Dezember 2010
Die Action-Tauchsafari-Woche startet am Platz Mayhem, einem relativ einsam weit draußen vor der Insel Yangeffo stehenden Unterwasserplateau, welches zu allen Seiten steil abfällt. Am westlichen Ende springen wir direkt mal in eine ordentliche Portion Schwarmfisch, der es sich hier in der Strömung gut gehen lässt. Auf unserem Weg die Südseite entlang lässt die Strömung nach und dementsprechend auch etwas die Fisch-Action. Auf dem Dach des Plateaus ist dagegen mehr los, in dem schönen Korallenriff treibt sich alles an Rifffisch herum, was man so kennt, der Auslöser der Kamera steht eine Stunde lang nicht still. Ärgerlich ist nur, dass ich ein Raja Ampat-Highlight, welches ich unbedingt sehen will, verpasse: Ein paar der anderen Kollegen entdecken einen gut versteckten Epauletten-Hai, im Englischen auch als "Walking Shark" bezeichnet, weil er auf seinen Vorderflossen über den Sandboden läuft. So haben wir vor ein paar Millionen Jahren ja auch mal angefangen ...
Zwei Stunden später geht es vor Yangeffo, das alternativ auch schon mal mit "Janggelo" oder "Yanggelo" bezeichnet wird, erneut ins Wasser, diesmal an der Citrus Ridge, im Kanal gelegen, der Yangeffo von Gam trennt. Der Tauchgang beginnt ruhig mit einer im Sand eingegrabenen Seegurke, die Deirdre ziemlich begeistert. Warum, ist mir bis heute nicht klar. Mich begeistert vielmehr der juvenile Fledermausfisch, der etwas genervt ins Blitzlichtgewitter stiert, das sofort über ihn hereinbricht. Wir folgen dem Rand des Zitronengrats, der als schön bewachsener Finger ins Meer hinausragt, und starren ins Blauwasser, vielleicht kommt ja was Interessantes vorbei. Zuerst erscheint eine Schule Fledermausfische auf der Bildfläche, die bald ziemlich zutraulich wird und uns folgt. Aus der Gegenrichtung kommt ein Schwarm Barrakudas auf uns zu und ich beschließe, ihm zu folgen. Es dauert nicht lang, da kommt wieder von vorne eine Schwarm Großaugen-Stachelmakrelen ins Blickfeld. Rechts die Fledermäuse, links die Makrelen, vor mir die Barrakudas und dazwischen überall die unvermeidlichen Hochrücken-Füsiliere, die zu Tausenden durch die Gegend schwimmen, garniert mit ein paar Regenbogen-Rennern. Man weiß gar nicht mehr, wohin man gucken soll. Ach doch, auf dem Riffdach gibt's ja auch noch was zu entdecken. Süßlippen warten zu Dutzenden an den Putzerstationen aufs Großreinemachen. Beim Ablichten eines Wobbegongs schwimmt mir eine Seekobra durchs Bild, der ich sofort auf ihrer Suche nach Nahrung folge. Die Kröte, die auf dem Weg zum Ausstieg dann noch unseren Weg kreuzt, finde ich schon fast nicht mehr erwähnenswert. Ein brillianter Tauchgang, mit Abstand der beste bisher auf dem Trip!
Nach dem actiongeladenenen Tauchgang vom Vormittag geht es nachmittags an der Gam Ridge etwas ruhiger zur Sache "Easy Diving" ist angesagt. Die Kleintierfans erfreuen sich an den Hohlkreuzgarnelen, ansonsten gibt es außer einem Wobby, einem niedlichen kleinen gelben Kofferfisch und einer Seeschlange, die durchs Riff streunt, nichts Nennenswertes zu berichten.
