Taucher in der Cenote Pet Cemetary

Cenoten Yucatáns – Puerto Aventuras - Teil 2

November 2015

The Pit

Nachdem wir uns an Tauchtag 6 von Woche 1 nochmal in Dreamgate vergnügen, geht es an Tag 7 ab ins Loch. The Pit ist, wie der Name schon vermuten lässt, eigentlich nur eine tiefe Grube und hat nur bedingt was mit Cenoten-Tauchen zu tun. Man muss ziemlich weit durch den Dschungel fahren, um zur Grube zu kommen, vorbei an Dos Ojos, bis man nach 25 min auf der üblen Holperpiste so durchgeschüttelt ist, wie nach dem Headbanging beim AC/DC-Konzert. Und wofür das Ganze? Das Loch ist berühmt für den 40 m langen Laserstrahl, den die Sonne einmal quer durchs Wasser schneidet. Dummerweise braucht man dafür – wer hätte das gedacht? – Sonne. Leider lässt der wolkenverhangene Himmel die heute nur spärlich durch. Bei unserem 2. Versuch einige Tage später sieht es etwas besser aus, aber für das bekannte Postkartenmotiv ist es einfach die falsche Jahreszeit, dafür ist die Sonne jetzt nicht intensiv genug. Auch so kann man einen Abstieg in die Grube aber absolut rechtfertigen: In 30 m Tiefe hat es eine vor sich hin wabernde Schwefelschicht, die allerdings lange nicht so ausgeprägt ist, wie bspw. in Angelita. Unter der Cenotendecke hängen einige mächtige Stalaktiten, richtige Prachtexemplare. Von daher kann man hier ruhig mal reinspringen, aber ein Besuch reicht dann auch aus.

Pet Cemetary

Direkt um die Ecke von The Pit liegt Pet Cemetary, weswegen "Pit & Pet" früher eine beliebte Kombi war. Leider ist der Friedhof der Kuscheltiere jedoch seit einem halben Jahr nach einem tödlichen Tauchunfall für den Tauchbetrieb geschlossen. Der Unfall war zwar in einer ganz anderen Cenote, aber für den hiesigen Besitzer war das ein guter Vorwand, die lästigen Taucher endlich loszuwerden und nur noch Badegäste und Schnorchler reinzulassen, mit denen sich deutlich mehr Geld verdienen lässt, weil man im gleichen Zeitraum viel mehr von ihnen durch die Cenote schleusen kann. Markus, mit dem wir heute unterwegs sind, fragt die Aufpasser auf dem Parkplatz trotzdem nach einer Taucherlaubnis. Können sie nicht entscheiden, sagen sie und schicken uns ans Gate an der Hauptstraße, wo wir mit einem gewissen Jerry sprechen sollten, der könne. Also 25 min zurück über die Rüttelpiste, um Jerry zu finden, aber der ist nicht aufzutreiben. Nach ein paar Minuten Verhandlung mit zwei Menschen in der Baracke, an der ein Schild mit der Aufschrift "Dive Shop" prangt, kriegen wir aber auch so eine Genehmigung. Kostet nur den Spaßpreis von 800 Peso pro Nase (ca. 40 EUR), die Markus großzügigerweise auf seine Kappe nimmt — mit etwas Bakschisch geht in Mexiko fast alles. Also nochmal 25 min Schlaglochfahrt und dann kann es endlich losgehen.

Schon kurz nach dem Abtauchen wird klar, dass sich die Mühe gelohnt hat. Pet Cemetary ist zwar sehr flach, man bekommt keine 8 m Wassertiefe unter den Bleigurt, aber von den Tropfsteinen und Felsformationen her ist es die vielleicht schönste aller Cenoten in der Gegend. Der Tauchgang verläuft um einen riesigen Air Dome, der auch mit normalen Wanderklamotten trockenen Fußes erreichbar ist. Damit der Wandersmann auch was sieht, ist der Air Dome mit einem halben Dutzend Scheinwerfer ausgeleuchtet. Unter Wasser sorgt das für ein grünes Dämmerlicht, das den Air Dome großartig illuminiert. Unreal! Gegen Ende des Tauchgangs treffen wir auch noch auf den Namensgeber der Cenote: Teile eines Wildschweinskeletts liegen im Sand herum. Ob das noch das Original ist oder schon die Plastikvariante, kann ich jedoch nicht ergründen. Macht aber auch nichts, der Friedhof der Kuscheltiere ist definitiv ein absolutes Highlight!

