Backpacking durchs südliche Afrika

November 2004-März 2005

Woche 2, 30.11. - 06.12.: Okavango Delta → Windhuk → Fish River Canyon → Lüderitz → Sesriem

Ein typisches botswanisches Dorf an der Straße nach Mahango. © Valto Der erste Tag von Woche 2 beginnt für mich um 6 Uhr morgens. Sobald es hell ist, gehe ich im umliegenden Busch auf die Suche nach meinem Portemonnaie, in der Hoffnung, die Diebe haben nur das Geld herausgenommen und den Rest weggeworfen. Nach 2 1/2 Stunden Suche gebe ich auf. Gegen 10 Uhr erscheint die Polizei und nimmt die Aussagen auf. Angesichts des etwas begriffstutzigen Oberkommissars, der eher den Eindruck eines gemütlichen Rhinozeros' hinterlässt, bezweifle ich allerdings einen Fahndungserfolg in dieser Sache. Ich telefoniere noch mit Deutschland und Mastercard USA, um alle Karten und das Handy sperren zu lassen und mir Notfall-Mastercard sowie Notfallcash Ein Monster von einem Baum im Mahango Game Reserve. Dieser Brocken ist mehrere hundert Jahre alt. © Valto nach Windhuk transferieren zu lassen, wo beides innerhalb von 48 Stunden verfügbar sein soll. Für die Zwischenzeit leihe ich mir 300 N$ (ca. 40 EUR) von Bennie, das sollte ausreichen, um einige Zeit über die Runden zu kommen. Da meine Safari für die nächsten 3 Wochen ja schon bezahlt und nahezu all-inclusive ist, brauche ich nur ein bisschen Kleingeld für Getränke und - ganz wichtig - Schokolade. Nachdem alle polizeilichen Formalitäten erledigt sind, steigen wir wieder in unsere Hyäne und weiter geht die Fahrt nach Norden, wo wir bei Mahango wieder nach Namibia einreisen und uns direkt in einem Wildreservat, dem Mahango Game Reserve, befinden. Sofort beginnt es, wie aus Eimern zu schiffen. Das tut dem Game Drive, den wir sogleich starten, aber keinen Abbruch. Wir spotten Unmengen Eine gut gelaunte Reisegruppe überfällt die Bar des Ngepi Camps. © Valto Viecher, von denen ich den größten Teil noch nie live und in Farbe gesehen habe - Strauße, Zebras, Sable-Antilopen, Warzenschweine, Impalas, Kudus, Springboks, Paviane, Gnus und sogar zwei Elands, die größte Antilope Afrikas. Der Höhepunkt sind aber Büffel und die Hippos, die sich im Okavango tummeln. Am Abend erreichen wir das Ngepi Camp, wo wir heute übernachten. Das Camp ist echt schick, mit Duschen, die mehr einem Dschungel gleichen und einer gut ausgestatteten Bar, wo ich schon mal 90 der 300 geliehenen N$ durchbringe und die leichte Sorge, die mir die nahe Lage unserer Zelte zum krokodilbehafteten Wasser bereitet, mit Herrn Walker runterspüle.

Böser Unfall bei Rundu. © Valto Früh am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Rundu. Unser erster Stopp sind die ziemlich unbeeindruckenden Popa Falls, die den Namen "Falls" nicht wirklich verdient haben. In Rundu halten wir kurz zum Einkaufen und Mittagessen. Außerdem lassen wir zwei der zerstörten Landcruiser-Reifen flicken, was hier in Namibia ungefähr so lange dauert, wie in Deutschland das Flicken von Fahrradreifen. Kurz hinter Rundu passieren wir eine üble Unfallstelle. Ein Sattelzug hat sich von der Straße verabschiedet und liegt upside down am Straßenrand. Von einem Kollegen aus der Menschenmenge, die sich aus den umliegenden Dörfern schon versammelt hat, erfahren wir, dass dem Fahrer wie durch ein Zelte aufschlagen in Roys Camp. © Valto Wunder nichts passiert ist. Der Lkw hatte Fisch geladen, welcher jetzt von den Einheimischen zentnerweise abtransportiert wird, auf Mofas, Fahrrädern, Pickups oder auch Eseln, was immer gerade zur Verfügung steht. Noch auf den nächsten 10 km kommen uns Einheimische entgegen, die zur Unfallstelle eilen, in den nächsten Wochen gibt's wohl in der gesamten Umgebung von Rundu nur Fisch. Am späten Nachmittag erreichen wir, nach einem langen Tag on the road, Roys Camp, wo wir heute, nach ausgiebigem Bad im Pool und fettem Braai zum Abendessen, übernachten.

