Walhai mit Taucher vor Malpelo

Tauchsafari Malpelo auf der Yemaya – Woche 2

Juni 2013

Tag 8: SA, 15.06., Malpelo

Der morgendliche Videokameracheck ist fast schon zur Gewohnheit geworden, bis auf eine kleine Macke funktioniert das gute Stück wieder. Die Macke besteht darin, dass sich das Gerät nur noch anschalten lässt, wenn es per Netzkabel an einer Steckdose hängt. Ist es einmal an, kann ich das Kabel ziehen und alle Kamerafunktionen bedienen. Ich beschließe, die Kamera unmittelbar vorm Einsteigen ins Skiff am Netz einzuschalten und dann einfach während der kompletten Bootsfahrt und dem Tauchgang laufen zu lassen, bis der Strom alle ist. Gedämpft wird mein Optimismus, als sich die Kamera just beim Sprung ins Wasser aussschaltet. Schnauze voll, ich werde ab sofort meine Tauchgangs­eindrücke nur noch ins Langzeit­gedächtnis brennen.

Auch zum Start in Tauchsafari-Woche 2 bleibt Bajon zunächst unser bevorzugter Tauchplatz. Da auf der Sandfläche heute nicht so viel los ist, drehen wir einfach mal die Blickrichtung um 180 Grad und beobachten das rückwärtige, felsige Areal. Lange müssen wir nicht warten, viele, viele Hammerhaie kreuzen herum. Wenn man mit der Nase im Fels hockt, sollte man es nicht versäumen, ab und zu mal einen Blick nach oben zu riskieren. Das tue ich leider nur sporadisch und verpasse so fast den kleinen Walhai, der 10 m über uns über unsere Köpfe zieht, ich sehe nur noch eine große Schwanzflosse mit weit ausladenden Bewegungen im etwas trüben Blau verschwinden. Ein Adlerrochen und einige Galapagoshaie runden das Bild ab. Unter dem Boot drehen heute nur vereinzelte Silkies ihre Runden, doch gerade als ich an der Leiter hänge, jagt ein Schwarm aus 50 Gelbflossenthunen direkt unter dem Boot durch. Gut gelaunt begebe ich mich 30 min später an den reichlich gedeckten Frühstückstisch. Sogar Original-Nutella gibt es auf der Yemaya in ausreichender Menge, kann mich nicht erinnern, das schon mal auf einer Safari vorgefunden zu haben.

Die wissenschaftliche Analyse der vermutlichen Route, die der Walhai nehmen wird (sowie die Tatsache, dass die andere Gruppe zu Bajon will), führt zur Entscheidung, zum 2. Tauchgang an La Nevera reinzuspringen. Im Süden der Kühlschrank-Bucht hat es einen vertikalen Dropoff, der oft von ordentlichen Strömungen umspült wird, weswegen man hier oft gute Hammerhaisichtungen hat. Den halben Tauchgang lang hängen wir an der Steilwand ab und es kreuzen auch einige Hammerhaie über und unter und um uns herum, eine große Schule ist aber nicht dabei. Dafür zieht tatsächlich wieder der Walhai vorbei, er hält allerdings einen für unseren Geschmack viel zu großen Sicherheitsabstand. Die 2. Hälfte des Tauchgangs ist dann sehr ruhig, wir schwimmen gen Norden die Bucht entlang, wo die Steilwand in einen im 45 Grad-Winkel abfallenden Hang übergeht, aber bis auf ein paar verstreute Galapagoshaie gibt es nichts mehr zu sichten.

Also zum Tagesabschluss nochmal Bajon. Wir springen der Hammerhaischule quasi direkt auf den Kopf, worauf sie sich verdünnisiert. Allerdings nicht lange, noch 2x patrouilliert sie elegant an uns vorbei, während wir uns krampfhaft an die Felsen klammern, um von der Strömung nicht davongeweht zu werden. Ein Riffhaken wäre jetzt ganz hifreich, allerdings schwebt man dann gut sichtbar 2 m über den Felsen, was die Hammerhaie vertreibt und damit auch die eigene Beliebtheit bei den Mittauchern. Also lieber möglichst nah an die Felsen pressen und das Geschehen aus der Flunderperspektive beobachten. Direkt vor unserer Nase wundert sich ein riesiger Galapagoshai, was wir da treiben, der ist offenbar extrem gut durch den Winter gekommen. Apropos treiben, nach 25 min geht die Nullzeit zu Ende, wir lassen los, treiben noch ewig lange durchs Blauwasser und begegnen dabei dem Nachwuchs des Galapagos-Riesenhais, den üblichen Silkies und wieder der Schule Gelbflossenthunen, die sich jetzt hier im Süden anscheinend häuslich eingerichtet haben.