Für die Adrenalinjunkies unter uns ist anschließend Schnorcheln angesagt. Nun ist Schnorcheln keine Aktivität, bei der ich mir grundsätzlich in die Hose mache. Wenn man aber am Rande des Mangrovenwaldes von Gam schnorchelt, der das Zuhause von Leistenkrokodilen ist, sieht die Sache schon etwas anders aus. Der letzte Angriff auf einen Schnorchler ist angeblich einen guten Monat her und ging zum Glück glimpflich aus. Bevor es ins Wasser geht, werden wir noch instruiert, nicht in die Mangroven hineinzuschwimmen, da man sich dort sehr leicht verfangen kann, und unsere Flossen nur minimal einzusetzen, um Wasserplatschen zu vermeiden. Man muss ja nicht unnötig das Interesse der Krokos wecken. Solange die Sonne hoch am Himmel steht, bleiben sie ansonsten im kühlenden Schatten der Mangroven und verlassen erst bei Einbruch der Dämmerung ihren Unterschlupf. Ich hoffe, die Krokos wissen das auch und machen heute keine Ausnahme. Und wofür das Ganze? Mangroven sind auch die Kinderstube zahlreicher Fischarten, die hier im schützenden Dickicht und Wurzelgewirr ihre Eier ablegen. Demzufolge kann man hier viele Jungfische der Arten sehen, die man ansonsten nur im Erwachsenenalter am Riff zu sehen bekommt. Die Schnorchelei verläuft dann auch wie geplant, der Jungfisch ist vorhanden, die Krokos bleiben uns vom Leib und nach einer knappen halben Stunde sind wir rechtzeitig vor Einbruch der Dämmerung wieder aus dem Wasser. Nur die Quallenarmee, die sich in der Bucht breit gemacht hat, verleidet uns etwas das Schnorcheln, zurück an Bord der Mandarin Siren ist exzessiver Essigeinsatz angesagt.
Damit ist der Tag aber noch nicht zu Ende, es folgt noch ein Nachttauchgang an der benachbarten Yangeffo Ridge. Außer einer Disco-Muschel sehe allerdings nicht viel, da kurz nach unserem Sprung ins Wasser die Strömung rasant zunimmt und uns in atemberaubender Geschwindigkeit über das Riff jagt und ich mehr damit beschäftigt bin, allen Hindernissen auszuweichen, die im Schein der Lampen vor uns auftauchen. Nichtsdestotrotz schafft es Deirdre selbst noch unter diesen Bedingungen (Nacht plus fette Strömung) in einer Gorgonie ein Bargibanti-Pygmäenpferd zu entdecken! Keine Ahnung, wie sie das macht.
Strahlend blauer Himmel begrüßt uns am nächsten Morgen, ein guter Start in den Tag, auf den Detlev schon die ganze Zeit gewartet hat. Wenn alles gut läuft, werden wir uns heute an Manta Sandy mit einem oder mehreren der teuflischen Rochen vergnügen. Damit das auch für die Rochen ein Vergnügen wird, gibt's vorher wieder ein ausführliches Briefing: Abstand halten, nicht die Putzerstationen besetzen, nicht Grabschen (was eigentlich selbstverständlich sein sollte), nicht mit den Flossen durch den Sandboden waten, da lebt nämlich auch einiges. Voller Vorfreude springen wir ins Wasser und sehen – nichts. Kein Manta weit und breit, weswegen wir erstmal das angedrohte Leben im Sand beäugen. Ein einigermaßen seltener Blauer Kieferfisch lugt aus seiner Wohnröhre und zieht sich bei Annäherung immer zurück, was das Beäugen etwas schwierig gestaltet. Gleiches gilt für die nebenan hausenden Röhrenaale. Weniger scheu sind die zwei nur wenige Zentimeter großen Zwergnadelpferdchen, die man leicht übersieht, weil sie festgeklammert an kleinen Steinen kaum von selbigen zu unterscheiden sind. Cool bleibt auch die bizarre Flügel-Seenadel, der ich bisher erst einmal begegnet bin – natürlich in Lembeh. Als ich versuche, einen Wobbegong möglichst fotogen zu Pixel zu bringen, sind schon 40 Minuten Tauchzeit vergangen. Dann endlich tauchen sie auf, ein komplett schwarz gefärbter "Black Manta" fliegt an mir vorbei, gefolgt von seinem Kollegen mit der Standardfärbung auf dem Rücken, im Englischen "Chevron Manta" genannt. Sofort ist Stellungswechsel angesagt, im Halbkreis positionieren wir uns um die Putzerstation und schauen dem Treiben zu. Weitere Mantas kommen angeflogen, reihen sich in die Schlange ein und warten, bis sie dran sind. Am Ende kreisen fünf Mantas um die Putzerstation, denen wir noch eine knappe Stunde lang zuschauen, bis wir nach 90 Minuten mit dem letzten Rest Luft in der Flasche das Wasser verlassen. Sehr geniale Geschichte, die Angelegenheit.