Am nächsten Tag wartet zuerst mal der Hoba Meteorit darauf, von uns besucht zu werden. Mit einem Gewicht von 54 Tonnen handelt es sich hierbei um den weltweit größten, jemals entdeckten Meteoriten. Da 54 Tonnen sicherlich nicht ausreichen, um das Aussterben der Dinosaurier hinreichend zu erklären, bedeutet dies gleichzeitig, dass man vielleicht nur noch nicht ausgiebig genug gesucht hat. Nach dem obligatorischen "Hurra, ich war hier!"-Foto, geht's weiter über Grootfontein nach Otjiwarongo. Ich versuche, in der Standard Bank, der größten Bank Namibias, herauszukriegen, was mit meiner Notfallkarte ist, aber auch nach einem Anruf in Windhuk bei der Hauptzentrale wissen die von nichts und ich soll nochmal bei Mastercard in den USA anrufen. Hrgl. Mein Problem ist, dass ich heute Abend erst nach Geschäftsschluß Windhuk erreichen werde und morgen früh vor Geschäftsöffnung mit der Chameleons schon weiter gen Süden reise. Wie also an Karte und Cash kommen? Um 17.30 Uhr erreichen wir Windhuk, wo schon ein Bett im Chameleon Backpackers auf mich wartet. Das Hostel ist viel besser als die Cardboard Box, saubere Zimmer mit wenigen Betten, auch in den Dorms und alles viel gemütlicher. Äußerst entspannend finde ich auch den Vorschlag von Jackie, der Besitzerin von Chameleons, dass sie mir 1000 N$ für die restlichen 2 Wochen leiht, damit ich morgen direkt mit weiterfahren kann. Ich würde sonst einen ganzen Tag verpassen und schließlich wüsste ich ja nicht mal, ob die Karte überhaupt schon da ist. Recht so.

Also steige ich am nächsten Morgen zusammen mit 6 neuen Mitreisenden und neuem Guide ("Beanie", 22-jährige Südafrikanerin aus Jo'burg) zum nächsten Abschnitt der Safari, den 12 Tagen Namibian Highlights, in einen Erdwolf ein. Wir werden erst ganz in den Süden zum Fish River Canyon fahren, dann durch die Namib Wüste zur Küste nach Swakopmund, hoch nach Etosha und schließlich zurück nach Windhuk. Köcherbäume sind eher Einzelgänger und treten nur selten in so geballter Form auf wie hier. © Rob Überrascht stelle ich fest, dass ich mit 34 Jahren tatsächlich der zweitjüngste Gast auf diesem Trip bin, obwohl ich schon den Titel des ältesten Backpackers auf der Südhalbkugel für mich geltend machen wollte. War wieder nix. Dass ich dann am ersten Tag der Highlights doch nicht so viel verpasst hätte, zeigt sich schnell, der Tag besteht ausschließlich Ein einheimischer Künstler hat sich ein wenig um die Gesellschaft der Touris gesorgt und überall auf dem Platz diese aus allerlei Gerümpel gebauten Puppen aufgestellt. © Rob aus Fahrerei. Über Rehoboth und Mariental geht es nach Quiver Tree, einem Campingplatz 20 km vor Keetmanshoop (dt.: "Keetmans Hoffnung"), mitten im Niemandsland. Links von uns die Kalahari, rechts von uns die Namib. Die Landschaft entspricht hier viel eher meinen Vorstellungen, die ich von Namibia hatte, ziemlich trocken, wenig Grün, Wüste halt, ganz anders als im grünen Norden. Bei einem kleinen Walk genießen wir die atemberaubende Felslandschaft, in der die Quiver Trees (dt.: "Köcherbäume") wachsen. Die heißen so, weil die Buschmänner aus ihren hohlen Ästen früher die Köcher für ihre Pfeile gefertigt haben. Inmitten dieses Niemandsland verbringen wir den Abend mit dem gemütlichen Entleeren des mitgebrachten Dosenbiers und werden nach Sonnenuntergang noch Zeuge eines sehr geilen Gewitters, welches um Haaresbreite an uns vorüberzieht.