Tag 9: SO, 16.06., Malpelo

Nachdem wir uns bisher vowiegend im Süden vergnügt haben, probieren wir heute mal was Neues. El Acuario ist ein Unterwasserberg, der nicht weit von den 3 Musketieren vom Meeresboden bis in eine Tiefe von 25 m reicht. Für mich ist der Platz auch neu, vor 5 Jahren sind wir hier nicht getaucht. Damit man bei starker Strömung nicht weggeweht wird, hat die Crew eine Abstiegsleine installiert, an der man sich festhalten kann und die einen geradewegs auf das Dach des Berges führt. Der Name des Platzes verspricht reges Fischtreiben, davon ist heute aber nicht viel zu sehen, das Aquarium ist recht verlassen. 15 min lang hocken wir da so rum, bis sich von rechts ein mächtiger Walhai anschleicht und eine Runde um den Berg dreht, während wir wie die Hühner auf der Stange nebeneinander Spalier liegen. Danach passiert 10 min lang wieder nichts, bis der Walhai ein 2. Mal erscheint und für erneutes Blitzlichtgewitter sorgt. Dann ist unsere Nullzeit zu Ende und ab geht's für 20 min durchs Blauwasser. Sten gibt wieder alles und lockt mit der Flasche noch einige Silkies und Thune an.

Vor dem Mittagessen gibt's nochmal La Gringa, diesmal lassen wir uns auf der Ostseite direkt am Rande des Kanals absetzen. Viel los ist allerdings nicht, bis auf eine kleine Hammerhaifamilie passiert 35 min lang gar nichts, allerdings ist es schon putzig anzuschauen, wie Sohnemann artig seinem Big Daddy hinterhertrottet. Als wir die Arena erreichen, geht's dann wieder rund, HGS ist zahlreich am Start.

Nachmittags erleben wir dann, warum das Aquarium "Aquarium" heißt, diesmal ist die Hölle los, als wir unten ankommen, wo man hinschaut ist Fisch. Vor allem die großen Schwärme Mullet-Snapper, mit einer Länge von bis zu 1 m eine der größten Schnapperarten, sind beeindruckend. Noch beeindruckender ist allerdings der Blick nach oben, auf dem Rücken liegend beobachten wir vielleicht 100, vielleicht 200 Silkies, die oben kreuz und quer durcheinanderwuseln, begleitet von einer Armee Thunfischen. Fantastischer Anblick! Als die Nullzeit vorbei ist, geht's wieder ab durchs Blauwasser, was uns den Silkies näher bringt, die uns neugierig folgen, während unter uns ein Teppich aus Mullet Snappern und Bonitos ausgerollt wird. Super Tauchgang zum Tagesabschluss!

Tag 10: MO, 17.06., Malpelo

Die Favoritenplätze haben sich herauskristallisiert, es riecht nach Aquarium im Norden und La Gringaim Süden, wo wir heute starten. Zum ersten Mal hat es richtig Welle, das kleine Skiff tanzt auf dem Wasser und macht das Anrödeln zu einem Balanceakt. Wir springen am Tunnel, der La Gringa durchquert und hocken uns in 35 m auf den Fels. Oben ziehen die Hammerhaie über uns weg, während unten die Galapagoshaie über den Sandboden kreuzen. Beim Loslassen schiebt uns die starke Strömung willenlos durchs Wasser, wir winken kurz der anderen Gruppe zu, die unten am Boden hockt und deren Hammerhaie wir wahrscheinlich gerade vertreiben, und enden nach einem langen Drift weit weit entfernt von Escuba irgendwo im Niemandsland. Wem es bisher nicht klar war, weiß spätestens jetzt, warum hier niemand ohne Sicherheitswürstchen ins Wasser geht.

