Komodo-Waran

Tauchsafari Komodo auf der "Arenui"

November 2011

Schon wieder Pilotwale! Wie schon gestern zum Abschluss unserer Woche in Flores und Alor begleiten uns auch heute nach dem Verlassen von Pamana ein Dutzend der Meeressäuger auf unserem langen Weg die Nordküste von Flores entlang Richtung Komodo. Zum Glück ist das Meer ruhig, sodass die 24 Stunden Fahrt entspannt über die Bühne gehen.

Tag 1: FR, 04.11.

Am Mittag erreichen wir den nordöstlichen Vorposten des Komodo-Nationalparks, die Sabolan-Inseln. Nach 24 Stunden trockenen Fußes freuen wir uns darauf, wieder nass zu werden. Das Sabolan Reef gibt allerdings nicht allzu viel her, die Korallen sind zwar in gutem Zustand, der Fisch nimmt sich trotzdem äußerst spärlich aus. Eine Gruppe von 30 Tintenfischen, die zum Ende des Tauchgangs unter der Wasseroberfläche herumtollt, ist das einzig Nennenswerte. Besser präsentiert sich wenig später Tatawa Besar. Unmengen oranger Weichkorallen erfreuen das Taucherauge und sorgen für Farbe im Riff. Tonnen kleiner Rifffische wuseln über das prächtige Riff und sorgen für Leben in der Bude. Dazu hat es Schildkröten, die unbeeindruckt von der Anwesenheit der Fremdlinge im Meeresboden nach Nahrhaftem buddeln. Zum Tagesabschluss gibt's einen netten Nachttauchgang am Sebayur Reef. Insgesamt ein schöner Auftakt im Komodo-Nationalpark, aber des Makrozeugs sind wir doch langsam etwas müde.

Tag 2: SA, 05.11.

Deswegen verstärken wir unsere Bemühungen in puncto Großfisch am nächsten Morgen an Plätzen, die dafür bekannt sind. Den Anfang macht Takat Makassar, einer von mehreren Manta-Tauchplätzen rund um Komodo. Jerry warnt uns allerdings vor, dass Tauchgänge hier entweder in die Kategorie "bloody brilliant" oder "Warum zum Teufel springt man hier ins Wasser?" fallen. Denn wenn die Mantas nicht da sind, driftet man durch den Kanal und bewundert 60 Minuten lang den ausgedehnten Sand- und Kiesboden, auf dem nur sporadisch mal ein Korallenblöckchen zu entdecken ist. Egal, frohgemut springen wir ins Wasser und scheuchen direkt eine Pferdemakrele auf, die eine Wohngemeinschaft mit einem Bambushai zu bilden scheint. Etwas entrüstet stürmen sie davon. Was dann folgt, fällt in die zweite der oben genannten Kategorien. Nach 20 Tauchminuten überholt uns nochmal die Wohngemeinschaft, ansonsten ist 60 Minuten lang kaum etwas zu sehen. Unbeeindruckt von unserem misslungenen ersten Versuch probieren wir es vor dem Mittagessen ein zweites Mal hier. Diesmal haben wir Erfolg, direkt am Beginn des Tauchgangs begegnen wir einem kleinen Manta, dem wir jedoch nur kurz zuschauen können, da uns die starke Strömung über den Sandboden, auf dem man nur schwer Halt findet, davonzieht. Da die nächste halbe Stunde wieder nicht viel passiert, verbringen wir die zweite Hälfte des Tauchgangs diesmal im Flachwasserbereich des Kanals in 6-7 m Wassertiefe, denn die hier zahlreich vertretenen, farbenprächtigen Korallenblöcke bieten mit den um sie herumwuselnden Fischen jede Menge Fotomotive.

Beim Mittagessen ist wieder Entscheidungsfreude bei der Abstimmung über den weiteren Verlauf der Tour gefragt. Eigentlich sollte es morgen in den Süden Rincas in die Horseshoe Bay gehen, wo man auch Warane beim Spaziergang am Strand beobachten kann. Allerdings berichten andere Boote von derzeit äußerst trüben Sichtverhältnissen (5-10 m), grünem Wasser und kaum Fisch, was wenig spannende Tauchgänge verspricht. Aufgrund des stabil schlechten Wetters wird sich das wohl die nächsten Tage auch nicht ändern. Als Alternative bieten sich die Top-Plätze im Norden Komodos an. Die Abstimmung fällt relativ knapp zugunsten des Nordens aus, was bei einigen zunächst nicht auf große Begeisterung stößt und einige Überzeugungsarbeit verlangt. Wahrscheinlich werden sie das am Ende der Tour anders gesehen haben ...