Gleicher Platz, 2 Stunden später. Diesmal müssen wir nicht lange warten, schon beim Reinspringen sind drei Mantas vor Ort. Weitere gesellen sich hinzu, bis wir sieben Mantas im Kanal haben, denen wir fasziniert beim Kreiseln zugucken. Mit der beschaulichen Ruhe ist es aber bald vorbei, nach 20 Minuten Tauchzeit taucht ein 2. Tauchgrüppchen mit durchweg japanischen Tauchern auf (bzw. unter), wie sich an den Handschuhen, die bei 28 Grad Wassertemperatur dringend notwendig sind, unschwer erkennen lässt. Offensichtlich sind diese Kollegen nicht in den Genuss eines Manta-Briefings gekommen, ihnen beim "Tauchen" zuzusehen, tut schon weh. Die meisten haben von Tarierung offensichtlich noch nie was gehört, knallen in die im Kanal stehenden Korallenblöcke und pflügen mit den Flossen den Sandboden um. Dabei natürlich immer schön die Kamera in der einen Hand, die andere wild fuchtelnd auf der Suche nach etwas zum Festhalten. Das sind Anblicke, bei denen ich mir wünsche, dass nur noch Leute mit einem "Tarierungsführerschein" eine Kamera mit ins Wasser nehmen dürfen. Oder welche mit mindestens 200 Tauchgängen. Aber wie kontrollieren und durchsetzen? Ergebnis der Aktion: eins der Zwergnadelpferdchen ist tot, was Deirdre dazu veranlasst, eine gestenreiche Diskussion mit dem indonesischen Guide der anderen Gruppe zu führen. Kurz denke ich, dass es hier unter Wasser gleich zu einer Schlägerei kommt, aber bevor das passiert, beenden wir das, was ein toller Tauchgang war, wenn man es schafft, die Kamikaze-Taucher auszublenden.
Die Gemüter abkühlen können wir 2 Stunden später. An Batu Laut geht es zum nächsten Tauchgang bei leichter Strömung, die uns in angenehmen Tempo über das unspektakuläre Riff schiebt, ins Wasser. Mal wieder Wobbegongs, das ist schon alles, was es zu diesem Lückenfüller zu sagen gibt. Mehr zu berichten gibt es von Roland's Woho. Deirdre hat dem Platz diesen Namen gegeben, weil sie schon bei zwei Nachttauchgängen hier ein merkwürdiges "Wohohoho" unter Wasser gehört und nicht die leiseste Ahnung hat, was der Verursacher gewesen sein könnte. Selbstverständlich hat keiner ihrer Mittaucher je das Geräusch gehört. Ob da doch etwas zu viel irischer Whisky im Spiel war? Oder etwas Tauchergarn? Was Roland mit all dem zu tun hat, konnte leider auch nicht geklärt werden. Ist auch egal, der Tauchgang verläuft ziemlich ereignisarm, bis Deirdre vor einem Loch hockend auf einmal völlig ausrastet. Sie muss irgendetwas Außergewöhnliches entdeckt haben. Tatsächlich sitzt in dem Loch ein großer Krötenfisch. Auch schon 11 Jahre her, dass ich das letzte Mal einen gesehen habe, am Navy Pier in Exmouth. Noch besser ist, dass der Fisch mit den großen Augen auf seiner frisch geschlüpften Brut hockt, die fröhlich unter ihm hin und her springt. Wie Gardesoldaten bewachen ein paar freischwebende Garnelen den Eingang zur Höhle. Vielleicht sind sie aber auch nur der Kröte nächstes Frühstück, wer weiß das schon!? Deirdre ist jedenfalls voll aus dem Häuschen, weil sie noch nie einen Krötenfisch gesehen hat und gar nicht weiß, was das für ein merkwürdiger Fisch ist. Ich bin auch ganz hin und weg, wäre aber noch glücklicher gewesen, hätte ich diesmal den Epaulettenhai gesehen, der wieder dem anderen Buddy-Team vorbehalten bleibt. Nichtsdestotrotz rundet der Nachttauchgang einen gelungenen Tag ab.
