April-Juni 1997
Nach 2 1/2 Tagen Jeep fahren auf Fraser Island ist dann mal wieder der gute alte Omnibus angesagt, mit dem es zunächst weiter nach Dingo geht, einem 163-Seelen-Kaff etwas abseits der Küste. In Dingo hat man die Gelegenheit, eine Rundfahrt über eine Rinderfarm zu tätigen. Mit 20-30 Mann auf der Ladefläche eines Pickups kommt man sich zwar eher ein wenig wie ein Stück Vieh denn wie ein Stück Touri vor, aber das ist halt der australische Charme. Die kleine praktische Einführung ins Peitschenschwingen und Bumerangwerfen hat aber auf jeden Fall was für sich, wenn die ganze Angelegenheit auch einen durchweg touristischen Touch hat. Aktivitäten wie 2 Tage Quad-Bike-Tour für den Freundschaftspreis von 160 AU$ gehören dann wohl doch nicht zu den traditionellen Beschäftigungen auf einer Farm.
Wenn man sich so langsam an die australischen Entfernungen gewöhnt hat, ist's nur ein Katzensprung von Dingo nach Airlie Beach, der pulsierenden 2000-Einwohner-Metropole, die im Sommer dann etwa 5-mal soviele Menschen beherbergt. Tipp Denn Airlie Beach ist der Ort an der Ostküste, wo man hin muss, wenn man zu den Whitsunday Islands will - und da muss man einfach hin. Tiefblaues, klares Wasser, ewig lange Sandstrände und Millionen Möglichkeiten, sein Geld auf den Kopf zu hauen, was will man mehr? Die Whitsundays sind sicherlich der ideale Platz für mehrtägige Segeltörns und Angeltrips, aber da ich's etwas schneller liebe, entscheide ich mich zu einer Ocean Rafting-Tour. Mit einem Flachbodenboot, dass wie ein Brett im Wasser liegt und so heftig über die Wellen hüpft, dass man sich als Mann schon ein wenig um seine Familienplanung sorgen darf, geht es einen Tag lang um die Inseln. Inklusive ist ein knapp zweistündiger Stopp am Whitehaven Beach, den die Australier ganz unbescheiden als den schönsten und weißesten Strand der Welt bezeichnen. Nun gut, schön ist er und weiß ist er auch, gibt's nichts zu meckern. Was mich aber noch mehr fasziniert, ist die Unterwasserwelt, die wir bei dem einstündigen Schnorchelstopp zu Gesicht bekommen. Möönsch, alles so schön bunt hier, ich kannte bis dahin ja nur die Nordsee am Strand von Langeoog. Da konnte man die Hand vor Augen nicht sehen und bis auf das Matjesfilet zum Abendbrot beschränkten sich meine Erfahrungen mit der Meeresfauna auf unliebsame Begegnungen mit ein paar Feuerquallen. Hier dagegen hat es haufenweise Korallen, Schwämme und Fische in allen Formen und Farben. Die eine Stunde ist leider viel zu kurz, aber hier beschließe ich spontan, mir in Zukunft mal näher anzugucken, was in unseren Meeren alles so kreucht und fleucht und in Cairns einen Tauchkurs zu belegen.
Da ich's also kaum noch erwarten kann, nach Cairns zu kommen, verlasse ich Airlie Beach nach zwei Tagen schon wieder und begebe auf nach Magnetic Island, direkt vor den Toren von Townsville. Auf Magnetic Island bewegt man sich am besten per pedes fort, es gibt einige schöne Wanderwege und man kann sich auch querfeldein von Bucht zu Bucht hangeln. Tipp Wer Koalas sehen will, hat dazu auf dem Koala-Walk eine nahezu hundertprozentige Erfolgschance. Bei der Auswahl der Unterkunft sollte man etwas vorsichtig sein. An der Küste führt eine viel befahrene Hauptstraße entlang, und wenn man nicht jeden Morgen um 6 Uhr von Motorenlärm geweckt werden will, suche man sich lieber ein ruhigeres Plätzchen. Oder man gieße sich bei den allabendlichen Backpackerfeten mit Froschhüpfen, Tauziehwettbewerben und "Musical Chairs" (hierzulande "Reise nach Jerusalem" genannt) kräftig einen hinter die Binde, dann kann einen kein noch so lautes Miet-Moke aus dem Schlaf wecken.