Am Nachmittag parken wir das Boot an einer kleinen, Rinca vorgelagerten Insel und starten zu einem Erkundungstauchgang am Strand von Nusa Pimpe. "Oh mein Gott", denke ich, als ich den Kopf ins Wasser stecke, trübes Wasser und Sand so weit das Auge reicht, das kann ja heiter werden. Guide Toby dirigiert uns Schulter rechts über den trostlos anmutenden Sandboden. Was dann folgt, ist einer der besten Makro-Tauchgänge, die mir bisher untergekommen sind. Was Toby - in Indonesien eine Guide-Legende, auf dessen Konto schon die Entdeckung der ein oder anderen neuen Art geht - in Sandboden, Algenbüscheln und vereinzelt herumstehenden Korallen entdeckt, ist schier unglaublich. Da kann man auch das erneute Fehlen von größerem Fischkram verschmerzen.

Bei Einbruch der Dämmerung folgt ein besonderes Naturschauspiel. Zuerst sieht man nur ein paar Flattermänner kreiselnd über der Insel aufsteigen. Dann werden es immer mehr, zu Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden ziehen Fledermäuse, die sich tagsüber in Höhlen auf der Insel verschanzt halten, schließlich über die Bucht Richtung Flores, um auf Jagd zu gehen. Eine halbe Stunde lang ist der ganze Himmel voll mit ihnen, ein gigantischer Anblick! Das stellt selbst die Fledermaus-Armee in den Schatten, die ich vor 14 Jahren am Katherine Gorge bestaunt habe.

Tag 3: SO, 06.11.

Am Morgen ist Landausflug zu den Drachen auf Rinca angesagt, ein Programmpunkt, auf den ich mich schon seit Monaten freue. Ein Ranger sammelt uns am Bootsanleger ein und begleitet uns zum Besucherzentrum, wo es erstmal ein kurzes Briefing gibt. Dessen Kernaussage ist, wie könnte es anders sein: "Immer schön den Anweisungen des Rangers folgen". Der ist mit einem Stock bewaffnet, um allzu aufdringliche Komodo-Warane in die Flucht zu schlagen. Denn man darf nicht vergessen, dass die normalerweise so gemütlich dahintrottenden Warane gefährliche Raubtiere sind, die in der Lage sind, Beutetiere zu erlegen, die deutlich größer sind, als sie selbst. Die Wasserbüffel auf Rinca können ein Lied davon singen. Dies schaffen die Warane, indem sie ihre Opfer blitzschnell beißen - und dann warten. Ihr Speichel enthält einen Mix aus Gift und Bakterien, der alsbald zu einer kaum aufzuhaltenden Infektion führt. Die Warane folgen dann einfach ihrer geschwächten Beute, bis sie nach einigen Tagen verendet. Angriffe auf Menschen sind allerdings äußerst selten und resultieren i.d.R. aus einer Verteidigungsreaktion, da Komodo-Warane die Konfrontation mit Menschen eher scheuen. Lässt man ihnen genug Raum, hauen sie lieber ab. Kommt es aber doch zu einem Biss, hat man auch als Mensch schlechte Karten, es gibt kein Gegengift. Douglas Adams berichtet in seinem Buch "Die Letzten ihrer Art" von einem englischen Touristen, der gebissen wurde und an der nicht in den Griff zu bekommenden Infektion 8 Monate später in England gestorben ist. Was für ein scheiß Tod!