Beim Frühstück überrascht mich Matthias mit der Frage, ob ich beim nächsten Tauchgang seine Videokamera mitnehmen will, ihm sei das Filmen bei Welle und Strömung zu stressig, mit zwei freien Händen täte man sich leichter. "Bist Du sicher, dass Du weißt, was Du tust, mein Antielektronik-Karma hat hier schon drei Kameras zerstört!", frage ich zurück. Aber Matthias ist optimistisch, ich hätte einfach etwas Pech gehabt und das könne ja nicht ewig so weitergehen, er habe da vollstes Vertrauen. Damit ich nicht Schuld am Tod einer weiteren Kamera bin, einigen wir uns darauf, dass er das Teil vorbereitet und mir einsatzbereit übergibt, ich werde das Gehäuse weder vor noch nach dem Tauchgang öffnen. Nun ja, so ganz grenzenlos scheint das Vertrauen ja nicht zu sein, aber selbstverständlich kann ich da hervorragend mit leben.

Wegen der Wellen suchen wir beim 2. Tauchgang etwas Deckung und springen direkt neben David, nach Saul und Salomon der südlichste der drei alleinstehenden Felsen direkt vor der Südspitze Malpelos. Die Entscheidung ist gut, im Schutz des Felsens können wir ein paar Hammerhaie über uns beobachten, die sich auf die Seite legen und von Kaiserfischen die Parasiten vom Körper picken lassen. Eigentlich könnte ich dem Treiben noch etwas zuschauen, vor allem da ich jetzt ja wieder mit Kamera bewaffnet bin, aber Guide Arthur hat andere Pläne und paddelt lieber den weiten Weg durchs Blauwassser rüber nach La Gringa. Der Sinn dahinter erschließt sich mir Manchmal schwimmen Seidenhaie und Hammerhaie auch in gemischten Schulen durch die Gegend. © Michael Christ, Tauchertraum nicht ganz, während der 25 min Streckentauchen passiert gar nichts. Also muss am Ende wieder die ansehnliche Seidenhaischule, die von ein paar Galapagossen unterstützt wird, den Tauchgang retten, die letzten 15 Minuten sind nochmal richtig nett.

Was bleibt zum Tagesabschluss (außer Cocktails saufen)? Genau, das Aquarium natürlich. Diesmal fehlen die Schnapper, dafür steht eine Wolke aus Ozeanischen Drückerfischen über dem Berg. Wir haben uns gerade zurechtgemacht, als ein riesige Schwanzflosse erscheint, an deren Ende ein Walhai hängt. Der Bursche ist alles andere als schüchtern, 5 min lang kreist er um und über den Berg und um uns herum. Unsere Anwesenheit juckt ihn nicht im Geringsten, er scheint regelrecht für die Kameras zu posieren. Nach zehnminütiger Verschnaufpause, in der wir den Drückern, Rainbow Chubs und Rainbow Runners nachstellen, schaut er ein weiteres Mal vorbei und dreht noch ein paar Runden. Hammer! Was dann kommt, fällt unter die Kategorie "unfuckingfassbar": Wir verlassen den Berg, driften durchs Blaue und sind auf einmal umzingelt von Gelbflossenthunen, die uns beständig umkreisen, über und unter uns, rechts wie links, egal wo man hinschaut ziehen Thunfische vorbei, es müssen Tausende Tiere sein! Die paar Dutzend Silkies, die die Armada begleiten, sind da nur noch schmückendes Beiwerk. Ich hätte mir nicht träumen lassen, sowas mal zu sehen, das war wahrscheinlich der beste Tauchgang hier bisher. Zurück auf dem Skiff erfahre ich, dass einige am Der Autor wird beim Ablichten eines Walhais abgelichtet. © Michael Christ, Tauchertraum Berg sogar zwei Walhaie gleichzeitig gesehen haben. Na prima, das passiert mir auch nicht alle Tage, einen Walhai zu übersehen. Gefeiert wird heute Abend trotzdem mit ein oder zwei Caipis mehr als üblich.