Chac Mool

An Tag 8 folgt nun endlich die Cenote, die eigentlich für Tag 1 geplant war. Chac Mool ("Jaguarkralle") liegt direkt vor den Toren von Puerto Aventuras, die Fahrt mit dem Pickup dauert keine 5 min. Zum Glück lacht heute auch die Sonne vom Himmel, beste Voraussetzungen also für gigantische Lichteffekte in der "Kukulkan Line". Die kenne ich zwar schon von meinem letzten Besuch, nichtsdestotrotz bin ich auch diesmal wieder total geflashed von der Wand aus Lichtschwertern, die direkt nach dem Einstieg auf uns wartet und sich durch die perfekte Spiegelung an der Wasseroberfläche im Himmel fortzusetzen scheint. Die Haloklinen sind auch hier sehr ausgeprägt, so dass wir zwischendurch fast null Sicht haben und nur raten können, wo es genau weitergeht. Ein Finger an der Leine hilft.

Die zweite Leine im Chac Mool-System heißt "Little Brother" und ist viel dunkler als die "Kukulkan Line", da sie weitgehend entlang des Randes einer geschlossenen Höhle verläuft. Nur kurz fällt etwas Licht ein, als wir für ein paar Meter die benachbarte Cenote ankratzen. Gegen Ende des Tauchgangs wartet noch ein großer Air Dome mit fantastischen Stalaktiten auf den Besucher. Hier kann man ruhig mal 10 min an der Wasseroberfläche verweilen, bevor es zurück zum Ausgang geht. Chac Mool ist wirklich top und durch die Mischung aus Lichteffekten und Tropfsteinen ein super Einstieg für Leute, die zum ersten Mal Cenotenluft schnuppern.

Update März 2018: Die fortschreitende Kommerzialisierung der Cenoten an der Riviera Maya treibt neue Blüten: Seit einem Jahr darf man nach Chac Mool keine Kameras mehr mitbringen, damit der Haus-und-Hof-Fotograf seine Bilder verkauft bekommt. Wäre für mich trotz der fantastischen Szenerie schon ein Grund zum Boykott dieser Cenote. Den braucht's wahrscheinlich aber gar nicht, denn in unmittelbarer Nachbarschaft wird aktuell ein Hotelkomplex mit eigener Landepiste für Flugzeuge gebaut. Seit dem Bau ist das Wasser in der Cenote immer wieder kontaminiert. Und da niemand Lust hat, durch herumtreibende Kack-Brocken zu tauchen, hat sich Chac Mool von selbst erledigt. Leider.

Chikin Ha

Als ob Petrus wüsste, dass das Wetter am Vormittag wurscht ist, schickt er uns dunkle Wolken an den Himmel. Die ersten 100 m von "Chikin Ha", was soviel bedeutet wie "Wasser aus dem Westen", führen durch einen breiten, aber stockdunklen Tunnel, in dem nicht aufgetaucht werden kann, zur benachbarten "Rainbow"-Cenote. In dieser darf nicht aufgetaucht werden, da sie eine heilige Stätte der Mayas ist. Der weitere Weg führt am Regenbogen entlang, mal durch engere, mal durch breitere Gänge. Es hat weder besonders schöne Lichteffekte und auch nicht im Ansatz irgendwelche Tropfsteinformationen. Chikin Ha hat seinen ganz eigenen Charakter und macht auch so Spaß. Bei genauem Hinschauen kann man auch kleine, versteinerte Kalkskelette der Tiere finden, die hier einst den Meeresboden bevölkerten, als der Meeresspiegel noch ein paar Meter höher lag. Als wir gerade den Rückweg durch den Tunnel antreten, müssen wir feststellen, dass Overhead-Umgebungen tatsächlich nicht jedermanns Sache sind. Ein Tauchkollege bleibt zurück, wirkt etwas desorientiert und hält sich minutenlang an einem Felsen fest, bevor er schließlich in der verbotenen Cenote auftaucht. Wir folgen auf der Flosse und platzen mitten in eine Hochzeitsgesellschaft, die gerade das Foto-Shooting für den schönsten Tag des Lebens macht. Sie ignorieren uns aber geflissentlich, also so richtig verboten kann die verbotene Cenote dann auch nicht sein. Nach kurzem Sammeln geht es dann doch noch mit alle Mann unfallfrei zurück zum Ausgang.