Fish River Canyon. © Rob Wie üblich geht's am nächsten Morgen früh los (5.30 Uhr), über Keetmanshoop geht es zum Fish River Canyon, dem angeblich zweitgrößten Canyon weltweit. Ob das wirklich stimmt, ist ziemlich nebensächlich, denn als sich die riesige Schlucht vor uns auftut, können wir nur noch mit offenem Mund davor stehen und staunen. Stunning! Eigentlich besteht der Fish River Canyon aus zwei ineinander geschachtelten Canyons. Der äußere ist durch tektonische Verschiebungen entstanden, der darin liegende durch einen Fluss (den Fish River halt), weswegen er eigentlich ein Campingplatz bei Klein Aus. © Rob Gorge ist, wie die Aussies jetzt bemerken und gleichzeitig ihren Kings Canyon als weltgrößten Canyon deklarieren würden. Mir doch Wurst. Schade ist, dass wir nicht in den Canyon runtersteigen können, Zutritt ist nur mit Voranmeldung möglich und der Track die Schlucht entlang dauert schlappe 4 Tage. So viel Zeit haben wir leider nicht, sodass es bei einem einstündigem Spaziergang am Rand entlang bleibt. Anschließend geht die Fahrt weiter nach Klein Aus zu einem kleinen Campingplatz mitten in der Pampa, umgeben von einer Felslandschaft, in der sich prima herumkraxeln lässt.

Kaum mal ein Grashalm ist in der Namib zu sehen. © Rob Springböcke toben durch die Namib. © Rob Der folgende Tag startet mit einer Fahrt durch das "Sperrgebiet". Das heißt wirklich so, der Zutritt ist strengstens verboten, man darf die Straße, die schnurgerade durch das Sperrgebiet führt, nicht verlassen. Hat ein bißchen was von Helmstedt nach Berlin vor 1989. Das "Sperrgebiet" gehört der NAMDEB, der namibischen Gesellschaft für Diamantenabbau, die hier immer noch nach den Kaum vorstellbar, dass dies mal einer der fortschrittlichsten Orte Afrikas war. © Rob edlen Steinen gräbt, wenn auch die ganz fetten Zeiten vorbei sind. Kein Wunder, dass sie da niemanden haben wollen, der sich mal etwas im Sand umsieht. Nach einer Stunde Fahrt durch die endlose Wüste erreichen wir Kolmanskop ("Kolmanns Kuppe"), eine verlassene Geisterstadt, die in den fetten Jahren das Hauptquartier der NAMDEB und eine richtige Boomtown war. Hier stand zum Beispiel, mitten in der Wüste, das erste Röntgengerät Afrikas, also an Kohle hat es nicht gemangelt. Heute verirren sich nur noch Touris hierher und bestaunen die verfallenen Gebäude, von denen größtenteils der Sand Besitz ergriffen hat. Nach unserem zweistündigen Aufenthalt geht's weiter die paar Kilometer nach Lüderitz, direkt Fischereiflotte vor den Toren von Lüderitz. © Rob am Atlantischen Ozean. Die Stadt sieht aus, als wär sie direkt dem Schwarzwald entsprungen, da haben sich wohl ein paar deutsche Baumeister zu Kolonialzeiten mächtig augetobt. Folgerichtig ist die kulinarische Spezialität hier "Blackforest Cake", den ich selbstverständlich auch sofort probieren muss. Nicht schlecht, aber an das Original kommt er dann doch nicht ganz ran. Wir machen noch einen kurzen Abstecher zum Diaz Point, wo vierzehnhundertirgendwas (87 glaube ich) der portugiesische Seefahrer Bartholomeo Diaz gelandet ist, aber außer ein paar müffelnden Seehunden und viel blauem Wasser gibt's nichts zu sehen. Deswegen geht's bald wieder zurück Richtung Klein Aus, jedoch nicht ohne einen Besuch bei den Wildpferden. Die streifen seit fast 100 Jahren durch die Wüste und sind weltweit die einzigen in der Wüste lebenden Wildpferde, 150 Stück an der Zahl. Niemand weiß genau, woher diese Tiere stammen, es gibt die unterschiedlichsten Theorien:

