nach 6 Jahren die Canon G9 Kompaktknipse gegen eine Olympus OMD EM-1 Systemkamera getauscht. Die Umgewöhnung ist doch erheblich und so richtig können mich die Ergebnisse der 6000 EUR teuren Investition noch nicht überzeugen. Aber es bleiben ja noch 10 Tage zum Üben.
Beim Briefing äußern wir den Verdacht, dass es auf der Don Questo nur eine einzige Tauchplatzkarte gibt, über die einfach immer schnell der Name des nächsten anstehenden Tauchplatzes geschrieben wird. Auch bei Barra Musar Saqir erwartet einen das schon bekannte Spiel: Steilwand, terrassenartiges Plateau, Riffdach mit Korallengarten auf 5 m. Die meisten Tauchplätze im tiefen Süden haben diese Topografie, wie wir später noch sehen werden. In einer Fatzen-Strömung fliegen wir im Formationsflug an der Riffwand entlang und erhaschen nur kurz einen Blick auf die Barrakuda- und Makrelenschwärme, die sich im Blauwasser tummeln. Ein Grauer Riffhai gibt eine kurze Stippvisite, was ganz schön clever ist, denn kaum ist er weg, habe ich den Schiffshalter, der sich vorher an ihn geklebt hat, am Hals. Na ja, nicht gerade am Hals, aber am Bein, Rücken, Hintern, Bauch, das Scheißvieh ist ständig in Bewegung und wehrt sich erfolgreich gegen alle meine Versuche, es loszuwerden. Durch einen kleinen Canyon in der Riffwand, der Schutz vor der Strömung bietet, biegen wir aufs Plateau ab und kämpfen uns in entgegengesetzer Richtung zurück zum Ausgangspunkt. Einzelne Korallenbommies auf dem Sandboden geben dem Platz von den Azoren mitgebrachte, muss nicht sein. Auf dem überragenden Riffdach gibt es das übliche Fotoshooting und als wir auftauchen, ist auch der Schiffshalter der Meinung, dass es besser ist, sich jetzt ein neues Opfer zu suchen, bevor er auf dem Trockenen zappelt.
Atmosphäre. Um die nistenden Gelbranddrücker mache ich sicherheitshalber einen weiten Bogen, noch so eine Narbe am Schädel, wie dieÜberraschung dann beim nächsten Tauchplatz, drei Stunden Richtung Süden: Keine Steilwand und keine Terrasse! Bei Shaab Loka trifft man auf einen sanft abfallenden Hang an einer Insel, vor der vor 50 Jahren ein Containerschiff gestrandet ist und seitdem vor sich hin rottet. Das Riff ist wie üblich fantastisch mit all den tollen Korallen und dem wuselnden Fisch und einen Hauch Action gibt es auch: Ein Schwarm Blauflossen-Makrelen hetzt sein Mittagessen durch die Gegend, was das Mittagessen nicht so toll findet. Die Füsiliere versuchen jedenfalls mit Volldampf und hakenschlagend den Jägern zu entkommen. Sehr schöner Tauchgang!
Und weiter geht's einige Stunden nach Süden, mit Dahrat Qab erreichen wir den ersten der richigen "Deep South"-Plätze. Hier treffen wir wieder auf gewohntes Terrain: Steilwand, Terrasse, Top-Notch-Riffdach. Umgewöhnen müssen wir uns bzgl. der Aufstellung: Nachdem es bisher immer in zwei Sechser-Gruppen ins Wasser ging, starten wir ab sofort alle zusammen, machen in möglichst kompakter Form (so der Plan) einen Ausflug ins Blauwasser und trennen uns erst anschließend beim Streunen durchs Riff in zwei Gruppen auf. Grund ist die steigende Wahrscheinlichkeit auf Hammerhaibegegnungen: Maurizio möchte verständlicherweise vermeiden, dass die eine Gruppe was sieht und die andere leer ausgeht. Wichtig ist dazu, dass man eng zusammenbleibt, ein breiter Vorhang aus Luftblasen verschreckt den mutigsten Hammerhai. Das Verschrecken gelingt uns an Dahrat Qab schon ganz hervorragend, außer einem Silky lässt sich keine Haiflosse blicken. Nach dem Drift entlang der Steilwand – mal wieder deutlich unterhalb von 40 m – legen wir einen U-Törn ein und zuckeln über das lange, lange Plateau zurück. Im oberen Bereich des Riffs tobt mal wieder das Leben, Abermillionen von Fisch, vor allem riesige Doktorfischschwärme. Brilliant!
