Februar 2005
Ein Grund, warum ich fast 4 Monate lang meine Tauchausrüstung durch Südafrika geschleift habe, ist dieser Ort hier. Sodwana Bay liegt etwa 350 km nördlich von Durban am Indischen Ozean, von hier ist es nur noch einen Katzensprung rüber nach Mosambik. Die Bucht wartet mit dem südlichsten Korallenriff der Welt und Wassertemperaturen um 27 Grad auf - nach den eher frostigen Tauchgängen in Kapstadt eine willkommene Abwechslung.
Die Anreise nach Sodwana Bay gestaltet sich ohne eigenes Auto eher schwierig und auch vor Ort ist man mit Auto einfach flexibler. Sodwana Bay besteht nämlich im Wesentlichen aus zwei Teilen: Zum einen hat es den Nationalpark, der das Gebiet direkt an der Küste umfasst und in den man erst nach Abdrücken einer täglich zu entrichtenden Gebühr von 20 Rand einfahren kann. Getaucht wird natürlich innerhalb des Nationalparks, der vom KZN Wildlife, der staatlichen Umweltbehörde gemanagt wird. Zum anderen hat es den kleinen Ort Sodwana Bay, der außerhalb des Nationalparks liegt. Dazwischen liegen ggf. 4 km Fußmarsch, wenn man kein eigenes Auto hat. Ich kann daher jedem nur raten, sich einen Mietwagen zu nehmen. Entgegen anderslautender Berichte in Reiseführern und Internet, kann man auch ohne Allrad bis fast an den Strand fahren, die Straße ist inzwischen komplett asphaltiert.
Wir starten unser Sodwana Bay-Abenteuer an der Schranke zum Nationalpark mit einem kleinen Plausch mit dem Ranger vom KZN Wildlife. Wir wollen wissen, ob es im Nationalpark noch was anderes an Backpacker-verträglicher Unterkunft gibt als die Coral Divers, kriegen aber diesbezüglich eine Absage. Auf die Coral Divers haben wir absolut keine Lust, sie sind die größte Tauchbasis vor Ort mit einem riesigen angeschlossenen Appartment-Komplex. Mitreisende haben uns gewarnt, dass das eine ziemlich unpersönliche Massenveranstaltung sei, wo man als Kunde nur eine Nummer sei. Wir fahren trotzdem in den Park rein in der Hoffnung, so was wie eine "Tourist Information" zu finden, die uns vielleicht weiterhelfen kann. Und wir haben Glück, an einer schäbigen Blechhütte hängt ein Schild "Tourist Information". Der freundliche Informant zeigt uns auf unsere Frage nach einem Backpacker-Hostel einen Plan der Coral Divers-Anlage. Wir müssen feststellen, dass unsere Informationen nicht ganz falsch gewesen sein können, das Teil sieht mehr aus wie 'ne Bettenburg auf Mallorca. Auf unsere Frage, ob er denn nicht "something more personal" kenne, greift unser Informant zum Telefon und 10 Minuten später steht ein blondgelockter Beach Boy namens Archie vor uns und bringt uns zu seinem Backpacker, dass ausserhalb des Nationalparks im Ort ist und von dem man aus politischen Gründen auch in keinem Reiseführer ein Sterbenswörtchen findet. Das Hostel ist echt genial, in einem kleinen Wald, oder besser gesagt Busch gelegen, mit gemütlicher Braai-Area, offener Küche, vielen kleinen sauberen Holzhütten und einem riesigen, freundlichen Wachhund namens Max. Wir sind spontan begeistert von diesem Platz, 95 Rand kostet die Übernachtung im Doppelzimmer (pro Nase). Gut ist, dass Archie auch seinen eigenen kleinen Tauchbetrieb mit dem Namen "Won Way Diving" hat. So bekommt man Unterkunft und Tauchen aus einer Hand und hat einen sehr netten Staff und persönliche Betreuung am Start. Archie ist zu erreichen unter der +27-(0)83-2361756.
