Backpacking durchs südliche Afrika

November 2004-März 2005

Woche 7, 04.01. - 10.01.: Kapstadt → Hermanus / Gansbaai

Mein letztes Tauchstündlein hat geschlagen - zumindest während meines Kapstadt-Aufenthaltes. Zum ersten Mal geht's heute mit dem Boot raus in die Hout Bay, wo wir das Boss-Wrack besichtigen. Am nächsten Tag dann die spannende Frage, ob mein neuer Pass fertig ist. Das Fräulein im Konsulat erklärt mir jedoch seelenruhig, der Pass sei noch nicht fertig, sie habe sich den 06.01. notiert (also morgen) und außerdem habe sie eh noch keine Antwort vom Einwohnermeldeamt in Köln. Fast ebenso seelenruhig erkläre ich ihr, wir hätten heute ausgemacht, ich hätte mich auf ihr Wort verlassen und jetzt schon meinen Abmarsch für morgen organisiert und zur Not rufe ich gleich selbst in Nippes an, da sollte jetzt morgens um 10 Uhr ja wohl jemand da sein. Keine 15 Minuten später halte ich meinen Pass in Händen, schien wohl doch nicht so ein Riesenproblem zu sein. Anschließend bezahle ich in der Tauchschule meine Rechnung, was unplanmäßigerweise den ganzen Tag in Anspruch nimmt, weil ich schon wieder zum Alkoholkonsum genötigt werde. Schon wieder voll - toll. Dann Verabschiedung von den Leuten im OVC und was wartet dort auf mich? Mein neues Handy, DHL hat tatsächlich nur 3 Wochen gebraucht, es auszuliefern, eine richtige Expresssendung. Zusätzlich warten natürlich noch weitere alkoholische Getränke auf mich, denn der Abschied aus Kapstadt muss mit einer zünftigen Tour durch die Bars und Clubs in der Long Street natürlich gebührend gewürdigt werden.

Am nächsten Morgen steht pünktlich um kurz nach 8 Uhr der Baz Bus vor der Tür. Dies ist der einzige überregional operierende Backpacker Bus in Südafrika. Wie ich es schon aus Australien und Neuseeland kenne, funktioniert das Ganze auf Hop-On-Hop-Off-Basis. Man kauft einen Pass für eine bestimmte Route und kann dann diese Route oneway innerhalb eines bestimmten Zeitraums abfahren. Einfach in der Zentrale anrufen, wann man von wo nach wo fahren will und schon sammelt einen der Bus im Hostel ein und setzt einen meist auch am gewünschten Hostel ab. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie ich später noch erfahren soll. Mit diesem System habe ich in Australien sehr gute Erfahrungen gemacht und viel Spaß bei Oz Experience und Kiwi Experience gehabt. Man erspart sich eine Menge Schlepperei, weil man eben von Tür zu Tür gebracht wird. In Down Under lagen auf der Route schon diverse Sehenswürdigkeiten, bei denen man für einen kleinen Spaziergang rausgesprungen ist. Der Fahrer war nicht nur Fahrer, sondern gleichzeitig auch Tourguide und hat einem viel über die Flora und Fauna erzählen können. Außerdem konnte man bei ihm direkt ein Bett für die Nacht buchen, er hat dann alles mit den Hostels arrangiert. Sehr bequem das Ganze. Mit diesen Erfahrungen im Hintergrund habe ich mich entschlossen, es auch in Südafrika mal mit einem Backpacker Bus zu versuchen. Dass bei Baz Bus der Hase etwas anders läuft, merke ich dann aber recht schnell. Der Fahrer ist nur Fahrer und spricht während der Fahrt kein Wort. Exkursionen Fehlanzeige, der Bus fährt einfach nur von A nach B. Bett buchen? Denkste. Genausogut kann man daher auch den Greyhound oder Intercape nehmen, die oft sogar noch billiger sind. Nur bringen die einen eben nicht direkt vor die Hostel-Tür, aber meistens lässt sich dann auch ein Shuttle über das Hostel arrangieren. Wie auch immer, unsere Fahrt geht über Somerset West nach Botrivier, wo uns schon der Shuttle nach Hermanus erwartet. Dort angekommen checken wir im Der Cliff Path ist ein guter Weg für einen entspannten Nachmittagsspaziergang. Ganz rechts im Bild die Marine Pools. Hermanus Backpackers ein, einem sehr netten Hostel mit gemütlichen Flegelecken, Bar, Swimming Pool und freiem Pool Billiard. Hermanus selbst ist ein ziemlich verschlafenes Nest, in dem es nicht wirklich viel zu tun gibt. Wer will, kann über den "Cliff Path" kilometerlang an der zugegebenermaßen sehr hübschen Küste entlang spazieren. Der Strand ist allerdings ziemlich abgelegen, 2 Stunden benötigt man bei gemütlichem Tempo zu Fuß von der City aus. Da mir das für heute zu anstrengend ist, chille ich den Rest des Tages ein wenig im Marine Pool, einem in die Felsküste eingebettetes Salzwasserschwimmbecken.