Woche Nummer fünf in Oz beginnt mit der vergleichsweise kurzen Fahrt von Townsville nach Cairns, mit kurzen Stops in Mission Beach (viel Strand, viel Party) und dem Bellenden Ker National Park, welcher zum krokodilsicheren Planschen einlädt. Tipp Cairns selbst ist buchstäblich zum Weglaufen, viel kann man dort nicht machen (außer Abfeiern). Selbst einen Strand sucht man dort vergebens, alles nur schwarzer Schlick, wie das Wattenmeer bei Ebbe. Aber es ist ein idealer Ausgangspunkt für Touren in die Umgebung, z.B. nach Cape Tribulation, in die Atherton Tablelands und natürlich zum Tauchen ans Great Barrier Reef.
So arg lange die Luft anzuhalten ist allerdings überhaupt nicht mein Ding, daher melde ich mich gleich zu einem Tauchkurs an. Das Angebot ist groß, Kurse gibt's wie Sand am Meer in allen erdenklichen Sprachen. Tipp Ganz billig ist das Vergnügen freilich nicht, mit 500-600 AU$ für einen Fünftages-Kurs muss man schon rechnen, wenn man seinen Schein in Cairns macht, was sicherlich nicht in den Rahmen eines typischen Backpacking-Budgets passt. Unschlagbar billig geht's in Bundaberg, wo man mit 150 AU$ dabei ist. Allerdings hat man da halt auch nicht das Great Barrier Reef vor der Tür und der Kurs dauert nur 4 Tage. Wer mit dem Gedanken spielt, einen Tauchschein zu machen, aber irgendwie noch davor zurückschreckt, weil er nicht glauben kann, dass man auch als gemeines Landsäugetier unter Wasser atmen kann, lasse sich bei dieser Restrospektive überzeugen.
Tja, kurze Rede, langer Sinn, das Tauchen ist einfach genial. Wie es sich gehört, begießen wir den erfolgreichen Abschluss des Kurses dann noch ordentlich im Wool Shed, Australiens wahrscheinlich berühmt-berüchtigster Backpacker-Kneipe. Das Ambiente ist sehr rustikal, was auch so sein muss, denn bei den allabendlich stattfindenden Table-Dancing-Contests wird die Möblierung einer harten Belastungsprobe unterzogen. Der/Die beste Tischtänzer(in) gewinnt dann einen Preis, z.B. einen Freiflug von A.J. Hackett's Bungy Site bei Kuranda. Da mir auch so schon schwindlig ist (liegt's am jugweisen Genuss von XXXX?), gebe ich mir beim Tanzen nicht so richtig viel Mühe ...
Der Flug von Cairns nach Darwin verläuft ruhig und ich denke an eine Freundin, die die gleiche Strecke mit dem Bus zurücklegt. Von Cairns erst nach Townsville, dann quer durch die Wüste über Mt. Isa und Tennant Creek, weiter nach Darwin. 48 Stunden im Bus, eine Tortur muss das sein, aber wer's unbedingt haben muss. Ich ziehe jedenfalls die zweistündige Variante vor. Meine erste Amtshandlung in Darwin ist das Buchen einer 3-Tages-Tour in den Kakadu National Park, Tipp das absolute Muss im Northern Territory, sowohl wegen der Landschaft als auch der Aboriginal Art, die es dort zu bestaunen gibt. Anbieter gibt es genug und so starte ich mit 13 anderen Leuten meine Tour bereits am nächsten Morgen um 5.30 Uhr in der Früh mit Adventure Tours. Der 3-Tages-Trip kostet mich satte 300 AU$, die Nachfrage ist halt groß. Vorbei geht's an einem Örtchen mit dem klingenden Namen "Humpty Doo", in dem der Mann lebt, der weltweit am häufigsten von Giftschlangen gebissen worden ist: 164-mal (Stand: Mai 1997). Der Mann ist nicht dämlich, er züchtet die Viecher, wobei man sich fragen kann, ob das nicht letztendlich auf dasselbe hinausläuft. Die erste Buspause gibt es für uns auf dem Mary River, wo wir während einer 90-minutigen Bootsfahrt die ersten Crocs zu sehen kriegen. Mächtig dicke Dinger, aber ob das nun Freshies oder Salties sind, weiß ich leider nicht. Die nächsten australischen Freunde treffen wir bei einem kurzen Spaziergang durch dem Manngarre Monsoon Forest: Golden