Im Gänsemarsch marschieren wir los, kommen aber nicht weit, denn die ersten Warane lungern schon unter den Stelzenbauten des Besucherzentrums rum. Nach dem ersten Fotoshooting begeben wir uns auf einen zweistündigen Rundwanderweg. Von den Hügeln hat man eine tolle Aussicht auf die Inselwelt Komodos. Ein Waran-Mittagessen suhlt sich in einem Wasserloch und begutachtet uns gelangweilt. Ich frage mich, wieviele Touristen der schon gesehen hat. Kurz darauf haben wir Glück, ein stattliches Waran-Exemplar stapft durchs hohe Gras. Wir verlassen den Weg und folgen ihm unter regelmäßiger Betätigung des Auslösers durchs Unterholz. Die ein oder andere Nahaufnahme treibt dem Ranger dabei etwas den Schweiß auf die Stirn und ich frage mich, ob er den Stock wirklich für die Warane oder doch zum Zurechtweisen allzu forscher Touris dabei hat. Unser Waran bleibt aber friedlich und ermöglicht uns netterweise ein Gruppenbild mit Drache. Zurück im Besucherzentrum läuft uns dann noch der Nachwuchs über den Weg. Eigentlich furchtbar süß, so ein Baby-Waran, aber auch nicht ganz unproblematisch, da sie deutlich flinker sind als die erwachsenen Tiere. Das ist auch bitter nötig, da Komodo-Warane kannibalistisch sind und ein Baby für ein erwachsenes Tier ein willkommener Snack für zwischendurch ist. Zum Schutz vor ihren älteren Artgenossen verbringen die Jungtiere ihre ersten Lebensjahre daher auch auf Bäumen. Vielleicht war es ja doch ein Fehler, die überhaupt zu verlassen.

Nach dem spannenden Ausflug vom Vormittag setzen wir nachmittags unsere Suche nach den Mantas im Kanal von Takat Makassar fort. Leider erfolglos, außer einem neugierigen Monster von Barrakuda sehen wir nichts und driften eine Stunde lang über die Sandwüste. "Höchst überflüssiger Tauchgang", notiere ich in mein Logbuch. Das Gegenteil davon dann 2 Stunden später an Tatawa Kecil, den Guide Ali als seinen Lieblings-Tauchplatz bezeichnet. Das tut er allerdings von so ziemlich jedem Platz. Ein fantastischer, bunter Hartkorallengarten erfreut das Auge und in der starken Strömung, die uns schließlich zum Umkehren zwingt, stehen Tonnen von Fisch, Fisch und nochmals Fisch. Ein Knaller!

Für die Nacht verlegen wir das Boot an die Nordspitze des Nationalparks in eine Bucht von Gili Lawa Laut. In unmittelbarer Nähe liegen zwei Top-Tauchplätze Komodos, Crystal Rock und Castle Rock, die wir uns am nächsten Tag anschauen wollen. Zum Tagesausklang steht aber erst noch ein Nachttauchgang in der Bucht auf dem Programm. Bei dem ein oder anderen Tauchgang sollen hier schon Harlekingarnelen gesichtet worden sein, aber leider bleibt uns dieses Highlight vorenthalten. Ein Barrakuda folgt uns den gesamten Tauchgang über und nutzt das Licht unserer Lampen zur Jagd. Kannte ich bisher eigentlich nur aus dem Roten Meer, wahrscheinlich ist es ein verkleideter Rotfeuerfisch.

Tag 4: MO, 07.11.

Beim frühmorgendlichen Blick über die Bucht kommt die Befürchtung auf, dass es heute unter Wasser etwas voll werden könnte: Vier Tauchboote liegen schon vor Anker und einige Tagesboote aus Labuan Bajo werden im Laufe des Vormittags sicher auch noch dazu kommen. Klar, dass alles zu den Top-Plätzen strömt. Der erste davon ist Crystal Rock. Eigentlich sind es drei Unterwasserfelsen, von denen der größte die Wasseroberfläche so eben durchbricht. Die anderen enden auf einer Tiefe von 12 bzw. 16 m. Sowohl Crystal Rock als auch der benachbarte Castle Rock sind aufgrund der oft starken Strömung für Großfischsichtungen bekannt. Auch bei unserem Abstieg weht uns ein ordentliches Lüftchen um die Nase, das diejenigen mit Riffhaken dazu veranlasst, sich einzuklinken und Kino zu gucken. Großfische hat es zwar keine, aber das sonstige Fischleben ist großartig, große Schwärme Schnapper, Füsiliere und Doktorfische im Blauwasser und Tonnen von Fisch am wunderbar mit Hart- und Weichkorallen besetzten Riff. Auf einen Hai treffen wir dann doch noch. Die Weißspitze liegt allerdings völlig apathisch herum und reagiert auch auf vorsichtiges Anstupsen überhaupt nicht. Nach dem Tauchgang erzählt Michael, dass er sie aus einer Spalte im Riff gezogen hat, in der sie sich Kopf voran verklemmt hatte. Vermutlich waren bei der Beutejagd die Augen größer als die Spalte.