Mit Entsetzen wache ich am nächsten Morgen auf: Sturm und Regen. Mein Entsetzen steigert sich, als ich erfahre, dass das für heute angesetzte Käfigtauchen mit dem Großen Weißen wegen des Wetters abgesagt ist. Was mache ich also den ganzen Tag? Pool Billiard und Lesen im Hostel, mehr ist zu diesem Sch...tag nicht zu sagen.

Am nächsten Morgen gibt es dann einigen Hickhack wegen der Frage, wer denn nun heute beim Käfigtauchen dabei ist und wer nicht. Wegen der gestern ausgefallenen Touren stehen wohl einige Leute Schlange. Nachdem alle Klarheiten beseitigt sind, gibt mir eine Zimmergenossin, die in der glücklichen Lage ist, ein Auto ihr Eigen zu nennen, einen Lift nach Gansbaai, von wo aus die Touren starten. Ich habe lange überlegt, ob ich wirklich so ein Kommerz-Käfigtauchen mitmachen soll: 20 Leute oder mehr auf einem Boot und haufenweise Blut und Fischreste, die ins Meer gekippt werden, um die Haie anzulocken. Dann husch, husch rein in den Käfig, wenn der Große Weiße da ist, 2 bis 3 Minuten gucken, wenn man Glück hat und dann ruckzuck wieder raus, weil auch die übrigen Gäste zu ihrem Recht kommen wollen. Dazu die Kontroverse, ob diese Touren nun schädlich sind - sowohl für den Großen Weißen als auch für den geneigten Küstenbewohner. Die Meinungen gehen diesbezüglich natürlich stark auseinander, die einen sagen, das Verhalten des Hais wird beeinflusst: Durch die Köder und die Anwesenheit von Menschen assoziiere er Mensch mit Futter, wodurch mittelfristig die Gefahr von Angriffen steige. Die anderen sagen, das ist alles Quatsch, wenn der Hai Menschen mit Futter assoziierte, gäbe es schon jetzt angesichts der seit Jahren stetig steigenden Zahl von Wassersportbegeisterten weit mehr als die weltweit 100 Haiangriffe pro Jahr (von denen etwa 10 tödlich enden). Zu der letzten Fraktion gehören natürlich auch die Anbieter des Käfigtauchens, die außerdem argumentieren, der Hai könne schon deshalb Menschen nicht mit Futter assoziieren, weil er den ausgeworfenen Köder, der mittels eines Seils am Boot befestigt wird, ja gar nicht zu fressen bekäme. Der würde ihm nämlich immer vor der Nase weggezogen, um ihn nahe ans Boot zu locken. Ich wage mir kein Urteil darüber zu erlauben, was richtig ist und was falsch, ich glaube, die Wissenschaft ist sich darüber selbst nicht einig und weiß auch noch viel zu wenig über das Verhalten des Großen Weißen, um diese Frage abschließend beantworten zu können. Die Entscheidung für die Tour fällt schließlich deshalb, weil ich dieses Tier einfach sehen muss, ich kann als Tauchfreak und ausgemachter Hailiebhaber nicht fast 4 Monate durch Südafrika reisen, ohne die Chance zu nutzen, den König der Meere zu sehen. Also buche ich bei Shark Diving Unlimited für 800 Rand den Trip. Die Firma gehört dem Südafrikaner Michael Rutzen, der dafür bekannt ist, auch ohne Käfig mit dem Großen Weißen zu tauchen und große Erfahrung im Umgang mit selbigem hat. Von daher habe ich Hoffnung, dass die Tour einigermaßen ökologisch verträglich ist und nicht in pure Geldmacherei ausartet. Ob dem so ist, werden wir heute allerdings nicht mehr erfahren. In Gansbaai angekommen, wird uns eröffnet, dass wir zwar heute rausfahren können, aber definitiv nicht in den Käfig gelassen werden, weil das Meer nach dem Dreckswetter von gestern immer noch zu rau ist. Extrem suboptimale Situation. Das Büro von "Shark Diving Unlimited" in Gansbaai. Wir entschließen uns daher, die Tour noch um einen Tag zu verschieben. Nach einem Anruf beim Baz Bus wird die Situation noch suboptimaler: Der Bus für übermorgen ist voll, ich muss dann noch einen zusätzlichen Tag im schönen Hermanus weilen und beginne mich zu fragen, ob ein Mietwagen nicht vielleicht doch das bessere, weil flexiblere und mich komplett unabhängig agieren lassende Fortbewegungsmittel gewesen wäre. Nicht mehr zu ändern, der Buspass ist gekauft und da meine Stimmung eh schon etwas angespannt ist, tue ich was, was ich sonst nie tue, weil tödlich langweilig: Ich knalle mich den Rest des Tages an den Strand.