Tag 11: DI, 18.06., Malpelo

Schon der 7. Tauchtag heute, die Zeit fliegt, wenn man Unterwasseraction hat. Die fällt zum Start in den Tag heute allerdings sehr dünn aus, an La Gringa ist nicht viel los. Dafür ist die Sicht zum ersten Mal richtig schlecht, in dem trüben Blau (Grau?, Grün?)-Wasser sind die Haie kaum auszumachen und lassen sich mehr erahnen als sehen. Also versuchen wir es anschließend an La Nevera, doch auch hier hat es nur 3 oder 4 Hammerhaie und einen Baby-Walhai. Alles sehr still heute, schon erstaunlich, wie unterschiedlich sich ein Tauchplatz innerhalb kürzester Zeit präsentieren kann. Wobei der Baby-Walhai natürlich nett ist, aber spätestens nach den letzten zwei Tagen sind wir versaut. Das gleiche Bild zum Abschluss am Aquarium, sehr wenig Fisch, kein Vergleich zu gestern. Zum Abschluss verliere ich beim Filmen einiger Thunfische beim Driften durchs Blau auch noch die Gruppe und tauche nach Setzen der Boje schließlich alleine auf, etwa 100 m vom Skiff entfernt. So verpasse ich auch noch den Walhai, der den anderen beim Einstieg ins Boot in die Quere schwimmt und den Tag noch hätte retten können. Eine ausführliche Beschreibung des dramatischen Beinahe-Zusammenstoßes kann man im Tauchertraum-Reiseblog nachlesen.

Tag 12: MI, 19.06., Malpelo

Neuer Versuch an La Gringa, aber man sollte es kaum glauben, die gestern schon beschissene Sicht kann noch beschissener werden. Schemenhaft sind ein paar Haie zu sehen, das war's. Bei diesen Bedingungen kann man sich die Fahrt in den Süden schenken. Also versuchen wir es mal wieder an D'Artagnan. Der Riesenschule Großaugenmakrelen springen wir quasi auf die Rückenflossen, so dass sofort die Kamera in den Aufnahmemodus versetzt wird. Leider verliere ich dabei ein wenig die Gruppe aus den Augen und merke nicht, wie die starke Strömung, die im Kanal zwischen D'Artagnan und dem benachbarten Unterwasserfelsen herrscht, mich in die falsche Richtung zieht. Unter größter Anstrengung kämpfe ich mich mit den Armen am Boden, der hier bei knapp 30 m liegt, entlang ziehend gegen die Strömung zurück zur Gruppe. 10 min dauert die Aktion, nach der ich rasende Kopfschmerzen verspüre. Wir verlassen schließlich D'Artagnan und lassen uns die kurze Strecke rüber zu den drei Musketieren treiben, wo wir den Tunnel, der den mittleren Musketier durchzieht, durchtauchen. Der Tunnel, der in Taucherkeisen auf den Namen "Kathedrale" hört, ist von einem Schwarm Blue and Gold-Schnappern besetzt, am Ausgang kreuzen auch ein paar Riffdackel. Hinter uns folgt uns ein Adlerrochen, der nach einem kurzen Seitenblick davon stürmt. Die letzten Minuten paddeln wir noch ein bisschen hier, ein bisschen da durchs Blauwasser, ohne dass noch etwas passiert. Beim Einstieg ins Skiff nehmen meine stechenden Kopfschmerzen nochmal zu und geben auch bis zum Nachmittag keine Ruhe, so dass ich beschließe, den letzten Tauchgang auszulassen. Als die Kollegen eineinhalb Stunden später mit breitem Grinsen zurück auf die Yemaya klettern, ahne ich schon, dass ich da wohl etwas versäumt habe. Am Aquarium standen zwei große Walhaie einträchtig nebeneinander und haben sich geduldig ablichten lassen. Meiomei, ich ärgere mich schon ein wenig, das verpasst zu haben, aber mit dem Brummschädel hätte das keinen Sinn gemacht. "Man muss och jünne künne", wie der Kölner sagt.