Etwa 2 Kilometer vor der Küste von Gili Lawa Laut liegt unsere nächste Destination, der Castle Rock. Die Topografie ist ähnlich wie am Crystal Rock, zwei Felsen, die knapp unter die Wasseroberfläche reichen. Auf dem zwischen ihnen liegenden Plateau ist man ganz gut vor der Strömung geschützt, falls es zu sehr kacheln sollte. Bei unserem Abstieg ist das nicht der Fall, die moderate Strömung ermöglicht uns das Umrunden der Felsen auf der Außenseite und das Begutachten von Adlerrochen, Napoleons, Schwärmen von Stachelmakrelen und all den Süßlippen, die sich in Gruppen hinter und unter Korallen und Schwämmen verstecken. Ein wunderbarer Tauchgang, auch ohne Haie.

Für den Nachmittag sieht die Planung der Cruise Directors einen Platz irgendwo auf dem Weg Richtung Labuan Bajo vor, wo wir heute Abend zwecks Nachschub bunkern einen Zwischenstopp einlegen müssen. Allerdings hat der Castle Rock alle Gäste so begeistert, dass wir vorsichtig nach einer Wiederholung der Veranstaltung dort fragen. "Not a problem", kriegen wir von Debbie zu hören. Immer schön, wenn der Staff flexibel auf Gästewünsche reagiert, das hab ich auch schon anders erlebt. "See last dive", notiere ich zwar nach dem Tauchgang in mein Logbuch, aber so ganz richtig ist das nicht. Auf der Wasseroberfläche treibt nämlich ein Haufen Algen und Tang herum und gerade, als wir uns nach dem Tauchgang ins Beiboot hieven wollen, entdeckt jemand in all diesem Gestrüpp einen winzigen Sargassum-Anglerfisch. Wegen seiner brillianten Tarnung wird er nur selten von Tauchern gesichtet, für mich ist es die erste Begegnung überhaupt. Dementsprechend erfreut sich der Fisch anschließend eines großen Bahnhofs, insb. die Fotografen unter uns versuchen den Kollegen zu verewigen, was wegen des Wellengangs auf der Wasseroberfläche eine ziemlich wacklige und nahezu unmögliche Angelegenheit ist. Getreu Murphys Law geht mir nach 2 Versuchen der Strom aus und Jerry ergeht es nicht anders, aber für so einen Schuss aus der Hüfte ist sein Ergebnis doch ziemlich gelungen.

Direkt nach dem Tauchgang lichten wir die Anker und tuckern Richtung Labuan Bajo, um die Eiscreme- und Biervorräte aufzufüllen, zwei überlebenswichtige Ausrüstungsgegenstände auf jeder Tauchsafari. Der Nachttauchgang muss trotzdem nicht ausfallen und findet an einer kleinen, der Küste Flores vorgelagerten Insel statt. Bida Dari erweist sich dabei als abwechslungsreicher Makro-Tauchplatz mit klitzekleinen Hairy Shrimps, etwas weniger kleinen Garnelen, Nacktschnecken, Sepien, Occis und Langusten und einer gar nicht kleinen Spanischen Tänzerin, deren Erscheinen aufgrund des einsetzenden Blitzlichtgewitters die Nacht zum Tag macht.

Tag 5: DI, 08.11.

Nach einer ruhigen Nacht im Hafen von Labuan Bajo brechen wir in aller Herrgottsfrühe auf und schippern zurück zur Gili Lawa Laut, denn es ist klar, dass wir neben Castle und Crystal Rock nicht mehr viele andere Tauchplätze sehen müssen. Einen dieser Tauchplätze hat es dann aber doch noch: El Toro. Der Platz liegt in einem kleinen Kanal, der Gili Lawa Laut von seiner Nachbarinsel trennt. Das Wasser wird derart stark durch diese Enge gepresst, dass direkt nach dem Sprung ins Wasser ein Gefühl von Flusstauchen aufkommt. Am Ausgang des Kanals hat das Wasser in Jahrtausende langer Arbeit ein großes Becken aus dem Fels gewaschen, in dem man sich wie in einer Stierkampfarena vorkommt, was den Namen des Platzes erklärt. Von den Wänden der Arena hält man sich besser fern, denn die Verwirbelungen, die hier entstehen, können einen schon mal etwas unkontrolliert durch die Gegend schmeißen, die reinste Waschmaschine. Nach kurzem Aufenthalt verlassen wir die Arena in Richtung Norden, wobei uns die Entscheidung über den Zeitpunkt von der Strömung, die uns aus dem Ausgang schiebt, sowieso abgenommen wird. Nach dem wilden Ritt auf dem Stier ist für den Rest des Tauchgangs Entspannung angesagt. Wir paddeln entlang eines wunderbaren Korallenriffs entlang der Westseite von Gili Lawa Laut. Insbesondere auf dem Riffdach hat es wunderbare Korallenformationen mit wuseligem kleinen Fischleben.