Am nächsten Tag starten wir erstmal zu einem kleinen Schnorcheltrip, denn meine Schweizer Mitreisende, die auf den Namen Jasmin hört, hat noch keinen Tauchschein und will erstmal sehen, ob ihr das so im Wasser gefällt. Schnorcheln in Sodwana Bay ist aber eher suboptimal, da das Riff nur bis in eine Tiefe von 15 m unter die
Wasseroberfläche reicht. Wenn man nicht sehr gute Sicht hat, sieht mal also kaum was von den Korallen. Wir haben keine sehr gute Sicht, so bleibt es also bei ein paar Fischchen. Trotzdem gefällt es Jasmin so gut, dass sie sich zu einem Tauchkurs entschließt, und da Archie selbst keine Ausbildung betreibt, leitet er sie an die Amoray Divers weiter. Deren Cheftaucher, Colin, ist ein echtes Original, dem man anmerkt, dass er auch nach Jahrzehnten unter Wasser noch verdammt viel Spaß hat an dem, was er da tut. Auch bei den Amorays geht es sehr persönlich zu. Weil er etwas eingespannt ist, drückt Colin Jasmin einfach mal seinen Hausschlüssel in die Hand, damit sie schon mal per Video mit dem Selbststudium anfangen kann. Bei uns wohl eher undenkbar. Die Amorays haben ihr Lager in der Mseni Lodge, die im Nationalpark liegt. Wem Archies genialer Backpacker zu basic ist, findet hier vielleicht eine luxuriöse Alternative.Netzmuräne verkriecht sich bei unserer Ankunft ins nächstbeste Loch, während die Kartoffel-Zackenbarsche eher von der vertrauensseligeren Art sind. In einer Spalte hockt ein kleiner Schaukelfisch in einer Farbvariante, die ich bisher noch nicht hatte: Pink. Farbenfroh sind auch die vielen Nudis und eine Grüne Kröte hat sich unter einen Felsvorsprung verkrümelt. Neben dem vielen üblichen Riffischen, die man so kennt, hat dieser Platz noch etwas Spezielles parat: Rochen der unterschiedlichsten Art, die man fast immer hier antrifft. Wir sehen einen fetten Honeycomb Ray und einen nicht weniger fetten Brown Stingray. Auf zwei weiteren Tauchgängen begegnen uns hier noch Blaupunktrochen und ein Jenkins Stechrochen. Dass man sich im Wasser weniger vor Haien denn vor Drückerfischen in Acht nehmen sollte, bekomme ich hier auch zu spüren: Ein dicker Titandrücker ist von meiner Fotografiererei nicht so wirklich begeistert und startet kurzentschlossen ein paar Sturzangriffe auf mich. Wahrscheinlich ist er einfach erbost, dass ich ihn nicht von seiner vorteilhaftesten Seite abgelichtet habe. Da mit Titandrückern nicht zu spaßen ist (die können einem problemlos einen Finger abbeißen), trete ich den geordneten Rückzug an. Nun ja, der Rückzug verläuft eher ungeordnet und mit schnellem Flossenschlag, wobei ich immer mal wieder vorsichtig über meine Schulter gucke, ob der Kollege Fisch immer noch hinter mir her ist und zum Angriff bläst. Er bläst. Glücklicherweise kommt in diesem Moment unser Guide vorbei und mit einem geschickten Schlenker in Richtung desselbigen lenke ich die Aufmerksamkeit des Titanen von mir ab. Nun hat ihn mein Guide am Hals, was mir nicht gerade Sympathiepunkte einbringt. Was mir in dem Moment aber ziemlich egal ist ... Jedenfalls verlassen wir irgendwann des Drückers Hoheitsgebiet und mein Buddy liegt am Boden und jagt mal eben 10 bar Luft durch den Regler, weil er sich angesichts meines kleinen Fluchtversuchs nicht mehr halten kann vor Lachen.