Tag 13: DO, 20.06., Malpelo

Wir lassen uns nicht beirren und fahren trotz der schlechten Erfahrungen von gestern nochmal in den tiefen Süden.La Ferreteria ist der südlichste von Malpelos Tauchplätzen, ein kleiner Unterwasserberg, der ähnlich dem Aquarium bis auf eine Tiefe von 20 m unter die Wasseroberfläche reicht. Allerdings ist der Berggipfel deutlich zerklüfteter als das flache Dach des Aquariums und die Seiten fallen nahezu senkrecht in die Tiefe ab. Da dieser Platz nicht regelmäßig betaucht wird, ist auch keine Abstiegsleine installiert, weswegen der Platz nur bei wenig Strömung angefahren werden kann. Beim Abstieg im Blauen könnte man sonst leicht am Berg vorbeifliegen. Welche Haiart der "Eisenwarenhandlung" ihren Namen gegeben hat, lässt sich unschwer erraten, allerdings sehen wir von den Genossen unter Wasser keine Spur. Dafür sehen wir von unten schon die Silkies an der Wasseroberfläche herumtoben. Tonnen von Fisch zieht seine Kreise um den Berg, den man bei ausreichender Nullzeit problemlos mehrmals während eines Tauchgangs umrunden könnte. Wir haben nicht genug Nullzeit und verabschieden uns schließlich kollektiv ins Blaue, wo wie üblich mehrere Dutzend Seidenhaie und auch wieder Thunfische ohne Ende auf uns warten. Fast haben wir uns schon dran gewöhnt.

Unser Lieblingsunterwasserberg gibt anschließend leider nicht allzu viel her, am Aquarium ist tote Hose. Der Drift durchs Blau beschert uns wieder Silkies und Thune, erwähnte ich bereits den Gewöhnungseffekt? Nicht gewöhnt habe ich mich allerdings an inquisitive Thunfische. Als ich die Kamera auf ein stattliches Exemplar richte, verdreht es erst ein paar mal genervt seine Augen und schielt mich aus dem Augenwinkel an. Plötzlich dreht es sich in meine Richtung und kommt frontal auf mich zugeschossen. Identitätskrise oder wie, Du bist doch kein Drücker?! Das scheint dem Meister plötzlich auch bewusst zu werden, kurz vor dem Einschlag macht er eine Vollbremsung und dreht ab, nicht ohne mir noch einen letzten, vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. Ich bin mir allerdings keiner Schuld bewusst und frage mich, ob er sein Spiegelbild im Kameragehäuse für einen Konkurrenten gehalten hat und nur mal klarstellen wollte, wer der Herr im Meer ist.

Für den Tagesabschluss an La Nevera lautet das Briefing: "Schön gleichmäßig in 10 bis 20 m Abstand über den Hang verteilen". Das lasse ich mir nicht 2x sagen, während alle nach dem Sprung ins Wasser sich nach links orientieren, setze ich mich nach rechts ab. Wenn man immer nur im Rudel auf einem Fleck hockt, kommen die Hammerhai nie mal ganz nah ran, es sind halt Schisser, die Angst vor den Luftblasen haben. Der Erfolg meines Solotauchgangs ist allerdings diskutabel, einzelne Hammerhaie lassen sich an den Putzerstationen zwischen Terrasse und Finger zwar von den Putzerfischen beackern, aber so hautnah wie vor 5 Jahren komme ich trotzdem nicht ran. Immerhin leistet mir beim Safety Stop dann noch die unvermeidliche Horde Silkies Gesellschaft.

Tag 14: FR, 21.06., Malpelo

Für die halbe Belegschaft fällt der erste Tauchgang heute aus, wir haben vom Militär die Erlaubnis bekommen, die Insel zu besuchen. Der Zugang ist nur über eine Strickleiter möglich, die an einem vor sich hinrostenden Ausleger montiert ist. Der Wechsel vom schaukelnden Bug des Skiffs auf die Strickleiter gerät zu einem Balanceakt. Bei dem hohen Seegang heute ist es auch eine Herausforderung, die richtige Sprosse zu erwischen, möchte man nicht mit der nächsten Welle bis zur Hüfte im Wasser stehen. Dieser Teil der Kletteraktion gelingt mir schon mal nicht, pitschepatschenass hänge ich auf der Leiter. Dann heißt es, 8 - 10 m nach oben zu klettern, was für ungeübte Klammeraffen wie uns auf den letzten Metern ganz schön anstrengend werden kann. So bin ich froh, als ich endlich die Plattform erreiche und die letzten paar Meter über eine bequeme Treppe nach oben marschieren kann, wobei man allerdings aufpassen sollte, wo man hintritt: einige Stufen und Teile des Bodens sind komplett weggerostet, ein Fehltritt, und man kann von 10 m weiter unten von vorne anfangen, dann aber schwimmend.