Für den Rest des Tages vergnügen wir uns wieder an unseren beiden Favoriten. Am Crystal Rock ist heute das genaue Gegenteil zu El Toro angesagt, absolute Badewanne. Vielleicht warten wir auch deshalb wieder vergeblich auf Haie. Die hat es auch am Castle Rock wieder nicht, dafür treffen wir auf einen Schwarm Stachelmakrelen, der in Jagdlaune ist. Immer wieder stechen sie in einen Füsilierschwarm hinein, der seinerseits im Affenzahn versucht, Reißaus zu nehmen. Dabei sind auch Taucher kein Hindernis, sie schwimmen einfach mitten durch sie hindurch. Ein irrer Anblick, wenn so eine Horde auf einen zugeschwommen kommt und man sich auf einmal inmitten Tausender Fischleiber wiederfindet. Von daher gibt es auch ohne Haie am Castle Rock wieder eine irre Show.

Tag 6: MI, 09.11.

Unser letzter voller Tauchtag beginnt in aller Herrgottsfrühe auf dem Sonnendeck. Wegen des angesetzten Early Morning Dives am Castle Rock müssen wir unser morgendliches Workout auf 5 Uhr vorverlegen. Seit einer Woche versucht eine kleine Splittergruppe damit, dem sich aufgrund der Spachtelei abzeichnenden Hüftspeck Herr zu werden. Um kurz nach 6 geht's ins Wasser und der Anblick, der sich uns da bietet, lässt mir den Mund offen stehen. Für die gigantischen Fischschwärme, die da über dem Felsen kreiseln, gibt es gar keine Worte, das muss man einfach live gesehen haben, Fische, so weit das Auge reicht, Hammer!

Nach dem Frühstück ist Landgang angesagt, wir setzen zum Strand über und begeben uns auf einen kleinen Spaziergang auf die umliegenden Hügel, von denen aus man einen schönen Blick auf die Bucht und rüber nach Komodo hat. Die Kraxeltour artet bei 30 Grad Lufttemperatur fast schon in Sport aus, schweißgebadet sind wir gerade rechtzeitig vor Tauchgang Nummero 2 zurück auf der Arenui.

Weiter geht's zum letzten Mal am Crystal Rock, wo wir diesmal versuchen, den etwas abseits gelegenen, 3. Pinnacle zu erreichen, den man nur bei absolut fehlender Strömung ansteuern kann, weil es einen andernfalls sonstwohin weht. 20 Minuten lang tauchen wir nur über ziemlich unansehnlichen Kiesboden und ich denke schon, wir haben den Tauchplatz verfehlt, als ein paar spärliche Korallenblöcke anzeigen, dass wir doch auf der richtigen Fährte sind. Der Bewuchs wird dichter und auf einmal finden wir uns in einem Aquarium wieder, der dem Tauchgang von heute Morgen in nichts nachsteht. Ein halbes Dutzend Napoleons streift durchs Riff, große Schulen Drücker, Schnapper und Füsiliere schwimmen herum, die sich wieder ihrer Schuppen erwehren müssen, weil die Stachelmakrelen anscheinend noch nicht gefrühstückt haben. Auf dem Weg zurück zum Ausstieg erscheint auf meinem Kamera-Display dann eine unschöne Fehlermeldung "Lens error, please restart camera". Guter Hinweis, nur wie, die Kamera reagiert auf keinen Knopfdruck mehr?! Natürlich kommt in diesem Moment ein Adlerrochen vorbeigeflogen, den ich dann halt so im Gedächtnis behalten muss. Viel mehr Sorgen bereitet mir allerdings die geliehene G10, die sich auch zurück an Bord nicht wieder zum Leben erwecken lässt. Nach meiner bereits an Tauchtag 2 in Flores abgesoffenen G9 ist das damit schon die 2. Kamera, die ich auf diesem Trip zerstöre. Zum Glück weiß ich da noch nicht, dass es noch besser kommen soll.