Der 4. Tauchtag lässt sich schnell mit "Business as usual" zusammenfassen. Wir kreuzen ein bisschen umher und besichtigen Domesh, Ed Domesh Shesh und Karam Masamirit South. Ein Platz gleicht dem anderen, Steilwand, Terrasse und – ihr wisst schon. Alle Tauchgänge verlaufen ähnlich, erst runter, bis der Computer piept, hier mal ein Silky, da mal ein Hammerhai, dort mal ein Barrakuda- oder Makrelenschwarm, dann hoch, die 15-25 Minuten Deko absitzen und feuchte Augen kriegen bei den unglaublich tollen Korallengärten auf den Riffdächern, die den Vergleich mit den Riffen Indonesiens nicht scheuen müssen. Dazu Tonnen und Abertonnen von Fisch, schon an Tag vier haben sich die Reisekosten rentiert. Und es kommen ja noch ein paar Tage ...
Das Wochenende starten wir mit zwei Abstiegen an Loka. Tauchplatztopografie siehe oben. Zum Start geht es wieder tief runter. Wir haben Glück und treffen auf eine 50 Tiere starke Hammerhaischule, mit der ich problemlos 5 Minuten mitschwimmen kann. Sehr erstaunlich, so ohne Scheu hab ich eine Hammerhaischule eigentlich noch nie erlebt! Auf dem gewohnt spektakulären Riffdach, das dankenswerterweise bis 3 m unter die Wasseroberfläche reicht, lassen sich die 19 Minuten Deko problemlos wegatmen. Beim 2. Abstieg am Mittag haben wir weniger Glück, keine Hammerhaie, nur ein paar Graue sind in der Entfernung auszumachen. Der Rest des Tauchgangs verläuft wie am Morgen.
Für Masamirit kann man sich wieder die Tauchplatzkarte von Loka schnappen und den Namen ändern, so sehr gleichen sich die Plätze. Wieder haben wir eine Nahbegegnung mit 20 Hammerhaien, erstaunlich neugierige Viecher hier! Auch die vielen großen Hundezahnthune leisten ihren Beitrag zum Gelingen des Tauchgangs. Als kleines Schmankerl steht noch ein korallenbewachsener, durchtauchbarer Doppelbogen auf dem Plateau. Mit Gozos "Double Arch" kann er allerdings nicht mithalten. Auf dem Riffdach haben wir zum Abschluss noch Spaß mit einem Quartett Langflossenfledermäusen, die in Formation für die Kamera posieren. So macht der Start ins Wochenende Spaß!
Weil es gestern so schön war, probieren wir es heute gleich nochmal an Masamirit. Der Tauchgang kommt aber nicht ganz an den von gestern heran. Trotz 46 m auf der Uhr sichten wir nur ein paar einzelne Hammerhaie. Immerhin sorgt eine Familie Büffelkopf-Papageie für neue Ausblicke. Für Abstieg zwei kreuzen wir wieder zurück zu Karam Masamirit South "Siehe 25.04.", schreibe ich ins Logbuch. Und zum 13. Mal hintereinander eine Tiefe über 40 m, hatte ich bisher auch noch nicht. Es erstaunt mich schon etwas, wie locker man mit dem Thema "Dekotauchgänge" auf der Don Questo umgeht. Während es anderswo immer heißt "No deco please!", wird man hier gefragt: "You don't have problems going into deco, do you?" Das ist auf der einen Seite natürlich super, da man so das Maximum aus seinem Tauchgang herausholen kann, auf der anderen Seite gibt es im Sudan keine Deko-Kammer, die nächste steht in Jeddah in Saudi-Arabien. Vielleicht ist man diesbezüglich auch etwas "laissez faire", weil die Don Questo ihre eigene Deko-Kammer mit an Bord hat? Vielleicht ist es aber auch nur "Diving the Italian style". Benötigt wurde die schiffseigene Deko-Kammer übrigens noch nie und es passt auch nur eine Person rein. Also sollte man schon etwas auf die Eigensicherung achten.
Habily Lory bricht aus der Routine aus und präsentiert sich mit erfrischend abwechslungsreicher Topografie: Wir springen quasi ins Blauwasser, denn das Plateau, an dem wir starten, liegt in einer Tiefe von 25 m. Von den versprochenen Silkies ist leider weit und breit nichts zu sehen. Ziemlich finster ist es hier unten zu später Nachmittagsstunde und das Schneegestöber aus Schwebeteilchen trägt zur düsteren Atmosphäre bei. Nach einer kleinen Runde übers Plateau geht es über einen 35 m tiefen und 50 m langen Sattel zum Hauptriff, das bis 5 m unter die Wasseroberfläche reicht. Immerhin ein einzelner Silky dreht hier noch seine Runden, kreiselt unter unserem Zodiac herum und sorgt so noch für einen vergnüglichen Tagesabschluss.