Nach 40 min sind endlich alle 6 Ausflügler inkl. Sten, der uns begleitet, sicher an Land, so dass der Rundgang starten kann. Der Ranger von der Umweltbehörde führt uns über die Insel und passt auf, dass wir keine Tiere belästigen. Umgekehrt ist es ok, die Insel gehört den Nazcatölpeln, die hier eine große Brutkolonie haben. Überall hocken Tölpel herum, manche allein, manche zu zweit, manche mit Gelege, manche ohne, manche mit gerade geschlüpftem Nachwuchsoder mit zotteligen Halbstarken, die sie noch durchbringen müssen. Natürlich hocken sie auch mitten auf dem schmalen Fußweg, der sich steil die Klippen hinaufwindet, so dass man überhaupt keine Chance hat, einen großen Bogen um sie zu machen. Das mögen die Vögel gar nicht und hacken mit ihren Schnäbeln ständig nach Beinen und Füßen, die ihnen zu nahe kommen. Beim nächsten Besuch nehme ich Sicherheitsstiefel und Schienbeinschoner mit... Na ja, ganz so schlimm ist es dann auch wieder nicht. Außer den Tölpeln gibt es auf Malpelo noch verschiedene Eidechsenarten und je eine endemische Krabben- und Geckoart.

Eine Dreiviertelstunde und unzählige Fotostops später erreichen wir den Militärposten, in dem eine Handvoll Soldaten ein vermutlich ziemlich ödes Dasein fristen. Eigentlich sollen sie für den Schutz des Marinereservats sorgen und gegen die illegale Fischerei vorgehen. Wie sie das ohne eigenes Boot tun sollen, bleibt das Geheimnis der kolumbianischen Regierung. Da das Fotografieren der Anlage verboten ist, schießen wir ein paar Fotos aus der Hüfte heraus und machen dann noch einen Spaziergang zur Steilküste mit schönen Ausblicken auf die vorgelagerten Inselchen, wie La Torta und Vagamares. Am Horizont ist ein großes Kriegsschiff zu erkennen. Wir kriegen doch nicht etwa Besuch?

Pünktlich zum Abstieg fängt es leicht an zu regnen, was den Fels und die abenteuerliche Holzbalkenkonstruktion in glitschige Schmierseife verwandelt. Die Überlegung, die Strickleiter durch einen erfrischenden Sprung in den Pazifik zu umgehen, verwerfen wir schnell wieder angesichts der Waschmaschine, die es zur Zeit unter uns hat. Runter geht es aber auch deulich leichter als rauf, lediglich der Wechsel von der Strickleiter aufs Skiff verlangt noch eine verlässliche Augen-Bein-Koordination, will man ohne blaue Flecke und trockenen Fußes davonkommen.

Als wir die Yemaya erreichen, haben wir tatsächlich Besuch, eine Delegation der kolumbianischen Marine ist per Schnellbootvon dem Kriegsschiff, das wir von oben gesehen haben, übergesetzt und posiert jetzt wichtig mit Maschinenpistolen bewaffnet an Deck. Komisch, ich hatte immer gedacht, wir sind die Guten und die illegalen Fischer die Bösen, aber irgendwas habe ich da wohl missverstanden. Was die Soldaten eigentlich bei uns suchen, bleibt ein Geheimnis. Ist aber auch egal, der Tauchbetrieb geht trotzdem weiter und wird an La Gringa fortgesetzt. Zur Feier des Tages lassen wir uns nochmal an der geschützten Westseite des Felsens absetzen und durchtauchen dann den Tunnel, der direkt im Kanal zwischen La Gringa und Escuba endet. Wegen der starken Strömung robben wir uns am Boden des Kanals in 40 m Tiefe entlang auf die andere Seite und hängen uns da in die Felsen. Die Strömung beschert uns nochmal HGS-Action satt, große Hammerhaischulen über uns, fette Galapagos vor uns und beim Fliegen durchs Blaue nochmal jede Menge Silkies. Ein würdiger letzter "La Gringa"-Tauchgang!

Als wir zurückkommen, sind die Soldaten immer noch da, wahrscheinlich müssen sie sich auch mal ordentlich satt essen und bedienen sich an der Snack-Bar. Egal, unser allerletzter Tauchgang findet an La Nevera statt und hat es nochmal in sich. Schon beim Sprung ins Wasser landen wir in einem großen Schwarm Silkies, vielleicht so an die 50 bis 60 Tiere. Auch an den Putzerstationen ist heute richtig was los, die Hammerhaie zeigen sich gar nicht scheu und kommen zum Teil bis auf Armlänge ran, während sie sich von den Putzerkaisern säubern lassen. Von der Distanz her sicherlich die beste Hammerhaibegegnung während des gesamten Trips. Als wir den Hang schließlich zum Sicherheitsstopp Richtung Blauwasser verlassen, sind wieder die Silkies mit den befreundeten Thunfischschwärmen zur Stelle und entertainen uns noch für weitere 15 min. Sehr ärgerlich, dass jeder Spaß irgendwann ein Ende hat.