  • Sie seien die Überlebenden einer Schiffshavarie an der Küste bei Lüderitz. Von nahem betrachtet sind die Wildpferde überraschend wohlgenährt. © Rob
  • Sie seien von der Farm des Barons Hansheinrich von Wolf, der eine große Pferdezucht südlich von Maltahöhe besaß, ausgebüxt.
  • Deutsche Schutztruppen hätten sie beim Abzug aus Deutsch-Südwestafrika zurückgelassen.
  • Sie stammen aus der südafrikanischen Kavallerie, die hier 1915 beim Kampf gegen die Deutschen lagerte, und sind während eines deutschen Fliegerangriffs in Panik in die Wüste geflüchtet.

Schlecht genährt sehen sie jedenfalls nicht aus, die Frage, woher sie in dieser trockenen Einöde Futter bekommen, bleibt jedoch unbeantwortet. Am späten Nachmittag bleibt noch Zeit für einen dreistündigen Spaziergang durch die Felslandschaft rund um unseren Campingplatz, was nach der vielen Sitzerei im Landcruiser doch mal ganz guttut.

Moderne Kunst in der Pampa. Was das darstellen soll, kann wohl nur der Erbauer selbst sagen. © Rob Am letzten Tag von Woche 2 geht es mal wieder ganz früh los, quer durch die fantastische Namib Desert und den Namib-Naukluft-Park. Erst dominiert noch Geröll, dann folgen die Sandpisten und trockenes Grasland, bis schließlich die Die Landschaft um Sesriem ist unbeschreiblich schön. © Rob höchsten Sanddünen der Welt ins Blickfeld kommen. Über 300 m hoch türmt sich der Sand der höchsten Dünen auf. Nach mehreren Plattfüßen, bei deren Reparatur wir ausgiebig Zeit haben, die Bauwerke der Webervögel zu begutachten, erreichen wir am frühen Nachmittag Sesriem und haben erstmal Zeit zum Nichtstun. Dann machen wir uns zu dritt auf den 3 km langen Marsch zur massiven Elim-Düne, die über 200 m in den Himmel ragt. Am Fuße warten schon ganze Busladungen, die auch auf die Düne wollen, aber der Aufstieg zum höchsten Punkt gestaltet sich in dem tiefen Sand ziemlich langwierig und anstrengend - immer wenn man denkt, man ist oben, folgt eine weitere Erhebung. So verabschieden sich nach und nach immer mehr Dünensteiger, bis ich schließlich alleine bin und es nach 1 1/2 Stunden Aufstieg endlich nach ganz oben schaffe, wo ich mich erstmal 20 Minuten hinhocke, um den genialen 360 Grad-Rundumblick bei 50 km Sichtweite über die Wüste zu genießen. Ganz titaniclike fühle ich mich ein klein wenig wie der König der Welt. Nach geraumer Zeit meldet mein Magen dann dem Großhirn, dass ich blöderweise nicht der König der Welt bin, sondern hungrig. Also geht's die Düne im Laufschritt wieder bergab und mit den zwei anderen, die unten auf mich © Valto © Valto gewartet haben, die 3 km zurück zum Camp. Der einsetzende Sonnenuntergang taucht die umliegenden Berge in ein gleißendes Rot und ich hab schon wieder ein Oz-Deja Vu - Ayers Rock '97, da hatte es auch so ein Farbenspiel. Ein klasse Tag geht dann bei einem schmackhafte Braai zu Ende und auch die Nacht bleibt ruhig, da die angedrohten Schakale, die uns die Schuhe klauen wollen, nicht auftauchen.

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