Video: Krötenfisch nachts an "Roland's Woho" [00:42 Min.]Den Anfang vom Jahresende macht Cape Kri, einem der berühmt-berüchtigsten Plätze im nördlichen Raja Ampat. Die Strömung ist hier oft unberechenbar und macht, was sie will. Heute ist sie handzahm und erlaubt uns einen leichten Drift-Tauchgang an der Wand entlang, die voll mit Fisch ist. Wo man auch hinguckt, bewegt sich was, im Blauwasser stehen Schwärme von Stachelmakrelen und Füsilieren, am Riff hängen Kleingruppen von Süßlippen ab. Mit nachlassender Strömung lässt auch etwas das Leben nach, aber gegen Ende des einstündigen Unterwasser-Aufenthalts fliegt noch ein Mobula vorbei, der leider etwas scheu auf Distanz bleibt. Früh am Morgen war das schon mal ein guter Start in den Silvesterabend.
Gut weiter geht es auch an Sardine, einem frei stehenden Plateau 4 km nördlich von Kri, ähnlich Mayhem von vorgestern. Der Platz hat seinen Namen von den riesigen Fischschwärmen, die hier oft zu beobachten sind. Leider hat der Namensgeber dabei aber Sardinen mit Sardellen verwechselt. Über solche Details sehen wir großzügig hinweg und springen trotzdem ins Wasser. Die Sardellen sind auch zur Stelle, genauso wie Schnapper, Füsiliere, Rochen, Büffelkopf-Papageien, Drücker, Stachelmakrelen, usw. usw. Nichts, was man nicht schon gesehen hätte, aber die Masse macht's.
Das Gleiche gilt für Friwinbonda. An der Oberfläche schwirren hier ebenfalls riesige Sardellen-Schwärme umher. Eine Etage tiefer wartet eine schön bewachsene Steilwand, natürlich wieder mit von Pygmäen besetzten Gorgonien.
Den Tagesabschluss macht ein Dämmerungstauchgang, neudeutsch Sunset-Dive, an der Pulau Mioskon. Passend zu Silvester ist der Tauchgang ein Knaller. Schon beim Reinspringen sind Tonnen von Fisch um uns rum: Wo wir hingucken, sind riesige Fischschwärme, die sich wie eine gigantische Decke über unsere Köpfe legt. Dazu hat es große Pferdemakrelen und Blauflossen-Stachelmakrelen, die jetzt zum Tagesausklang in Jagdstimmung sind und immer wieder in die Schwärme hineinstechen, um Beute zu machen. Das finden die Gejagten gar nicht gut und weichen als Kollektiv immer wieder mit ruckartigen Bewegungen aus, sodass sich die Decke über uns schneller bewegt als wir gucken können, vorwärts, rückwärts, seitwärts, nur dem Jäger entkommen. Hammer! Etwas weiter steht eine Mördermuschel, die ihren Namen wahrlich verdient hat. Ein Trümmer von einem Mollusk, es sieht glatt so aus, als könnte sie ganze Taucher verschlingen. Unter einem Überhang hat sich hinter einem Vorhang aus Glasfischen ein Wobbegong schon für die Silvesterparty eingerichtet, als ich ihm mit der Kamera zu Leibe rücke. Nach dem 2. Blitz wird es ihm scheinbar zu bunt, blitzschnell zuckt er vorwärts, schnappt zu und stößt dabei ein leicht ordinär anmutendes Rülpsen aus. Ich bin allerdings nicht sicher, ob das Schnappen wirklich mir galt oder doch nur die Glasfische als Silvesterbuffet dienten. Wie auch immer, ich habe in Exmouth die Narbe gesehen, die ein Tauchlehrer von einem Wobbegong-Biss davongetragen hat. Ja, es sind Haie und ja, sie haben Zähne, deswegen ziehe ich mich lieber dezent zurück und lasse den Chef alleine weiterfeiern.