Am dritten Tag in Sodwana starte ich endlich zum ersten Tauchgang. Vor Sodwana gibt es fünf Riffe, benannt nach der Entfernung zum Strand: 2, 3, 5, 7 und 9 Mile Reef. I.d.R taucht man am 2 Mile Reef, eine Ausfahrt hierhin kostet um 160 Rand, wenn man eigene Ausrüstung hat. Für einen Sprung zu einem entfernteren Riff fallen 20 Rand extra pro Hop an, also 180 Rand zum 3 Mile, 200 zum 5 Mile usw. Getaucht wird normalerweise 2 Mal am Tag. Unser erster Abstieg führt uns zu Stringeram 2 Mile Reef. Und für einen kleinen Eingewöhnungstauchgang geht hier direkt mal die Post ab. Eine frei herumschwimmendeGreat Barrier Reef gesehen habe. Alles bunt, nix ausgebleicht oder kaputt, einfach super. Daneben hat es natürlich auch hier viele Rifffische, Kröten, Muränen und Nudis - und meine Freunde, die Drücker ...
Unser zweiter Abstieg heute ist an Four Bouy. Was ich hier sehe, versetzt mich in Entzücken, die mit Abstand besten Korallen, die ich in den letzten 8 Jahren seit dem Start meines Tauchabenteuers amDer vierte Tag in Sodwana hält nur einen Tauchgang für mich bereit, an einem Platz namens Anton's. Die Beschreibung von Four Bouy kann man problemlos für diesen Platz übernehmen - viel Rifffisch, Kröten, Muränen und brilliante Nudis.
An Tag Nummer fünf geht es neben zwei schon bekannten Plätzen (Stringer und Four Bouy) zu den Coral Gardens. Weniger Riffisch hier, dafür sollte man sich nach Kleinzeug umgucken. Kurz vor Ende des Tauchgangs entdeckt mein Buddy in einer Koralle zwei der seltenen Eggshell Shrimps. Superhübsch, habe noch nie welche vorher gesehen. Voller Begeisterung drücke ich auf den Auslöser meiner Digicam - pffft, Akku leer, was mich als U/W-Paparazzi noch Tage später in Depressionen stürzt.
Fischsuppe wieder, Schwärme von Schnappern und Soldatenfischen umkreisen einen, Zacken- und Riffbarsche überall, Lippfische, Muränen, Drücker, Kaiserfische, Schmetterlingsfische, Kugelfische, Igelfische, Blaupunktrochen, Skorpionsfische, die unterschiedlichsten Arten Nudibranches und, und, und ... Höhepunkt ist aber ein Vieh, welches dem Riff seinen Namen gibt. In diversen Löchern hocken die äußerst seltenen Geistermuränen. Bei beiden Tauchgängen hier finden wir welche, nach Sabang erst das zweite Mal, dass ich welche sehe.
Tag Nummer sechs hält wieder Anton's und Four Bouy für uns parat, bevor es an Tag Nummer sieben zum ersten Mal zu einem etwas weiter entfernten Platz geht: Ribbon Reef ist ein allein stehendes Riff, etwa auf Höhe von 5 Mile-Reef. Der Tauchgang hier ist mein absoluter Favorit der Plätze, die ich in Sodwana betaucht habe. Schon beim Abtauchen findet man sich in einerDer siebte und letzte Tauchtag beginnt mit unserem zweiten Ausflug zum Ribbon Reef und endet mit unserem finalen Tauchgang am Cat Reef. Auch ganz netter Platz, wenn auch nicht so herausragend, wie einige der anderen Sites. Immerhin sehen wir ein paar Kaurischnecken, darunter auch die etwas merkwürdigen Eggshell-Cowries, ein paar Nudis und die hässlichste Muräne, die mir seit langem untergekommen ist.
Fazit: Sodwana Bay ist ein absolutes Muss, wenn man zum Tauchen nach Südafrika fährt. Die Qualität der Korallen lässt einen fast vergessen, dass es sowas wie Korallensterben und -bleiche gibt. Wir haben den Aufenthalt dort sehr genossen, was mit Sicherheit auch an der relaxten und persönlichen Atmosphäre lag, die wir bei Archie und den Amorays vorgefunden haben. Highly recommended!