Beim Abendessen wird Käpt'n Lorenzo etwas ungehalten. Drei Tage lang haben wir jetzt kein anderes Boot gesehen und dann liegt ausgerechnet heute eins ein paar hundert Meter entfernt im Schutze einer Sandbank an seiner Mooring. Es ist tatsächlich "seine", die Don Questo-Crew hat die da installiert. Und wegen dieses Mooringnappings liegen wir etwas in der Welle und haben eine schauklige Nacht. Aber ab morgen werden wir das einzige Boot weit und breit sein, freut sich Lorenzo diebisch, noch weiter in den Süden fährt kein anderes Boot, weil es von Ägypten aus zu weit ist. Rosige Aussichten ...
Am nächsten Morgen begrüßt uns Maurizio mit einem "We will visit some friends today". Nein, nicht seine sizilianische Großfamilie ist gemeint, sondern natürlich ein paar Freunde mit dreieckigen Flossen und einer ziemlichen Beule am Kopf. Am Adam Reef haben die Don Questo-Jungs eigentlich immer Glück mit Hammerhaien, berichtet Maurizio. Und wir reden nicht von einer Handvoll, sondern von ein paar Dutzend. Nun ja, wir lassen uns mal überraschen, erzählt wird immer viel. Beim Abtauchen am Hang haben wir schon mal eine Schule Großaugenmakrelen, eine Kröte und ein paar Fledermäuse, ist ja schon mal entzückend. Auch die Grauen Riffhaie an der Kante sorgen für gute Laune. Richtig gut wird es aber drei Etagen tiefer, so bei 47 m. Erst sind nur ein paar Schatten zu sehen. Wir schwimmen weiter ins Blau, näher ran. Die Schatten werden klarer und zementieren sich als unsere Freunde. Hinter den Freunden kommen noch mehr Schatten, die zu neuen Freunden werden. So groß kann keine sizilianische Großfamilie sein! Am Ende ziehen zwischen 100 und 200 Hammerhaie um uns herum und das ist wörtlich gemeint: Volle 10 Minuten Hai-Action versprühen Galapagos-Feeling. Ich habe viel erwartet vom Sudan, aber das mit Sicherheit nicht! Nachdem die Freunde weg sind und wir uns beruhigt haben, geht es wieder drei Etagen rauf, mal wieder Deko absitzen. Das fällt hier wieder leicht, angesichts eines Riffdachs bei 5 m, einem Großen Barrakuda, der sich wie auf dem Präsentierteller minutenlang das Maul schrubben lässt und einer Armada aus Grundeln, die in Wolken über dem Riffdach schweben. Könnte ich doch bloß mit meiner Kamera umgehen!
Zum Üben habe ich 3 Stunden später nochmal Gelegenheit, nach der Begegnung von heute Morgen ist ein Tauchplatzwechsel natürlich kein Thema. Diesmal geht's nicht ganz so tief, nur 46,5 m und die Haie sind wieder da! Es ist wieder genial, aber irgendwann muss ich leider vorzeitig "Bye bye" sagen, bei 28 Minuten Deko ist dann auch irgendwann mal Schluss mit lustig. Vielleicht investiere ich nach dem Urlaub auch doch nochmal in einen neuen Computer, obwohl ich ja schon der Meinung war, dass der XP5 deutlich toleranter ist, als die Vyper, die ich vorher hatte. Wäre der Aladin doch bloß nicht so klobig ... So hänge ich also lieber noch 40 Minuten auf dem Riffdach ab und spiele ein bisschen mit der Kamera rum. Ob's was geholfen hat, müssen andere entscheiden.
Wir verlassen unsere Freunde Richtung Muchka Reef, das nur einen Katzensprung entfernt ist und auch fast so aussieht wie Adam. Am Anfang sichten wir einen schönen Barrakudaschwarm. An der Kante streifen wieder ein paar Graue entlang. Nach unserem Streifzug übers Riff haben wir am Ende noch einen äußerst neugierigen Silky, der mir ein paar mal frontal fast in die Kamera schwimmt. "Na, wenn DIE Fotos nichts geworden sind, ist Dir nicht mehr zu helfen!", muss ich mir hinterher anhören. "Aber das Schneegestöber in der tief stehenden Sonne, das sieht man ja schon ohne Blitz!", wehre ich ab. Zum Glück ist GIMP mein Freund. Wenn diese Luxusprobleme die einzigen sind, um die wir uns Sorgen machen müssen, kann Woche 2 gerne kommen.