Am Nachmittag verlassen wir Gili Lawa Laut in Richtung der Fledermausinsel, an der wir morgen früh die Tour ausklingen und den Stickstoff vor dem Rückflug aus unseren Körpern entweichen lassen wollen. Auf dem Weg dahin passieren wir Tatawa Besar, wo es nochmal richtig zur Sache gehen soll. Beim Strömungscheck vor dem Sprung ins Wasser brieft uns Ali noch: "Very strong current, hold on to the rocks, otherwise the dive is finished after 15 minutes!". Das erweist sich nicht als übertrieben, die Strömung ist noch stärker als an El Toro gestern. Eingeklinkt mit dem Riffhaken suchen wir hinter Korallenblöcken Schutz und schauen dem Treiben am Riff zu. Auch einige Meeresbewohner haben mit der Strömung zu kämpfen. Eine Schildkröte knallt nach Steuerungskontrollverlust etwas unbeholfen auf eine Tischkoralle und bricht dabei einiges Geäst ab. Wir sehen es ihr nach. Sobald man seinen Kopf aus der Deckung nimmt, zerrt die Strömung sehr unangenehm an Maske, Automat und Oktopus, der wegen des Drucks auf den Deckel permanent abbläst. In kleinen Intervallen hangeln wir uns am Riff entlang, 5 Minuten einhaken, 30 sek. Treiben lassen, 5 Minuten einhaken, 30 sek. Treiben lassen usw. Als nach 45 Minuten der Regen laut auf die Wasseroberfläche prasselt und helle Blitze zu sehen sind, die definitiv nicht von irgendwelchen Fotoapparaten stammen, brechen wir nach kurzer Absprache den Tauchgang ab, bei Gewitter möchte ich nicht zwingend im Wasser sein. Bis dahin war es eine spaßige Veranstaltung, die bei einem längeren Riff, an dem man hätte entlang fliegen können, sicher noch spaßiger gewesen wäre. Diesbezüglich sind die Meinungen allerdings geteilt, es gibt auch Tauchkollegen, die überhaupt keinen Spaß hatten und diesen Tauchgang aus nachvollziehbaren Gründen als puren Stress und völlig überflüssig empfunden haben.

Stress habe ich anschließend auch, nämlich bei der Entscheidungsfindung, ob ich den Nachttauchgang an Wai Nilo mitmache oder nicht. Die Aussicht auf Harlekingarnelen ist schon sehr verlockend, die Aussicht, von einem Blitz getroffen zu werden, nicht. Denn auch bis zum Abend beruhigt sich das Wetter nicht, in einiger Entfernung blitzt und donnert es noch immer. Debbie erzählt zwar, dass sie schon mal bei einem Tauchgang einen Blitzeinschlag gespürt habe, aber dass es in der Tiefe verhältnismäßig ungefährlich ist. Letztlich sei es meine Entscheidung: "If you feel unsafe, stay on board". Am Ende setzen sich aber doch die Harlekingernelen durch, eine Entscheidung, die ich nach Studium diverser Fachliteratur (z.B. VDE, FTU, HTSV oder EOBV) heute eher leichtsinnig finde. Wie auch immer, der Tauchgang verläuft ohne blitzartige Zwischenfälle und wird nach fadem Start in der 2. Hälfte auch noch richtig gut. Es hat zwar wieder keine Harlekingarnelen, dafür sorgen mehrere Anglerfische, Occis, ein Teufelsfisch und zwei verliebte Flughähne für gute Laune. Dank der nächsten Leihkamera, einer kleinen Canon "Point & Shoot", die Jerry dankenswerterweise aus seinem privaten Fundus hervorzaubert, kann ich das Brautpaar auch auf Pixel bannen. Ob Jerry das nochmal bereuen wird?

Tag 7: DO, 10.11.

Auf zum letzten Gefecht, heute steht nur noch ein Tauchgang an, da wir die 24 Stunden Pause vor unserem morgigen Rückflug sonst nicht mehr schaffen. Nach dem "Exploration Dive" von vor einigen Tagen ist der 2. Tauchgang an Nusa Pimpe schon nicht mehr ganz so explorativ, da wir schon wissen, was uns erwartet. Kleinkram halt, der Tauchplatz entpuppt sich als äußerst nacktschneckenlastig, mindestens 10 verschiedene Arten machen wir während des 80-minütigen Abstiegs aus. Eine Muräne, die sich von einem Haufen Putzergarnelen den Rachen säubern lässt, sorgt für den passenden Abschluss einer tollen Tauchsafari.