Orbs hängen in ihren Netzen herum. Das Gift dieser Spinne kann ein Baby töten, wohingegen Erwachsene mit ein paar Tagen Krankenhaus davonkommen. Im Gegenzug ist die von dieser Spinne produzierte Seide so fest, dass man kugelsichere Westen daraus machen könnte. Was man von der Natur nicht alles lernen kann ... Der erste Tag Kakadu klingt dann in Ubirr aus, wo wir uns ein bisschen Aboriginal Art angucken und anschließend von dem Plateau aus, von dem auch Crocodile Dundee schon seinen Bullroarer geschwungen hat, den Sonnenuntergang bestaunen. An Tag 2 in Kakadu hat die ewige Busfahrerei vom Vortag zum Glück ein Ende. Wir verbringen den Vormittag in einem Natur-Swimming-Pool mit eingebautem Wasserfall und Tipp besuchen am Nachmittag die tollen Aboriginal Art Sites am Nourlangie Rock. Die Malereien hier haben mich von allen Malereien, die ich in Oz gesehen habe, am meisten beeindruckt. Der letzte Tag in Kakadu beginnt in aller Herrgottsfrühe um 5.30 Uhr mit einer Bootsfahrt zum Zwecke des Mal-wieder-Sonnenaufgang-Bewunderns. Das Bewundern gelingt auch, was nicht gelingt ist nach vollzogener Bewunderung das Wiederanschmeißen des Motors. Wir sind versteckt in einer kleinen Bucht, niemand kann uns sehen, sodass ich mich schon an den Film "Fluss der Killerkrokodile" erinnert fühle. Schließlich packen wir die Paddel aus und paddeln los, worauf der Motor meint, uns jetzt genug geärgert zu haben und wieder anspringen zu dürfen, hurra. Wie schon am Vortag ist auch diesen Nachmittag Planschen angesagt. Wir machen uns auf den staubigen Weg zu den Gunlom Falls, um ein Bad in der Krokodilmenge zu nehmen. Es sind aber nur Freshies, daher ist's unproblematisch. Unterwegs wandern wir noch 20 Minuten mit einem Schlangenabwehrstab durch den Busch auf der Suche nach Taipans, Todesottern oder sonstigen Gefährten. Normalerweise lieben die es, auf Felsen rumzuliegen und in der Sonne zu schmoren, aber heute ist es wohl selbst ihnen zu heiß, mutmaßt Craig, unser Guide. Heiß wird's auch nochmal auf dem Rückweg nach Darwin, auf dem wir ein nah an der Straße loderndes Buschfeuer passieren. Die Feuer werden in regelmäßigen Abständen vorsätzlich von den Rangern gelegt, um einerseits dem Boden neue Nährstoffe zuzuführen und andererseits dem unkontrollierten Ausbruch von Buschfeuern vorzubeugen. Einige Bäume haben besondere Schutzmaßnahmen gegen solche Feuer entwickelt. Ihr Stamm ist durch eine besondere Schicht geschützt, die genau bis zu der Höhe reicht, in der die Flammen normalerweise lodern. Red Adair lässt grüßen. Tipp So klingen drei brilliante Tage Kakadu aus. Wer Kakadu richtig genießen will, sollte besser noch länger bleiben. Drei Tage sind das absolute Minimum, bei den weithin angebotenen Zweitagestouren sitzt man fast die ganze Zeit im Bus und hat kaum mal Gelegenheit, ein paar entspannende Stunden an einem der zahlreichen Swimming Holes zu verbringen oder einen kleinen Bushwalk einzulegen.
Urlaub kann ganz schön stressig sein. Den vierten Tag in Folge stehe ich vor 6 Uhr auf, zu Hause passiert mir sowas nie. Die nächsten drei Tage wird es auch nicht anders werden, da es auf die 1600 km lange Reise nach Alice Springs geht, immer geradeaus den Stuart Highway runter, mitten durchs Outback. Eine Vorstellung von der Öde, die einen erwartet, bekommt man, wenn man bedenkt, dass das Northern Territory mit einer Fläche von 1,35 Mio. Quadratkilometern fast 4-mal so groß wie Deutschland ist – aber es leben nur 175.000 Menschen hier! Und von denen leben auch noch über die Hälfte in Darwin, sprich der Rest des Landes ist so gut wie leer. Tennant Creek ist mit 3500 Einwohnern der viertgrößte Ort.