Pünktlich um 10.30 Uhr morgens stehen wir am Folgetag zum nächsten Cage Diving-Versuch in Gansbaai auf der Matte. Die Aussichten sind gut, das Boot ist schon draußen, der Käfig im Wasser und die Haie schon da. Ein Schlauchboot-Shuttle bringt uns zur Barracuda, dem Käfigboot des "unbeschränkten Haitauchens" (was für ein bekloppter Name für eine Firma). Die Überfahrt ist angesichts des Seegangs und der Geschwindigkeit, mit der Käpt'n Schumacher das Schlauchboot über die Wellen wuchtet, das Ruppigste, was ich seit meiner Überfahrt von Wangerooge nach Spiekeroog aus dem Jahr 1975 auf See erlebe - nichts für Leute mit Rückenbeschwerden. 20 Minuten dauert die Überfahrt, dann steigen wir um und - warten. Warten auf den Großen Weißen. Wir warten nicht allzu lange, nach 20 Minuten heißt es "Hai in Sicht". Ein 4 m-Brummer hat sich neben dem Boot breit gemacht. Dass die Sache mit "Der Hai kriegt den Köder nie zu fressen" grober Unfug ist, kriegen wir dann sofort zu sehen: Der Hai lässt sich nicht lumpen, beisst gleich das ganze Seil durch und nimmt den Köder mitsamt der daran hängenden Boje. Na dann Mahlzeit! Im Laufe der nächsten 2 Stunden sehen wir noch 7- oder 8-mal einen Großen Weißen - in den Käfig dürfen wir jedoch auch heute nicht. Bei der Vormittagstour sind die Weißen immer abgehauen, sobald die Schnorchler in den Käfig gestiegen sind, weswegen der Skipper entscheidet, dass niemand mehr in den Käfig geht, damit wir die Haie wenigstens vom Boot aus sehen können. Das enttäuscht mich doch schon einigermaßen, ist aber nun mal nicht zu ändern. Auch vom Vom Boot aus ist der Große Weiße leider nur schemenhaft zu erkennen Boot aus sind es auf jeden Fall sehr beeindruckende Tiere. Zur Feier des Tages gönne ich mir abends was Besonderes und gehe Essen: Garlic mussels mit creamy sauce. Die Muscheln sind klasse, die Sauce igitt. Ich kann nur dringend davon abraten, in Südafrika etwas mit "creamy" Sauce zu bestellen, hierbei handelt es sich um ganz schweres, fettiges Zeugs, an dem der Verdauungstrakt einige Tage dran zu verdauen hat. Der Superlativ hiervon ist "rich and creamy" Sauce, nach dem Genuss einer solchen kann man sich eigentlich direkt ein hübsches Holz aussuchen, weil einem spontan die Arterien verfetten.

Jede Menge Klippschliefer bevölkern die felsige Küste. An Tag Numero 49 beschließe ich, mich nach 7 Wochen Enthaltsamkeit mal wieder sportlich zu betätigen. Bei Hermanus Cycles leihe ich mir ein Mountainbike. Leider hat der Chef aber keine Ahnung, wo man hier außer auf dem "Hermanus Cycle Track", der auf einem Rundkurs 17 km rund um den Ort führt, anständig biken kann. Er empfiehlt mir, nach Kleinmond zu fahren, "very scenic route". Die Scenic Route führt über die bescheuerte Hauptstraße, auf der Autos und 30-Tonner in Kolonnen mit 100 Sachen an mir vorbeirauschen. Mein Spaßempfinden bewegt sich dabei nur wenige Zehntel oberhalb des absoluten Spaß-Nullpunktes. Nach dem gescheiterten Versuch, eine Nebenstrecke zu finden, kehre ich um und suche besagten Rundkurs um Hermanus. Nach nur einer Stunde Suchen finde ich ihn auch und folge der Beschilderung. Zumindest versuche ich es. Die Hinweisschilder sind A6 groß und in Augenhöhe angebracht - allerdings der eines aufrecht stehenden Erdhörnchens. Immerhin sind die meisten Schilder überhaupt vorhanden. Kurz hinterm Golfplatz verliere ich dann den Track, keine Schilder mehr in Sicht. Nach der Backtracking-Methode suche ich den Weg, finde zwei abmontierte Schilder im Gras liegen und gebe nach 2 Stunden Kreuz-und-Quer-Fahrt durch und um Hermanus schließlich entnervt auf. Immerhin - der Wille war da.

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