Das Programm ist allerdings noch nicht beendet, wir nutzen den Tag für einige Landerkundungen. Zunächst mal führt uns ein einheimischer Guide zu den Höhlen, in denen sich die vor einigen Tagen beobachtete Fledermausarmada tagsüber aufhält. Der Aufstieg den Hügel hinauf ist schon schweißtreibend. Noch schweißtreibender sind aber die Stiche der Hornissen, die den Höhleneingang bewachen und unangemeldete Besucher willkommen heißen. Ich komme mit einem Stich noch gut weg, Kathrin erwischt es gleich 3x. Der Einsatz lohnt sich, die Höhlendecke ist voll mit Flughunden. Der Gestank ist allerdings bestialisch, ich hätte nicht gedacht, dass es Tiere gibt, die noch übler stinken als die 70.000 Seebären am Cape Cross. Wobei es wahrscheinlich gar nicht die Mäuse selbst sind, sondern ihre Kacke, durch die wir waten. Auch meiner Leihkamera scheint der Geruch zu missfallen, denn - man ahnt es schon - mitten in der Fotosession gibt sie den Geist auf. Kein Bild, kein Ton, das Objektiv steckt fest, derselbe Mist wie gestern bei der G10. Entweder kann Canon keine Kameras für die Tropen bauen oder die Dinger haben einen Selbstzerstörungsmechanismus, der sich nach Ablauf der Garantiezeit selbst aktiviert.

Nach den Höhlen setzen wir unsere Erkundungstour mit dem Besuch des Rinca Villages fort und schauen uns an, wie man als Einheimischer tagtäglich mit den Drachen lebt. Früher war das Dorf mal umzäunt, aber aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen ist das heute nicht mehr der Fall. Die Warane haben freien Zugang zum Dorf und wo es mit Hühnern und Ziegen leichte Beute zu ergattern gibt, muss man sich nicht wundern, dass es ab und zu mal unliebsamen Besuch gibt. Immerhin - das einzige Gebäude, das durch eine solide Mauer geschützt ist, ist die Schule. Dort werden wir auch direkt mit großem Hallo von einer Meute Erst- bis Viertklässlern empfangen. Ich finde es in solchen Ländern immer wieder erstaunlich, mit wie wenig Hab und Gut man so fröhlich sein kann, hier braucht es keine Spielekonsolen oder anderen elektronischen Firlefanz zum Spaß haben. Nichtsdestotrotz muss ich beim Verlassen des ärmlichen Dorfes wieder an Uwes Aussage über die Umstände, in denen wir leben, denken: "Zur richtigen Zeit im richtigen Land geboren." Wie wahr, wie wahr.

An Bord melde ich mich bei Jerry mit einem "The camera-eating monster is back!" zurück. Er schaut mich mit großen Augen an und meint nur "No!". Ich: "Yes!" und präsentiere ihm seine "Point & Shoot No More". Überflüssig zu sagen, dass sich auch dieses japanische Hig-Tec-Wunderwerk nicht wiederbeleben lässt. Drei Kameras in einem Urlaub zerstört, das ist schon arg rekordverdächtig. Und da wundert sich noch einer über Fukushima? Debbie sitzt derweil schon am Rechner und sucht nach Ersatz für die G10.

Tag 8: FR, 11.11.

Die Stunde des Abschieds von der Arenui ist gekommen. Morgens um 9 Uhr geht es zum Flughafen von Labuan Bajo und von dort mit sechsstündigem Zwischenstopp auf Bali zurück nach Hause. Das Fazit fällt mal wieder äußerst positiv aus, auch wenn mich die Abwesenheit jeglichen Großfisches rund um Komodo schon erstaunt (und erschreckt) hat. Nach Deirdres Erzählungen, die hier mehrere Jahre als Guide gearbeitet hat, habe ich diesbezüglich schon mehr erwartet. Das ist aber auch der einzige Wermutstropfen, alles andere war absolut top, die Arenui und ihre Crew sowieso und auch die fischreichen Plätze im Komodo-Nationalpark mit teils wunderbaren Korallengärten konnten mich absolut begeistern. Komodo ein 2. Mal? Jederzeit!

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