Na gut, ich bin weiterhin mit Adventure Tours unterwegs, da Oz Experience in diesem Teil des Landes nicht selbst operiert, sondern ihre Kunden anderen Unternehmen zuschiebt. Mit mir sind noch 8 Seelen im Bus, was mal eine richtig angenehme Größe ist. Den ersten Stop gibt's an einem Road House, wo Charlie, der 2 Tonnen schwere Wasserbüffel aus "Crocodile Dundee", sein Gnadenbrot erhält. Ganz freundlicher Bursche, wenn man sich erstmal kennengelernt hat. Bereits mittags um 12 Uhr erreichen wir das Ziel des heutigen Tages, einen Campingplatz am Katherine Gorge. Diese wunderbare Schlucht lädt zu einer halbtägigen Kajaktour ein. Tipp Wer hier spektakuläre Stromschnellen erwartet, wird allerdings enttäuscht. Es handelt sich um eine gemütliche Paddeltour, bei der es nur darum geht, zu relaxen und die Landschaft mit ihren rötlichbraunen Sandsteinformationen zu genießen. Beim Einsetzen der Dämmerung sollte man dann ein ganz besonderes Schauspiel nicht verpassen: Tausende Fledermäuse, die tagsüber in den Bäumen rund um den Fluss hängen, starten zu ihrem nächtlichen Beutefeldzug. Trotz Ultraschall kommt es dabei schon mal zu dem ein oder anderen Zusammenstoss in der Luft, derart viele sind es.
Unsere nächste Etappe auf dem Weg nach Alice führt uns zunächst ins 400 Seelen-Dorf Mataranka, 430 km südlich von Darwin. Dort hat es heiße Quellen ("Thermal Springs"), in denen man seine müden Backpacker-Knochen für ein Stündchen ausruhen kann. Etwas skeptisch blicke ich dabei auf die zig Spinnennetze, welche den gesamten Pool, in dem wir hocken, wie ein Dach überziehen. Die Besitzer der Netze sehen so aus, als würden sie jeden Moment ein wenig den Halt verlieren und uns beim Baden Gesellschaft leisten. Das passiere aber nur selten, versichert uns der Eigentümer der Quellen und der Biss tue auch nur ein bisschen weh, giftig seien die Kameraden ohnehin nicht. Na dann ...
Ein paar Stunden später stoppen wir in Daly Waters, einem Nest mit 15 Einwohnern, einem Pub und einer Tankstelle. Der Pub, welcher im Übrigen der erste mit einer Lizenz zum Ausschenken im Northern Territory war, ist riesig, sodass locker der ganze Ort in die Kneipe passt. Ansonsten hat man hier mitten im Niemandsland wohl auch kaum eine Beschäftigung. Wir haben für heute auch keine Beschäftigung mehr außer Fahren, Fahren, Fahren, bis wir Renner Springs erreichen. Noch so 'ne Großstadt mit 25 Einwohnern und einem Roadhouse. Selbiges nehmen wir aber nicht in Anspruch, denn heute wird zum ersten Mal in einem Swag geschlafen. Tipp Ein Swag ist ein Schlafsack für einen Schlafsack mit eingearbeiteter Matratze und Isolierschicht auf der Unterseite, perfekt geeignet für eine Übernachtung im Freien. Aus seinen Klamotten formt man sich ein Kopfkissen und wenn man seine Schuhe mit reinnimmt, findet man am nächsten Morgen auch keine Skorpione, Spinnen oder Schlangen darin. Außerdem können sie dann auch nicht von Dingos geklaut werden, was wandertechnische Vorteile hat. So ein Swag ist auf jeden Fall hölle bequem, viel besser als die meisten Hostelbetten, deswegen sollte es jeder mal ausprobiert haben.
Tag Nummer 3 auf unserem Weg von Darwin nach Alice beginnt mal wieder vor Sonnenaufgang. Unser erster Stopp heißt Devils Marbles, ein Haufen von Granitblöcken, die tatsächlich so aussehen, als hätte der Teufel sie da hingemurmelt. Teuflisch ist auch die Fliegenplage, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Egal, welche Originalfarbe das T-Shirt, was man trägt, hat, es ist immer schwarz. Vorbei an Tennant Creek und Barrow Creek, wo ein auf einem Dach angebrachter Blechnikolaus mich vermuten lässt, dass bald Weihnachten ist, überqueren wir den südlichen Wendekreis, bis wir schließlich bereits bei Dunkelheit Alice Springs erreichen. Mir bleibt gerade noch Zeit, eine 3-Tages-Tour zum Ayers Rock zu buchen (wieder 300 AU$ weg), bevor der Abend in der Hostel-Bar bei einigen Jugs ausklingt.