Wir feiern am Abend zusammen mit der Crew eine lustige Silvesterparty mit albernen Masken, Hütchen und Tröten, gegen die Vuvuzelas wie Ohrenschützer anmuten. Da 4x Tauchen am Tag müde macht und es bis auf Heiligabend bisher keiner bis 23 Uhr geschafft hat, legen wir Neujahr kurzerhand um 2 Stunden nach vorne. Irgendwo auf der Welt ist ja dann auch schon 2011. Eine kleine Splittergruppe schafft es dann doch noch mit reichlich Bintang und weiterem Dezimieren der Whiskyvorräte bis 2 Uhr morgens.
Der Kopf ist schwer und müde und die Äuglein klein. Zum Wachwerden hilft ein Sprung ins kühle Nass, dass wie schon erwähnt gar nicht so kühl ist. Um die Anforderungen an Körper und Geist kleinzuhalten, steigen wir an einem schon bekannten Platz ins Wasser, nämlich an Roland's Woho. Alle, die vorgestern den Nachttauchgang geschwänzt haben, kommen so auch in den Genuss des Krötenfisches mit Nachwuchs.
Die darauffolgenden Neuigkeiten sind weniger erfreulich, die Pumpe der Wasseraufbereitungsanlage hat den Geist aufgegeben. Nach der gestern ausgefallenen Klospülung in Detlevs und meiner Kabine ist dies das 2. technische Problem. Die Klospülung war schnell repariert und nicht kritisch, wie in Asien allgemein üblich, kippt man dann einfach einen Eimer Wasser obendrauf. Die Reparatur der Pumpe erweist sich jedoch als nicht so einfach, wir benötigen ein Ersatzteil und steuern zum Auftreiben desselbigen eine wenig heimelige Insel in der Nähe an. Der Stopp dauert rund eine Stunde. Anschließend sind wir genauso weit wie vorher, denn leider lässt sich das Ersatzteil nicht auftreiben. Drei Tage ohne frisches Wasser ist Scheiße, deshalb steuern wir die nächste bewohnte Insel an und füllen die Süßwassertanks manuell auf. Hierzu kommen kilometerlange Gartenschläuche zum Einsatz, von denen ich hoffe, dass sie nicht an den Wasserhahn im Gästeklo des Hafenmeisters angeschlossen sind, mit dem ich während unseres zweistündigen Zwangsstopps ein unterhaltsames Pläuschchen am Pier führe.
Nach dem Auffüllen der Tanks geht es schließlich weiter. Da die Stunde schon etwas fortgeschritten ist, werden wir es heute nur noch auf zwei weitere Tauchgänge bringen. Nach dem klasse Sunset-Dive von gestern versuchen wir es erneut an Mioskon. Der Platz präsentiert sich jedoch ganz anders als gestern, die Sicht ist schlecht, große Fischschwärme sind nicht zu sehen. So konzentrieren wir uns diesmal auf Kleinzeug, was sich natürlich auch hier im Riff findet. Neben den Seenadeln sind die kleinen, in Federsternen versteckten Garnelen und die Orang-Utan-Krebse meine Favoriten. Was Großes gibt's auch noch zu sehen: Ein Wobby liegt, den Kopf in einer Höhle vergraben, herum, und zeigt der Wobby-Damenwelt, was er zu bieten hat. Groß ist auch der Hundezahn-Thunfisch, der mir am Ende des Tauchgangs noch im Blauwasser über den Weg schwimmt.
Der dritte und letzte Tauchgang heute findet ebenfalls in bekanntem Terrain statt, an Sardine steht ein Dämmerungstauchgang auf dem Programm. Auch dieser Tauchgang mutiert zum Makro-Tauchgang, Großes ist nicht zu sehen. Auch Kleines kann mich aber durchaus begeistern, insbesondere, wenn es sich um eine winzige, kaum als solche zu erkennende Baby-Sepia handelt, weniger als einen halben Zentimeter groß, zu klein für meine Kamera. Das Ablichten wird auch noch dadurch deutlich erschwert, dass der Mikro-Cephalopode meine Kamera liebgewinnt, auf meinen Blitzarm klettert und durch nichts dazu zu bewegen ist, da wieder runterzukommen. Nach einigen Versuchen schaffe ich es dann doch, ihn vorsichtig runterzuschubsen. Er hockt sich auf einen kleinen Stein und was sehe ich da? Da sitzt sein Bruder, der nochmal nur halb so groß ist wie er selbst. Diese beiden Zwerge retten einen ansonsten recht ereignislosen Tauchgang.