Tajma Ha

Petrus hat von unserer Tauchgangsplanung offensichtlich keine Ahnung, denn "Tajma Ha" macht mit Licht deutlich mehr Spaß als ohne. Trotzdem pfeift er seine Wolken nicht zurück. Wie soll denn da der "Room of Lights" seine volle Wirkung entfalten? Spaß macht der Tauchgang zwar trotzdem, aber dennoch kommen wir ein paar Tage später nochmal bei strahlendem Sonnenschein zurück. Das ist eine gute Idee, denn die Leine in Tajma Ha führt durch gleich drei Cenoten, was auch bedeutet, dass man hier ein Jojo-Profil nicht vermeiden kann, es geht ständig rauf und runter. Die erste Cenote ist der "Room of Lights", wobei der spanische Name "Puntos de Luz" irgendwie mehr Charme hat. Auf dem Hinweg kriegt man von dem Licht noch nicht viel mit, schnell geht es durch einen Tunnel weiter in die "Sugar Bowl"-Cenote. Hier fallen die Lichtstrahlen laserartig ins Wasser, fast so wie in Chac Mool. Super! Weiter geht's durch den nächsten Tunnel in eine große Höhle, in der eine fantastische, ausgedehnte Halokline den Eindruck vermittelt, als tauche man über der Oberfläche eines unterseeischen Sees. Dann gibt's eine Kehrtwendung am Point of no return, bevor wir ein ausgedehntes Foto-Shooting vor dem Loch machen, das in die "Esmeralda"-Cenote führt, in der das Licht ganz in Gelb daherkommt. Weiter geht's vorbei an ein paar schönen Tropfsteinen und durch die "Sugar Bowl" zurück zum "Room of Lights". Aus dieser Richtung leuchtet er uns schon von weitem in tiefem Smaragdgrün entgegen, die ganze Halle ist in einen grünen Schimmer getaucht. Unbeschreibliche Atmosphäre, muss man gesehen haben! Kein Wunder, dass diese Cenote von ihren Entdeckern ursprünglich "Taj Mahal" getauft wurde. Erst später wurde der Name zu "Tajma Ha" mayanisiert, da "Ha" in der Maya-Sprache "Wasser" bedeutet. Vom "Room of Lights" ist es nur noch ein kurzer Hüpfer zum Ausgang, um einen 75 min-Tauchgang vollends begeistert zu beenden. Bei schönem Wetter gehört Tajma Ha auf jeden Fall auf die To Do-Liste.

Angelita

Eine Stunde südlich von Puerto Aventuras, 15 min hinter Tulum, liegt ein absolutes Cenoten-Highlight. Angelita ("Engelchen") wurde nach einem Mädchen benannt, das vor gut 40 Jahren in der Cenote ertrunken ist. Jedes Jahr Anfang Dezember gedenkt die Maya-Familie, auf deren Land sich die Cenote befindet, mit einer kleinen Feier dem tragischen Unglück. Bei strömendendem Regen rödeln wir uns an und nach einem kurzen Marsch durch den Dschungel geht es abwärts. Angelita ist eigentlich nur ein kleiner See (siehe Karte), dessen Boden in 60 m Tiefe liegt. Die oberen 30 m bestehen aus Süßwasser mit schier unendlicher Sichtweite, das von dem darunter liegenden Salzwasser durch eine etwa 3 m dicke Schicht aus Hydrogensulfat getrennt ist. Taucht man in die Schwefelschicht ein, sinkt die Sicht auf Null und darunter ist es pechschwarze Nacht. Von oben sieht es aus, als schwebe man über den Wolken. Aus dem Schwefel herausragende Bäume tragen ihr Übriges zur mystischen Atmosphäre bei. Einfach magisch! Wir sind so begeistert, dass wir Angelita am letzten Tag nochmal anfahren und als krönenden Abschluss noch zwei Tauchgänge hier machen. Anderen Tauchern geht es ähnlich.

Gran Cenote

Als 2. Tauchgang nach Angelita bietet sich die Gran Cenote an, kurz hinter Tulum an der Straße nach Cobá gelegen. Die Cenote ist ziemlich kommerzialisiert und dient auch als Spaßbad für Touris und Einheimische. Nachdem wir uns unseren Weg durch die Badegäste gebahnt haben, wartet eine 200 m lange Leine mit wunderbaren Felsformationen und Tropfsteinen und toller Aussicht auf das türkisblaue Wasser des Schnorchlerbereichs auf uns. Am Ende der Leine angekommen drehen wir um und tauchen den gleichen Weg zurück, weswegen wir mal wieder nicht vor 75 min aus dem Wasser kommen. Sehr schönes Ding! Wenn nur dieser Sch....regen nicht wäre!

Update März 2018: Seit einem Tauchunfall im November 2016, bei der eine amerikanische, frisch zertifizierte Höhlentaucherin ums Leben kam, ist die Cenote für geführte Kavernentouren mit Sporttauchern gesperrt. Zutritt haben nur noch ausgebildete Höhlentaucher (Mindestvoraussetzung ist "Cavern Diver"-Level). Ist für meinen Geschmack etwas merkwürdig, weil die Verunfallte ja gerade eine zertifizierte Höhlentaucherin war, aber nach Sinn und Unsinn braucht man in Mexiko auch nicht zu fragen. So hat man halt die Zahl der Flaschentaucher drastisch reduziert und damit auch die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall gesenkt.