Die 7. Woche in Oz beginnt - wie sollte es anders sein - mal wieder mit einer Tour. Weitere drei Tage werde ich mit Adventure Tours und weiteren 21 Leuten in einem 22 sitzigen Bus unterwegs sein. Das Kleingruppenfeeling der letzten Woche ist leider vorbei. Tipp Leider nicht zu ändern, es ist Hochsaison im Red Center. Die Temperaturen klettern jetzt im Winter auf angenehme 30 Grad und eben nicht auf fast 50, wie es im Sommer schon mal vorkommen kann.
Um 5.30 Uhr verlassen wir Alice Springs und machen uns auf die 400 km lange Tour Richtung Kings Canyon. Frühstück gibt's unterwegs auf einer Kamelfarm, von denen es inzwischen einige in Oz gibt. Die Kamele wurden im 19. Jahrhundert aus Afrika importiert, da sie die idealen Lasttiere für den Bau der Telegrafenleitung von Adelaide nach Darwin, quer durchs Dead Heart Australiens, waren. Nach Verlassen der Kamele geht unsere Fahrt über holprige Schotter- und Sandpisten zu einer Cattle Station nahe Kings Canyon. 3 1/2 Stunden brauchen wir für die 200 km, ich fühle mich doch sehr an die 4WD-Tour auf Fraser Island erinnert. Nach der holprigen Busfahrt tut der dreistündige Spaziergang am und durch den Kings Canyon richtig gut. So beeindruckend wie der Grand Canyon ist der Kings Canyon zwar nicht, das tut dem Spaß und der Faszination aber keinen Abbruch. Stören tut mich nur der Lärm, den unsere 23-köpfige Gruppe verbreitet, wer Entspannung sucht und ein bisschen die Ruhe im Canyon genießen will, ist auf so einer Tour komplett fehl am Platz. Schließlich hat es hier ein wunderbares Echo, wobei alle drei Sekunden überprüft werden muss, ob es auch ja noch da ist. Ist es. Ruhe kehrt dafür beim abendlichen Lagerfeuer ein, bei dem man bei leichter Klampfenmusik sein Barbie genießen kann, bevor man sich ins Zelt haut.
Tag zwei des Ayers Rock-Trips beginnt wieder mit Fahrerei, bis wir am frühen Nachmittag endlich unser Ziel erreichen, den Uluru-Kata Tjuta National Park, seit 1987 von der UNESCO zum Weltkulturerbe auserkoren. Unser erstes Ziel sind die Olgas, die wegen ihrer vielen domartigen, vom Wind abgerundeten Felsen von den Aboriginees "Kata Tjuta" ("viele Köpfe") genannt werden. Der höchste dieser Felsen ist mit über 549 m Höhe exakt 201 m höher als der Ayers Rock. Es ist schon erstaunlich, dass der 26 km weiter östlich gelegene Monolith weltbekannt ist, während diese wunderschöne Felsformation, der viele Leute mehr Charme nachsagen als ihrem Nachbarn, praktisch unbekannt sind. Der zweistündige Spaziergang hier ist jedenfalls ein Highlight bei einem Besuch des Outbacks.
Wir erreichen Ayers Rock, von den Aboriginees "Uluru" genannt (wobei dieses Wort keine spezifische Bedeutung hat), rechtzeitig vor der Dämmerung, sodass noch Zeit für eine entspannte Rast bleibt. 10 Reisebusse warten schon am Parkplatz, voll mit mehr oder weniger gut betuchten Touris, Champagner und Lachsbrötchen. Da nehmen sich unsere 5 Flaschen Sechs-Dollar-Sekt doch eher kärglich aus. Dann ist es endlich so weit, die Sonne geht langsam unter und wir bewundern den Farbwechsel, den der Fels mit immer tiefergehender Sonne mitmacht, bis er schließlich nur noch als dunkler Schatten daliegt.