Nach dem Tauchgang wird direkt zusammengepackt. Bereits eine halbe Stunde später lichten wir die Anker, die nächsten warten schon. Da wir früh dran sind, dreht Käpt'n William, ein dürrer 21jähriger Ami mit dem Rauschebart eines gestandenen Seebärs, noch eine Ehrenrunde um die Insel, so dass jeder Zeit hat, gedanklich Lebewohl zu diesem fantastischen Tauchrevier zu sagen. Auf dem Sonnendeck werden heute viele, viele Caipis auf eine gelungene Tour ausgeschenkt und auch das obligatorische Gruppenfoto wird noch geschossen, solange wir noch einigermaßen nüchtern sind.

Tag 15: SA, 22.06., Ostpazifik

Ruhig präsentiert sich der Pazifik, die Überfahrt gibt denjenigen, die ihre eigene Kameraausrüstung zerstört haben, die Gelegenheit, alles an Bild- und Videomaterial von den Kollegen zu kopieren, was zu kriegen ist. Mein Langzeitgedächtnis ist halt nicht das Beste. Abends folgt dann die Überraschung, anlässlich meines Geburtstag gibt's ein 3-Gänge-Menü mit Schokokuchen und einem Erinnerungsshirt der Kollegen als Abschluss. Und noch mehr Caipis. Zumindest rede ich mir das ein, ein 3-Gänge-Menü gibt's sowieso jeden Abend und der Schokokuchen musste wahrscheinlich auch weg. Die Party ist noch in vollem Gange, als wir schon die panamesische Küste erreichen. Wegen des Niedrigwassers können wir nicht bis Puerto Mutis fahren, sondern legen uns irgendwo im Rio San Pedro vor Anker. Bei ausgeschaltetem Diesel wird es so eine friedliche, wenn auch kurze Nachtruhe.

Tag 16: SO, 23.06., Panama

Nach dem Frühstück bringen die Skiffs uns nach Puerto Mutis, wo schon der Bus wartet, der uns in vier Stunden nach Panama City befördert. Wir haben noch Zeit bis zum abendlichen Rückflug und kehren daher noch in voller Mannstärke im Bucanero's auf Flamenco Island ein und verspeisen einen Batzen Fleisch. Die Insel gehört zu den vier sog. "Causeway Islands" am Eingang des Panama-Kanals, die über einen künstlichen Damm mit dem Festland verbunden sind. Sylt lässt grüßen. Nach der Spachtelei ist große Verabschiedung, einige Mitreisende bleiben noch ein paar Tage in Panama, der Rest wird zum Flughafen kutschiert. Auf dem Rückflug wird es dann Zeit, wehmütig zu werden und das Fazit zu ziehen:

  • Zum 2. Mal Malpelo, war es das wert? Absolut!
  • Wie war die Tour im Vergleich zu der von vor 5 Jahren? Vom Boot her sowieso besser, die Inula bietet halt überhaupt keinen Komfort. Die Haisichtungen toppten die vom letzten Mal vor allem durch die Silkies. Die Thunfischschwärme fand ich unfassbar, noch nie vorher gesehen sowas. Bzgl. Tauchbetrieb hätte ich mir gewünscht, dass man an den leichten Plätzen auch mal nur im Buddy-Team losziehen darf, so wie das auf der Inula praktiziert wird (oder zumindest wurde). An Plätzen wie La Nevera wäre das problemlos möglich. Auf der Yemaya haben jedoch alle Tauchgänge mit einer Ausnahme nur in der Gruppe stattgefunden. Das ist aber auch mein einziger kleiner Kritikpunkt eines ansonsten perfekten Törns.
  • Malpelo ein 3. Mal? Na logisch! Ich verstehe absolut, warum Michael jedes Jahr wiederkommt und jetzt schon ein Dutzend Mal hier war. 2019 hab ich noch nichts vor.
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