Zapote (Hells Bells)

Das Beste kommt zum Schluss. Nur alle Jubeljahre mal fährt Planet Scuba mitten in den Dschungel. Zapote liegt eineinhalb Stunden nördlich von Puerto Aventuras an der Straße von Puerto Morelos nach Valladolid. Die letzten 7 km auf der schlaglochverseuchten Schotterpiste ziehen sich wie Kaugummi. Dann ist es endlich geschafft, das Loch im Wald liegt vor uns. Wir sind das einzige Tauchteam am Platz, außer uns sind nur noch zwei Apnoe-Taucher da, die ein bisschen trainieren. Markus installiert zur Sicherheit in 5 m Tiefe eine Stage-Flasche, dann geht es nach ausführlichem Briefing ins Dunkle. Zapote ist nur eine dunkle Röhre von wenigen Metern Durchmesser, die senkrecht nach unten führt. In 30 m Tiefe öffnet sich die Röhre zu einer großen Halle, in der riesige, glockenförmige Stalaktiten unter der Decke hängen. Das Ganze wird eingehüllt von einem Schwefelnebel, der die düstere Atmosphäre perfekt macht. Einen treffenderen Spitznamen als "Hells Bells" kann es tatsächlich nicht geben. Wir drehen zwei Runden an der Leine, die in einem großen Kreis an der Grottenwand gespannt ist, bevor wir uns langsam wieder zurück ins Licht begeben. Ich bin mal wieder total geflashed, denn Zapote ist einzigartig und hat einen völlig anderen Charakter als alles, was man als Sporttaucher sonst in Yucatán zu sehen bekommt. Hammer!

Kin Ha (Holbox)

Gleich nebenan wartet ein weiteres Spaßbad auf uns. Die Kin Ha-Cenote, manchmal auch "Holbox" genannt, ist eine von 12 Cenoten auf dem Gelände des Cenote Zapote Ecoparques und wegen der guten Infrastruktur ein beliebtes Ausflugsziel für Schulklassen und Bade-Touris. Es gibt saubere Toiletten, einen großen Restaurantbereich, eine Art Sprungturm und eben für Badewütige die Kin Ha-Cenote. Der Zugang erfolgt durch ein kleines Loch in der Cenotendecke über eine unter der Decke hängende Plattform. Nur spärlich dringt Licht ins Innere der Cenote, die im Durchmesser 40 m misst. Wir tauchen an der Wand ab, bis wir in 34 m Tiefe auf die Leine treffen, deren Sinn sich mir hier nicht wirklich erschließt. Die Leine ist in einer Tiefe verlegt, in der sich auch hier eine Schwefelschicht befindet. Man sieht die Hand vor Augen nicht. Will man also was sehen, muss man ohnehin ein paar Meter höher tauchen und hat dann ewig große Sichtweiten. Verloren gehen kann man auch nicht, da es immer schön an der Wand entlang im Kreis geht. Zu sehen gibt es auch etwas, nämlich einige glockenartige Tropfsteine wie in Hells Bells und einen zehn Meter hohen Stalaktit, ein wahrer Trümmer. Als Zugabe fällt durch das Loch in der Höhlendecke ein Laserstrahl, wie wir ihn eigentlich in "The Pit" erhofft hatten, bis zum Boden der Cenote. Ein sehr schöner Abschluss eines gelungenen Tauchurlaubs!

Epilog

Am Tag des Rückflugs hänge ich noch etwas in der Basis ab, bevor ich am Nachmittag zum Flughafen nach Cancun kutschiert werde. Mein Flieger hat eineinhalb Stunden Verspätung, was mir Zeit gibt, den Urlaub nochmal Revue passieren zu lassen. Es war mit Sicherheit eine der besten Entscheidungen der letzten Jahre, mir die Cenoten nochmal umfassender als beim ersten Mal zu Gemüte zu führen. Wieder war ich total fasziniert und komme zu dem Schluss, dass ich Höhlentauchen jetzt auch richtig lernen will. Der Plan für 2018 steht also schon: Höhlentauchausbildung, natürlich dann wieder bei Planet Scuba Mexico, die mich rundrum überzeugt haben.

Überzeugt bin ich beim Abflug dann auch, dass ich meinen Anschluss in Miami nicht mehr kriegen werde. So kommt es dann auch, American Airlines sei Dank komme ich noch in den unfreiwilligen Genuss eines zusätzlichen Urlaubstages im Flughafenhotel in Miami. Gut, dass ich einen Tag Luft bis zu meinem nächsten Urlaub eingeplant habe, erst übermorgen geht es weiter nach Ägypten.

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