Genauso empfängt er uns auch nach einer viel zu kurzen Nacht am nächsten Morgen um 6 Uhr vor Sonnenaufgang. Der Mond beleuchtet nur spärlich die pechschwarze Wüstenlandschaft hinter den Scheiben und die durch den Bus schallende dumpfe Didgeridoo-Musik trägt ihr Übriges zu der etwas unheimlichen Atmosphäre bei. Dann taucht er plötzlich auf, ein gewaltiger schwarzer Schatten türmt sich vor uns auf, und droht, gleich unseren Minibus zu verschlingen - na ja, man kann sich auch viel einbilden. Wir sind hergekommen, um den Sonnenaufgang am Ayers Rock zu erleben und das kann man prinizipiell aus zwei Perspektiven tun: von oben, indem man auf den Felsen hinaufsteigt oder von unten bei einem dreistündigen Spaziergang um den 348 m hohen und 9,4 km im Umfang messenden Monolithen, von dem Geologen glauben, dass sich noch 6 km seiner vollen Pracht unterhalb der Erdoberfläche befinden. Tipp Mit dem Besteigen ist das allerdings so eine Sache. Zum einen ist der Aufstieg nicht zu unterschätzen, es ist ganz schön steil, schon einige Personen sind hier bei großer Hitze mit Herzinfarkt auf der Strecke geblieben. Zum anderen ist Uluru für die Aboriginees eine heilige Stätte und sie bitten einen, nicht hinaufzusteigen. Das kann man respektieren (wir trampeln ja auch nicht auf unseren Grabsteinen herum) oder auch nicht, denn auf der anderen Seite gehört den Aboriginees ganz offiziell das Land. Sie betreiben den Nationalpark und könnten ein Besteigen von Uluru ganz einfach verbieten und alles dicht machen. Sie tun es nicht, weil sie, wie sie selber sagen, die Touris dazu bringen möchten, ganz freiwillig ihre Religion zu respektieren und auf die Besteigung zu verzichten. Ich hab ja da noch eher die Theorie, dass auch den Aboriginees die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern für den Park ganz gut in den Kram passen und sie deswegen Ayers Rock nicht schließen. Letztendlich muss das jeder selbst wissen, ich hab mich aus einem ganz anderen Grund für den "Base Walk" um Ayers Rock herum und gegen den "Climb" entschieden: Man sieht das Farbspiel während des Sonnenaufgangs viel besser von unten, von oben kriegt man das kaum mit.
Und was das für ein Farbspiel ist! Von Pechschwarz geht es mit dem Sonnenaufgang über in Braun, Dunkelrot, Rot, bis der Fels schließlich feuerrot in der gleißenden Sonne strahlt. Bloody brilliant! Als ich nach unserem Walk sehe, welche Menschenmassen da vom Fels heruntergestolpert kommen, bin ich doppelt froh, nicht hinaufgestiegen zu sein, wir waren mit unserem 8-Mann-Base-Walk-Grüppchen ziemlich für uns und sind kaum einer Menschenseele begegnet. Tipp Vor der Rückfahrt nach Alice geht es dann noch für ein Stündchen ins Cultural Center, was ich auch jedem Besucher wärmstens ans Herz legen möchte, denn man erfährt viel über Geschichte und Kultur der Aboriginees, es ist hölle interessant. Zurück in Alice feiern wir die gelungene Tour standesgemäß mit einem BBQ bei Büffelsteaks und Känguruhfrikadellen. Tipp Auch dieses kann ich jedem nur empfehlen, mal zu probieren, Känguru ist äußerst schmackhaft.
In den nächsten zwei Tagen habe ich Gelegenheit, endlich Alice bei Tageslicht zu erkunden, aber dazu reichen eigentlich auch 2 Stunden aus. Der Ort ist ein Kaff, 20.000 Männeken leben hier und innerhalb von 10 Minuten hat man den Ort von Nord nach Süd durchquert - zu Fuß wohlgemerkt. Weil ich nichts Besseres zu tun habe, besuche ich die Fliegenden Ärzte. Die "Führung" erweist sich als 10-minütiges Werbevideo plus 3-minütiges Herunterrasseln von Fakten. Die Dame macht ihren Job echt mit voller Begeisterung, kein Wunder bei geschätzten 10 Touren am Tag. Ich bestaune noch den Todd River, von dem man sagt, dass er etwa 3x pro Menschenleben Wasser führt, und auf dem jedes Jahr die Henley-on-Todd-Regatta stattfindet. Da kommt allerlei lustiges Völkchen mit aus Bierdosen gebauten Booten auf den Fluss, um eine Regatta auszutragen, ähnlich der Beer Can Regatta in Darwin. Beim Fallen des Startschusses klemmen hier die Teilnehmer jedoch ihre Boote unter die Arme und los geht's, was die Füße hergeben. 1993 musste das Rennen leider ausfallen, da führte der Fluss Wasser.