Unser letzter Tauchtag ist angebrochen und der lässt uns nur noch Zeit für einen einzigen Tauchgang, bevor wir den Weg zurück nach Sorong antreten müssen. Auch den Platz Celtic Corner hat Deirdre selbst gefunden und benannt, da die vielen Salatkorallen und grünen Federsterne sie an das Grün ihrer irischen Heimat erinnern. Das mag richtig sein, ansonsten kann ich dem Platz allerdings nicht so arg viel abgewinnen. Bis auf eine Schule Tintenfische, die gerade noch nach einer Stunde erscheint, bevor uns die starke Strömung an der herannahenden Geröllhalde vorbeitreibt und zum Auftauchen bewegt, kann ich nichts Bemerkenswertes in mein Logbuch notieren.
Auf dem Weg zurück nach Sorong bewegt uns das schöne Wetter, mal nach Segelhissen für ein paar Show-Fotos zu fragen. Gerne kommt die Crew der Bitte nach, die blauen, aber völlig nutzlosen "Segel" machen sich gut als Kontrast zum weißen Rumpf der Mandarin Siren. Mit dem Schlauchboot drehen wir ein paar Runden und lichten den Kutter von allen Seiten ab, bevor die Fahrt weiter geht und wir am späten Nachmittag bei kompletter Flaute mit vollen Segeln in Sorong einlaufen. Dort bringen wir den Abend mit ein paar Bierchen auf dem Sonnendeck zu und ziehen ein Fazit über das Gesehene und Erlebte. Der Tenor ist eigentlich bei allen ähnlich: eine insgesamt tolle Tour, mit Abstrichen in dem ein oder anderen Punkt: Dem einen fehlten die Fischschwärme im Süden, dem anderen mit Ausnahme der Mantas der Großfisch (voher evtl. nicht richtig informiert?) und wieder anderen (und dazu gehöre ich auch) die außergewöhnlichen "Critter", die man nicht alle Tage sieht. Merkwürdigkeiten unter Wasser habe ich in Lembeh deutlich mehr gesehen. Der Rest war prima, auch ohne viele Critter hatten wir tolle Tauchgänge, Crew, Koch und Tauchbetrieb verdienen sich Bestnoten und bis auf die Probleme mit der Wasserpumpe war auch das Boot sehr gut. Von daher lautet mein Urteil: Raja Ampat, gerne wieder, gerne auch wieder mit der Siren-Fleet, jedoch mit weniger Erwartungen an Critter und stärkerem Fokus auf die Tauchplätze im Norden rund um Waigeo.
Auch am letzten Morgen können wir nicht ausschlafen, der Flieger geht schon morgens um 9 Uhr, sodass es nach schnellem Frühstück direkt zum Flughafen geht. Dort nehmen wir unser verlorenes Hab und Gut in Empfang. Nachdem Lufthansa 3 Tage lang nicht den blassesten Schimmer hatte, wo es geblieben ist (wobei mir im Zeitalter der elektronischen Gepäckverfolgung etwas rätselhaft ist, wie das passieren kann) haben sie es doch noch wiedergefunden und uns hinterhergeschickt. Merpati hat es dann von Djakarta nach Sorong befördert und da steht es nun, bereit, direkt wieder nach Hause geschleppt zu werden. Zumindest das von Detlev und Andreas, ich lasse meines lieber nach Bali befördern, wo ich noch weitere zwei Wochen dem deutschen Winter zu entfliehen gedenke.
Nach dem Abheben des Lion Air-Fliegers, der um Klassen besser ist als die Merpati-Schrottmühle, mit der wir angekommen sind, können wir nochmal von oben den fantastischen Ausblick auf die Inselwelt Raja Ampats genießen. Über Halmahera geht es nach Manado und dann weiter nach Surabaya, wo ich mich empfehle, den Kollegen einen angenehmen Heimflug wünsche, und flugs Richtung Insel der Götter verabschiede.